Vor etwa einem Jahr und einem Monat, am 01.Februar 2017, wurde die kleine Siedlung Amona, von etwa 40 Familien bewohnt, am Rande der jüdischen Ortschaft Ofra (Samaria, unweit von Ramallah), komplett abgerissen, nachdem Grundstücksbesitzer aus dem benachbarten arabischen Dorf Silwad vor dem Obersten Gerichtshof gegen die Bewohner von Amona geklagt hatten, dass
Amona. Quelle: Tomriko/Ynet
diese auf ihrem Privatland bauen würden. In 2016 wurde der Prozess entgültig zugunsten der Kläger entschieden und der Abriss wurde auf Dezember 2016 festgelegt. Im Laufe der Monate wurde zwischen den Familien von Amona, der Regionalverwaltung Südsamarias, Politikern und dem Gerichtshof ein harter Kampf um die Zukunft der Leute Amonas ausgetragen, wobei verschiedene Kompromisslösungen auf den Tisch kamen und von diesem geräumt wurden, Berufungsanträge angenommen und abgewiesen worden waren und die Abrissdeadline immer wieder verschoben worden war. Es wurde um die Anzahl der abzureißenden Häuser gefeilscht, um das Ersatzgrundstück, um Entschädigungszahlungen und provisorische Unterkünfte. Im Endeffekt wurde von der Regierung die Schaffung einer Alternative für die Gemeinde versprochen; unterdessen sollten die Familien in einer Jugendherberge in Ofra unterkommen; das für eine neue Ortschaft festgelegte Grundstück sollte vorbereitet werden; dafür würden die Bewohner ohne Widerstand Amona selbst räumen. Am Tag der Räumung selbst (ich war erst am Abend dazugekommen) verschanzten sich zumeist Jugendliche in den Häusern und boten physischen Widerstand gegen die Sicherheitskräfte; die Familien verließen die Häuser friedlich. Amona wurde abgerissen und der Großteil der Familien musste notgedrungen in der Jugendherberge in Ofra samt Hab und Gut verweilen und auf das Erfüllen der Versprechen seitens der Politiker abwarten. (Nachzulesen auf Der Countdown läuft 1, Der Countdown läuft 2 und Amona – das Ende. Ende? )
Lange Rede, kurzer Sinn:
Am 21.02.18 berichteten INN, Kipa.co.il und 0404 (ebenso eine knappe Meldung bei Ynet) über das Errichten der ersten provisorischen Bauten (sogenannte Karavillas, größer als der reguläre Karavan) für die ausgewiesenen Familien auf einem von der
Die Gegend auf der Karte.
Regierung festgelegten, geprüften und dafür vorbereiteten neuen Grundstück. Die neuentstehende Ortschaft „Amichai“(übersetzt: Mein Volk lebt, auch als Vorname gängig) befindet sich in Südsamaria (Binyamin), zwischen Shiloh und Shevut Rachel. Die Nachrichtenseiten berichten, dass die ersten 36 Bauten auf dem Grundstück stehen würden und der Einzug der ersten Familien etwa Ende März zu erwarten wäre.
Amichai. Erste Bauten. Quelle: 0404
Amichai. Erste Bauten. Quelle: 0404
Der Vorsitzende der Binyamin-Regionalverwaltung Avi Roeh zur Entwicklung:
„Zum ersten Mal seit dem Beginn der Siedlerbewegung werden wir Zeugen der Gründung einer neuen Gemeinde auf offiziellem Wege, basierend auf der Initiative der Regierung und der Regionalverwaltung.“ (INN, 21.02.18)
Der Innenminister Arye Deri kommentierte bei seinem offiziellen Besuch nach der Errichtung der Bauten:
„Mein großer Respekt gilt den Mitarbeitern des Innenministeriums. Trotz all der Probleme, die im Weg standen, nahmen sie sich vollkommen der Sache an und taten alles, um Lösungen zu finden. Sie sahen darin eine große Berufung und führten es aus. Auch die Regionalverwaltung von Binyamin hat ihren Teil an der erhabenen Aufgabe und erwirkte das Unmögliche und sie verdient unsere Anerkennung. Am Wichtigsten sind die Einwohner; sie haben das Leid und die vielen Monate der Erwartung mitmachen müssen. Sie haben [durch die von ihnen erwirkte Entstehung einer Siedlung, Anm. DS] einen großen Verdienst erworben und haben ebenso den Obersten Gerichtshof daran teilhaben lassen, dass eine neue Gemeinde gegründet wird. So Gott will werden wir alles daran setzen, dass es schnell vorangehen wird. “ (INN, 27.02.18)
Polizisten auf dem Vormarsch nach Amona. Quelle: Walla
Seit gestern mittag bis in den heutigen Tag hinein (Donnerstag, 02.02.17) arbeiten Grenzschutzpolizisten und Spezialkräfte der israelischen Sicherheitseinheiten an der kompletten Räumung der Ortschaft Amona und der Ausweisung ihrer Bewohner/-innen und über tausend Untersützer/-innen, welche sich in den letzten Tagen vor dem Räumungsbeginn zu den Einwohnern dazugesellt hatten, um gegen die Ausweisung zu protestieren und die Evakuierung zu erschweren. Der erwartete und gefürchtete Schritt, auf dessen Aufhebung lange Zeit gehofft wurde, wurde gestern mittag (Mittwoch) in die Wege geleitet, als an die 3000 Sicherheitskräfte begannen, sich auf die Kleinbauten der Siedlung zuzubewegen. Heute (Donnerstag) werden die letzten Anwesenden auf dem Hügel herausgeholt – als letzte Barrikade diente bisher das Gebaeude der lokalen Synagoge, in welcher sich bis zur Mittagszeit Jugendliche und Erwachsene verschanzt hatten und Unterredungen mit den Sicherheitskraeften abgelehnt hatten. Die letzten Einwohnerfamilien hatten bis zu den Morgenstunden das Gelaende verlassen. Das Synagogengebaeude soll das letzte geraeumte Gebaeude werden. In den naechsten Tagen werden die Habseligkeiten der Familien durch die Raemungkraefte verpackt und herausgeholt, anschliessend wird die Entfernung der Bauten vom Huegel abgeschlossen werden.
Schon 24 Stunden zuvor hatte die Armee entsprechend den Anweisungen Betretungsverbote für Nichteinwohner auferlegt, nur nach Vorzeigen des Ausweises die Menschen auf den Hügel kommen lassen und den Räumungsbefehl an Familien ausgehändigt, welche ihre Bauten für widerrechtlich erklärt und den Betritt dieser nach Ablauf einer 48-Stunden-Frist verbietet. Trotz der Belagerung des Hügels durch die Sicherheitskräfte gelang es mehreren hundert Protestierenden, vor allen Dingen Jugendlichen, auf den Hügel zu gelangen. Diese nutzten die Zeit, als der genaue Zeitpunkt der Räumung noch nicht feststand, um den Zugang zu und in die Häuser so nachhaltig wie es geht zu verbarrikadieren. Zwar kündigten die Einwohner Amonas durch ihre Leitung und über verschiedene andere Kanäle an, keiner Gewalt zuzustimmen und riefen dazu auf, sich nur des passiven Widerstands zu bedienen, hatten sich viele aufgebrachte Jugendliche vorgenommen, den Widerstand physisch bedeutendvoller anzugehen. Müllcontainer wurden vor die Wege angestellt und angezündet, dazu Barrikaden aus brennenden Reifen und Möbeln.
Familie verlässt ihr Haus. Quelle: Channel 20
Gruppen von Jugendlichen banden sich an Möbelstücke, um ihre Räumung zu erschweren. Andere verschanzten sich in den Häusern und auf den Dächern. Das unmittelbare Vordringen von Grenzschutzkräften (welche generell bei Räumungen zum Einsatz kommen, ungleich Soldaten) rief stärkere Proteste hervor. Gegenstände und Flüssigkeiten wurden auf die Polizisten
Jugendliche auf Barrikaden. Quelle: Channel 20
geworfen – die Presse berichtete von Wasserbomben, Öl, Reinigungsmittel, Möbelteilen und Steinen. Etwas mehr als ein Dutzend von Beamten wurde leicht verletzt. Eine Polizistin soll mittelschwer verletzt worden sein (Ynet). Auch unter den Protestierenden – erneut, den meisten davon Jugendlichen aus anderen Orten – gab es leicht Verletzte, welche in naheliegende Krankenhäuser evakuiert worden waren.
Angesichts der verstörenden Bilder aus demselben Amona vor elf Jahren, im Winter 2006, bei dessen Räumungseinsatz ungezügelte Polizeigewalt gegen Demonstranten zu schockierenden Szenen von niedergetrampelten und geschlagenen Menschen geführt hatte, wurden die Einsatzkräfte speziell auf möglichst gewaltfreie Evakuierungstechniken im Umgang mit Widerstand vorbereitet. So erschienen die Polizisten und auch die Spezialeinsatzkräfte am Ort in Schutzkleidung, aber unbewaffnet. Mehrere Familien – etwa ein Dutzend – erklärten sich bereit, ihre Häuser freiwillig zu verlassen, andere hatten sich geweigert und ließen sich von Beamten zumeist wegtragen – darunter auch kleine Kinder der Familien.
