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NEWS: Terrorattacke in Adam, Yotam Ovadia getötet

Am 26.07, spätabends, ereignete sich ein Terroranschlag in der jüdischen Großsiedlung Adam (Geva Binyamin) in Südsamaria, die neben dem Viertel Pisgat Ze’ev in Jerusalem und nahe der palästinensischen Stadt Ramallah, an der Autobahn 60, liegt. Der Attentäter, ein 17-Jähriger aus dem Dorf Kubar, ebenso in Südsamaria, sprang über den Zaun der Ortschaft und machte sich den Berichten zufolge, mit einem Messer bewaffnet, auf die Suche nach Passanten, die er angreifen konnte. Ihm kam ein 58-jähriger unwissender Einwohner entgegen, den der Terrorist angriff und als Resultat mittelschwer verletzte. Ein weiterer war Yotam Ovadia, 31, der den Terroristen entdeckte und diesen mehrfach angriff und zu überwältigen versuchte, hatte aber keinen Erfolg und wurde mehrmals von Messerstichen getroffen und lebensgefährlich verletzt. Ein weiterer Einwohner, der den Geräuschen auf der Straße folgend hinauskam und meinte, es würde sich um eine Rauferei handeln, wurde leicht verletzt, als er ebenso angegriffen worden war, konnte aber mit der Pistole, die er an sich trug, den Attentäter unschädlich machen. Ein der Attacke beiwohnender Autofahrer fuhr den Täter an, ein weiterer schoss ihn schließlich nieder, sodass dieser noch am Tatort verstarb. (Jpost)

Das am schwersten verletzte Opfer der Attacke, Yotam Ovadia, 31 Jahre alt und Vater von zwei Kindern, wurde ins Hadassah-Hospital evakuiert, allerdings verschlechterte sich der Zustand von Ovadia schnell und er verstarb an seinen Wunden im Krankenhaus.

Der Notfalldienst und die Sicherheitskräfte der Ortschaft, der Polizei und der Armee wurden kurze Zeit nach dem Attentat informiert, gelangten allerdings erst zum Tatort, als der Attentäter schon erschossen worden war. Da es zum Zeitpunkt der Angriffs unbekannt gewesen war, ob sich weitere Terroristen in der Ortschaft befanden, wurden die Einwohner von der Armee angewiesen, sich in ihren Häusern zu verschließen, bis Soldaten jedes Haus nach seinen Einwohnern und ihrem Wohlergehen geprüft hatten.

Der Terrorist selbst gelangte nach Adam mit seinem Auto aus dem Dorf Kubar. Aus demselben Dorf stammte der 19-jährige Attentäter, der vor fast exakt einem Jahr das Massaker an der Familie Solomon  im benachbarten Halamish/Neve Tzuf durchgeführt hatte und mit einem Messer 3 Familienmitglieder (Vater Elad, Tochter Chaya und Sohn Elad Solomon) am Shabbattisch erstochen und zwei weitere verletzt hatte. Er wurde am 15.02 zu viermal lebenslänglich und einer Geldstrafe von 1.8 Millionen Shekel verurteilt. Es ist gut möglich, dass der neue jugendliche Terrorist sich ein Beispiel an dem Attentäter vor einem Jahr genommen hatte und die Attacke am Datum des Attentats vor einem Jahr ausrichten wollte.

In verschiedenen Medien (Jerusalem Post, Ha’aretz) wurde berichtet, dass der Terrorist vor der Attacke in Adam an einem nahegelegenen Beduinendorf vorbeigefahren und den anwesenden Beduinen mitgeteilt habe, er würde Juden angreifen wollen. Diese hätten daraufhin per Telefon den Wachposten der Siedlung informiert, allerdings gelangte die Information zu spät an und der Attentäter war bereits innerhalb des Geländes von Adam.

Nach dem Angriff beschwerten sich die Einwohner von Adam, dass der Sicherheitszaun um die Ortschaft herum nicht genügend schützend sei; so soll er schon über ein Jahrzehnt nicht mehr erneuert worden sein, und würde leicht zu passieren sein, da keine elektronischen Sensoren angebracht seien und daher ein Überqueren des Zauns, wie es der Attentäter getan hatte, nicht zu ermitteln seien. (Soweit mir bekannt ist, besitzt die Mehrheit der von einem Sicherheitszaun beschützten Siedlungen diese Sensoren, die an ein zentrales Warnsystem angeschlossen sind und relevante Berührungen mit Fremdkörpern an die Zentrale vermitteln.)

Yotam Ovadia, der bei der Attacke ermordet worden war, war mit Tali verheiratet und lebte mit ihr und zwei kleinen Söhnen, Harel und Itai, in Adam, ebenso wie seine Eltern. Er war bei der Geldsicherheitsfirma Brinks angestellt und arbeitete dort als Techniker in der Jerusalemer Filiale. Noch am Abend vor seinem Mord, dem Vorabend des „Tages der Liebe“ (der 15. des hebräischen Monats Aw) hatte er seiner Frau bei seinem Heimkommen einen Blumenstrauß und Schokolade gebracht. In einem Video der lokalen Sicherheitskamera, über das die Nachrichtenseite Ynet geschrieben (aber nach Bitte der Familie nicht veröffentlicht hatte), konnte im Nachhinein gesehen werden, dass Yotam Ovadia vom Terroristen angegriffen wurde, sich aber wehren konnte und ihn mehrmals zu überwältigen versuchte, bis er entgültig niedergestochen wurde. Am vergangenen Donnerstag (27.07) wurde er in Jerusalem beigesetzt. Seine Frau, Tal, sprach zu Ynet über ihren Ehemann:

„Er war ein Arbeitsmensch, fair, bescheiden und anständig. Er liebte mich und die Kinder auf eine Art, die ich noch nie gesehen hatte. Alles, was er tat, tat er für uns. Er sorgte immer dafür, dass es allen gut ging. Er dachte an sich immer als letztes. (…) Alles, was ich wollte und worum ich bat, tat er für mich und liebte mich auf eine Weise, die es gar nicht gibt. Er erfüllte mir jeden Traum. Ich sagte ihm immer, ‚du bist der Eine, der Einzige und der Besondere für mich‘.“ (Ynet, 29.07.18)

Der Leiter der Polizeistelle der Binyamin-Region, der den Polizeieinsatz rund um das Attentat leitete, war Eli Ovadia, ein Cousin von Yotam. Erst an Ort und Stelle erfuhr er, dass es sich bei dem Schwerverletzten um seinen Cousin handelte, und zwei Stunden später wurde er von seinem Tod informiert.

