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Die ersten ‚Siedler‘-Retter

… beim tragischen Unfall des Busses der Linie 462 in der Nacht auf den letzten Freitag (27.01) auf der Landstraße Richtung Ariel, nahe der jüdischen Ortschaft Ma’ale Levona, bei welchem 2 Israelis ums Leben gekommen waren, waren Mitglieder einer arabischen Familie aus dem nahegelegenen Dorf Luban a-Sharkiya.

Wie ich das weiß? Aus den Berichten der lokalen Medien – Ynet und NRG  (und Algemeiner) am darauffolgenden Morgen.  Die Familie, darunter ein 16-jähriges Mädchen, hatten den nächtlichen Unfall, welcher bei der Straßenabbiegung zwischen Ma’ale Levona und Luban a-Sharkiya passierte, offensichtlich gehört: Der Bus, Linie 462 der Busgesellschaft „Egged Ta’avura“ zwischen Jerusalem und

Unfallort auf der Karte
Unfallort auf der Karte

der Samaria-Stadt Ariel, durchbrach samt seinen neun Insassen die Sicherheitsbrüstung der Landstraße 60 und schlitterte ins Tal, wo er aufs Dach fiel. Drei Frauen und vier Männer der Familie rannten in Richtung Unfallsort, kletterten den Berghang hinab und begannen, den Verletzten zu helfen und die Eingeklemmten aus dem Bus zu

Der Unfallbus. Quelle: Hnn.co.il
Der Unfallbus. Quelle: Hnn.co.il

befreien versuchen. Einer der Familienmitglieder kletterte wieder hinauf und informierte die Polizei, welche daraufhin die ersten Rettungskräfte schicken konnte. Elhanan Kobani, Fahrer eines des Rettungsfahrzeuges des Dienstes „Ichud Ha’hatzala“, und die Offizierin Sivan Raviv vom Medizinkorpus der IDF-Einheit der Binyamin-Region erzählten der Presse über die Bemühungen der Familie, die „nur mit Pyjamas bekleidet“ zum Unfallsort geeilt waren. Elhanan Kobani erklärte, die arabische Familie sei mindestens eine bis anderthalb Stunden bei den Rettungsaktivitäten dabei gewesen, und das im strömenden Regen, Matsch und Kälte.

„Normalerweise informiert uns die regionale Sicherheitszentrale über solche Unfälle. In diesem Fall war es die palästinensische Familie, die der Polizei so schnell es ging über den Unfall mitteilte“, erzählte Raviv. 

Die Bergungsarbeiten dauerten bis in den Morgen hinein, über hundert Einsatzkräfte waren bei der Evakuierung aus dem Tal dabei, welche sich wegen der Nässe, des glitschigen Untergrunds und des steilen Aufgangs schwieriger als erwartet gestaltete. Leider überlebten zwei der Insassen den Unfall nicht – der Busfahrer Avishai Karuani (37) aus Ariel und der Student Ofir Rachmanov (23) aus Jerusalem. Die restlichen leicht- bis schwer Verletzten wurden auf verschiedene Krankenhäuser verteilt.

Zwei der arabischen Frauen – eine davon die 16-Jährige – hatten am Unfallsort um Hilfe von den Rettungskräften gebeten; beide hatten Zeichen von leichter Unterkühlung, so das Mädchen, die das Haus nur in Hausschuhen verlassen und zum Unfallort gekommen war.

 

Ort der Zerstörung: Großbrand in Halamish (Neve Tzuf)

Schon mehr als Woche ist seit Beginn der verheerenden Brandwelle in Israel vergangen. Auch in den internationalen und deutschsprachigen Medien fand  man Meldungen ueber die Flammenwelle, allerdings weniger dramatisch und mit weniger Betonung auf den Verdacht auf Brandstiftung. Die Berichte wurden erst annaehernd dem Ausmaß der Katastrophe gerecht, als das Feuer auch in der Großstadt Haifa zu brennen begann. Wenige werden wahrscheinlich wissen, dass viele kleine Gemeinden im Norden und im Umkreis Jerusalems unter Braenden gelitten haben. Auch juedische Ortschaften in Judaea und Samaria waren von Feuer betroffen; vor allem in diese Faellen geht man aus Erfahrung der vorherigen Jahre von Brandstiftung aus, die Umstaende werden allerdings weiterhi untersucht. Insgesamt mussten ueber 1770 Brandherde innerhalb der letzten anderthalb Wochen geloescht werden (Walla).

Talmon, Dolev, Halamish/Neve Tzuf - und der Flughafen
Talmon, Dolev, Halamish/Neve Tzuf – und der Flughafen

Betroffen waren insbesondere die Ortschaften in Suedwestsamaria, oder auch Binyamin-Region genannt: Dolev, Talmon, Neve Tzuf (Halamish), aber auch andere wie Karney Shomron, Alfei Menashe und Mevo Horon . Das Feuer bei Dolev entwickelte sich schon am spaeten Dienstag, 22.11, und griff auf die Nachbarsiedlung Talmon über. Die Nacht auf Mittwoch, den 23.11. hindurch, waren Feuerwehrleute damit beschaeftigt, den Brand in

Feuer in Dole. Quelle: Facebook
Feuer in Dolev. Quelle: Facebook

Schach zu halten. Das Feuer gelangte ueber den Ortszaun in die Ortschaft hinein. Die Bilanz nach dem Einsatz, welcher 21 Feuerwehrteams bedrufte – drei Gebaeude wurden beschaedigt, etwa 20 Haeuser mussten evakuiert werden. Im benachbarten Talmon brannten zwei Haeuser nieder. Die Armeebasis Neve Ya’ir, auch diese im Umkreis von Talmon und Dolev, musste evakuiert werden. Laut Berichten des INN wird der Verdacht ueberprueft, dass der Brand durch eine versehentlich weggeworfene Zigarette eines Soldaten entstanden sein konnte, aber bisher wird mehrheitlich nach Brandstiftern gefahndet.

Neve Tzuf vor dem Brand. Foto: Larry Ackerman
Neve Tzuf vor dem Brand. Foto: Larry Ackerman

Die groesste Zerstoerung aber traf die Siedlung Halamish, auch bekannt als Neve Tzuf. (Ueber Neve Tzuf habe ich bei meiner Wanderung hier berichtet.) Die etwa 2000 Einwohner (350 Familien) zaehlende Ortschaft wurde am Freitagabend  (25.11.16) mit einem sich schnell entwickelnden und sich ausbreitenden Feuerwall konfrontiert, nachdem die meisten Familien ihr Abendessen beendet und sich zur Ruhe begeben hatten. Der Abend war windig; Neve Tzuf liegt auf mehreren hundert Metern ueber dem Meeresspiegel und auch in Samaria war das Wetter trocken. Der Wind wurde den Einwohnern zum Verhaengnis – vor allem im alten Teil, wo die alteingesessenen Familien wohnten, einige von ihnen besassen aus Holz gebaute Haeuser. Am selben Freitagabend feierte der Sohn eines der Einwohner, der 13-jaehrige Nevo, seine Barmitzwa; viele Gaeste, auch aus dem Ausland, waren gekommen.

Um etwa 10 Uhr abends gingen die Meldungen ueber sich ausbreitende Flammen beim Notrufteam von Neve Tzuf ein und sofort wurden Leute ausgeschickt, um die Einwohner aus den Haeusern zu holen – die Anweisung von Feuerwehr und Armee war eindeutig – sofortige Evakuierung. Yoav Dilion, Einwohner von Neve Tzuf und Sprecher bei der Radiostation „Kol Hai“, berichtete der Zeitung Ma’ariv:

„Um etwa halb 11 klopften Leute aus dem Notrufteam an die Haustuer und sagten, dass wir das Haus verlassen sollen. Wir setzten uns ins Auto und fuhren weg, ohne etwas mitzunehmen. Ich trug eine Trainingsanzug, Flip-Flops und ein Triko. Ich hatte noch geschafft, meine Tasche mitzunehmen und als ich aus dem Haus hinausging, sah ich

Neve Tzuf. Foto: Mako
Neve Tzuf. Foto: Mako

Sodom und Gomorra vor mir, alles war voller Rauch. Du siehst 50 Meter von dir Flammen aufsteigen und verbrannte Stromkabel, aus denen Funken kommen. Du siehst das Ganze, wie es immer naeher an dich herankommt und du haust ab, die ganze Siedlung wurde evakuiert, an die 300 Familien. Alle bekamen die Anweisung, aus dem Ortsgebiet herauszukommen. Als ich aus der Siedlung herausgelangt war, schaute ich hinter mir und sah, wie alles brannte, Flammen und Feuer bis zum Himmel.“ 

Rachel Creeger aus Grossbritannien, die Cousine des Vaters von Nevo, welche an diesem Wochenende zu Gast bei der Familie des Jungen war, beschrieb das Erlebte auf ihrer Facebookseite:

„Wir (ihre Gastgeberin und sie) kamen heraus und trafen uns am Hauseingang; ploetzlich kam eine Windboehe und wir sahen die Flammen zum Haus aufsteigen. Wir rannten auf dem Gehweg zwischen den den Haeusern und schrien den Nachbarn zu, sie sollen rauskommen (…).