Fotos: AP; EPA; AFP
Im Laufe des Räumungsablaufs, der von Nachrichtenkanälen wie dem von Ynet live im Fernsehen und über die App übertragen wurde und mitangesehen werden konnte, wurde im Hintergrund durch die Richter des Obersten Gerichtshofs entschieden, ob der im Dezember 2016 ausgearbeitete Entwurf zwischen den Bewohnern Amonas und der Regierung – inklusive Neubauten auf einem anliegenden Grundstück und Sorge für den Großteil der ausgewiesenen Familie, dazu finanzielle Verlustkompensation – angenommen werden sollte oder nicht.
Am späten Nachmittag wurde die Entscheidung mitgeteilt – der Oberste Gerichtshof hatte den Entwurf abgelehnt – ohne dabei die Begründung für die Ablehnung zu veröffentlichen. Gegen seine Annahme hatte die pro-palästinensische Organisation „Yesh Din“ im Namen der Grundstücksbesitzer, auf welchen Amona 1995 errichtet worden war, geklagt, um die Nutzung anliegender Flächen, welche die Kläger ebenso als ihr Eigentum bezeichnen, zu verbieten. Die Nachricht hatte niemanden mehr überrascht.
Politiker aus der Koalition – insbesondere solche, die sich für den Fall Amona eingesetzt hatten – kommentierten die Ereignisse unterschiedlich: so erklärte Erziehungsminister Naftali Bennett und einer der zentralen Figuren in der Affäre, „der Kampf um Amona“ sei verloren, dafür wäre aber der „Kampf um das Land gewonnen“ – und verwies dabei auf das „Eingliederungsrecht“, welches angesichts der bevorstehenden Räumung und der ablehnenden Haltung des Obersten Gerichtshofs vom Premierminister zur zweiten und dritten Lesung in der Knesset zugelassen worden war. Abgeordneter Betzalel Smotritch sparte nicht an deftigen Begriffen und verglich den Schmerz der Ausweisung der Bewohner mit der Vergewaltigung einer Frau (und löste daraufhin wie erwartet empörte Reaktionen aus). MK Shuli Mu’allem-Refaeli, Vorsitzende der Partei „Jüdisches Heim“, kommentierte die Entscheidung:
„Linksextreme Organisationen machen Gebrauch vom Rechtssystem, um ihre politischen Ziele zu verfolgen. Die Amona-Affäre ist keine rechtliche, sondern politische Angelegenheit gewesen und der Gerichtshof hätte dabei keine Rolle haben sollen. Die Art und Weise, in welcher die linksextremen Organisationen vorgehen, stützt die Notwendigkeit, gegen sie vorzugehen und Gesetzesregelungen zu erlassen.“
Einige Tage vor dem Räumungsdatum veröffentlichten PM Netanyahu gemeinsam mit dem Verteidigungsminister Avigdor Liebermann die Erlassung für den Bau von etwa 3000 neuen Wohneinheiten im gesamten Gebiet von Judäa und Samaria, davon 2500, welche für direkte Ausschreibung offenstehen sollen. Neue Wohneinheiten sollen u.a. für die Gemeinden von Efrat, Alfey Menashe, Kfar Eldad und Shilo.
Auch der Vorsitzende der Verwaltung des arabischen Dorfes Silwad, aus welchem zwei der gegen Amona klagenden arabischen Familien stammen, – Abdarrachman Abu-Salah- meldete sich zu Wort: Dem Kanal „Alquds“ gegenüber erklärte er, die Räumung von Amona sei nicht genug, vielmehr sollten ihre Bewohner dorthin zurückkehren, woher sie stammen würden – aus Europa (Reshet B berichtete).
Die sozialen Netzwerke -insbesondere das in Israel sehr beliebte Facebook – füllten sich mit Inhalten über Amona – lakonischen Analysen, wütendem Schimpfen gegen die Regierung, traurigen Liedern, Videos von den Protesten und den Evakuationen, Aufnahmen von Ansprachen der Einwohner und Bildern von Jugendlichen und Kindern auf dem Hügel. Vergleiche mit der
Quelle: Facebook
Räumung der jüdischen Ortschaften im Gazastreifen, Bloßstellungen des Staatsapparats und seiner politischen Interessen und viel Zorn gegen die „linksextreme Diktatur des Obersten Gerichtshofs“. Andere
Foto: Ynet
versuchten sich mit religiösen Botschaften zu trösten, Bitten um Gebete für die „Brüder in Not“ und Proteste auf öffentlichen Kreuzungen wurden veröffentlicht und über WhatsApp-Gruppen verschickt. Fast überall wiederholte sich dasselbe Mantra: „Juden vertreiben keine Juden“ und das Entsetzen darüber, dass dies auch in dieser Zeit der Fall sei.
Facebook: Video eines Mädchens bei der Räumung. Sie wirft den Polizisten vor:
„Wie können Menschen, Juden, in der Lage sein, sowas zu tun? Erklärt es mir! Wofür? Für deine Beförderung? Das ist es nicht wert! Es ist dieses Leid, das du den Leuten hier zufügst, nicht wert! So viele Familien, 40 Familien, 200 Kinder! 200 Kindern nehmt ihr die Grundfesten weg, reißt ihnen die Wurzeln ab, reißt sie heraus! Nimm deine Sonnenbrille ab,ich rede mit dir!“
Die Gefühle – in den sozialen Netzwerken als auch unter meinen Freunden und Bekannten – waren aber auch durchaus gemischt. Das störrische Beharren des Obersten Gerichtshofs darauf, dass es sich beim Land um erwiesenes Privatland handle, die politischen Turbulenzen, die von den Unterstützern von Amona monatelang
Foto: Ynet
verursacht wurden, die Tatsache, dass es sich mehr um einen „Vorposten“ als um eine etablierte Gemeinde handle und auch die Einsicht darüber, dass eine nachhaltige Lösung für ähnliche Situationen nicht durch die Rettung von einer kleinen Anzahl Leichtbauten gefunden werden wird und das Projekt Judäa und
Mädchen in Amona. Quelle: Ari Fold
Samaria anderer Herangehensweise bedürfe – das alles löste Diskussionen und Gedanken aus. Gemischte Gefühle wie Trauer, Wut, Zorn, Enttäuschung, Zynismus, Emotionalität, Verleugnung, Ärger, Hoffnung, Schmerz, Empathie, Nüchternheit, Idealismus, Resignation. „Die Siedler“ sind kein monolithischer Block, genauso wenig wie die gesamte israelische Gesellschaft es ist.
Von Amona selbst wird in der nächsten Zeit nicht viel mehr als ein Haufen Gerümpel auf karger Erde bleiben. Die Unterstützer schwören, zurückzukommen, so, wie sie es auf Gebäudewände gesprayt haben. Die Amona-Ausgewiesenen (oder Vertriebenen, wie man sie auch nennt) werden zunächst provisorisch unterkommen, anschließend temporär irgendwo unterkommen, und bei allen politischen Versprechen ist es alles andere als klar, ob sie irgendeine Kompensation erwartet oder nicht. Auch nach dem gestern geäußerten Statement von PM Netanyahu, er würde für den Bau einer neuen Siedlung für die Ausgewiesenen sorgen und habe schon die erste Suche nach passenden Grundstücken eingeleitet.Auch andere Häuser und Familien stehen in der Warteliste zur Demolierung – 9 Häuser in Ofra, der „Muttergemeinde“ von Amona, 17 Häuser in Elazar…
Ist es nun das Ende der Amona-Saga, ein Höhepunkt oder nur ein weiteres Glied in einer Kette von Verfehlungen?
Fakt ist, ganz egal, wie man politisch zur Amona-Frage stehen mag, die Bilder sind dennoch schwer anzusehen und sollten niemandem Genugtuung bereiten. Der Antagonismus der Affäre bekam vor Ort ein Gesicht: zwischen den in Massen auf den Hügel zuschreitenden Grenzschitzpolizisten in Uniformen, den schreienden, rennenden, weinenden und teilweise steinwerfenden Jungen und Mädchen, den Familien mit Kindern in den Häusern, dem Schimpfen und den Gebeten, den Baggern, die sorgfältig angelegte Pfade und Schilder und Gartenzäune niederrissen, der Sonne, dem Sternenhimmel und dem kalten Wind.
In unserem Viertel hier im Nahen Osten scheint es so schnell nicht ruhig zu werden, ob nun mit oder ohne Amona, das kann ich versichern. Das Unrecht, das den Grundstückbesitzern angetan worden war, kann mit dem Unrecht, Familien und Kinder nach jahrelangem Wohnen und Gedeihen aus ihren Heimen zu zerren, nicht gut korrigiert werden. Es macht keinen Sinn. Menschlich gesehen ist es würdelos, politisch gesehen durchschaubar und lachhaft, und für die Zukunft ist es nicht förderlich und sogar schädlich.
„Ringsum senkte sich Stille nieder, bald würde sie den letzten Kreis schließen, und wenn die Stille alles umschlossen hatte, und keiner mehr das Schweigen störte, würde leise das zu summen anfangen, was jenseits der Stille liegt – dann würde Gott… hinabgehen und dort wandeln,um zu sehen, ob ihr Tun gleich dem Klagegeschrei.“ (S.Yitshar, „Chirbet Chisa“)
Der Oberste Gerichtshof soll heute (30.01) eine erneute Berufung gegen den Amona-Entwurf, welchen die Regierung mit den Bewohnern der Siedlung Amona im letzten Monat ausgearbeitet hatte, ueberpruefen. Der Entwurf sollte garantieren, dass die Einwohner Amonas zwar ihre auf gegenwaertigem Grund gebaute Haeuser verlassen, aber auf einem alternativen, an diesen anliegenden Grundstueck, neue Bauten aufstellen koennten in der Aussicht, Amona von Neuem aufzubauen, oder zumindest den Familien ein Dach ueber dem Kopf zu garantieren.