„Ich bin dort angekommen und einer der Nachbarn erzählte mir sofort, dass Yotam der Verletzte sein. Es war ein absoluter Schock. Ich explodierte fast innerlich, ich fühlte, als würde mir der Bauch zerreissen. (…) Wie sehr ich auch gedacht habe, dass ich widerstandsfähig bin, wenn es deine Familie ist, dann dreht sich dir der Magen um. Du weißt, dass du auf der Arbeit bist und nicht nach dem Gefühl handeln darfst, aber innerlich tobt es in dir. Ein schwerer Moment.“ (ibid.)

 

(Quellen: Mako, Ynet, Channel 2)

 

 

DPA’s Berichtedeutsch

Nicht, dass es uns etwas Neues ist. Deutsche Medien und jüdische „Siedler“ sind sich spinnefeind wie die meisten Hunde und Katzen, und die „Siedler“ ziehen bei dem ungleichen Aufeinandertreffen regelmäßig den Kürzeren. Ich muss wohl kaum an meinen Beitrag von vor fast 3 Jahren erinnern, in dem ich drastische Beispiele der deutschen Medienwortwahl bezüglich Juden in Judäa und Samaria angeführt habe. Inzwischen hat sich nicht viel verändert. Und obschon es nichts Neues ist, wollte ich mal wieder ein Goldstück aus der deutschen Presse vorlegen und es etwas „nachkorrigieren“ – diesmal aus der offiziellen deutschen Presseagentur, der DPA (Merkur vom 12.06.18) :


Israel räumt Kleinsiedlung im Westjordanland

(Heißt Judäa und Samaria, aber das ist leider noch immer der offizielle Name. Kann man nicht viel machen.)

Israelische Sicherheitskräfte haben am Dienstag mit der Räumung eines illegalen Siedlungsaußenpostens im Westjordanland begonnen.

Tel Aviv (warum eigentlich Tel Aviv? Das Ganze lief in Gush Etzion ab-konnte sich der Korrespondent nicht hinbemühen, sondern berichtete über etwas aus dutzend Kilometer Entfernung?) –

Israelische Sicherheitskräfte haben am Dienstag mit der Räumung eines illegalen Siedlungsaußenpostens im Westjordanland begonnen. Polizisten seien dabei, 15 Häuser in der Kleinsiedlung Netiv Ha-Avot zu räumen, teilte ein Polizeisprecher mit. Das Höchste Gericht (offizieller Begriff: Oberstes Gericht. Umgangssprache)  hatte die Zerstörung der Häuser in dem Außenposten in der Nähe der Palästinenserstadt Bethlehem angeordnet. (Palästinenserstadt? Entweder „palästinensische Stadt“ oder „Stadt im Westjordanland“, oder einfach „Stadt“, es heißt schließlich noch immer nicht „Judenstadt Tel Aviv“, oder?)

Nach Medienberichten kam es bei der Räumung zu Konfrontationen zwischen israelischen Jugendlichen und Polizisten. Am Montagabend hatten rund 2000 Menschen in der 2001 errichteten Kleinsiedlung gegen die Evakuierung demonstriert. Die Polizei sei im Gespräch mit der Siedlerführung (na wenigstens nicht Siedlerführer), um unnötige Reibungen zu verhindern, teilte ein Sprecher mit.

Alle Siedlungen völkerrechtlich illegal

Rund 600 000 Israelis leben in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem. Israel unterscheidet zwischen Siedlungen, die mit Genehmigung der Regierung entstanden, und wilden Außenposten (also, meine Gemeinde hat zwar noch keine Baugenehmigung, aber wild ist bei uns keiner), die per Gesetz rückwirkend legalisiert werden sollen. (Das Gesetz existiert noch nicht. Wie man sieht, werden sie eher abgerissen.) Aus internationaler Sicht sind dagegen alle Siedlungen illegal. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel im Dezember 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert. (Es sind keine offiziellen Palästinensergebiete. Es wird in den C-Gebieten unter offizieller israelischer VErwaltung entsprechend den Oslo-Abkommen gebaut. Ostjerusalem ist kein „Palästinensergebiet“, nie gewesen.)

Der israelische Erziehungsminister und Vorsitzende der ultra-rechten Siedlerpartei (erstens ist sie nicht ultra-recht; die ultra-rechte „Jüdische Stärke“ ist bei den Wahlen nicht durchgekommen; zweitens ist sie keine absolute „Siedlerpartei“, drittens hat sie einen Namen – „Jüdisches Heim“), Naftali Bennett, kritisierte die Gerichtsentscheidung zur Räumung des Außenpostens bei der Demonstration am Montagabend als „absurd“, wie die „Times of Israel“ berichtete. Justizministerin Ajelet Schaked, ebenfalls von der Siedlerpartei (offenbar ihr offizieller Name laut dpa), kündigte bei der Veranstaltung eine Legalisierung aller Außenposten im Westjordanland an. (Sie kann sie nicht ankündigen, da das Gesetz nicht vorliegt und nicht durchgesetzt wurde. Sie kann sich höchstens dafür aussprechen.)

dpa


So viel zur Qualität deutscher Medien. Dabei waren die meisten meiner Korrekturen absolut sachlich und nicht ideologisch bedingt.

NEWS: Sammeltaxis nach Judäa und Samaria

Medienberichten zufolge hat das Verkehrsministerium mit einer Reform des Sammeltaxisystems begonnen, das nun das ganze Land umspannen und bis zu 110 neue Linien („Moniot Sherut“ auf Hebräisch) bereitstellen soll. Die Taxis sollen in bis zu 20  landesweit verteilten Knotenpunkten für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden – darunter auch in Judäa und Samaria, in deren Fall beispielsweise Jerusalem durch die Sammeltaxis mit der Gush Etzion-Region verbunden werden soll und dadurch eine schnelle Anbindung und eine Alternative zum Anhalterfahren bieten kann. Fahrgäste würden, wie in regulären Bussen, mit der „Rav Kav“-Magnetkarte zahlen und 90 Minuten freie Umstiegszeit nutzen können; ebenso würden auch in den Taxis die Vergünstigungen für Studenten, Pensionäre und Behinderte gelten.

Bisher sollten Israelbesuchern die Sammeltaxis vor allem aus Tel Aviv oder auch dem Ben Gurion-Flughafen bekannt sein. Auch in Tel Aviv sollen neue Taxilinien hinzukommen. (Zwischen dem Ben Gurion-Flughafen und Jerusalem wurde allerdings seit einiger Zeit eine umgekehrte Reform in Kraft gesetzt – es gibt eine wesentlich günstigere und einfacher zu erreichbare Buslinie.) Ob die neuen Linien auch am Shabbat und jüdischen Feiertagen verkehren werden, ist unbekannt.