Der Himmel was voll mit orangefarbener Asche von seltsamer Schoenheit, dann ploetzlich war dort ein furchtbarer Rauchgestank. Wir begannen, zur Synagoge zu laufen, die als Notfalltreffpunkt festgelegt worden war, doch da erinnerte sich eine der Toechter an ein aelteres

Neve Tzuf. Quell: Ma'ariv
Neve Tzuf. Quell: Ma’ariv

Paar, welches moeglicherweise nichts vom Chaos mitbekommen hatte, also rannten mein Gastgeber und seine Frau die Strasse hoch, um nach ihnen zu schauen und befahlen den Toechtern, mit mir zu bleiben. Ich fragte die Maedchen, wo das Haus sei, wo meine Verwandten untergebracht waren und sie zeigten darauf und meinten, es wuerden sicherlich schon alle evakuiert worden sein. In diesem Moment sah ich eine Gestalt sich hinter der Gardine bewegen und realisierte, dass sie noch immer drinnen waren. 

Die Maedchen rannten hinein, um sie zum Rausgehen zu rufen; da kam wieder eine Windboehe und was ich sah, kann ich nur als eine Feuerwand beschreiben, die sich weiter die Strasse hinunter bewegte. Ich fing an zu schreien, ‚das Feuer ist hier, raus, rennt!‘ Meine Verwandten und ihre Gastgeber rannten hinaus in Pyjamas, Schuhen und Jacken, es gab keine Zeit, etwas mitzunehmen.  Wir waren unterwegs zur Synagoge, aber der Wind wurde staerker und dort war es nicht mehr sicher. Wir rannten also weiter, Richtung Ortsausfahrt, wortwoertlich um die Flammen und den Rauch zu ueberholen. Diejenigen, die es geschafft hatten, das Auto mitzunehmen, hielten an und nahmen so viele es geht mit. Andere riefen nach ihren Kindern oder Partnern. (…) „

Neve Tzuf (Halamish). Foto: Avi Abelow
Neve Tzuf (Halamish). Foto: Avi Abelow

Das Feuer musste die gesamte Nacht bis zum Morgen hindurch bekaempft werden; sechs Loeschflugzeuge wurden eingesetzt, und selbst zum Samstagmittag hin waren noch nicht alle Brandherde vollstaendig entschaedigt. Einer der Feuerwehrmaenner, Ron Nachmani, welcher auch beim Einsatz in Dolev und einer anderen Siedlung, Mevo Horon, gewesen war, berichtete:

„Ich und mein Einsatzleiter Maor Daburi kamen an und der Ort war ein Abbild einer Katastrophe. Keine Einwohner in Sicht, sie hatten sich selbst evakuiert, Haeuser brennen, eins nach dem anderen faengt Feuer wie beim Domino, kein Strom, schwerer Rauch liegt in der Luft.“

Der Ausmass der Brandkatastrophe, der nach den Loescharbeiten eingeschaetzt werden konnte, war hoch: 15 Haeuser brannten gaenzlich nieder, 25 weitere wurden beschaedigt. Hinzu kamen verbrannte Autos und Gaerten.

Ein Video der Regionalverwaltung Binyamin zeigt die Schaeden, die fuer die Ortschaft entstanden sind.

Yehudit Ben Nun, eine der langjaehrigen Bewohner von Neve Tzuf, dessen Mann den Feuerwehrkraeften beim Einsatz behilflich gewesen war, erzaehlte (Walla):

„Es handelt sich um ein grosses Unglueck, auch wenn es hierbei ums Eigentum geht und es keine Opfer gibt. Alle Erinnerungen, alles, was man ueber die Jahre hinweg

Neve Tzuf, nach dem Brand. Quelle: Ma'ariv
Neve Tzuf, nach dem Brand. Quelle: Ma’ariv

sammelt. Bilder, persoenliche Erinnerungen. Fuer meine Schwiegereltern, die schon an die 80 Jahre alt sind, ist es nicht leicht. Vor allem, wenn man weiss, dass es sich um Brandstiftung handelt. Es hat hier schon Brandanschlaege gegeben, aber diesmal hat auch das Wetter uns uebel mitgespielt.“

Dem Sprecher der Feuereinsatzkraefte von Judaea und Samaria, Asaf Abers, zufolge, stuerzten die brennenden Haeuse „wie im Dominoeffekt ein“: „Bei Tageslicht sieht man, was sich abgespielt hat. Mein Herz ist mit den Einwohnern“ (Mako).

Am Samstagabend besuchte der Minister fuer innere Sicherheit, Gilad Erdan, den Ort des Geschehens und sah sich die Zerstoerung von Nahem an. Auch Erziehungsminister Bennett besuchte Neve Tzuf. Beide sprachen von Terror. Gilad Erdan in Walla:

Minister Gilad Erdan in Neve Tzuf (Halamish). Quelle: Ma'ariv
Minister Gilad Erdan in Neve Tzuf (Halamish). Quelle: Ma’ariv

„Ich bin entsetzt, wenn ich daran denken muss, was für Tiere es gewesen sind, die eine ganze Ortschaft mitsamt ihrer Einwohner niederbrennen wollten. Was fuer ein Hass fuer das juedische Volk und den Staat Israel; der Brandstiftungsterror basiert auf Hass und Aufhetzung. Die Einwohner hier sind wunderbar, wir werden staerken und sie (die Terroristen) werden uns auf keine Weise besiegen. Ich solidarisiere mich mit dem Schmerz.“ 

Laut Berichten, so auch in der palaestinensisch-arabischen Presse, sollen auch Feuerwehrbrigaden der PA an der Loeschung des Feuers bei Neve Tzuf mitgewirkt haben. Ein Bekannter von mir aus Betlehem erzaehlte, die palaestinensischen Feuerwehrleute seien anschliessend nach dem Einsatz von den Einwohnern als Dank mit Essen versorgt worden.

Waehrend des Brandes fluechtete ein Teil der Bewohner von Neve Tzuf in das benachbarte Ateret und in andere juedische Siedlungen, in weIchen sie mit offenen Armen aufgenommen wurden, Im Laufe der naechsten Tage wurden im ganzen Land fuer die Betroffenen der Brandwelle von Haifa bis Neve Tzuf Schnellsammelstellen fuer Materialspenden eingerichtet, und diejenigen, deren Haeuser vom Brand nicht getroffen wurden, halfen den Nachbarn, welche ihr Hab und Gut in der Freitagnacht verloren hatten.

Nachbarn in Neve Tzuf (Halamish) nach dem Brand. Quelle: The Marker
Nachbarn in Neve Tzuf (Halamish) nach dem Brand. Quelle: The Marker

In ihren Reaktionen auf den Grossbrand fanden die Einwohner von Neve Tzuf auch positive Worte – ueber das Wohlbehalten aller, dass niemand in den Flammen verletzt oder gar umgekommen war, und ueber den Zusammenhalt der Gemeinschaft. So aeusserte sich ein Verwandter einer Familie, deren Haus bis an die Grundfesten verbrannt worden war:

„Am Freitagabend gehen in einem religioesen Ort die Menschen frueh schlafen. Die palaestinensischen Terroristen wollten tausend Leute in ihrem Schlaf umbringen, und die gesamte Ortschaft konnte diesem ohne Menschenverluste entkommen, dank dem gemeinschaftlichen Zusamenhalt. Niemand hier dachte an sein Eigentum, jeder sorgte sich darum, dass niemand zurueckbleiben sollte. Niemand schaute auf sich selbst, sondern nur auf das Wohl der Gemeinschaft.“

Die Ursachen des Brandes werden weiterhin ermittelt. Laut Presseberichten wie in TOI wurden bisher bis zu 30 Verdaechtige festgenommen, davon eine Mehrheit Araber aus den palaestinensischen Autonomiegebieten. Am 29.11 berichtete die Wirtschaftszeitung The Marker, dass die Landessteuerbehoerde denjenigen Geschaedigten, bei welchen der Verdacht der Polizei bzw. der Feuereinsatzkraefte, es handele sich um Brandstiftung, nachgewiesen  wird, entsprechend den Regelung fuer Terrorgeschaedigte zahlen wird. Heute (30.11.16) wurde bei Channel 2 wiederum erwaehnt, dass die Regierung die Nationalversicherung die Entschaedigungssummen fuer betroffene Menschen unabhaengig davon, in welchen Faellen es sich um Brandstiftung handelt, voll auszahlen lassen will. Durch Zusammenarbeit mit der Regionalverwaltung Binyamin und dem

Die Notunterkuenfte in Neve Tzuf (Halamish). Foto: INN
Die Notunterkuenfte in Neve Tzuf (Halamish). Foto: INN

Landwirtschaftsminister Uri Ariel konnten 7 Wohncontainer fuer die obdachlosen Familien in Neve Tzuf bereitgestellt werden und diesen eine Notwohnung bieten. Minister Ariel nannte den Brand „ein Ereignis von nationaler Tragweite“.