Die Klaeger, zwei arabische Familien aus dem Dorf Silwad in Binyamin, zusammen mit der Organisation „Yesh Din“, haben wiederholt Berufung gegen das Abkommen eingereicht. Der oberste Justizberater der Regierung, Avichai Mandelblit, liess kurzlich in der Presse verlauten, er wuerde das Abkommen vor dem Obersten Gerichtshof nicht verteidigen.
Die Armee hat unterdessen die Vorbereitungen zu einer Raeumung getroffen. Vermehrt wurden Einsatzkraefte bei Amona gesichtet, Aktivisten berichten von Erweiterungen der Auffahrtsstrasse, um den Bulldozern besseren Halt zu garantieren. und erste Raeumungsforderungen in Schriftform wurden an einige der Einwohner verteilt, um diesen die Zeit fuer juristische Gegenschritte zu bieten (dieser formale Schritt steht den Raeumungspflichtigen zu).
Der Rabbiner von Amona, Rabbi Yair Frank, hatte sich in einem Brief an den Premierminister Netanyahu gewandt, in welcher er diesen an eine Bitte und muendliche Absprache mit den Vertretern des Premierministerbueros erinnerte,der entsprechend die Synagoge von Amona und ebenso das Reinheitsbad fuer Frauen bei einem tatsaechlichen Abriss nicht zerstoert, sondern versiegelt werden sollte:
„In einem Treffen zwischen Ihnen und dem Vorstand von Amona vor etwa einem Monat, habe ich Sie persoenlich darum gebeten, die Synagoge und die Mikve (Reinigungsbad) als Ausnahme zu behandeln und diese nicht zu zerstoeren. Diese Bitte wurde in die Zusammenfassung der Absprache zwischen Ihren Vertretern und Ihnen eingebaut. Ebenso wurde in einem zusaetzlichen Treffen mit dem Vorsitzenden des Bueros des Premierministers, Herrn Yoav Horowitz, die muendliche Absprache getroffen, dass das Moeglichste dafuer getan wird, um diese nicht durchzufuehren.“
Diese Bitte begruendete Rabbiner Frank mit einem Verbot der Zerstoerung einer heiligen Staette durch die Tora, mit dem Verweis auf die Ausfuehrung derselben Bitte beim Abriss der juedischen Gemeinden in Gush Katif/Gaza und im Norden von Samaria in 2005, als die Synagogengebaeude versiegelt worden waren, nach Protest von zahlreichen juedischen Geistlichen.
„Es gilt zudem, hinzuzufuegen, welche Bedeutung eine solche Zerstoerung auf nationaler und internationaler Ebene haben wuerde“, schrieb Rabbiner Frank.
Noch immer haengen die Einwohner von Amona in der Luft bezueglich der Zukunft ihres weiteren Wohnens auf dem Huegel. Bisher wurden keine im Entwurf der Regierung vom 18.12.16 angefuehrten Handlungen ausgefuehrt.
Es war schon dunkel, als ich die Leichtbauten auf dem Hügel erreichte. Unterwegs kamen uns, Moria Shaag, die mich als Trampistin auf der langen, sich hoch schlängenden Asphaltstraße mitgenommen hatte, und mir, Teenager mit Rucksächken und Schlafmatten entgegen. Es war ein Abzug der Enttäuschten, ohne Siegestaumel oder den üblichen patriotischen Gesang. Die Luft war kalt und feucht; die Jugendlichen trotteten den asphaltierten Weg entlang und wurden ab und zu von den herunterfahrenden Autos mitgenommen. „Es ist viel los hier“, bemerkte ich, auf die Abziehenden deutend. „Da hättest du es vor einer Stunde sehen sollen“, entgegnete Moria. Da war gerade die Entscheidung der Einwohner von Amona bekannt gegeben worden, welche dem Kampf um das Hügeldorf ein Ende geboten hatte. Die hunderte von Aktivisten, die Amona und ihre 40 Familien umgeben, umarmt und umkämpft hatten, wurden „entlassen“. „Du warst also hier, als die Entscheidung getroffen wurde?“, fragte ich Moria vorsichtshalber, die neben sich im Kindersitz ihren kleinen Sohn festgeschnallt hatte. „Natürlich, ich wohne hier. Wer bist du denn genau?“
Wer war ich? Eine Zuspätkommerin, in diesem Fall. Nachzüglerin, die es, nicht wie bei Ssa-nur, nicht geschafft hatte, die Aktivitäten rund um Amona von Nahem zu erleben und darüber zu berichten, als sie noch voll im Gange gewesen waren. Erst in dieser Woche hatte ich die Zeit gefunden, den Ort des Geschehens zu besuchen; ursprünglich war der Plan gewesen, in Falle einer Räumung hier zu übernachten und zumindest die „Stunde X“ mitzuerleben und damit die journalistische Pflicht zu erfüllen. Nicht zu vergessen, bis gestern nachmittag (18.12.16) galt die Zwangsräumung als unabwendbar und alles bereitete sich darauf vor. Mein Rucksack war schon gepackt und ich auf dem Weg zum Übergang in Nordostjerusalem bei Hizme, als die endgültige Nachricht über das Einverständis der Amona-Leute zum neuesten Regierungsentwurfe die Whatsapp-Gruppen und auch die Mainstream-Medien erreicht. Was soll’s, sagte ich mir, so muss ich mir zumindest anschauen, was vom „Schlachtfeld“ übrig geblieben ist.
Übrig blieb nicht viel. Oben angelangt, traf ich auf eine mir bekannte Schülerin, die auch bei der Ssanur-Evakuierung dabei gewesen war. Decke und Rucksack gepackt, war sie auch dabei, den Ort zu verlassen. Zwei Wochen hatte sie hier mit Klassenkameradinnen campiert. „Ist euer ganzes Internat hierhin gezogen?“ „Nein, aber sehr viele.“ Sie sieht ernüchtert aus, nicht traurig, aber auch nicht erleichtert. Tatsächlich ist die Atmosphäre oder das, was man von ihr noch mitbekommen kann, jetzt, wo so viele schon nicht mehr da sind, nicht einfach zu beschreiben – Nüchternheit mischt sich mit Resignation und Trauer, und das bisschen Erleichterung, welche nach der Annahme des Entwurfs wohl doch spürbar gewesen ist, macht einer schweren Müdigkeit Platz. Natürlich, Amona wird nicht zwangsgeräumt, es wurde eine Lösung gefunden, zumindest für die Mehrheit der Einwohner, es gibt eine Hoffnung auf neue Entwicklungen, vielleicht ist damit der Weg freigegeben für ein erfolgreicheres und glücklicheres neues Amona. Aber das alles hat noch immer einen Preis: Die Häuser müssen verlassen werden, sie werden abgerissen; keine Aussicht auf einen juristischen Kompromiss macht den Verlust eines Heimes leichter.
Auf meiner Suche nach einer gastfreundlichen Familie mit Badezimmer wurde ich von meiner Bekannten in das erstbeste Haus an der Einfahrt geschickt – das Haus der Familie Boaron, Avichai und Ofra, den Anführern der Kampagne um Amona. Ich hatte damit nicht gerechnet, und mein Gespräch mit Ofra, die erschöpft aussah und sich mit zwei ihrer Kinder beschäftigte, war eher kurz. Sie fragte mich ebenso nach meiner Herkunft und ich erklärte ihr die Parallele zwischen dem Karavanenviertel von Alon Shvut und ihrem Amona; wir nickten beide verständnisvoll. Sie wollte von mir wissen, was „die Jugendlichen draußen“ sagen würden, wie sie sich fühlten. Offenbar war ihr schon bekannt, dass die junge Generation der Aktivisten das „Zusammenklappen“ der Bewohner vor der Regierung nicht verdauen wollte.Nach mir betraten das Haus Nadia Matar und Yehudit Katzover, die Vorsitzenden der Organisation „Women in Green“, und sagten ihr Worte der Anerkennung. Als „alte Hasen“ im Business waren sie davon überzeugt, dass die Entscheidung, den Kompromiss der Regierung anzunehmen, besser gewesen war, als sich zwangsweise abführen zu lassen, ohne etwas dafür zu bekommen. „Die Hauptsache ist, ihr bleibt auf dem Hügel“, sagte Yehudit. Ofra nickte, lächelte traurig, „die Jugendlichen sind am Boden zerstört“, und fügte seufzend hinzu, „es ist richtig gewesen, und trotz alledem, ich werde das Haus verlieren, ich will nicht, dass es zerstört wird…“
Auf meinem Spaziergang über die dunklen Pfade betrat ich einen Karavan, dessen Tür weit offen stand; es sah nach einem Büro aus, darin viele Menschen, Klimaanlage aufgedreht, Matratzen auf dem Boden, lautes Gerede. Ich suchte nach einer Tasse Kaffee und nach jemandem, der mir vielleicht mehr Aufklärung verschaffen konnte, und gelangte unwissentlich in die Amona-Koordinationszentrale der Binyamin-Regionalverwaltung. Mein Timing war ungeplant, aber gut – die Anwesenden warteten auf den Vorsitzenden der Regionalverwaltung, Avi Ro’eh, um ein Abschlussmeeting zu halten. Sein Fazit? Es bleibt, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs abzuwarten; die Leute der Regionalverwaltung müssen auch nach Ende der Kampagne eng mit den Einwohnern zusammenarbeiten, um das Gemeinschaftsgefühl aufrecht zu erhalten und ihnen die bevorstehenden Herausforderungen zu erleichtern, welche zahlreich und schwierig sein werden; es gibt Familien mit enormen finanziellen Schwierigkeiten, um welche sich gekümmert werden muss, dasselbe gelte für die Minderjährigen der Siedlung. Die Kampagne sei vorbei, der Kampf stillgelegt, aber der praktische Einsatz vor Ort angesichts der Räumung noch lange nicht vorbei.