(Quellen: TheMarker, Kikar Hashabat)


Als ich die Nachricht gelesen habe, ist mir etwas Amüsantes eingefallen: Die Hauptverkehrsmittel der palästinensischen Einwohner von Judäa und Samaria stellen gelbe/orangefarbene Sammeltaxis mit grünen Nummernschildern dar, die zwischen Dörfern und Städten verkehren, sehr billig sind und ebenso nach Anhalteprinzip (ohne feste Haltestellen) funktionieren. Sowohl die palästinensischen als auch die israelischen Sammeltaxis haben ähnliche Farben und Fahrzeugtypen und, was die israelischen angeht, viele arabische Fahrer.

Was also, wenn die israelischen Sammeltaxis bei uns eingesetzt werden würden und man anfinge, zwischen den beiden zu verwechseln?… 🙂

Eine Nacht und 169 Weinpflanzen sind dahin

Landwirtschaftlicher Terror ist momentan hoch im Kurs, wie meine Leser/-innen spätestens seit den letzten Beiträgen zum Thema wissen.  Da werden an die 1000 Weinpflanzen auf einem jüdischen Feld in Samaria abgeschnitten, 400 Weinpflanzen eines arabischen Farmers bei Hevron abgeschnitten, ein arabisches Weizenfeld verbrannt, 150 von Juden gepflegte Weinpflanzen im Jordantal zugrunde gerichtet; Kfar Etzions Kirschen leideten wochenlang unter brennenden Reifen und Massendiebstählen, bis sogar der sonst kulturell offene und für Zusammenleben plädierende Direktor der Feldschule des Kibbutzes, Jaron Rosenthal, in einem wütenden Facebook-Post zu einem Boykott der in der Gegend von palästinensischen Händlern verkauften Kirschen aufrief, da diese möglicherweise gestohlen sein könnten.

Mich schmerzen diese Angriffe, die immer wieder auf Kosten unschuldiger Natur und Menschen und deren Einkommen irgendeine fiese und nichtsnützige „nationale Botschaft“ vermitteln möchten, sehr. Und es schmerzt mich auch besonders, wenn dies aus unseren Reihen geschieht, denn Vandalismus, erst recht nationalistisch begründeter Vandalismus, war und ist niemals Teil der zionistischen Ideologie gewesen und ist im Judentum (und auch im Islam, aber für den bin ich nicht zuständig) verboten. Die Attacken nützen niemandem etwas, und sorgen immer wieder international für böse Schlagzeilen, die sich gegen „die Siedler“ im Allgemeinen wenden.

Am 28.Mai habe ich über unseren Nachbarn Salah Shahin berichtet, dem von offenbar jüdischen Extremisten insgesamt 60 Weinpflanzen und Aprikosenbäume abgeholzt worden waren. Damals war ich mit einer kleineren Gruppe bei einem Solidaritätsbesuch dabei gewesen.

Am 14.06 aber stellte sich der Schaden als relativ „erträglich“ heraus – im Vergleich zu den 169 Weinpflanzen und einem Olivenbaum, die in der Morgenfrühe auf zwei Feldern des Bauern Abu Jamil aus dem

Alle erwähnten Orte auf der Karte

arabischen Dorf Hirbet Zakaria neben dem Kibbutz Rosh Tzurim entdeckt wurden! Die Schande hatte offenbar im Kontext mit der am vorherigen Tag durchgeführten und kollektiv als sehr schmerzhaft empfundenen Räumung und dem Abriss des Viertels Netiv Avot bei Elazar gestanden. Elazar liegt direkt gegenüber dem besagten Dorf, und in der Nacht auf den nächsten Tag wurden die Felder verwüstet. Bei der Räumung hatten hinzugekommene Jugendliche nicht gerade ruhigen Widerstand geleistet und könnten theoretisch zum Profil der Täter passen.

Ich erfuhr darüber von einem guten Freund, Myron Joshua aus dem Kibbutz Kfar Etzion, der sich viel für das Zusammenleben von Juden und Arabern engagiert und gut mit dem Dorfvorsteher von Hirbet Zakaria befreundet ist, und war entsetzt. Bei solchen Fällen handelt es sich um Schaden von vielen tausenden von Schekeln, die in den meisten Fällen das einzige Einkommen des betroffenen Bauern über Jahre hinweg darstellen. Über die Organisation „Roots“ hatte sich für den kommenden Sonntag schnell eine Solidaritätsgruppe organisiert. Noch am selben Tag wurde mir berichtet, dass der Vorsitzende des Regionalbezirkes, Shlomo Ne’eman, zusammen mit dem Colonel (Brigadiergeneral) der lokal stationierten Armeebrigade, Abu Jamil besucht hatte. Ein gutes Zeichen, dachte ich mir. Die Tat wird von offizieller Stelle ernstgenommen. Es ist leider nicht immer so der Fall.

Am Sonntag (17.06) waren wir, eine kleine Gruppe von Leuten aus Teko’a, Bat Ayin, Alon Shvut, Efrat, Elazar und Kfar Etzion, im Dorf und sprachen mit dem Dorfvorsteher und Abu Jamil, einem älteren, kein Hebräisch sprechenden Mann, der mit seiner Frau vor seinem Haus saß, und bekundeten ihm unser Beileid. Es war wie angenommen – das Einkommen für mehrere Jahre war dahin. Hadassah Fruman, die Witwe des bekannten „Friedensrabbis“ Menachem Fruman sel.A. aus Teko’a, hielt eine hoffnungsvolle

Bei Abu Jamil. Foto: Andye Friedman

glaubensbezogene Rede, anschließend fuhren wir mit mehreren Fahrzeugen hinunter zum Feld und mussten schließlich hinunterklettern, das die Fahrzeuge den steilen Weg nicht erklommen hätten.

Die toten Weinstöcke konnte man leicht erkennen – inmitten des saftigen Grüns waren diese traurig graubraun und trocken. Auch der junge Baum in deren Mitte hatte Pech gehabt. Der Dorfvorsteher, der mit uns gekommen war, Abu Ibrahim, zeigte uns auf die Stämme der Pflanzen – sie waren nicht mit einer einfachen Säge, sondern mit einer Elektrosäge abgeholzt worden. Etwas weiter lagen zahlreiche Früchte um einen Apfelbaum herum – den abzuholzen war wohl zu schwer, also schüttelten ihn die Unbekannten, sodass die Früchte hinunterfielen. Eine Terasse tiefer gab es denselben traurigen Anblick der vertrockneten Weinpflanzen.