Zu guter Letzt moechte ich nach allem Gesagten und Wiedergegebenen euer Augenmerk auf die Schlagzeile der Tagesschau-Nachrichten vom 26.11., dem Tag des Grossbrandes, welcher ueber die 2000 Einwohner von Neve Tzuf hereinbrach, richten. Ohne Worte.

26.11.16
26.11.16

 

NEWS: Waldbrände im Land

UPDATE:

Weitere Waldbrände in verschiedenen Landteilen, weitere Ortschaften bedroht, die meisten davon jüdisch. Die Polizei spricht offen von Brandstiftung. Das Feuer aus dem Waldstück bei Dolev (Binyamin) breitete sich bis zum Nachbardorf Talmon aus und verursachte einen Großbrand. Das Internet-Kurznachrichtenportal 0404 berichtete über palästinensisch-arabische Brandstifter, die beim Zündeln nahe der Siedlung Beit El beobachtet wurden. Sicherheitskräfte wurden zum Ort gerufen und sollen mehrere Brandlegungen erkannt haben. Ob die Täter festgenommen wurden, ist unbekannt.

Auch der Vorsitzende der Regionalverwaltung von Samaria, Yossi Dagan, lud vom Brand betroffene Familien in Gasthäuser und provisorische Notunterkünfte im Samaria-Gebiet ein, die für Ausnahmezustände größeren Ausmaße mit der Zusammenarbeit mit dem Heimatschutz der IDF errichtet worden waren.

Video des Feuerwehreinsatzes bei Talmon, Binyamin (0404)


(Also wohl doch keine Schreibpause… Die Nachrichten lassen einen nicht ruhen…!)

In Israel wüten Waldbrände. Kreuz durchs Landeszentrum bis in den Norden brennen Bäume, das Feuer breitet sich durch starken Wind über weite Flächen aus, beschädigt Privatbesitz und bringt die Einwohner vielerorts in Lebensgefahr. Innerhalb von etwa drei Tagen hat der Flächenbrand über 10 Orte erreicht, darunter Städte wie Atlit, Zikhron Yakov und Nahariya im Norden, kleine Ortschaften wie Neve Shalom und Latrun und Nataf in den Jerusalemer Bergen; mehrere dutzend Häuser wurden durch das Feuer teilweise oder gänzlich zerstört und hunderte von  Menschen aus ihren Häusern evakuiert. Am Schlimmsten traf es bisher die Stadt Zikhron Yakov an der Nordküste und die Ansiedlung Nataf in den Jerusalemer Hügeln; beide Gegenden sind dicht bewaldet. So sind in Zikhron Yakov beispielsweise an die 30 Häuser in den letzten 48 Stunden abgebrannt worden. Das Feuer von Nataf breitete sich durch starken Westwind weiter Richtung der Autobahn 1 aus; bisher ist nicht klar, ob der Verkehr in der Nacht weiterfließen wird oder gestoppt wird.

Auch an zwei Orten in Samaria, im Binyamin-Gebiet, ist der Waldbrand nicht vorbeigegangen:  Gestern spätabends (22.11) begann sich ein Brand unweit der Siedlung Dolev auszubreiten. Er gelangte über den Ortszaun bis an die Häuser und Wohnkontainer, 3 davon fingen Feuer; Gasballons in der gesamten Ortschaft begannen zu platzen. 21 Feuerwehrteams konnten in einigen Stunden die Kontrolle über das Feuer gewinnen. 20 Häuser mussten geräumt werden. Auch eine Armeebasis in Binyamin wurde heute von einem Flächenbrand bedroht und musste evakuiert werden.

Woher kommt diese Waldbrandepidemie?

Zum Einen verläuft die gegenwärtige Winterzeit fast gänzlich ohne Regen. Die Erde und die Vegetation sind ausgetrocknet, in der Luft steht Staub und heftige Windböhen, laut Wetterberichten bis zu 100 km/h, fegen durchs Land.

Zum Zweiten aber steht keine Hitze an. Die Luft ist trocken, aber nicht heiß; die Chance, dass sich Laub durch Sonneneinstrahlung von selbst entzündet, ist gering; auch ist momentan keine Lagerfeuersaison.

Die Vermutung fällt also größtenteils auf den Verdacht auf Brandstiftung.

Aus eigenen Erfahrungen durch meine Arbeit im Sicherheitszentrum von Efrat weiß ich, wie verbreitet und häufig Waldbrand durch das Zündeln seitens lokaler arabischer Dorfbewohner verursacht wird – in Judäa und Samaria ist es eine bekannte Erscheinung und wird Terrorattacken angeglichen. Beduinische Spurenleser der IDF werden bei der Aufspürung der Täter eingesetzt.

Nun stellt sich die Frage, ob auch die Waldbrände der letzten Tage durch fremde Hand und mit Terrorabsicht verursacht worden sind. Im Falle des Brands von Nataf in den Jerusalemer Bergen berichteten die Medien von der Verhaftung 4 Verdächtiger, Bauarbeiter an einer lokalen Baustelle. Bei Bauarbeitern handelt es sich in den allermeisten Fällen um arabische Stundenlöhner.

Heute abend äußerte sich die Polizei gegenüber Channel 2 und sprach von einer „Welle dee Brandstiftung“ im ganzen Land. Die eigentlichen Untersuchungen werden wohl erst nach einem Rückgang der Brände durchgeführt werden können. Momentan sind die israelischen Löschkräfte überfordert; PM Netanyahu hat sich an die Lãnder Griechenland und Kroatien gewandt, mit welchen es ein Abkommen zur gegenseitiger Unterstützung bei Waldbränden gibt.

***

Derweilen veröffentlichte der Direktor der Feldschule von Kfar Etzion in Gush Etzion, Yaron Rozenthal, einen Aufruf, in welchem er Facebooknutzer um Sachspenden für die Betroffenen bat und obdachlose Familien zu kostenlosen Übernachtungen in das Gasthaus der Feldschule Kfar Etzion einlud. Die Region um Gush Etzion wird regelmäßig zur Sommerzeit von Brandstiftungen geplagt. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir von der gegenwärtigen Plage verschont bleiben.

(Quellen: Channel 2, Ynet, Mako, Facebook Y.Rozenthal, u.a.)

Islam hat ein Problem

An jenem verhängnisvollen Freitag, dem ersten Julitag, waren der junge Mann aus dem als Flüchtlingslager bekannten Al-Fawar nahe Hevron und seine Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um die überlebenden Mitglieder der Mark-Familie aus Otniel nach dem tödlichen Attentat aus dem zerschossenen Wagen zu zerren. Sein Name und seine herzerwärmende Erklärung zu seiner Tat bekamen ihren Platz in den israelischen Nachrichten und er wurde hochgelobt. Verständlich – er hatte der 15-jährigen Tehila, dem 13-jährigen Pedaya und ihrer Mutter Chava das Leben gerettet, und das, obwohl die Familie Mark als der größte Feind der palästinensischen Araber gilt: sie sind jüdische Siedler. Zum israelischen Channel 1 sagte er noch am Tatort,

Ich will nicht, dass mir jemand Danke sagt. Ich habe es aus menschlichen Gründen getan und für Gott.

Heute hat dieser junge Mann, Islam al-Bayd (Bid) heisst er, ein Problem: Seine Tat hat bei vielen seiner Mitbrüder sowie bei der von ihnen gewählten Regierungsvertretung – der palästinensischen Autonomiebehörde – Unmut erregt, und das gelinde ausgedrückt:

Islam wurde seine Arbeitsstelle, die er bei der PA innehatte, fristlos gekündigt. So vermeldeten es vor wenigen Wochen einige der israelischen Medien, darunter auch Ynet. Darüber ausgesagt haben sowohl der Vorstand der Bezirksverwaltung der Südhevronberge, Yochai

Bezirksvorstand der Region Suedhevron, Yochai Damari (links) und Islam al-Bayd. Quelle: Bezirksverwaltung S.H.
Bezirksvorstand der Region Suedhevron, Yochai Damari (links) und Islam al-Bayd. Quelle: Bezirksverwaltung S.H.

Damari, als auch die Justizministerin Ayelet Shaked. Auf Nachfrage einiger israelischer Reporter handelte es sich bei dem Entlassenen nicht um Dr.Ali Shuruch, dem dritten arabischen Helfer am Tatort, da dieser eine Privatklinik besitzt. Dieser verneinte es auch.

Auf die Veröffentlichung dieser Affäre hin reagierten viele mit Empörung und im Netz kamen Rufe auf, dass dem Helfer, der nun nun den Status eines Helden erhielt, von israelischer Seite zwingend geholfen werden sollte. Derselben Ansicht war auch die Bezirksverwaltung von Südhevron, die führenden Köpfe der Siedlung Otniel und die Ministerin Shaked. Yochai Damari wurde bei Ynet wie folgt zitiert, wobei die Nachrichtenseite auch angab, dass die Umstände der Entlassung nicht gänzlich geklärt seien:

„Darauffolgend (nach der Hilfeleistung, Anm.D.S.) wurde er von seiner Arbeit entlassen. Ich habe mich mit ihm getroffen und er bat mich, ihm dabei zu helfen, ein Arbeitsvisum (in Israel, Anm.D.S.) für ihn zu genehmigen. Ich habe mich in einem Brief an den Verteidigungsminister gewandt und ihn um Mithilfe bei der Erteilung eines Arbeitsvisums für beide (Islam und den Arzt, Anm.D.S.). Ich habe mich mit ihnen getroffen, ich kenne die allgemein bekannten Schwierigkeiten, aber ich bin überzeugt, dass es unsere Pflicht als jüdisches Volk ist, denjenigen Dank zu zollen, die sich wie Menschen verhalten und das, was von ihnen erwartet wird, auch tun.“ (Ynet 08.08.16)

Auch wurde in den Artikeln berichtet, dass Islam und seine Frau Drohungen aus ihrer persönlichen Umgebung bekommen hatten. Islam bat die Journalisten, sein Gesicht nicht öffentlich zu zeigen.