Amona. Quelle: Tomriko, Ynet
Ich blieb nicht mehr lange auf dem Hügel. Das Gebiet, auf welchem Amona gelegen ist, ist enorm; Amona gilt als der flächengrößte „illegale Außenposten“ (sprich, ohne Festbauten) in ganz Judäa und Samaria. Die meisten Gebäude sind aus leichtem Material wie Stahlplatten und Gips und Holz hergestellt, andere ausgebaute Karavane. Es gibt nicht viel Straßenbeleuchtung, kleine Straßenschilder sind mit Mosaiken verziert, Gärten wurden angelegt, alles in allem ein kleines, naturverbundenes Nest mit ländlicher Romantik, bewohnt von sich als Pioniere betrachtenden Idealisten, welche um der gemeinsamen nationalen Idee willen an die 20 Jahre lang in diesen ansonsten mit Felsbrocken und stacheligen Büschen bedeckten Hügel Leben eingehaucht hatten und endlose juristische und politische Kämpfe austragen mussten, um sich weiterhin auf dem Landstück zu halten. So wie die Zukunft des Hügels noch immer nicht ganz gewiss ist, so steht es auch um die Gemeinschaft von Amona. Über ein dutzend der Familien haben schon Wohnungen im weiter unten gelegenen Ofra gemietet; auch in Ofra müssen laut Gesetzesbeschluss bald 9 Häuser abgerissen werden. Die Ofra-Bewohner hatten sich entschieden, keine Kampagne wie in Amona zu starten. Und wer auf dem Ersatzgrundstück bei Amona bleibt, weiß nicht, wie lange er es tun wird, und was genau weiterhin damit passiert.
Der Wind war eisig. Ich machte mich auf nach Jerusalem und von dort nach Gush Etzion. Auch vor Gush Etzion haben die linken NGOs in ihren Bestrebungen, so viel es geht vom Siedlungsprojekt zu Fall zu bringen, nicht halt gemacht – 17 Häuser der Nachbarschaft „Netiv Avot“ von Elazar, direkt gegenüber meinem Fenster, sollen abgerissen werden, weil einige der Gebäude teilweise auf als Privatgrundfläche eingestuften Landteilen lokalisiert worden sind.
Landraub? Vertreibung? Politische oder ideologische Kriegsführung? Links gegen Rechts? Staatswohl oder Staatsschaden? Schachspieler oder Schachfiguren? Worum geht es hier?
Um ehrlich zu sein, kann ich es nicht genau sagen. Ich befinde mich nicht allzu sehr hinter den Kulissen, ich weiß nicht um jedes Detail. Im Fall von Amona war ich nicht bei der Entstehung dabei – weder vonder Siedlung selbst, noch bei ihren juristischen Schwierigkeiten. Es hat mehr als genug solcher Fälle gegeben. Mal waren die Klagen gegen Ortschaften und Außenposten unbegründet, dann wieder begründet; die einen bauten aus Ideologie, die anderen aus politischen Abwägungen, dann wurde aus denselben abgerissen, oder weil man sich verkalkuliert hatte, oder weil die Ideologie eine andere war, und den Preis zahlten die Menschen und das Land.
So wie ich es weiß, ist es sehr anzuzweifeln, dass das von den NGOs und den arabischen Klägern angeforderte Land nach dem Abriss von Amona tatsächlich belangt und bearbeitet werden wird. Es wäre nicht der erste Fall, bei welchem die Ausweisung ein Landstück brachliegen lassen würde; die mutmaßlichen oder tatsächlichen Landbesitzer würden, außer den symbolischen Gewinn über das „zionistische Bollwerk“ zu feiern, mit dem Land nichts weiter anstellen, oder aber die Armee und das Verteidigungsministerum würden die Landbesitzer von der Nutzung des Gebiets fernhalten.
In diesem oder jenem Fall würde die Natur der Auseinandersetzungen dem genauen Beobachter der Situation vor Ort deutlich offenbart werden: ein jedes solches Amona und ein jeder solcher arabische Grundbesitzer sind und sehen sich als Schachfiguren in einem ideologischen Kampf um das Land, angetrieben von innen und von außen durch jeden, der am Land und am Konflikt ein Interesse hat; der Vorwand des Schadens gegen einen Einzelnen geht zurück auf den Kampf um das große Ganze, und die Wurzeln liegen in den Verfehlungen der letzten 20, 50, 70, 120, 1400 oder manche würden gar sagen – der letzten 2000 Jahre. Sollten die lokalen Entscheidungsträger im vorliegenden Konflikt keine bahnbrechenden Entscheidungen bezüglich der Zukunft von Judäa, Samaria, des Staates Israel und der Gesamtbevölkerung „zwischen Mittelmeer und Jordan“ in der nächsten Zeit fällen wollen, wird die Agonie des Gebietes und aller seiner Bewohner immer weiter sinnlos verlängert werden, ohne dass irgendjemandem leichter davon wird.
So wie ich es sehe, sollten fast 50 Jahre genug sein, um sich festzulegen, ob man nun Judäa und Samaria haben will oder nicht. Überhaupt sollten die letzten 100 Jahre genug sein, um zu verstehen, ob man das Land nun als seins ansieht und als solches behandeln möchte, oder wählt, sich davon zu distanzieren. Aber wie es heißt, zwei Juden, drei Meinungen und 2000 Jahre Exil machen es einem offenbar nicht besonders leicht, eine entscheidende Antwort auf diese Fragen zu finden. Bis diese gefunden wird, bleiben wir vor Ort zurück mit Amonas, arabischen Landbesitzern und wildgewordenen NGOs, mit juristischen Tricks, politischen Hahnenkämpfen, Soldaten und Buldozzern. Das übliche Chaos eben.
Dramatische Stunden erlebte Amona heute vormittag (18.12.16):
Premierminister Binyamin Netanyahu, zusammen mit den Politikern von „Jüdisches Heim“ mit Naftali Bennett an der Spitze, arbeiteten die Nacht hindurch an einem neuen Entwurf für die vor der unmittelbaren Ausweisung und Räumung stehenden Bewohner von Amona, welcher einer größeren Anzahl von Familien und auf einem größeren Stück Land ein Ersatzheim statt der gegenwärtigen Siedlung bieten könnte. Im neuen Entwurf ist von 24 statt 12 Familien die Rede, eine weitere Grundstückfläche soll diesen zur Verfügung gestellt werden. Zudem verpflichtet sich der Staat gegenüber den Familien, für schnelldurchführbare angemessene Lösungen für die restlichen Bewohner zu sorgen, eine Verlängerung der Abrissfrist zu beantragen; der juristische Regierungsberater sagte diesem Entwurf ebenso seine Unterstützung zu.
Diskussionen zum Entwurf in der Synagoge von Amona. Foto: Ynet
Am Morgen wurde der Entwurf den Einwohnern von Amona zur Absprache und Abstimmung vorgelegt. Im Falle ihrer Zustimmung würde die Räumung freiwillig durchgeführt werden.
Während in der Einwohnerversammlung die Familien die Annahme des Entwurfs besprachen, fanden erste Auseinandersetzungen zwischen einer Gruppe von Jugendlichen und dem angereisten Wohnungsminister Yoav Galant statt, bei welcher die Jugendlichen das Fahrzeug angriffen, es mit Eiern bewarfen und den Minister als „Linken“ beschimpften.
Kurz nach 15 Uhr (14 Uhr in Deutschland) wurde dann das Ergebnis der Abstimmung mitgeteilt – die Einwohner Amonas stimmten mit 45 zu 25 (bei zwei Enthaltungen) für die Annahme des Entwurfs und somit für eine freiwillige Räumung der gegenwärtigen Gebäude. Die Regierung bestätigte darauf ihrerseits einstimmig die Übernahme des Entwurfs. Der nächste Schritt würde das Einreichen der Anfrage der Regierung beim Obersten Gerichtshof, den neuen Entwurf zu bestätitgen und eine Verlängerungsfrist für die Räumung von Amona von insgesamt 30 Tagen zu erwirken (bis zum 25.Januar).