Abu Ibrahim erzählte uns, wie die (beduinischen) Spurenleser der Armee am vergangenen Donnerstag die zu der Zeit noch grünen Weinpflanzen ermittelt hatten und wie sie herausgefunden hatten, aus welcher Richtung und wie die Täter gekommen waren – sie kamen mit einem kleinen Traktor angefahren. Eine auf dem Hügel oben stationierte Überwachungskamera hätte verdächtige Bewegungen gesehen – aber niemand kam, um nachzusehen.

An einer Felswand fanden wir schließlich die „Unterschrift“ der Täter, die mit schwarzem Graffiti-Spray geschrieben hatten: „Genug des landwirtschaftlichen Terrors“. Wie ironisch.

„Genug des landwirtschaftlichen Terrors“

Nach dem deprimierenden Besuch ereiferten sich einige, darunter ein Teenager aus Elazar, man solle dem Bauern bestmöglich helfen – mit Freiwilligen aus „Roots“, die neue Weinstöcke anlegen würden, oder finanzielle Hilfe anbieten. Noch ohne konkret etwas zu planen, fuhren wir heim, mich brachte das Paar Yifat und Avraham aus Efrat nach Hause.

Später am Tag kamen auch einige Rabbiner ins Dorf, darunter der Rabbiner des benachbarten Kibbutzes Rosh Tzurim Mordechai Vardi, um Solidarität zu zeigen – ein ehrenvolles Zeichen von unmittelbaren Nachbarn und Würdenträgern.

Abu Ibrahim meinte, der Besuch wäre für Abu Jamil wichtig gewesen. Auch für mich war er wichtig und richtig, auch wenn die absolute Mehrheit unserer Einwohner in Gush Etzion, Judäa und ganz Judäa und Samaria nichts mit diesen Taten zu tun hat und diese auch nicht propagiert.

Ach, wenn doch mal die Gegenseite uns nach einem wiederholten Vandalismusvorfall oder Diebstahl besuchen würde…

NEWS: Die Netiv Avot-Saga: Heute wird geräumt

Heute wird der als illegal eingestufte Aussenposten/das Viertel der Ortschaft Elazar im Gush Etzion geraeumt. 15 Haeuser, die als illegal gebaut und teilweise auf fremdem Land errichtet (so entschied es nach ueber einem Jahrzehnt von Verhandlungen der Oberste Gerichtshof, nachdem mehrere Klagen seitens der

Straße in Netiv Avot. Quelle: Ynet

linksaussen-Organisation „Peace Now“ und einigen arabischen Klaegern eingereicht wurden) erklaert wurden, werden heute abgerissen. Die Einwohner bekommen fuer ungefaehr die naechsten 2 Jahre sogenannte „Karavillot“ (etwa mehr als doppelt so gross wie ein Karavann aus Leichtmaterial angefertigte Baustrukturen) bereitgestellt. Diese wurden auf zuvor als fuer Bau legitimen Grundstueck errichtet – es befindet sich direkt gegenueber unserem Huegel und in den letzten Wochen wurden dort intensive Bauarbeiten durchgefuehrt, sogar am Shabat, um sie zum Raeumungszeitpunkt fertigzustellen. Ich weiss nicht, ob das ehemalige Grundstueck durch rechtliche Bemuehungen zum legitimen Staatsgrundstueck erklaert werden wird, aber in den kommenden Jahren sollen 350 neue Wohnungen auf anderen Grundstuecken von Elazar errichtet werden. Auch werden die geraeumten Einwohner von der Regierung mit bis zu 500.000 Shekel kompensiert. Ob und wer hier etwas bei dem ganzen Konflikt gewonnen hat, entscheide jeder selber.

Gestern abend (11.06) hatte es eine grosse Zusammenkunft in Netiv Avot gegeben, mit Tausenden von Teilnehmern, vielen Jugendlichen, Rabbinern, dem Regionalvorstand von Gush Etzion Shlomo Ne’eman und den Ministern Naftali Bennet und Ayelet Shaked, die die Raeumung als „unlogisch“ und „absurd“ bezeichneten:

„Eines der Maedchen hier hatte mich gefragt, ‚warum?‘ Ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Es gibt keine Antwort, keinen Grund und keine Logik. Manchmal ist der Oberste Gerichtshof enorm aktivistisch, wenn es um Menschenrechte geht, aber wenn es um die Rechte der Bewohner hier handelt, wird er ploetzlich passiv.“ (Naftali Bennett, Ynet 11.06.18)

Heute hatte es ein Massengebet um 7.30 Uhr gegeben, danach begann die Raeumung der Einwohner. Die Gegend um das Viertel herum wurde hermetisch abgeriegelt; wer noch zur Unterstuetzung oder Widerstand dazukommen wollte, wurde nicht mehr durchgelassen. An der Einfahrt zu Elazar selbst gab es ein grosses Polizeiaufgebot, das einen langen Stau verursachte. Jeder, der hineinfahren wollte, wurde nach seinen Papieren gefragt. Zahlreiche Grenzzschutzkraefte (Magav-Einheit), die solche Raeumungen im Allgemeinen durchfuehren, mussten mit den Anwesenden verhandeln und die Einwohner bei der Raeumung begleiten sowie das Gebiet absichern. Jugendliche eher radikaler Natur, die zu passivem Widerstand und zu einer „ruhigen Raeumung“, zu der sich die Nativ Avot-Einwohner selbst verpflichtet hatten, nicht bereit waren, begannen, sich mit den Sicherheitskraeften ausseinanderzusetzen und zuendeten sogar Autoreifen. Andere eroeffneten Gesangsrunden trauriger Natur.

Auch Politiker wie der Landwirtschaftsminister Uri Ariel, Bezalel Smotritch und der stellvertretende Minister Michael Oren kamen, um gegen die Raeumung zu protestieren.

„Ich bekunde meine Trauer und meine Solidaritaet mit den Ausgewiesenen aus Netiv Avot, ihr seid Teil der Besten unseres Volkes. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, ganze Haeuser zu zerstoeren, die nur gaenzlich teilweise auf nicht israelischem Gebiet errichtet worden waren, zeigt erneut auf die Kluft zwischen dem Gerichtshof und der israelischen Wirklichkeit. Ich rufe erneut dazu auf, eine sofortige Reform in der Methode der Wahl der Richter zum Obersten Gerichtshof einzuleiten, sodass sie die oeffentliche Meinung in Israel repraesentieren koennen.“ (Michael Oren, Kipa, 12.06.18)

Bildergalerie von heute Morgen:

 

(Quellen: Ynet, Kipa, Channel 7)

Was machen sie an der Kreuzung?