Zwei Dinge lassen sich aus diesem bedauernswerten Inzident, knapp formuliert, lernen: Die Siedler sind den fremden Freunden Freunde. Die palästinensische Autonomiebehörde ist sowohl den Fremden als auch den Eigenen Feind.

 

(Auf Deutsch wurde über dieses Thema nur bei Audiatur Online und Israel Heute berichtet: Audiatur Online Israel Heute )

Pflaumeneimer-Episode

Yamina schleppt die Pflaumeneimer
Yamina, palästinensisch-arabische Bäuerin aus Al-Khadr schleppt die Pflaumeneimer

Diese gute Bauernfrau* aus Al-Khadr, dem Dorf/Vorort von Bethlehem – Yamina ihr Name – habe ich heute um die 7 Uhr morgens auf meinem Arbeitsweg durch die Felder unter der Containersiedlung entdeckt. Wobei, zunächst bin ich auf diese Eimer voller Früchte auf dem Pfad neben den Mandelbäumen und einem von einer Steinmauer umgebenden Feld gestoßen. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um Pflaumen handelte. Die Eimer standen vereinzelt auf dem Weg und wie ich weiterging, fand ich die Eigentümerin der Ernte, eine kleingewachsene, eher dickliche arabische

Die vollbeladenen Eimer
Die vollbeladenen Eimer

Bäuerin, die sich mit einem solchen Eimer und einer ebenso randvollen Kiste auf dem Weg Richtung Schnellstraße dahinquälte. Sonst war niemand in der Nähe.

Ich suchte mir die passenden Worte auf Arabisch zusammen und fragte, ob sie Hilfe brauche. „Ya reit!“, atmete die Frau schwer auf und lächelte. Ich wünschte! Ich fragte, wohin sie das Gut bringen sollte. „Zur Strasse dort drüben.“ Ein Auto sollte sie dort abholen, aber hierher würde es wohl nicht gelangen.
Sie zeigte mir auf die Eimer hinter ihr, ich machte mich auf, diese aufzusammeln. Tatsächlich, sie waren schwer. Ich fragte sie verwundert, „schleppst du das alles alleine?“ „Ah, lahali“ (Ja, alleine),

Pflaumenbäume auf dem besagten Feld, nahe der Gush-Etzion-Kreuzung.
Pflaumenbäume auf dem besagten Feld, nahe der Gush-Etzion-Kreuzung.

war die Antwort. Ob sie das öfter mache,13925278_10154594808941842_2264037345894901487_n habe ich nicht gefragt – die arabische Formulierung fiel mir nicht ein. Ich wusste dafür jetzt, wem die üppigen Pflaumenbäume auf dem benachbarten Feld gehoerten.

13886510_10154594779706842_2378188966409552275_nWir schleppten mehr oder weniger gemeinsam die Eimer zur Strasse. Yamina wollte von mir wissen, ob ich aus Amerika sei oder „von hier“ und was ich mache. Ich erfuhr so auch ihren Namen und sagte ihr meinen. Er gefiehl ihr. (Dazu muss man sagen, dass „Chaya“ – die Lebendige bzw.Leben – auch im Arabischen ein Name ist.) Als wir die Straße erreicht hatten , umarmten wir uns. Zum Abschied gab sie mir ein paar Pflaumen. Sie blieb dort, in der aufsteigenden Hitze, um auf das Auto zu warten.  Ich ging zur Kreuzung und zum Bus.

Was soll ich euch sagen, kein leichtes Leben. Warum um Allahs Willen muss die arme Frau aber diese schweren Eimer – fünf! – so ganz alleine schleppen?…

 

*Anmerkung: Tut mir leid, dass ich oft keine Gesichter der mit mir sprechenden Personen veröffentliche. Manches geschieht aufgrund des Wunsches, die Identität der Person zu schützen, aber meistens liegt es daran, dass ich es etwas unhöflich finde, bei jeder einfachen Unterhaltung sofort um ein Foto mit dem/der Gesprächspartner/in zu bitten. Ich möchte mich niemandem aufdrängen. Bitte habt Verständnis dafür.

NEWS: Familienvater tot nach Schussattentat nahe Otni’el

(Aktualisiert) Und wieder trifft der Terror die Berge Hevrons. Diesmal kein Einbruch in eine Ortschaft wie bei Dafna Me’ir und Hallel Yaffa Ariel.

Der Terrorort und die Gegend auf der Karte
Der Terrorort und die Gegend auf der Karte

Diesmal ein Schussattentat, eines von vielen des letzten Dreivierteljahres, eines von vielen aus der Zeit, seit welcher wieder Juden in diesen Bergen leben. So wie die Familie Litman, die 13.11.15 von einem Schussattentat auf der Autobahnstrecke nahe Otni’el am Freitagabend, kurz vor Schabattbeginn, auseinander gerissen wurde, so auch diesmal, eine Familie:
Michael Mark, 48, und seine Frau Chava, 40, sowie zwei ihrer Kinder, Pediya (15) und Tehila (13).

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Michael Mark sel.A. Quelle: Israel Hayom

Michael Mark, 48 Jahre, Vater von zehn Kindern, war der Direktor der Religionsschule für Jungen (Yeshiva) in Otniel. Einer meiner guten Freunde lernte dort bis zu seiner Armeezeit. Mark war bekannt als ein offener, sehr hilfsbereiter Mann, ein Rollenbeispiele fuer die Schueler der Yeshiva, in der gesamten Ortschaft beliebt und respektiert. Die Tochter Tehila lernt gemeinsam mit den Töchtern meiner guten Freunde aus dem Dorf Bet Haggai bei Hevron.

Die Familie war auf der Autobahn unterwegs; bei der Kreuzung Adoraim wurden sie offenbar von hinten von einem Wagen mit arabischen Insassen überholt. Als diese vorne waren, eröffneten sie aus dem Inneren des Wagens Feuer. Über 19 Schüsse wurden auf das Fahrzeug der Familie Mark abgefeuert. Das Auto verlor die Kontrolle, überschlug sich, landete auf dem Dach. Im Wagen war der sehr schwer verletzte Michael Mark

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Das Auto der Familie Mark. Quelle: Walla!co.il

eingeklemmt, offenbar mit den Kindern. Seine Frau wurde aus dem Wagen geschleudert und lag vor dem Fahrzeug. Auch sie war schwerverletzt, ebenso die Tochter Tehila – mehrere Bauchschüsse hatten sie getroffen. Der Sohn, Pediya, war der einzige, der sich einigermaßen bewegen konnte.

Rettungskräfte erreichten die Unfallstelle und begannen die Wiederbelebungsversuche an Michael, doch mussten bald aufgeben, dieser gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Michael Mark starb an seinen Verletzungen am Unfallort. Die mehrfach im Oberkörper getroffene Chava wurde ins Hadassa-Hospital evakuiert, ebenso die mittelschwer bis schwer verletzte Tehila. Pediya wurde noch am Unfallort behandelt und danach ebenso ins Krankenhaus gefahren.

Familie Mark vor dem Attentat. Tochter Orit im Vordergrund. Quelle: INN
Familie Mark vor dem Attentat. Tochter Orit im Vordergrund. Quelle: INN

Wieder eine Familie auseinandergerissen, wieder mehr Waisen und Witwen, die unverschuldet die Narben der Verluste in ihren Seelen bis zum Lebensende tragen werden, und womöglich werden physische Narben

Michael und seine Frau Chava. Quelle: INN
Michael und seine Frau Chava. Quelle: INN

hinzukommen. „Gestern haben meine Tochter und ihre Freundinnen um eine ermordete Klassenkameradin geweint, heute weinen sie um eine weitere verletzte Freundin“, schrieb Me’ir Dana Picard, mein guter Freund aus der Ortschaft Bet Haggai südlich Hevrons, welcher schon einige seiner Freunde bei Terrorattacken in den Südhevronbergen verloren hatte.

Wieder war es eine Attacke auf Zivilisten, von Arabern auf Juden, von Muslimen auf Juden, von denjenigen, die dem Leben den Tod vorziehen und andere dafür in den Tod zwingen wollen.