Abzug aus Amona. Foto: Elisha ben Kimon, YNET
Nach den offiziellen Bekanntgebungen begannen die Jugendlichen, welche sich auf dem Hügel tage- und wochenlang aufgehalten hatten, die Rückfahrt anzutreten – sie wurden von den Familien in Amona darum gebeten, welche ihnen für die Treue und die Unterstützung dankten, aber auch erklärten, dass der Kampf um Amona bis aufs Weitere ausgesetzt sei. „Wir wollen dem Staat eine Chance geben, seine Versprechungen zu halten“, sagten sie gegenüber der Presse, „sollte er sich davon abwenden, werden wir den Kampf von neuem und mit vereinten Kräftena aufnehmen.“
Die Entscheidung wurde in Amona und im nationalreligiösen Lager sehr gemischt aufgenommen, die wenigsten darunter beschuldigten jedoch die Betroffenen selbst, deren Standfestigkeit und Mut gegenüber ungeheurem politischen Druck für Bewunderung sorgte. Als Verantwortliche für die gesamte politische Misere wurden die Politiker herangezogen, ihrer scheinbaren Unfähigkeit oder Unwilligkeit wegen den Erhalt von Amona zu gewährleisten und dem Obersten Gerichtshof entgegenzutreten. Vor allem die zahlreichen Jugendlichen, so berichten die Anwesenden in Amona, hätten der Entscheidung mit Zorn, Abscheu und Verzweiflung begegnet – sowohl die ortseigenen als auch die hinzugekommenen, so berichtete David, ein für die Jugendlichen verantwortlicher Aktivist der Zentrale der Regionalverwaltung: Die einen hätten es vorgezogen, nachdem sie davon erfuhren, in einem Geländeteil Farbflaschen und Steine zu werfen, um den Zorn herauszulassen, und dann abzuziehen. Die anderen beschuldigten die Erwachsenen des Betrugs und des Verrats und drohten, von zuhause wegzulaufen und nicht mehr zurückzukommen; all das seien zu erwartende Reaktionen, ihnen soll Platz gegeben werden, allerdings solle man sich darum bemühen, die Jugendlichen schnell wieder aufzufangen. Das immer wieder erklingende Credo, welches auch auf den Karavanen und Baracken in Amona geschrieben stand, „um das Land Israel verhandelt man nicht“, ließ sich nicht mit der zwar freiwilligen, dennoch notgedrungenen Entscheidung der Leute von Amona vereinbaren.
Baruch Marzel bei INN
Der rechtsaußen-Aktivist und ehemaliger Politiker Baruch Marzel aus Kiryat Arba äußerte sich vor Ort zur Entscheidung (INN) und umschrieb in seinem Kommentar meines Erachtens sehr treffend einen der Knackpunkte, um welchen sich die Gemüter in diesen Tagen drehten. Ich gehöre absolut nicht zu den Anhängern oder Unterstützern von Marzel, sehe es aber doch als wichtig an, ihn hier zu zitieren:
„Das Problem des Landes Israel ist nicht eine Siedlung mehr, eine Siedlung weniger, noch fünf weitere Siedlungen; unser wichtigstes Problem ist (es, zu klären), ob es unser Land ist oder ob wir hier Eroberer und Diebe sind, die jemand anderem das Land weggenommen haben. Darum ging es hier. Die Einwohner von Amona haben daher damit, dass die den angebotenen Entwurf angeenommen haben, gesagt, ‚wir geben zu, dass das Gebiet hier den Arabern gehört, dass wir Diebe sind, Eroberer, dass es nicht unseres ist. Ohne sich bei ihnen zu beschweren, und ich habe keine Beschwerden gegen sie, (muss ich sagen), ist das direkte Resultat dieser Entscheidung, dass wir viele Schritte wieder zurückgegangen sind, und wir werden erneut versuchen müssen, die Welt davon zu überzeugen, dass das Land Israel dem jüdischen Volk gehört und wir nichts gestohlen haben. ‚Aber wieso habt ihr Amona verlassen? Wieso benehmt ihr euch wie Diebe?‘, wird man fragen. Ich habe keine Antwort darauf; es ist eine große Blasphemie, was hier geschehen ist und es werden viel Blut, Schweiß und Tränen vergossen werden, um das wieder in Ordnung zu bringen.“
Zum Abend hin hatten beinahe alle Unterstützer den Amona-Hügel über die enge und schlangenartige Verbindungsstraße zur
Großsiedlung Ofra verlassen. In einer Abschlusssitzung fasste der Vorstand der Regionalverwaltung Binyamin, Avi Roeh, die Ergebnisse der letzten Tage zusammen, betonte die Wichtigkeit, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bezüglich des Entwurfs abzuwarten und die Einwohner weiterhin zu unterstützen, jetzt, wo der aktive Teil der Kampagne vorbei sei. Die Herausforderungen würden jetzt die Menschen vor Ort treffen und dabei müsste ihnen geholfen werden – finanzielle Notstände aufgrund der Räumung, der Zusammenschluss der Gemeinschaft, welche sich in einer schweren Krise befinde, die Betreuung der Jugendlichen und anderes mehr.
Die Tage vergehen, die Deadline für das Ende von Amona rückt immer näher, eine mögliche Veränderung dieser Prognose ist nicht mehr in Sicht. Die sich dort befindenen Einwohner sowie hunderte weitere Unterstützer/-innen, darunter eine Vielzahl Jugendlicher, bereiten sich in dieser Woche (ab dem 18.12) auf die Räumung der Siedlung vor. Diese soll noch vor dem 25.12. erfolgen. (zur Vorgeschichte – Amona: der Countdown läuft 1)
In der letzten Woche wurde am 13.12 eine weitere
Amona. Quelle: Tomriko/Ynet
Kompromisslösung, die letzte, an welcher die Koalitionsmitglieder Naftali Bennett, Ayelet Shaked und Betzalel Smotritch gemeinsam mit PM Netanyahu gearbeitet und dafür letztendlich die Zusage von Justizberater Avichai Mandelblit erhalten hatten, vorgeschlagen: 12 der 40 Familien sollten auf ein Grundstück, das im israelischen Recht als „Eigentum von abwesenden/nichtexistenten Grundbesitzern“ (Privateigentumsrecht Judäa und Samaria Nr.58, 1967) eingestuft ist, einige hundert Meter weiter der gegenwärtigen Amona-Areals, verlegt werden und für diese sollen temporäre Bauten errichtet werden. Nach dieser Lösung würden zunächst einmal diese 12 Familien das neue Grundstück halten können. Die Genehmigung, auf diesem zu bleiben, würde für 2 Jahre gegeben werden. Dieser Entwurf, für welchen das etwa 6 Dunam große Grundstück der Binyamin-Regionalverwaltung übergeben wurde, musste noch vom Obersten Gerichtshof bestätigt werden, wurde den Einwohnern aber schon zur Zusage freigegeben. Für die restlichen Familien sollten andere Übergangslösungen gefunden werden wie die Übersiedlung in den Nachbarort Ofra oder ein späterer Umzug in Bauten nahe der Ortschaft Shevut Rachel (darüber habe ich schon hier geschrieben).
Dem Wortlaut des Entwurfes nach (leider nur in Hebräisch) würde innerhalb der 2 Jahre die juristische Möglichkeit geprüft, auf dem erstweiligen Gebiet von 6 Dunam sowie weiterem benachbarten Areal, ebenso als „Eigentum abwesender Besitzer“ eingestuft, eine dauerhafte Siedlung zu errichten. Ebenso im Laufe dieser Zeitperiode soll die Regierung sich darum bemühen, weitere 40 temporäre Bauten auf dem besagten Grundstück zu errichten, mit der Baugenehmigung für 2 Jahre. Sollte der vorgegebene Prozess in dieser Zeit nicht durchgeführt oder beendet werden, würde die 2-Jahresfrist verlängert werden, bis dieser abgeschlossen werden könnte. Sollte der Entwurf durch die Einwohner angenommen werden, würde der Staat vom Obersten Gerichtshof eine 30 Tage lange Verzögerungsfrist für die Räumung beantragen.
Kurz nach Mitternacht vom 14.12 auf den 15.12 gaben die Einwohner Amonas, nach einer Besprechung von nahezu 10 Stunden, ihre Entscheidung bekannt: Der Entwurf wurde von 59 zu 20 Stimmen abgelehnt. In ihrer in den Medien veröffentlichten Begründung gaben die Familien bekannt, dass trotz langen Überlegungen und Abwägungen die Entscheidung negativ ausgefallen war, da die Verpflichtungen der Regierung gegenüber den Einwohnern zu vage seien; nur ein Viertel der Familien sei im Entwurf bedacht worden, für die restlichen sei keine absehbare Lösung in Sicht und die Versprechungen, welche seitens des Staates gemacht worden wären, hätten keine tatsächliche Basis. Der Aufbau einer neuen Siedlung sei keine Garantie und auch die Zweijahresfrist sei eine Kurzzeitlösung; was auf sie nach dieser Frist zukommen möge, sei ungewiss:
Heute (15.12.16), nach einem ein Jahr lang dauernden sisyphischen, langen und schwierigen Kampf wurde uns ein Entwurf vorgeschlagen, nach welchem ein kleines Grundstück für temporäre Bauten in Amona freigegeben wurde, für ein Viertel der ansässigen Familien. Was den Rest der Familien angeht, so haben wir neblige Aussagen und einen sehr problematischen Entwurf erhalten. Trotz der anfänglichen Freude, nach einem genauen Prüfen der Details, wurde uns klar, dass es sich dabei um „Schweizer Käse“ handelt – der Staat verpflichtet sich zu nichts und alles hängt von einer großen Menge an juristischen Prozeduren ab, wobei keine Garantie sowohl für ihren Erfolg gegeben wird, als auch für die Unterstützung ihrer durch den Staat.