Als ich heute morgen auf dem Weg zu meiner Arbeit bei der Haltestelle an der Kreuzung von Efrat , hatte sich etwas veraendert – es befanden sich mehrere bewaffnete Soldaten und ein kleines Zelt in Militaerfarben, das an den Weinbergen etwas weiter entfern stand. Ich hatte ein skeptisches Gefuehl – hatte sich die im Allgemeinen ruhige und unbewachte Haltestelle von Efrat in einen neuen Gefaehrdungspunkt verwandelt, wuerden auch hier nun Soldaten stationiert werden? Muss ich mich jetzt hinter sie stellen? (Und wer mich kennt, weiss, dass ich jede Normalisierungsmoeglichkeit der Bewachung vorziehe.)

Als ich naeher kam, sah ich Armeepolizisten und einen regulaeren Wachmann dabeistehen. Es musste etwas anderes sein. „Hey Bruder, ist die Haltestelle nun gefaehrlich geworden? Warum das Sicherheitsaufgebot?“, fragte ich laechelnd einen der Soldaten. “ Es werden heute einige Haeuser geraeumt…in Netiv Avot„, antwortete er. „Leider“, warf ein anderer Soldat, mit Kippa, ein.“ Achso, dann war es eher verstaendlich. „Auf allen Kreuzungen in der Gegend wurde Sicherheitspersonal stationiert, damit die Raeumung reibungslos verlaeuft“, fuegte der Soldat hinzu. „Werden noch weitere Haeuser abgerissen?“ Der Soldat umging die Frage. „Es sind 15 Haeuser.“ „Ich verstehe…danke.“ Dann kam auch schon ein Auto angefahren, das mich hoch zu einer anderen Haltestelle mitnehmen konnte. Ich rief ihnen „Viel Erfolg!“ zu und fuhr weg. Gemischte Gefuehle begleiteten mich auf dem Weg zur Arbeit. Ihretwegen konnte ich der Raeumung nicht beiwohnen, aber ich wusste nicht, ob ich tatsaechlich haette dabeisein wollen, obwohl es sicherlich etwas zu berichten gaebe…

Landwirtschaftlicher Terror überall

Zum Stand der Dinge: Es ist nichts Neues. Angriffe auf Felder, Erntediebstähle, Beschädigung von Arbeitsgeräten, drohende Graffitis, die als „Gruß“ von den Tätern hinterlassen werden – all das gehört seit eh und je zur Realität in Judäa und Samaria (und ebenso außerhalb, aber das ist ein anderes Feld). Ob es Olivenbäume oder Weintrauben, Kirschen- oder Aprikosenbäume sind – wenn die Lust nach Hass und Vandalismus wütet, dann fällt dieser alles zum Opfer. Und man muss zugeben, beide Seiten nehmen daran teil. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass die jüdischen Bewohner von Judäa und Samaria in ihrer absoluten Mehrheit solche Taten nicht begrüßen, ich kann allerdings nicht abstreiten, dass sie daran keinen Anteil haben. Insbesondere im letzten Jahrzehnt ist die Aktivität der sogenannten „Preisschild“ (Price Tag)-Aktionen, die von radikalisierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, der sogenannten „Hügeljugend“, durchgeführt werden – dazu gehören Vandalismus und Beschädigung arabischen Eigentums, Angriffe auf arabische Felder, Attacken auf Moscheen und offenbar (= gerichtlich noch nicht bestätigt) auch das letzte große Verbrechen – das Attentat auf die Familie Dawabshe in Duma – angestiegen. Bestimmte Regionen innerhalb des gesamten Gebietes von Yatir im Süden bis Jenin im Norden sind besonders durch die „Preisschild“-Attacken „gefährdet“, und zwar in Umgebungen von bekannten Außenposten und Siedlungen eher radikaler Natur.

Auf der anderen Seite ereignen sich regelmäßige Diebstahle von Ernte der jüdischen Felder und Plantagen rund um das Jahr in der gesamten Region, und ebenso Angriffe auf jüdische Felder seitens Bewohnern der arabischen Nachbarsorte; dabei werden Felder mit brennenden Objekten angegriffen, Planzungen niedergeschnitten und Waldstücke angezündet, die in unmittelbarer Nähe der Ortschaften liegen; davon abgesehen werden in regelmäßigen Abständen Molotow-Cocktails gegen die Schutzzäune der Siedlungen geworfen. Langweilig ist es bei uns keinesfalls. Die Polizei, die Zivilverwaltung und die Armee sowie der innere Geheimdienst (Shabak) zeichnen sich nicht besonders im Verfolgen und Verhindern der Verbrechen aus, zumindest wirkt es so nach außen und manche der jüdischen Landwirte sehen sich gezwungen, private Sicherheitsmänner anzuheuern, um ihre Felder zu schützen.

Berichte über Vandalismus und Zerstörung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tauchen eher in der lokalen palästinensischen Presse, heute zumeist auf Facebook, und in den Berichten der internationalen propalästinensischen Organisationen auf, als in der israelischen Presse, es sei denn, es handelt sich um großflächigen Schaden. Leider mischen sich unter diese tatsächlichen Angriffe auch solche, die absichtlich von palästinensischer Seite durchgeführt wurden, um dadurch jüdische Bewohner zu belasten. Internationale sowie palästinensische Presse und Organisationen berichten kaum bis gar nicht über arabischen Vandalismus von jüdischem Eigentum und Landwirtschaft.


Jetzt hat sich der Alltag aber dramatisch verändert. In den letzten Wochen und Monaten scheint es, als würde sich die Zerstörungsaktivität in diesem Jahr primär auf die Landwirtschaft und Privateigentum fokussieren. Der offizielle Terminus lautet heute noch immer „landwirtschaftliche Verbrechen“, aber immer mehr wird der Begriff „landwirtschaftlicher Terror“ genannt, und das auch begründet, denn die Zahl der der Öffentlichkeit bekannten Attacken – von arabischer sowie jüdischer Seite aus – ist drastisch angestiegen. Allein im letzten Monat tauchten Berichte von 10 solcher Attacken auf, und das in verschiedenen Gebieten – Samaria und Judäa gleichermaßen – inklusive in dieser und vorheriger Woche! Davon abgesehen werden an der Grenze zum Gazastreifen hunderte von Dunam der israelischen Felder, die den lokalen Kibbutzim angehören, durch über den Zaun hinübergeschicke, mit Brandsätzen beladene Drachen verbrannt. Es kann gut sein, dass sich die aktuelle Angriffswelle ihre Inspiration von den Aktivitäten im Süden geholt hat.