UPDATE:
Das Video der Waisen von Michael Mark. Quelle: INN
Das Video der Waisen von Michael Mark. Quelle: INN

Am zweiten Tag nach dem Attentat veroeffentlichten die Waisen der Familie Mark ein kurzes Video, in welchem sie um das zahlreiche Kommen zum Begraebnis ihres Vaters baten: „Papa war nicht nur unser Vater, sondern ein Vater von ganz, ganz vielen Menschen“, sagte Orit. Und eine weitere Tochter, Shira, fuegte hinzu:

„Nehmt etwas Gutes von Papa mit, werdet bessere Menschen, werdet liebender.“

Tehila Mark. Quelle: NRG
Tehila Mark. Quelle: NRG

Auf der Beerdigung, welche am Sonntag, dem 04.07. erschien auch der gegenwaertige Mossad-Direktor Yossi Cohen, welcher ein Cousin des ermordeten Mark ist. Die Tochter Tehila, die bei

Mossad-Direktor Yossi Cohen, ein Cousin des Ermordeten, mit Neffe Pediya. Quelle: NRG
Mossad-Direktor Yossi Cohen, ein Cousin des Ermordeten, mit Neffe Pediya. Quelle: NRG

dem Anschlag schwer verletzt worden war, wurde im Krankenbett zum Beerdigung gefahren.

Die Tochter Orit, in ihrer Grabrede, wandte sich an den Vater selbst, erzaehlte von seiner Liebe zu den Kindern, der Unterstuetzung, die speziell sie von ihm erfahren hatte und bat zum Schluss:

„Papa, du hast immer eine Loesung fuer alles gefunden. Du warst so begabt und so gut, es ist nicht fassbar, dass du nicht mehr hier sein wirst. Geliebter Papa, bete fuer unsere Mutter, die du so geliebt hast, fuer Tulik (Tehila), unsere Heldin, dass ihr Bauch in Ordnung sein wird, dass sie an diesem Trauma nicht zerbricht. Auch fuer unseren Pediya. Er hat alles gesehen, er erinnert sich an alles, es brennt in seinem kleinen Herzen. Papa, schau von oben herab, schau, wie stark wir sind.“

 

(Quellen: Kol Israel Radio, Ynet, Channel 2, INN)


Die Regierung hat angekündigt, auf das Verlangen von Erziehungsminister und Vorsitzendem der Partei „Jüdisches Heim“ Naftali Bennett hin eine Kabinettssitzung am heutigen Abend statt morgen abzuhalten: „Terroristen halten keinen Schabbat ein“, meinte Naftali Bennett. Laut den Medienberichten fordert Bennett die Sperrung der Autobahn 60, auf welcher sich die zahlreichen Attentate ereigneten, für palästinensischen Verkehr.

Ganz ehrlich, ich kann nicht glauben, dass das der Gesamtsituation irgendwie helfen wird.

NEWS: 13-Jährige ermordet. Hallels letzter Tanz

Heute (30.06.16) um etwa 9 Uhr morgens drang ein 17-jähriger Terrorist in das Haus der Familie Ariel im Vorort der Großsiedlung Kiryat Arba bei Hevron ein. Der Attentäter kletterte über den Sicherheitszaun, der die Ortschaft umgibt, und gelangte in das nächstgelegene Haus. Er verschloss hinter sich die Tuer und begab sich in das Kinderzimmer der Familie, dort schlief eins der Kinder von Rina und Amichai Ariel, die 13-jährige Hallel Jaffa.

Von da an begann ein Alptraum.

Hallel Yaffa Ariel. Quelle: Internet
Hallel Yaffa Ariel. Quelle: Internet

Der Terrorist fing an, auf das schlafende Mädchen einzustechen. Hallel war am vorherigen Abend von einer Tanzaufführung, bei welcher sie mitgemacht hatte, spät zurueckgekommen, die Ferien hatten am Sonntag begonnen, und Hallel schlief aus. Der Attentäter, selbst noch keine 18 Jahre, überraschte sie im Schlaf und stach auf sie mit insgesamt acht Stichen ein. Hallel verlor das Bewusstsein, ihr Blut verschmierte den Boden.

Als der Terrorist (ich erwähne generell keine Namen von Attentätern) noch über den Zaun gekommen war, alarmierte dies das Sicherheitszentrum von Kiryat Arba, da der Zaun mit einer Signalanlage versehen ist. Auf den Kameras wurde der Eindringling erkenntlich. Die Mitarbeiterinnen des Zentrums (ich habe einige Zeit in einem solchen im Gush Etzion gearbeitet) benachrichtigten die

Das Haus von Hallel und ihrer Familie. Quelle: Maariv
Das Haus von Hallel und ihrer Familie. Quelle: Maariv

innere Sicherheitseinheit, welche aus freiwillig in ihr dienenden Einwohnern besteht, und ebenso die Armee. Die ersten, die sich am Schnellsten zum Eindringungsort aufmachen konnten, waren die Schutzmänner der Sicherheitseinheit. Sie eilten zum Zaun und begannen, aus verschiedenen Richtungen das Haus einzukesseln, da es nicht klar gewesen war, wo sich der Täter in diesen Momenten befand. Anschließend, so berichtete einer von ihnen im Nachhinein den israelischen Medien, näherten sie sich dem Haus, bis drei von ihnen schließlich ins Innere des Hauses vordrangen – Yehoshua (Shuki), Chanoch und Amichai – der Vater des Mädchens, welcher ebenso in der Einheit diente. Dank diesem konnte wohl auch die Tür geöffnet werden, die zuvor vom Attentäter verschlossen worden war.

Kiyat Arba - Tatort, Bani Na'im - Wohnort des Terroristen
Kiyat Arba – Tatort, Bani Na’im – Wohnort des Terroristen

Als die drei hineingelangten, gingen sie in Richtung des Kinderzimmers. Direkt am Eingang sprang der Terrorist auf einen von ihnen, Yehoshua, und begann, auch auf ihn einzustechen. Chanoch erschoss den Angreifer. Auf dem Bett erblickten die drei die blutende Hallel. Sie wurde von den angekommenen Notfallärzten herausgebracht, ebenso der schwerverletzte

Hallels Zimmer. Die ersten Rettungseinsatzkräfte haben das Zimmer schon gereinigt.
Hallels Zimmer. Die ersten Rettungseinsatzkräfte haben das Zimmer schon gereinigt.

Yehoshua. Nach den ersten Wiederbelebungsversuchen wurde sie in den Notfallwagen gebracht und ins Hadassah-Krankenhaus gefahren, ebenso der verletzte Yehoshua. Die Frau von Yehoshua, die ebenso als Freiwillige des „Roten Davidssterns“ und als Krankenschwester arbeitete, sah den Ambulanzwagen fahren, als sie auf dem Nachhauseweg auf der Straße in der Siedlung war und stieg zu; der Patient offenbarte sich ihr als ihr Mann.

Hallel mit ihren Eltern Amichai und Rina und mit juengeren Geschwistern bei einem Besuch auf dem Tempelberg. Quelle: Nana
Hallel mit ihren Eltern Amichai und Rina und mit juengeren Geschwistern bei einem Besuch auf dem Tempelberg. Quelle: Nana

Im Krankenhaus fand das Drama sein bitteres Ende, zumindest, was Hallel anbetraf. Der Leiter des Traumazentrums des Hadassah-Krankenhauses berichtete den Nachrichtendiensten, Hallel sei durch die Messerstiche zu schwer verletzt worden und die Wiederbelebungsversuche hatten nicht geglückt. Hallel verstarb an ihren Wunden. Yehoshua befindet sich noch immer in der Notaufnahmestation und wird operiert.

Hallel beim Auftritt. Quelle: INN
Hallel beim Auftritt. Quelle: INN

Das Drama war vorbei, der Alptraum hatte erst begonnen. Für die Familie, Freunde und Nachbarn von Hallel; den Vater, einen Pädagogen und Weinbauern, für ihre Mutter Rina. Für die Schülerinnen der ehemaligen achten Klasse der Mittelschule in Kiryat Arba, welche Hallel vor einigen Tagen erfolgreich abgeschlossen hatte. Für ihre Tanzgruppe, mit welcher die 13-Jährige erst vor einem Tag eine erfolgreiche Aufführung gehabt hatte. Hallel liebte es zu tanzen, so erzählen ihre Eltern und Nachbarn.

„Sie hatte einen guten Charakter, ein gutes Mädchen, immer beliebt und von Freundinnen umgeben. Sie liebte diesen Ort, das schöne Haus, das Grün, sie fühlte sich sehr wohl“, so berichtete der Nachbar, der als Sicherheitsoffizier in der Siedlung fungiert, dem INN.

Der jüdischen Tradition entsprechend soll ein Toter so schnell wie

Das Trauersitzen (Shiva) von Familie Ariel. Auch Premierminister Netanyahu kam zu Besuch. Quelle: Nana
Das Trauersitzen (Shiva) von Familie Ariel. Auch Premierminister Netanyahu kam zu Besuch. Quelle: Nana

möglich begraben werden. Daher wurde die Beerdigung auf 18 Uhr Ortszeit gesetzt. Hallel wurde auf dem alten jüdischen Friedhof von Hevron, in der Hevroner Altstadt, in welcher sich die jüdische Gemeinde Hevrons befindet, beerdigt. Hunderte von Menschen erschienen auf der Beerdigung und begleiteten Hallel auf dem letzten Weg.