Wir haben schon in früheren Ausweisungen Erfahrungen gesammelt und verlassen uns nicht auf Aussagen, hinter welchen keine Verpflichtungen sehen, insbesondere angesichts der Tatssache, dass auch dieser Entwurf uns zu Beginn in einer Weise gezeigt wurde, in einer anderen jedoch zur Unterschrift vorgelegt wurde, die weit von der vorherigen Version entfernt ist.
(…) Angesichts dessen und aufgrund der Verschwommenheit des Entwurfes, haben heute die Einwohner von Amona mit überwiegender Mehrheit nach 10 Stunden Besprechung beschlossen, den Entwurf abzulehnen. Wir betonen: Sollte es eine ausdrückliche Verpflichtung seitens des Staates für Ersatzbauten hier in Amona sowie eine Verzögerung der Räumung bis zum Aufbau dieser geben – werden wir dies akzeptieren können. Wenn der Staat sich jedoch nicht dazu verpflichten kann, den Umzug von unseren Häusern in die Ersatzbauten zu garantieren, ohne uns vom Berg herunterzunehmen, so werden wir diesen Vorschlag nicht annehmen können.
Die Reaktionen auf die verheerende Entscheidung fielen sehr gemischt aus. So äußerten sich die an dem Entwurf arbeitenden Politiker enttäuscht, aber zeigten auch Verständnis für die Entscheidung, einen Teil der Gemeinschaft nicht aufzugeben, so beispielsweise MK Betzalel Smotritch. Auch in den sozialen Netzwerken gab es emotionale Ausbrüche von Solidarität gegenüber der „Aufopferung“ und auch Schimpfhagel über die „Dummen“, die durch ihren Stolz eine Chance auf Weiterbestehen verprasselt hätten.
So oder so, die Räumung und der Abriss von Amona scheinen unabwendbar. Über Whatsapp organisieren sich seit mehreren Tagen Fahgemeinschaften nach Amona. Hunderte von Jugendlichen
Jugendliche verschanzen sich auf Wassertürmen. Amona. Foto; Miriam Zachi
und jungen Leuten tummeln sich auf dem Gelände, mehr und mehr kommen angereist, campieren vor Ort in getrennten Zelten und Holzbauten für Mädchen und Jungen und sehen sich im Kampf gegen das Unrecht – ob nun gegen die Entscheidung des Staates, des Obersten Gerichtshofs, die Klagen der arabischen Besitzer, die NGOs und auch die Situation selbst – eine Situation, in welcher eine jüdische Ortschaft abgerissen wird in einem Land, das als jüdisches Land bezeichnet wird:
„Wir erwarten von jedem, der uns bisher zur Seite gestanden hat, die Augen zu öffnen und das Unrecht zu sehen, das hier getan wird. Die Machtlosigkeit der Politiker zu sehen – sie sind gerade für Erklärungen und Versprechungen gut. Seid mit uns mit einer deutlichen Aussage: Es reicht. Wechselt die CD aus. Rüstet auf. Menschen sind kein Schleppgepäck, und Gerede ist kein Ersatz für handfeste Lösungen. Seid mit uns und protestiert gegen die Zerstörung einer jüdischen Gemeinschaft – durch eine „nationale“ Regierung. Der Premierminister und der Erziehungsminister glauben, dass sie uns durchschütteln und dann weitermachen können? Lasst uns dafür sorgen, dass es an ihnen nicht „still“ vorbeigeht. Kommt und protestiert, würdevoll, aber entschlossen. („Amona“-Community auf Facebook, 15.12.16)
In den Medien wird fortwährend über das Gewaltpotenzial der Proteste in Amona gesprochen; jede Medienausgabe behandelt die Befürchtungen, Slogans wie „Um Amona wird es Krieg geben“ und „Ein zweites Mal wird Amona nicht fallen“ würden zu tatsächlicher Gewalt bei der Räumung motivieren. Führende Persönlichkeiten der Siedlerbewegung versuchen, die Wogen der Medienberichte zu beruhigen und warnen gleichzeitig die Verantwortlichen vor Ort, jeden Gewaltversuch zu unterbinden.
Auch der Rabbiner von Amona, Yair Frank, wusste die zahlreichen
Rabbiner Yair Frank. Quelle: Flash90/INN
Aktivisten, die zur Unterstützung angereist waren, zu ermahnen: Er brachte für die „Stunde X“ einen kurzen Verhaltenskodex für die Aktivisten heraus (herunterzuladen bei INN), in welchem er die hinzugekommenen Gäste zum Respekt für die Regeln und die Ideologie der Bewohner von Amona aufrief:
„Sollten wir tatsächlich, Gott behüte, am Räumungstag angelangen – ist unsere Absicht es nicht, diesen zu verhindern. Es wäre kindisch, so zu denken. Es ist wichtig, dass ein jeder, der hierhin gelangt, es weiß und in sich aufnimmt, zuallererst, um sich nicht enttäuscht zu fühlen, und auch, um die Rahmen des Protests nicht zu sprengen. Das Ziel ist es, auf eindringlichste Art und Weise, aber durch korrekte Mittel, unseren großen Schmerz über die Zerstörung der Ortschaft und den Schmerz des Landes auszudrücken.“
Ein gewalttätiger Protest, physisch, aber auch selbst verbal ausgedrückt, würde das Ziel des Widerstands korrumpieren, die Art und Weise, wie man sich nach der Tora zu verhalten habe, verfälschen, und auch zu nichts führen. Derjenige, der sich nicht an
Nachts in Amona. Foto: Roni Knafo, Walla
diese Regeln zu halten vermöge, „solle gehen“. Es gäbe keine Erlaubnis seitens niemanden, Gewalt gegen die Sicherheitskräfte anzuwenden; es handele sich bei der Auseinandersetzung nicht um einen Kampf zwischen Einzelnen, sondern um eine öffentlich-nationale Angelegenheit. Im Gegenzug, so Rabbiner Frank in der Erklärung, erwarte man zwar von Polizisten und Soldaten, an der Vertreibung der Bewohner aus ethischen Gründen nicht teilzunehmen, allerdings würde man verstehen, dass die Mehrheit der Sicherheitskräfte nicht auf den Werten von Land Israel und der Tora aufgezogen worden wäre, und daher auch Gewalt gegen diese nicht in Betracht käme.
Mädchen in Amona. Foto: Miriam Zachi
Auch für Frauen und Mädchen, von denen viele aus den Internatsschulen an den Ort des Geschehens angereist und in provisorische Bauten gezogen sind, gibt es eine Anweisung in der Erklärung:
„Wahre deine Würde und deine Bescheidenheit. Solltest du in eine Situation kommen, in der diese verletzt werden – steh auf und geh.“
Andere führende Geistliche aus Judäa und Samaria und andernorts schlossen sich R.Frank an -so der Rabbiner Dov Lior von Kiryat Arba, Rabbiner Elyakim Levanon, Rabbiner Ya’akov Ariel von Ramat Gan und andere.
Noch immer versuchten Politiker, die Einwohner von Amona zu überreden, das „wackelige“ Angebot der Regierung anzunehmen und so eine Räumung zu verhindern – bisher erfolglos. Armee- und Grenzschutzkräfte, von welchen um die 3000 an der Räumung teilnehmen werden, wurden in den naheliegenden Basen stationiert. Laut INN wurde begonnen, zentrale Zugangsstraßen Richtung Amona abzusperren, allerdings soll der Räumungsprozess die Familien nicht im Schlaf überraschen, daher wird damit erst morgen oder unmittelbar in den nächsten Tagen gerechnet.
Etzion David aus Amona. Lebt mit Ehefrau Shira und 6 Kindern seit 1996 in der Siedlung. Foto: Niv Aharonson, Walla
Der 25.Dezember, ein Sonntag(und für die meisten von euch Lesern der 1.Weihnachtstag), wurde vom Obersten Israelischen Gerichtshof als der letzte mögliche Tag für den Abriss und die Räumung der Siedlung Amona und ihrer gesamten Bewohnerschaft von ca.40 Familien festgelegt. Bisher haben aktive Bemühungen, den Abriss der Ortschaft gänzlich zu verhindern, fehlgeschlagen. Auch ein Kompromiss zwischen den Parteien – den Bewohnern von Amona und ihrer Unterstützer innerhalb von Knesset und Regierung – und den klagenden palästinensischen Familien, repräsentiert und unterstützt von der Organisation „Yesh Din“ – konnte nicht herbeigeführt werden. Weiterhin stehen sich die zwei Seiten und ihre Unterstützer unversöhnlich gegenüber in ihrem Beklagen der aktuellen Situation rund um die Ortschaft und die aus ihrem Abriss folgenden Konsequenzen:
1 . Die Bewohner Amonas (Wortführer: Avichai Bo’aron, Familienvater aus Amona), die Anhänger der Siedlerbewegung und die das Regulierungsgesetz unterstützenden Parlamentarier klagen gegen die gezielte Herbeiführung von Vertreibung und Zerstörung einer seit 20 Jahren ansässigen Gemeinde; dem Austragen politischer Streitigkeiten auf dem Rücken individueller
Avichai Boaron, Quelle: INN
Menschen, einer politisch motivierten Eigentumsklage seitens der mutmaßlichen Besitzer, welche hauptsächlich durch die siedlungsfeindliche Organisation „Yesh Din“ geführt wird; den Mangel an juristischen Bemühungen, eine Alternativsituation für die Amona-Bewohner finden zu können/zu wollen (seitens der Regierung); die Aufgabe des Staates im Amona-Fall gegenüber einer politisierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, obschon die Förderung und Ausbau von Amona innerhalb der letzten Jahrzehnte durch den Staat selbst übernommen worden war. Ebenso fürchten sie, dass die Bestreben des Obersten Gerichtshofs sowie der sich gegen jüdische Besiedlung von Judäa und Samaria stemmenden Organisationen und Politiker mit dem Abriss von Amona einen neuen Aufschwung erhalten würden, sich auch gegen weitere jüdische Ortschaften in der Region zu wenden – solche, gegen welche Klagen wegen Verletzung des Eigentumsrechts bestehen und solche, gegen welche keine bestehen.