Hier eine Auflistung der (mir bekannten) Vorfälle des landwirtschaftlichen Terrors der letzten vier Wochen. Untersuchungsergebnisse sind mir nicht bekannt:

  • Beschädigte Weinstöcke in Shiloh. Quelle: Yigal Dilmoni

    gestern (27.05): Bis zu 1000 Weinstöcke auf einem jüdischen Weinfeld im Shiloh-Tal (Südsamaria) wurden abgeschnitten. Laut Armeeangaben führen die Spuren ins arabische Dorf Kusra.

  • 25.05: insgesamt 60 Aprikosenbäume und Weinstöcke wurden auf einem arabischen Feld bei Alon Shvut (Gush Etzion) abgeschnitten.
    Abgeholzte Aprikosenbäume bei Alon Shvut. Quelle: Eliaz Cohen
  • 25.05: Ein Feuer war im Waldstück beim Kibbutz Kfar Etzion, ebenso Gush Etzion, ausgebrochen, Hauptvermutung ist Brandstiftung durch Einwohner von Bet Ummar. Video vom Brand. Quelle: Yaron Rosental
    Der brennende Wald bei Kfar Etzion. Quelle: Elyashiv Kimchi
  • 24.05: Brennende Reifen wurden von den umgebenden Hügeln des arabischen Dorfes Bet Ummar aus auf die Kirschplantagen von Kfar Etzion hinuntergerollt und verbrannten mehrere Kirschbäume.
    Verbrannte Kirschbäume bei Kfar Etzion. Quelle: Yaron Rozental
  • 23.05: Brennende Reifen wurden auf die Kirschplantagen von Kfar Etzion von einem nahegelegenen Hügel aus heruntergerollt und verbrannten mehrere Kirschbäume. Aufnahmen der verbrannten Bäume
  • 23.05: Zwei Weintraubenäcker arabischer Bauern in Halhul/Hevron wurden attackiert und bis zu 400 Weinstöcke abgeschnitten. Daneben war ein drohendes Graffiti zu finden – „wir werden überall hinkommen“ – auf Hebärisch.
  • 22.05: Ein arabisches Weizenfeld in Ad-Deirat bei Hevron wurde
    Hassgraffiti bei Ad-Deirat. „Genug des Landwirtschaftsterrors! Wir werden überall hinkommen“. Quelle: ToI

    in Brand gesetzt; daneben wurde auf einem Gebäude ein Graffiti auf Hebräisch mit den Worten „Genug des Landwirtschafts-Terrors“ und „Wir werden überall hinkommen“ gefunden.

  • 01.05: Bericht bei Mako über die Festnahme von vier verdächtigen Palästinensern, die für die letzteren größeren Kirschdiebstähle in Kfar Etzion verantwortlich gewesen sein sollen.
  • 25.04: Bis zu 150 Weinstöcke wurden einem Landwirt bei Tomer, einer jüdischen Ortschaft im Jordantal, abgeschnitten.
    Abgeschnittene Weinstöcke bei Tomer, Jordantal. Quelle: Mako
    Quelle: Ha’aretz
  • Eine Karte bei Ha’aretz verweist auf 13 Attacken auf arabisches Eigentum (inkl.Felder, Autos und Moscheen) zwischen dem 17. und dem 29.April (ohne Verweis auf Attacken auf jüdisches Eigentum).
  • 13.04: Versuchtes Anzünden einer Moschee im Dorf Aqraba bei Nablus/Schchem.
    Die Moschee bei Aqraba. Quelle: Middle East Eye

Dazu sollten auch die nicht dokumentierten Vorfälle gerechnet werden, aber ich habe sie nicht vorliegen.

Einer unserer lokalen Aktivisten in Gush Etzion namens Elyashiv Kimhi, der auch den Oz veGaon-Park und lokale Outdoor-Erlebnisaktivitäten betreut, engagiert sich momentan dafür, eine Art Schutzbrigade aus Freiwilligen zusammenzustellen, um von Attacken und Diebstählen bedrohte Felder über Nacht zu bewachen, da ihm (und nicht nur ihm) die lokale Bewachung als nicht effektiv genug erscheint. Gesucht werden Freiwillige mit Wehrdiensterfahrung in Kampfeinheiten und mit Waffenschein. Ob sich eine Gruppe organisieren wird oder die lokalen Sicherheitseinheiten sich etwas anderes überlegen, ist noch ungewiss.

Quellen: Jerusalem Post, Times of Israel, Middle East Eye, Ynet, Ha’aretz, Mako, Channel 20, Yaron Rozental, Elyashiv Kimhi, Eliaz Cohen, privat

NEWS: Erste Gebäude im neuen Ort Amichai

Erinnert ihr euch noch an Amona?

Vor etwa einem Jahr und einem Monat, am 01.Februar 2017, wurde die kleine Siedlung Amona, von etwa 40 Familien bewohnt, am Rande der jüdischen Ortschaft Ofra (Samaria, unweit von Ramallah), komplett abgerissen, nachdem Grundstücksbesitzer aus dem benachbarten arabischen Dorf Silwad vor dem Obersten Gerichtshof gegen die Bewohner von Amona geklagt hatten, dass

Amona. Quelle: Tomriko/Ynet

diese auf ihrem Privatland bauen würden. In 2016 wurde der Prozess entgültig zugunsten der Kläger entschieden  und der Abriss wurde auf Dezember 2016 festgelegt. Im Laufe der Monate wurde zwischen den Familien von Amona, der Regionalverwaltung Südsamarias, Politikern und dem Gerichtshof ein harter Kampf um die Zukunft der Leute Amonas ausgetragen, wobei verschiedene Kompromisslösungen auf den Tisch kamen und von diesem geräumt wurden, Berufungsanträge angenommen und abgewiesen worden waren und die Abrissdeadline immer wieder verschoben worden war. Es wurde um die Anzahl der abzureißenden Häuser gefeilscht, um das Ersatzgrundstück, um Entschädigungszahlungen und provisorische Unterkünfte. Im Endeffekt wurde von der Regierung die Schaffung einer Alternative für die Gemeinde versprochen; unterdessen sollten die Familien in einer Jugendherberge in Ofra unterkommen; das für eine neue Ortschaft festgelegte Grundstück sollte vorbereitet werden; dafür würden die Bewohner ohne Widerstand Amona selbst räumen. Am Tag der Räumung selbst (ich war erst am Abend dazugekommen) verschanzten sich zumeist Jugendliche in den Häusern und boten physischen Widerstand gegen die Sicherheitskräfte; die Familien verließen die Häuser friedlich. Amona wurde abgerissen und der Großteil der Familien musste notgedrungen in der Jugendherberge in Ofra samt Hab und Gut verweilen und auf das Erfüllen der Versprechen seitens der Politiker abwarten. (Nachzulesen auf Der Countdown läuft 1Der Countdown läuft 2 und Amona – das Ende. Ende? )

Lange Rede, kurzer Sinn:

Am 21.02.18 berichteten INN, Kipa.co.il und 0404 (ebenso eine knappe Meldung bei Ynet) über das Errichten der ersten provisorischen Bauten (sogenannte Karavillas, größer als der reguläre Karavan) für die ausgewiesenen Familien auf einem von der

Die Gegend auf der Karte.