Was die offiziellen Reaktionen auf den Mord von Hallel und die Attacke auf Yehoshua angeht, so äußerte sich Premierminister Netanyahu zu dem Attentat und erklärte, die Arbeitsvisa für die Verwandten des 17-jährigen Terroristen zu streichen. Armeeeinheiten haben mittlerweile die Stadt Bani Na’im bei Hevron eingekesselt, in welcher der junge Attentäter gelebt hatte, die Familienmitglieder verhört und ebenso die Einfahrt nach Bani Na’im mit Betonblöcken versperrt Der Vater wurde aufs Armeerevier

mitgenommen. Die Mutter, so veröffentlichte es Ynet, beteuerte, nicht geglaubt zu haben, dass ihr Sohn die Attacke vollführt haben soll: „Er meinte immer, er wolle ‚etwas tun‘, aber wir dachten, er würde nur Spaß machen“.
Auch innerhalb des Gebietes von Judäa bis nach Ramallah im Norden Jerusalems wurden Straßensperren von der Armee errichtet.

(Quellen: Channel 2, Jerusalem Post, INN, Ynet, Walla)


Ein weiterer Artikel, aus persoenlicher Sicht geschrieben, laesst sich hier finden: Barbara Sofer, Jerusalem Post (uebersetzt): Je Suis Hebron


Bani Na’im, ebenso wie die gesamte Umgebung von Hevron, ist durchsetzt von Terrorzellen der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen, und ihre Einwohner sind sehr anfällig für Radikalisierung. Zahlreiche Attentäter, welche Attacken auf

Terroregion Großraum Hevron - Karte
Terroregion Großraum Hevron – Karte

Zivilisten und Soldaten in und außerhalb der „Grünen Linie“ verübt hatten, auch in dem letzten halben Jahr, stammten aus dieser Region:  Dura  – Yatta – Bani Na’im  – Hevron- Sse’ir (alShuyuch)  – Halhul. So die drei Attentäter, welche in diesem Monat  (Juni) die Terrorattacke im Sarona-Zentrum in Tel Aviv zu verantworten hatten; der Attentäter, der vor etwa einem halben Jahr Jakov Don und Ezra Schwarz in einem Stau bei Alon Shevut erschoss; der Mörder von Dalia Lemkos im Oktober 2014, und schließlich auch die Entführer der drei Jugendlichen, Eyal, Gil-ad und Naftali, welche genau vor einem Jahr, am 30.06.14 , ermordet und eingebuddelt auf einem Feld beim Hevroner Vorort Halhul gefunden wurden.


spiegel-online-logoSeitens der deutschen Berichterstattung dürften diejenigen, die die heutigen Nachrichten größeren Medienkonzerne verfolgt hatten, eine kleine Überraschung erlebt haben:
So berichtete der SPIEGEL in einer uncharakteristisch informativen datazdfund sachlichen Art und Weise über den Terroranschlag und erwähnte ebenso die Terrorwelle und die israelischen Opfer der Attacken des letzten Dreivierteljahres. Die Meldung stammte aus der Nachrichtenagentur dpa.

Bei der „Tagesschau“ musste man Vorarbeit leisten:
Der Studentin Noemi Becher aus Frankfurt fiel in der Nachrichtenausgabe der „Tagesschau“ auf, dass der Mord mit tagesschau128-_v-banner3x1keinem Wort erwähnt wurde. Daraufhin schrieb sie einen Brief an die Onlineredaktion. Wenig später veröffentlichte die Webseite einen kurzen Bericht zum Attentat. Noemi postete auf ihrem Facebook-Profil:

Eigeninitiative hilft. Nachdem ich bei der Tagesschau nichts zum Attentat in Kiryat Arba gefunden habe, habe ich mich per Mail an die Redaktion gewendet und sie darauf aufmerksam gemacht, dass der Terror nicht in Tel Aviv anfing und dort auch nicht aufgehört hat. Ich habe auch ausdrücklich gefordert, dass der Attentäter nicht als das Opfer dargestellt wird. Kurz darauf erschien der Artikel auf ihrer Webseite. Zusammen mit den anderen, die eventuell auch eine Mail geschickt haben, haben wir etwas bewirkt.

Auch andere Medien meldeten sich im Laufe des Tages – so beispielsweise die BILD, RTL Online, Hamburger Morgenpost. Offenbar ließ sich der Mord an einer unschuldigen 13-Jährigen nicht einfach übergehen.

Der Bericht von ZDF heuteplus.
Der Bericht von ZDF heuteplus.

Am Ende des Tages kam auch das ZDF heuteplus mit einem gar außergewöhnlichen Bericht auf, welches sowohl einfühlsam und respektvoll über den Mord von Hallel berichtete, als auch mehr als deutlich auf den Hass hinwies, welcher in der palästinensischen Gesellschaft geschürt wird und dem vor allem Jugendliche ausgesetzt werden.

Leider schrieb keins der erwähnten Medien darüber, welche Überzeugungen der Attentäter selbst vor seiner Tat hegte. So verherrlichte er auf seinem Facebookprofil die jugendliche Terroristin, ebenso aus Bani Na’im, die vor einigen Monat Soldaten in Hevron angegriffen hatte und dabei erschossen worden war. So schrieb der 17-Jähriger, dessen Cousin laut Ynet bei einer versuchten Autorammattacke im März dieses Jahres von Soldaten erschossen worden war, am vorherigen Samstag auf Facebook:

„Ich will sterben. Das Sterben ist ein Privileg.“


Mein Bekannter Me’ir aus der Ortschaft Bet Haggai im Norden Hevrons berichtete einige Stunden nach dem

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Attentat, vor der Einfahrt nach Hevron (von seinem Haus aus zu sehen) würde eine lange Autoschlange stehen, die Autos wären mit Flaggen geschmückt und es würde gehupt werden: Sie hupen sicherlich deshalb, weil sie gute Zeugnisse heimgebracht haben“, schrieb Me’ir sarkastisch.

Ein anderer Bekannter, Moshe Rahmanov, veröffentlichte das folgende Bild und betitelte es „Bunkerbetten – bald im Angebot“:
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Es wäre lustig, wenn es nicht so realitätsnah wäre.

Unterwegs nach Ariel mit Fauzi

Neulich (08.06.16)  musste ich für ein Interview, das ich durchzuführen hatte, aus der Bar-Ilan-Universität nahe Ramat Gan/Tel Aviv in die Universitätsstadt Ariel im Herzen von Samaria fahren. Ariel ist eine Stadt mit etwa 18.000 Einwohnern, eine der vier großen Städte in Judäa und Samaria, besitzt als einzige von Ariel auf der Karteihnen eine Universität, die staatlich anerkannt ist, ist industriell und bildungstechnisch gut entwickelt, besitzt ein entspanntes Klima, eine Aussicht bis Ariel, 2013 (Quelle: Wikipedia)zum Mittelmeer und liegt an den zentralen Verbindungsstraßen zwischen Bergland und Küste, was diese Stadt zu einem attraktiven Wohnort macht. Die Bewohner von Ariel sind zum Großteil säkular und arbeiten innerhalb der Stadt bzw. vielfach im Küstenbereich – Tel Aviv und Umgebung.

Ich war bisher nur zweimal in Ariel, kein einziges Mal zuvor bin ich selbstständig angereist. Ich musste mich über Whatsapp mit einigen Freunden beraten, wie ich aus dem Zentrum überhaupt dorthin käme. Mir wurde schnell geholfen, was allerdings eine schnelle Busankunft nicht garantierte. Bis ich zur richtigen Haltestelle fand, verpasste ich ganze drei Busse, und danach ließen sich diese lange auf sich warten.

Und ich wartete, in brütender Hitze des Juni-Nachmittages, und mit mir an der Haltestelle warteten noch einige weitere Menschen. Fast alle waren dem Aussehen nach Araber, aus „den Gebieten“. Was aber machen Araber „aus den Gebieten“ mitten im Land auf einer Haltestelle? Ach, natürlich. Sie fahren heim. Die Strecke zwischen Küstenebene/Tel Aviv und Umgebung und Ariel wird tagtäglich von hunderten von arabischen Arbeitern aus Samaria befahren, welche eine Arbeitserlaubnis im Kernland Israels haben. Die Busse nach Ariel sind ihre einzige Transportmöglichkeit, von den Sicherheitsübergängen an der „Grünen Linie“ ins Land und an ihre Arbeitsstelle zu gelangen. Mit den Bussen fahren sie zu bestimmten Kreuzungen, schon im Samaria-Gebiet, und gelangen dann weiter über innerpalästinensische Transportmittel – meist Sammeltaxis – in ihre Dörfer. Manche davon liegen weit entfernt, andere nah an der Haltestelle.

Ich erinnerte mich, über dieses Thema einmal geschrieben zu haben – im Eintrag Der Bus-Skandal im Mai 2015, da wurde in den deutschen Medien über eine Entscheidung des Verteidigungsministeriums berichtet, welche am Tag ihrer Öffentlichmachung aufgehoben worden war – und zwar, die Transportmittel der israelischen Fahrgäste und der palästinensischen Arbeiter aus Sicherheitsgründen zu trennen. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, selbst mitzuerleben, wie eine solche Fahrt von Israelis und palästinensischen Arabern in einem gemeinsamen Bus aussieht.