2 . Die Inhaber des Grundstücks (Familie Hammad/Ya’akub), die Organisation „Yesh Din“ und die gegen das Regulierungsgesetz und eine Alternativregelung stimmenden Parlamentarier klagen gegen die Verfälschung oder gar Außerkraftsetzung des Eigentumsrechts im Falle von Amona bzw. bei einer möglichen
Mitglieder der Familien Hammad (Mariam,rechts) und Ya’akub (links außen). Quelle: Yediot Ahronot
Annahme des Regulierungsgesetzes; gegen einen politisierten Vorgang seitens der Regierung und der rechten Koalition, um mehr Land in Judäa und Samaria in Besitz des Staates zu nehmen und somit eine Verfestigung der jüdisch-israelischen Präsenz in der Region zu garantieren; gegen Landenteignung, welche später zu einem Präzendenzfall in ähnlichen Fällen werden könnte; gegen die Verabschiedung eines Gesetzes bzw.juristischer Vorgänge, die Israels Ansehen in der Welt erheblich schaden und ggf.zu Klagen vor dem internationalen Gerichtshof führen könnte.
Der Entwurf des Regulierungsgesetzes, welches infolge der Affäre um Amona von den MKs Betzalel Smotritch und Shuli Mu’allem-Refaeli (Jüdisches Heim) ins Leben gerufen wurde, ist am 05.12 durch die erste Abstimmung der Knesset gekommen, trotz medienwirksamen Widerstand seitens linksgerichteter Parlamentarier und der Warnung des Rechtsberaters der Regierung, Avichai Mandelblit, er würde das Gesetz vor seiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht verteidigen können. 60 zu 49 stimmen für das Gesetz; kurzgefasst soll es durch den Staat enteignetes Land und sich darauf befindende Strukturen bei aufkommenden Eigentumsklagen von möglichen Besitzern gegen Abriss und Räumung schützen, und stattdessen Land- bzw. Geldkompensation für als solche erwiesene Besitzer erwirken.
Nun enthielt der Entwurf bei seiner letzten Abstimmung nicht mehr den Paragraphen, in welchem er Amona vor Abriss schützen sollte – obschon die Affäre selbst als Grund für die Initiative gewesen war. Vertreter der Bewohner von Amona sahen sich betrogen und für politische Zwecke verkauft und pochten in der Öffentlichkeit weiterhin darauf, keine Kompromisse seitens der Regierung
Amona. Quelle: INN
freiwillig annehmen zu wollen. Das hieße faktisch – keine Umsiedlung in temporäre Bauten auf anderem Grundstück, keine Schaffung neuer Viertel bei anderen Ortschaften wie Shvut Rachel, welche unweit von Amona liegt und deren Erweiterung die letzten Legitimierungsstadien durch die Armee durchläuft. Allerdings berichtet die Zeitung „Yedioth Ahronot“ (09.12.16), dass sich die Bewohner schon nach anderen Möglichkeiten nach dem 25.Dezember umschauen. So haben sich einige eine Wohnung im anliegenden Ort Ofra gemietet. Miriam Zachi, Fotografin und Foto-Berichterstatterin, welche auch die Affäre um Amona nachverfolgt, meinte zu mir in einem Gespräch, die Amona-Leute wüssten genau, dass sich der Kampf erübrigt habe, dass der Abriss unmittelbar bevorstehe und kämpferische Slogans diesen nicht verhindern werden können. Diese würden ohnehin von PR-Leuten und Jugendlichen nach außen getragen werden.
Neben dem Schmerz um die „nationale Sache“ und der Angst um die juristischen Konsequenzen für weitere Siedlungen, stehe auch der Schmerz um den Verlust des eigenen Heims, und das Gefühl der Enttäuschung durch die Regierung. Immer wieder war und wird dieses Argument betont – „die Regierung, der Staat, haben in uns investiert, jetzt kneifen sie vor dem Obersten Gerichtshof und lassen uns fallen.“
Die Klage der arabischen Landbesitzer wird als substanzlos angesehen. Die Einmischung von Linksaußen-NGOs wie „Yesh Din“, „Peace Now“ und ihre langjährige Agenda gegen jüdische Orte in Judäa und Samaria, verstärken den Protest gegen die Kläger, welche als Schauspieler, von den eigentlichen Protagonisten in den Topf geworfen, angesehen werden. Auch die willige Zusammenarbeit der arabischen Familien mit den NGOs gegen „die Siedler“ ist für die Siedlerbewegung in diesem Kontext zu erklären. Die Rolle des Obersten Gerichtshofs als Unterstützer der Anti-Siedlungsstrategie und seine Entscheidungskraft, welche die der demokratisch gewählten Abgeordneten und Regierung überwiegen soll – all das formt den Widerstand der Siedlerbewegung und der Unterstützer von Amona .
Was faktischen Widerstand angeht, so warnen die Anführer der Siedlerbewegung und die Einwohner von Amona vor gewalttätigen Protesten. Trotz der vielen Pressebeiträge, Poster, Ankündigungen und Warnungen anderer Art, die Räumung könnte wie in 2006 verlaufen oder schlimmer verlaufen (siehe im Beitrag hier), ist die Aussicht auf physische Gewalt gering, wird als nicht wünschenswert und sinnlos angesehen und das Credo „keine Gewalt gegen unsere Brüder“ (sprich: die Armee- und Polizeikräfte) übertönt den Ruf „Juden vertreiben keine Juden“. In diesem Sinne ist nur ein pro-forma Protest zu erwarten, welcher außer der Solidarisierung keinen größeren Zweck mehr erfüllen wird. Nachdem der Widerstand von 2005 bei der Gaza-Räumung zum größten Teil passiv gewesen ist und auf Dialog mit der Armee statt physischen Protest aufbaute und bei Amona 2006 durch Polizeigewalt niedergeschlagen worden war, scheint es, dass keine Form von Protest zu einem gewünschten Ergebnis führen kann, sobald auf politischer Ebene die Entscheidungen gefällt sind. Es sei denn…. es würden Zehntausende auf dem Amona-Hügel aufkreuzen. Das ist jedoch nicht in Aussicht.
Was erwartet uns in den nächsten Tagen?
Laut „Yedioth Ahronot“ (09.12.16) sprach sich der sich gegen das Regulierungsgesetz wendende Rechtsberater Mandelblit dennoch dafür aus, eine Anfrage für die Verschiebung der Amona-Räumung beim Obersten Gerichtshof einzureichen. Dies könnte ein weiterer Schritt sein, um Zeit zu gewinnen. Wofür? Unklar.
Das Regulierungsgesetz könnte in den kommenden Tagen und Wochen die zweite und dritte Abstimmung in der Knesset durchgehen und angenommen werden – es würde einen großen Wirbel verursachen, müsste vor dem Obersten Gerichtshof verteidigt werden, und der Ausgang davon würde unklar sein. De facto würde es den Abriss von Amona nicht verhindern, aber ihren Status als „Präzendenzfall“ und Beispiel für ähnliche Klagen mindern.
Die Räumung könnte früher als geplant angelegt werden. Das würde Chaos vor Ort verursachen, und trotz der Warnung vor physischer Gewalt dennoch zu aktivem Widerstand, zumindest seitens Jugendlicher, führen. Nur diejenigen, die vor Ort am Puls des Geschehens liegen bzw. die Entscheidungen der Armee-Organe kennen, können es genau vorhersagen.
Eine Kompromisslösung für die Bewohner kann gefunden werden, solche wie die Umsiedlung eines Teils der Bewohner auf eins im israelischen Recht als „Eigentum von nichtanwesenden/nichtexistenen Besitzern“ eingestuftes Gebiet, nahe des eigentlichen Amona-Areals. Die Bewohner könnten zustimmen, freiwillig in ein neues Viertel von Shvut Rachel umzuziehen.
Und natürlich ist immer etwas möglich, was es im Lexikon der meisten Gesetzesbücher gibt, so oder anders formuliert, nennt sich diese Situation „Eingriff durch höhere Gewalt“… Darauf hofft man entweder zuallererst oder zuallerletzt, aber mit der „höheren Gewalt“ kann man sich auch verrechnen.
aus verschiedenen Anlaessen habe ich beschlossen, fuer einige Zeit von meinen Aktivitaeten im Blog eine Pause zu nehmen, ein wenig Abstand zum Schreiben und zum Thema zu gewinnen, mich mehr meinem Studium zu widmen und mich anschliessend wieder an die Fortsetzung des Blogs zu setzen. Derweil werde ich interessante Themen sammeln, auch mit Menschen sprechen, deren Aussagen oder Erfahrungen Relevanz zum Thema haben koennen und sie fuer die Zukunft aufbewahren.