Regierung festgelegten, geprüften und dafür vorbereiteten neuen Grundstück. Die neuentstehende Ortschaft „Amichai“ (übersetzt: Mein Volk lebt, auch als Vorname gängig) befindet sich in Südsamaria (Binyamin), zwischen Shiloh und Shevut Rachel. Die Nachrichtenseiten berichten, dass die ersten 36 Bauten auf dem Grundstück stehen würden und der Einzug der ersten Familien etwa Ende März zu erwarten wäre.

Der Vorsitzende der Binyamin-Regionalverwaltung Avi Roeh zur Entwicklung:

„Zum ersten Mal seit dem Beginn der Siedlerbewegung werden wir Zeugen der Gründung einer neuen Gemeinde auf offiziellem Wege, basierend auf der Initiative der Regierung und der Regionalverwaltung.“ (INN, 21.02.18)

Der Innenminister Arye Deri kommentierte bei seinem offiziellen Besuch nach der Errichtung der Bauten:

„Mein großer Respekt gilt den Mitarbeitern des Innenministeriums. Trotz all der Probleme, die im Weg standen, nahmen sie sich vollkommen der Sache an und taten alles, um Lösungen zu finden. Sie sahen darin  eine große Berufung und führten es aus. Auch die Regionalverwaltung von Binyamin hat ihren Teil an der erhabenen Aufgabe und erwirkte das Unmögliche und sie verdient unsere Anerkennung. Am Wichtigsten sind die Einwohner; sie haben das Leid und die vielen Monate der Erwartung mitmachen müssen. Sie haben [durch die von ihnen erwirkte Entstehung einer Siedlung, Anm. DS] einen großen Verdienst erworben und haben ebenso den Obersten Gerichtshof daran teilhaben lassen, dass eine neue Gemeinde gegründet wird. So Gott will werden wir alles daran setzen, dass es schnell vorangehen wird. “ (INN, 27.02.18)

 

 

Fast tägliche Terrorvorkommnisse

Shalom liebe Leser/-innen,

während die politische Szene rund um unsere hohen Staatsdiener (von welchen viele zu meinen scheinen, sie seien vielmehr Staatsherren) kocht und brodelt, geht indes das Leben in den „von Juden besetzten Gebieten“ von Judäa und Samaria weiter und auch hier ist nicht alles ruhig. Skandale bahnen sich momentan nicht an, aber Streit um Grundstücke, neue Bauvorhaben und natürlich (natürlich?) reguläre terroristische Attacken auf die israelischen Einwohnergehören zu unserem Alltag.

Der Terror, beziehungsweise wem der Ausdruck zu allgemein vorkommt, gewalttätige nationalistisch motivierte Attacken seitens arabischer Einwohner gegen israelische (jüdische) Einwohner in Judäa und Samaria, drückt sich, ausgenommen besonderer tragischer Vorkommnisse wie den letzten grausamen Morden an Rabbiner Itamar Ben Gal oder Rabbiner Raziel Shevach, immer auf dieselbe Art und Weise aus: Steinwürfe auf zivile Autos, Brandbombenattacken auf  zivile Autos und Armeeposten, Attacken auf zivile Sicherheitsmänner und Schüsse auf Armeeposten. Es gibt auch gewalttätige Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit Soldaten, wobei in den allermeisten Fällen Soldaten nur verletzt, aber die Demonstranten häufig tödlich getroffen werden – was andere nicht davon abhält, ihre Demonstration in derselben Weise fortzusetzen. Über Auseinandersetzungen mit der Armee berichte ich generell nicht, es ist nicht Teil des Blogthemas.

Den Großteil der Nachrichten über Attacken auf Zivilisten erfahre ich nicht über die israelischen Mainstream-Medien. Auch diese, die man in Bezug auf Judäa und Samaria eher in der zentral-linken politischen Ecke einordnen kann, befinden es nicht für besonders wichtig, über diese Vorkommnisse zu berichten. (Bei dieser misslichen Lage kann man leider erst recht nichts mehr von internationalen Medien erwarten.) Meine Info kommt über alternative Nachrichtenplattformen wie die populäre Seite 0404 , über Facebook oder über INN (Kanal 7), das traditionell als rechts und religiös, aber dennoch ein offizieller Nachrichtenkanal, gilt.  Dabei versichere ich mich meistens doppelt, was Attacken angeht, um nicht auf „Enten“ hereinzufallen, von denen man natürlich immer einen gewissen Prozentanteil erwarten muss, wie bei jedem Medium. Die Plattform 0404 ist eine sehr praktische Quelle, was Kurznachrichten betrifft, und belegt die meisten Berichte mit aktuellen Fotos und Videos, die von den Nutzern vom Tatort an den Betreiber der Plattform geschickt werden, natürlich über WhatsApp, das offenbar meistgenutzte Kommunikationsmittel in Israel.

Der größte und mich am meisten störende Nachteil von 0404 ist ihr rechter Charakter. Abgesehen von den Fakten (Steinwürfe, Molotow-Cocktails etc.), werden die Berichte und Meinungsartikel sehr tendenziös und nicht gerade politisch korrekt formuliert. Die Information ist belegt, aber die Form ist sehr störend für mich als jemand, der keinen Extremismus von keiner Seite bevorzugt. Es gibt keine neutrale Berichterstattung, aber wenn die Ha’aretz-Zeitung als linksaußen gilt, so ist 0404 sehr rechtsaußen, und so, wie ich Ha’aretz im Allgemeinen nicht gerne lese, habe ich auch an 0404 kein Vergnügen. Aber ich nutze dennoch meine Möglichkeiten, um den Kern (die notwendige Information, die sonst in den „neutralen“ Mainstreammedien als irrelevant bewertet wird) von der Schale (dem übermäßigen Nationalismus) zu befreien.


Was die News selbst angeht, so liste ich hier einige der Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen auf:

  • Heute (11.03), ein Steinbrocken wurde auf die
    Fahrzeug bei Hizme

    Windschutzscheibe einer Fahrerin nahe des Hizme-Übergangs (Südsamaria) geworfen. Resultat: Windschutzscheibe zerschmettert, Fahrerin leicht verletzt.