20160608_162730Zur Haltestelle gelangte ich mit einem Araber, er hatte gesehen, wie ich den Bus verpasst hatte. Wir warteten gemeinsam, wechselten einige wenige Worte und Gesten, ärgerten uns in schweigsamer Eintracht über den verpassten Bus. Es war heiß, ich bot ihm etwas zu trinken an. Er lehnte dankend ab und ich fasste mir an den Kopf – der Fastenmonat Ramadan hatte begonnen, wie ungeschickt von mir!

Nach einer scheinbar ewig langen Zeit kam ein Bus angefahren, der schon vollgepfercht war. Ein weiterer hielt nicht an, und so zwängten wir uns mit noch weiteren Wartenden in den Gang. Selbst die Stehplätze waren knapp. Der Bus war etwa zur Hälfte mit arabischen Arbeitern besetzt, die meisten sehr ermüdet, einige schlafend. Wir standen im Gang, der Bus bewegte sich im Schneckentempo, es waren die Nachmittagsstaus und die Autobahn 5 nach Ariel ist da leider keine Ausnahme. Ständig gab der Busfahrer einen Ruck, wir Stehenden fielen fast 20160608_163420übereinander. Wieder das Blickewechseln, manche hoben resigniert die Augenbrauen. Ich schaute einem arabischen Fahrenden über die Schulter. Der sah sich „Streich“-Videos auf Youtube an, wie sie häufig im Netz kursieren. Vertrieb sich damit die lange Fahrt. Nonchalant wie ich bin, gesellte ich mich hinter seinem Rücken dazu und konnte mir das Lachen nicht verkneifen. Ein älterer Araber neben mir kommentierte meine Beschäftigung mit einem ironischen „very funny“. Auch ihm machte der Stau zu schaffen.

Von meinem ehemaligen „Wartekollegen“ an der Haltestelle versuchte ich mit einigen Worten zu erfahren, wo er denn wohne. Er meinte nur schüchtern lächelnd, „Ariel“. Entweder sprach er kein rechtes Hebräisch, oder wollte nichts sagen. Ich kam ihm wahrscheinlich recht sonderbar vor – junge Frau, jüdisch, mit Rock (Siedlerin, was sonst?), fängt mit ihm Gespräche an.

Endlich löste sich der Verkehr, ein paar Reisende stiegen aus, Plätze wurden frei. Ich beschloss, stehen zu bleiben, aber die Männer begannen, mir Platz anzubieten. Ich lehnte wiederholt ab. Dem älteren „very funny“- Herrn, der neben mir stand, sagte ich frei heraus: Ihr habt heute gearbeitet, ich habe nichts gemacht, ihr sollt euch setzen. Der verzog leicht das Gesicht, „und das beim Fasten, den ganzen Tag nichts trinken, nichts essen“. Ich nickte verständnisvoll, wie ich es nur konnte. An unseren Fastentagen pflegen wir nicht zu arbeiten. „Hast du etwa den ganzen Tag nichts gemacht?“, fragte er zurück. „Nein, nichts“, meinte ich lachend, „ich fahre nur den ganzen Tag herum.“ Wieder ein schiefes Lachen. Der Mann wurde mir sympatisch, er sprach einwandfreies Hebräisch und schien nichts gegen Gespräche einzuwenden zu haben.

Ich nutzte die Gelegenheit natürlich, um ihn auszufragen. Wo er arbeite, was er arbeite, wo er wohne. Fauzi* (*Name geändert) arbeitete als Restaurator in der Stadt Rishon leTzion. Er erzählte mir, wie er zu seinem Dorf, Burukin, neben der Siedlung Barkan gelangte („Barkan, Buruqin, selber Name“)- bis zu einer Kreuzung auf der Autobahn 5, und dann weiter mit dem Sammeltaxi. Ja, davon

Ariel, Buruqin und dazwischen
Ariel, Buruqin und dazwischen

habe ich schon gehört. „Wieso kannst du dir kein Auto holen, um diese Strecke zu fahren?“, fragte ich und erwartete Erklärung. Diese kam, „das darf man nicht. Ohne israelischen Führerschein kann ich keine Erlaubnis für ein Auto bekommen, ein Auto der PA darf nicht nach Israel hinein.“ „Kannst du dir keinen israelischen Führerschein machen lassen?“ Ich wusste, die Fragen waren naiv, aber ich wollte Antworten von ihm in seiner Darstellung hören. Natürlich war mir klar, dass PA-Autos innerhalb Israels nicht zugelassen waren. „Nein, das kann ich nicht. Ich habe eine Arbeitserlaubnis, aber keinen blauen Ausweis (israelische Aufenthaltserlaubnis).“ Die Frage „würdest du gerne einen haben?“ lag mir auf der Zunge, aber ich unterließ sie. Vielleicht würde er sich nicht trauen, darauf zu antworten, außerdem wollte ich niemanden von etwas überzeugen, sondern Information sammeln.

Ich fragte also weiter, ob israelische Staatsbürger in seinem Dorf leben dürften. Er bejahte, es würden welche leben, das sei normal , es würden auch andere auf der anderen Seite der „Grünen Linie“ leben, sie haben eingeheiratet und dann kriegt man eine Wohnerlaubnis. Über dieses Thema gelangten wir zum Thema Heirat. So erzählte mir Fauzi, in seinem Dorf würden Muslime Jüdinnen heiraten und dann ins Dorf bringen. „Die haben dann eine israelische Staatsbürgerschaft?“ „Ja.“ „Aber dann sind sie zum Islam übergetreten, richtig?“ „Ja, natürlich.“ Ich kannte natürlich solche Fälle, aber dass das eine gängige Praxis sei, überraschte mich doch. Ich sagte ihm es auch, und dass es bei Juden nicht gerne gesehen werden würde. „Ich weiß. Sie heiraten aber nicht nach der Religion, sondern nach dem Staatsgesetz, und nach diesem ist es erlaubt“, meinte Fauzi, und fügte hinzu, „am Ende sind wir alle Menschen.“ Und dennoch, beharrte ich darauf, für Muslime sei es in Ordnung, aber für Juden nicht. Fauzi wusste das. „Dann sind die Kinder einerseits von der Mutter her jüdisch, und vom Vater her muslimisch“, dachte ich laut nach. Fauzi wusste mir daraufhin zu erzählen: „Ich kannte einmal jemanden, er kam ins Dorf, sprach mittelmäßiges Arabisch; wir unterhielten uns. Es stellte sich heraus, dass sein Vater Araber sei! Er aber wohne mit seiner Mutter in Israel. Er sagte mir, er würde seinen Vater kennen und ab und zu besuchen. Ich fragte ihn nach seiner Religion, er sagte mir daraufhin, ‚ich bin jüdisch‘.“ Fauzi erzählte auch, viele der Frauen, die ins Dorf kämen, seien russischer Herkunft. Es gäbe viele nichtjüdische Russinnen, erwiderte ich. Ob ich russisch und jüdisch sei, fragte er, und wo ich geboren sei. Er erzählte mir auch, viele würden noch immer nach Russland fahren und von dort Ehefrauen mitbringen: „Immer wieder bringen sie Frauen von dort mit.“

Ich fragte ihn schließlich nach den „Horrorgeschichten“, die bei uns viele erzählen – die schlimme Behandlung, die ehemals nichtmuslimische/jüdische Frauen von ihren arabischen Männern erfahren würden. Organisationen wie „Yad le’Achim“ in Israel spezialisieren sich auf solche „Fälle“ und berichten immer wieder von „Rettungsoperationen“, bei welchen sie diese oder jene Frau mit Kindern von einem gewalttätigen arabischen Ehemann gerettet haben. Fauzi winkte abwertend ab: „Es ist immer so, es wird ein Wort gesagt, und bis es bei der nächsten Stelle ankommt, werden daraus zehn Wörter. Ich glaube diesen Geschichten nicht. Zudem, gibt es etwa nur bei uns Gewalt, und bei den Juden nicht?“ Ich bejahte, mir kamen gleich mehrere Fälle in den Sinn.

Es ist zweifellos eine komplexe Realität. Von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet, sieht sie vollkommen anders aus; und jeder hat dennoch das Recht auf seinen Standpunkt. Der Bus fuhr währenddessen weiter; wieder ein Rucken, und wir Stehenden fielen übereinander und fingen an zu lachen. „Man versteht nicht, was dieser Fahrer hat“, erklärte mir Fauzi mit verwundertem Lachen die Reaktionen der anderen, „wo hat er seinen Führerschein gemacht? Welcher Esel hat ihm den gegeben?“ „Vielleicht ritt er vorher auf einem Esel, und dann hat er beschlossen, das Transportmittel zu wechseln“, entgegnete ich witzelnd. Wir schmunzelten.

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Die Menschenmenge an der Kreuzung.

Dann war der Bus an der Ariel-Kreuzung angekommen. Wir verabschiedeten uns voneinander, Fauzi und ich, und stiegen aus. Draußen – Schreie, Taxifahrer, die ihre Kundschaft anwarben, Männer in langen Gewändern zwischen Olivenheinen, und all die ausgestiegenden arabischen Arbeiter, die zu den Fahrzeugen eilten. Zwei Soldaten regelten den Verkehr an der Kreuzung. Erst im März 2016 gab es hier eine Messerattacke auf eine junge Soldatin, und im Oktober 2015 eine Messerattacke auf einen wartenden Juden. Auch zuvor hatte es hier Terrorattacken gegeben, an dieser vielbefahrenen Kreuzung, wo sich beide Bevölkerungsgruppen dicht aneinander reiben.  Ein Vorbeieilender meinte, ich würde mich nach Hilfe umschauen, doch ich winkte ab. Mein Ziel war noch immer die Universität von Ariel. Wie gewohnt, nutzte ich dafür den Autostop. Die Sonne stand hoch am Himmel, es war noch Zeit bis zum Fastenbrechen beim Sonnenuntergang. Wie die Menschen das durchlebten, wie viele sich bei diesen Bedingungen tatsächlich an die strengen Regeln des Fastens hielten, wusste ich nicht zu sagen.

Ariel-Kreuzung. Das Schild weist auf das nahegelegene "Eshel Hashomron"-Hotel hin.
Ariel-Kreuzung. Das Schild weist auf das nahegelegene „Eshel Hashomron“-Hotel hin.

Ich war dankbar für die Unterhaltung mit meinem unerwarteten Gesprächspartner, meinem Nachbarn, einem weiteren Puzzlestück in der menschlichen Landschaft von Judäa und Samaria. Unser Land ist zu klein, um zwei Staaten zu beherbergen, aber es ist nicht zu klein für Leute wie Fauzi und mich, vorausgesetzt, wir wollen hier leben und einander leben lassen. Leider ist diese simple Voraussetzung in unserer Region nicht selbstverständlich. Aber die Zukunft steht offen.

Und, ja, die Anfahrtsbedingungen für die Arbeiter sollten definitiv verbessert werden, nicht nur bei Ariel, sondern auch an den restlichen Übergängen. Es gab eine Zeit, nicht allzu lange her, da gab es noch keine Übergänge, da hätte ich sogar Fauzi in seinem Dorf besuchen können. Aber die Zeit ist fürs Erste vorbei, und außerdem ist das schon eine ganz andere Geschichte…

 

 

Alles dieselben Opfer

Ich muss leider Frust loswerden, auch wenn es manchen nicht gefallen oder wenig verständlich sein wird. Ich möchte aber dennoch diesen Standpunkt darstellen, weil er authentisch die Gefühle vieler Menschen in Judäa und Samaria ausdrückt, ihren Frust, ihr Dilemma, ihre Enttäuschung. Gegenüber den eigenen Landsleuten, nicht gegenüber der Welt.


Es ist schon Mittag des nächsten Tages nach dem Tel Aviv-Attentat, und noch immer sind die Schlagzeilen der zentralen Medien (Channel 2, Ynet) alle komplett besetzt mit den Berichten. Es steht nicht in Aussicht, dass sich das im Laufe des Tages ändern wird, im Gegenteil.

Das Attentat geschah am hellichten Tag in einer beliebten Erholunhsmeile in der Metropole Tel Aviv. Tel Aviv ist Israels Entertainment-Hauptstadt. Wenn etwas in Tel Aviv geschieht, schauen alle hin.

Aber auch Rabbiner Lavieh wurde vor aller Augen ermordet, in der Altstadt von Jerusalem, und mit ihm ein weiterer Vater kleiner Kinder, und niemand half. Auch Shlomit Krigermann und Hadar Buchris wurden am hellichten Tag ermordet, zwei junge Mädchen, mit Messer und Schusswaffen. Und wer kennt noch die Namen von Eliav Gelman, der mit seinem Einsatz das Leben von Zivilisten an einer Bushaltestelle retten wollte und dabei ins Kreuzfeuer geriet; und Avraham Hasno, der an seinem Auto brutal von einem Lastwagenfahrer überfahren wurde und dieser noch mehrere Male über ihn gerollt war, um den Tod sicherzustellen? Der Täter wurde anfangs nur wegen „fahrlässiger Tötung“ belangt.

Und Jakov Don und Ezra Schwarz? Sie standen im Stau. Der Täter schoss auf alle, tötete „nur drei“, darunter einen eigenen Landsmann.

Warum nenne ich diese Namen und rufe die längst vergessenen Personen in Erinnerung?
Sie waren Opfer desselben Terrors wie die Opfer von Tel Aviv.

Aber sie kamen nicht aus Tel Aviv. Sie waren Siedler, oder aus Jerusalem. Sie wurden in Judäa und Samaria getötet. Nicht in einer Erholungsmeile einer Non-Stop-Metropole. Dort, hinter der „Grünen Linie“, knappe 80 Kilometer von Tel Aviv entfernt, dort erwartet man die Toten. Dort ist rechtsfreier Raum, dort töten die Terroristen die Juden aus ganz anderen Gründen als in Tel Aviv. Dort muss ein Massaker geschehen, wie des Vogel-Ehepaares und ihrer Kinder, dass sich jemand entsetzt. Die Terroropfer und Verletzten in Judäa und Samaria sind mehr „Kollateralschaeden“, „Opfer des Friedens“, wie der verstorbene Yitzhak Rabin einst die Terroranschläge nach den Oslo-Verträgen nannte.

Aber wer so denkt, irrt sich.
Der Terror kommt überall hin, der Terror beginnt in Judäa und Samaria, aber er hält dort nicht an. Diejenigen, die die Terroristen erreichen wollen, sie fragen sie nicht nach ihren Überzeugungen, ihren Berufen und sie interessiert auch nicht ihr Aussehen und ihre sexuelle Orientierung. Sie interessiert einzig und allein ihre Zugehörigkeit – zu Israel, zum jüdischen Volk.

„From the river to the sea, Palestine will be free“, skandieren die radikalisierten muslimischen Massen und ihre Unterstützer im selbsternannten Palästina, auf den Straßen von Europa und den USA. Zwischen dem Jordanfluss und dem Meer, dort liegen Alon Shevut und Hevron, Givat Ze’ev und Jerusalem. Und auch Tel Aviv. Und solange sie dort sind, solange wird der Terror anhalten. Bis diesem jemand ein Ende setzt, so oder anders. Aber das scheint noch immer nicht in Sicht zu sein.

Sollen die Ermordeten in Frieden ruhen, sie alle, , Gott ihr Blut sühnen und ihr Gedenken zum Segen werden lassen.
זכרונם לברכה, ה‘ יקום דמם.

Reblogged: Wohnen Araber in jüdischen Siedlungen?

BPB 080616 Efrat3Heute habe ich in Efrat (liegt im Herzen von Gush Etzion) eine Gruppe junger Journalisten verschiedener deutscher Medien (von ZDF und Süddeutsche Zeitung über Berliner Zeitung bis Tagesspiegel) getroffen und sich mit ihnen dabei über verschiedene Themen, die das Zusammenleben zwischen Juden und Arabern in Judäa und Samaria betreffen, unterhalten. Das Treffen fand in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung statt (siehe mehr darüber hier).

Für diejenigen unter ihnen, die möglicherweise nach diesem Treffen auf diesem Blog hier vorbeischauen wollen, und auch für alle von euch, die dieses Thema ebenso interessiert, hänge ich hier einen älteren Artikel von mir an, über ebendieses Zusammenleben von Juden und Arabern und was es damit auf sich hat. Fragen und Bemerkungen sind immer willkommen.

Chaya

Ich, die Siedlerin | Eine jüdische Stimme aus Judäa

Häufig werde ich gefragt – und das meist mit einem vorauseilenden anklagenden Unterton -, ob Araber/-innen in jüdischen Siedlungen wohnen dürfen. Dieses kurze Essay dürfte als eine Erklärung zu dieser nicht unwesentlichen Frage dienen. 


Ansicht auf Efrat. Im Vordergrund: Weinstöcke arabischer Weinbauern Ansicht auf Efrat. Im Vordergrund: Weinstöcke arabischer Weinbauern

…Efrat ist eine Ortschaft in Gush Etzion mit fast 10.000 Einwohnern. Es befindet sich mitten in Ausbau und Erweiterung. Lang ausstehende Bauprojekte wurden genemigt und von verschiedenen Auftragnehmern übernommen. Die Baustellen sind täglich in Betrieb. Auch sonst bedarf die Infrastruktur von Efrat einer umfassenden Pflege – wie die einer jeden Ortschaft. Efrat ist eine „Großsiedlung“, wenn man will, und wurde für 25.000 Einwohner geplant. Sobald Efrat sich in ihrer Einwohnerzahl der 15.000-Grenze nähern wird, soll ein Antrag auf Stadternennung durchgeführt werden, welches ihr den Status der ersten jüdischen Stadt der Judäa-Region einbringen würde, und der fünftgrößten Stadt in den Siedlungsgebieten (nach Modi’in Illit, Beitar Illit, Ma’ale Adumim und Ariel).

Hier liegt Efrat Hier…

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