  • Gestern (10.03), ein Autofahrer wurde mit Steinen auf der Landstraße 55 (Südsamaria) beworfen.Resultat: Windschutzscheibe zerschmettert.
  • Gestern (10.03), zwei Armeeposten nahe Ramallah (Bira und Betunia) wurden beschossen. Keine Verletzten.

    Bus im Jordantal
  • 08.03, ein Linienbus wurde im Jordantal (Udja) mit Steinen beworfen. Resultat: Fahrer wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht, Windschutzscheibe beschädigt, Ersatzbus musste zur Verfügung gestellt werden. Ein weiterer Bus wurde beim Hizme-Übergang (Südsamaria) angegriffen. Resultat: Windschutzscheibe beschädigt.

    Linienbus bei Hizme
  • 08.03, Armeestellung nahe Nablus beschossen. Keine Verletzten.
  • 07.03, Jugendlicher wurde von Steinen nahe des Vorpostens Givat Gonen bei der Siedlung Har Bracha (Samaria) beworfen und verletzt.
  • 06.03, Steine wurden auf Autos und zwei Busse nahe Teko’a, El-Arub und Bet Ummar (Gush Etzion) geworfen (tags- und nachtsüber). Resultat: Fahrzeugschaden, keine Verletzten.
  • 06.03, Soldaten der lokal stationierten Einheit konnten einen palästinensischen Araber festnehmen, der dabei war, Molotowcocktails auf die Landstraße bei Bethlehem/El-Khader zu werfen.
  • 04.03, Molotowcocktails wurden auf fahrende Autos nahe der Ortschaft Neve Tzuf (Halamish) geworfen. Resultat: keine Verletzten, Fahrzeugschaden.
  • 03.03, Molotowcocktails wurden auf fahrende Autos bei der Ausfahrt aus Ariel (Samaria) geworfen. Keine Verletzten, kein Schaden.
  • 27.02, bis zu 25 Stein- und Brandbombenangriffe im gesamten Territorium von Judäa, Samaria und Ostjerusalem, u.a. bei Sha’arey Tikva, El-Khader, Kiryat Arba und Efrat. Resultat: Keine Verletzten, einige der Fahrzeuge erlitten Schaden.

    Brandbombe bei Kiryat Arba
  • 23.02, Terroristen warfen eine Brandbombe auf den Schutzzaun von Kiryat Arba/Hevron. Keine Verletzten.

 

Am Dienstag, 06.03, griffen Verdächtige ein erneutes Mal den Vorposten Givat Sorek der jüdischen Ortschaft Karmey Tzur in Gush Etzion an, auf dem sich ein Synagogengebäude befindet, mit Brandbomben an und brannten die Synagoge inklusive Inventar und Bücher nieder. Es ist nicht das erste Mal, dass die provisorische Synagoge des kleinen Vorpostens Schaden erleidet. Der Vorposten wurde im Sommer 2014 nach der Entführung der drei Jugendlichen Eyal Yifrach, Gil-ad Sha’er und Naftali Frenkel errichtet, denen die Synagoge und ein

Verbrannte Gebetbuchseiten in der Synagoge von Givat Sorek, 06.03.18

Aussichtsposten gewidmet worden war. Benannt wurde es nach dem Ehepaar Eyal und Ya’el Sorek, die von einem arabischen Terroristen im Jahr 2002 in der Siedlung selbst ermordet worden waren. Um den Hügel selbst gibt es einen Grundstücksstreit, weil noch unklar ist, ob es sich um Privatland handelt oder nicht. Die Regionalverwaltung von Gush Etzion bestreitete einen Privatlandanspruch und erklärte, dieser sei zuvor geprüft und nicht ermittelt worden. (Quelle: INN)

 

 

 

 

NEWS: Arabischer Busfahrer attackiert

Es kommt leider vor.

Am frühen Morgen des 19.02.18 wurde Saleh Abu Jamal, ein Fahrer des israelischen Busunternehmens Egged Ta’avura (Route Jerusalem – Kiryat

Saleh Abu Jamal. Quelle: Ynet

Arba/Hevron, Judäa) aus Jabal Mukkaber in Ostjerusalem, wurde von jüdischen Jugendlichen im Bus rassistisch beschimpft und physisch angegriffen. Es handelte sich eine sogenannte Nachlinie, die in frühen Morgenstunden (1 – 3 Uhr morgens) an Donnerstag- und Samstagabenden, den üblichen „Ausgehtagen“, zwischen Jerusalem und Kiryat Arba/Hevron pendelt und vor Kurzem eingerichtet wurde. Sie wird zumeist von jungen Leuten, nicht selten schwer betrunken, genutzt.

Die jüdischen Jugendlichen, die Abu Saleh in seiner späteren Aussage als nicht betrunken bezeichnete, verlangten von ihm, schneller zu fahren. Als er erklärte, die Wetterbedingungen ließen dies nicht zu, wurden die Jugendlichen zunehmend ausfallender und beschimpften ihn mit rassistischen Ausdrücken. Der Fahrer meldete das Geschehende an die Zentrale, wich von der geplanten Route ab und hielt an einer Parkstelle an, um die Polizei zu rufen. Er wurde dabei wiederum beschimpft und schließlich von einem der Männer auf den Kopf geschlagen. Ein Passagier versuchte, die Angreifer vom Fahrer zu trennen. 

Nachdem Abu Saleh die Polizei gerufen hatte, wurde er ins Sha’arey Tzedek-Krankenhaus in Jerusalem eingeliefert und dort behandelt. Die Polizei hatte die Tat als unter Einfluss von Alkohol gewertet, obwohl der Fahrer bestritt, dies angegeben zu haben. Abu Jamal äußerte sich zu Journalisten von Ynet, er würde nun Angst haben, dieselbe Route zu fahren:

„Dieses Mal wurde ich leicht verletzt, das nächste Mal könnte ihn einem Disaster enden.“

Das Busunternehmen wandte sich an die Ortsverwaltung von Kiryat Arba mit der Forderung um Zusammenarbeit, um solche Vorfälle nicht mehr vorkommen zu lassen.

(Quelle: Ynet)

Es gab schon früher tätliche und rassistisch motivierte Angriffe auf arabische Busfahrer, darunter einen Übergriff von Jugendlichen auf einen Fahrer in Gush Etzion, der ebenso spätabends in die Ortschaft Bat Ayin hineinfuhr. Dabei wurde auch dieser verletzt. An der Haltestelle soll eine Weile lang ein Polizist gewacht haben, um weitere Attacken zu vermeiden. Eine Gruppe Einwohner von Kiryat Arba/Hevron forderte von der Ortsverwaltung, keine arabischen Busfahrer in die Ortschaft zu lassen; diese lehnte die Forderung jedoch ab.