Keine Sorge ich hoere den Blog nicht auf, zu fuehren; ich sehe es momentan lediglich fuer richtig an, eine Pause einzulegen. Zudem bin ich wieder zurueck in den anstrengenden Rhythmus des Pendelns zwischen Arbeit und Studium und finde nicht die Zeit, euch regelmaessig und so, wie ich es mir vorstelle wuerde, ueber aktuelle Ereignisse zu informieren, obwohl es natuerlich genuegend Anlaesse dazu gibt. Hier eine kurze Uebersicht:
Amona
1) In der Knesset tobt ein Kampf um das Regulierungsgesetz zur Vermeidung des Abrisses der juedischen Ortschaft Amona in Binyamin statt, welche auf Ende Dezember dieses Jahres (2016) angesetzt ist und welche der Oberste Gerichtshof fest entschlossen ist, durchzufuehren – zum grossen Aerger vieler Koalitionsmitglieder und, natuerlich, der Siedlerbewegung. Die palaestinensisch-arabischen Klaeger, die auf das Grundstueck, auf welchem sich Amona befindet, Anspruch erheben, weigern sich, eine finanzielle Entschaedigung anzunehmen und fordern den kompletten Abriss der Siedlung und der Ausweisung ihrer etwa 250 Bewohner.
Amona. Quelle: INN
Das Regulierungsgesetz, welches zunaechst vom Abgeordneten Yariv Levin (Likud) vorgeschlagen und anschliessend in einer neuen Version von MK Shuli Mu’allem-Refaeli und MK Betzalel Smotritch (Juedisches Heim) uebernommen und von der Fraktion Juedisches Heim adoptiert worden war, soll mit juristischen Mitteln einen Abriss einer von einer Raeumung bedrohten Siedlung oder einzelner Haeuser in einer solchen verhindern, wenn gegen ihren Bau im Nachhinein eine Klage wegen Verletzung von Privatbesitz erhoben wird, und soll statt eines Abrisses bei dem Nachweises eines tatsaechlichen Privatbesitzes den urspruenglichen Besitzer finanziell entschaedigen (bis zu 125% des Ursprungswertes) oder diesem ein entsprechendes Stueck Land an einer anderen Stelle anbieten, diesem allerdings das Recht, das betroffene Grundstueck zu nutzen und den Abriss der vorhandenen Strukturen, zu fordern, nehmen.
Am 14.November wurde ueber den Entwurf des Regulierungsgesetzes entsprechend dem Prozedere durch den Regierungsausschuss abgestimmt und dieser wurde einstimmig (durch alle sieben Minister des Ausschusses) angenommen und zur Vorabstimmung der Knesset weitergeleitet. Der Justizberater der Regierung sowie Verteidigungsminister Liebermann wandten sich gegen den Entwurf, weil dieser gegen ein aktuell gueltiges Gesetz verstossen und dieses kippen wuerde.
Am 16. November wurde die Vorabstimmung, die erste der insgesamt vier notwendigen Abstimmung vor der Verabschiedung eines Gesetzes, im Plenarsaal abgehalten und der Entwurf in seinen drei Teilen angenommen (erster Teil – 58 zu 50, zweiter – 57 zu 52, dritter- 58 zu 51, Quelle: Knesset.gov.il). Im weiteren Verlauf soll das Knessetkommittee entscheiden, in welchem Ausschuss der Entwurf weiter bearbeitet wird. Die Abstimmung selbst wurde von stuermischen Diskussionen begleitet und ging tagelang durch die saemtliche israelische Presse.
Vorgeschichte: Amona wurde zu Beginn als archaeologische Staette im Jahr 1995 auf einem Huegel weiter der Ortschaft Ofra im Binyamin-Gebiet errichtet. Im Jahr darauf, 1996 (Amtsjahr von Premierminister Netanyahu) wurden die ersten Wohncontainer auf den Huegel gebracht. Erste Einwohner bezogen die Wohncontainer – zumeist junge Maenner und Familien ohne oder mit kleinen Kindern. Der Ausbau von Amona, die erste Infrastruktur, Verbindungsstrassen und der Erwerb weiterer Wohncontainer (Karavane) wurden mehrheitlich von der israelischen Regierung durchgefuehrt. Im Laufe dieser Zeit wandten sich mehrere linksgerichtete NGOs wie „Shalom Achshav/Peace Now“ mit Klagen an den Obersten Gerichtshof und dem Aufruf, den Aussenposten, welcher auch als ein neues Wohnviertel der Siedlung Ofra gehandhabt wurde, zu raeumen. Die Einwohner von Amona und die Vorsitzenden der Regionalversammlung von Judaea und Samaria wurden ueber Jahre hinweg zu Prozessen gegen den Ausbau der Ortschaft hinzugezogen. Ab dem Jahr 2000 kamen verstaerkt Klagen auf, welche auf einen moeglichen Landraub eines Privatbesitzes pochten. Diese fuehrten linksgerichtete, anti-Siedlungsbau-NGOs wie „Shalom Achshav“ und „Yesh Din“, im Namen von palaestinensischen Klaegern, welche das Grundstueck fuer sich beanspruchten. Mehrere Male wurde ein Baustopp verhaengt, dennoch wurden die ersten festen Bauten im Jahr 2005 errichtet.
Anfang des Jahres wurden im Zuge der politischen Vorgaenge nach der Gaza-Raeumung 2005 10 Haeuser in Amona zerstoert und fuehrten zu einer gewalttaetigen Auseinandersetzung bei der
Amona in 2006. Quelle: Natan Dvir
Raeumung selbst zwischen Bewohnern, Protestierenden und der Grenzschutzpolizei. Der sich dort aufgebaute Widerstand gegen den Abriss schlug fehl, brachte aber zahlreiche Opfer mit sich – dutzende Verletzte, offene Polizeitgewalt und traumatisierte Jugendliche waren das Ergebnis dieser Aktion und hallten noch lange in der Presse und innerhalb der nationalreligioesen Gemeinschaft nach.
Im Jahr 2014 legte der Oberste Gerichtshof in einem Beschluss fest, dass Amona innerhalb vom 2 Jahren abgerissen werden sollte, aufgrund von mangelnden Nachweisen des Grundbesitzes seitens der Bewohner von Amona, nachdem deren Klage, das Land sei rechtmaessig von arabischen Landbesitzern erworben worden bzw.teilweise nicht von solchen besessen worden sein, nicht stattgegeben worden war. Dieser Beschluss wurde von hochrangigen Politikern, so dem Knessetsprecher MK Yuli (Yoel) Edelstein. Im letzten Jahr betreiben die Unterstuetzer von Amona eine grossangelegte Pressekampagne, die sich allerdings sehr auf die nationalreligioese Gesellschaftsgruppe ausrichtet, um Unterstuetzung fuer den Protest gegen die Raeumung zu erwirken. Es besteht die Angst innerhalb der Siedlerbewegung, dass, sollte der Abriss durchgefuehrt werden, er eine Tuer zu weiteren Klagen gegen ehemals von der israelischen Regierung selbst gefoerderten Ortschaften oeffnen und somit tausende von Haeusern und ihren Bewohnern vor ein Abrissrisiko stellen.
Das Regulierungsgesetz und die Zustimmung fuer den Entwurf in der Vorabstimmung in der Knesset wird in der israelischen Gesellschaft sehr kontrovers aufgenommen, soll es doch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs umgehen koennen, sollte eine Siedlung vom Abriss bedroht sein. Einige Politiker fordern, dass der Paragraph, welcher sich speziell auf Amona konzentriert, aus dem Gesetzesentwurf weggelassen wird. (Quellen: Ynet, Channel 2, Makor Rishon, Mako) Nach oben
Davidi Perl
2) Der Vorsitzende der Regionalverwaltung von Gush Etzion, Davidi Perl, hat sein Amt Anfang des Monats niedergelegt. Seinen
Davidi Perl. Quelle: INN
Entschluss traf er, nachdem publik geworden war, dass er einer Frau Schweigegeld gezahlt hatte, damit diese keine Klage gegen ihn wegen mutmasslicher sexueller Belaestigung erheben moege. Die Affaere wurde vom Journalisten des Channel 10, Roy Sharon aufgedeckt, nachdem die Angelegenheit intern zwischen Perl, der besagten Betroffenen und einem fuer ethische Fragen zustaendigen religioesen Forum (Takana) abgewickelt worden war, im Zuge dessen Perl dazu verpflichtet wurde, 200.000 Shekel an die Frau zu zahlen. Die Frau zog die Klage aus dem Forum zurueck und verzichtete auf eine Veroeffentlichung und Davidi Perl seinerseits verpflichtete sich, kein zweites Mal bei den naechsten Bezirkswahlen fuer das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren. Die Berechtigung, den Streit im Rahmen einer Unterredung und einer Kompromissfindung beizulegen, erhielt das Forum „Takana“ nach einer Nachfrage dieses vom Justizbeauftragten der Regierung erteilt, nachdem die Betroffene sich selbst an das Forum gewandt hatte, um einer Intervention der Polizei und somit einer moeglichen Preisgebung ihrer Identitaet zu entgehen. Davidi Perl selbst weigerte sich mehrmals, an den Vorladungen des Forums teilzunehmen und musste, so berichtete Roy Sharon, durch mehrere Geistliche aus der nationalreligioesen Sphaere unter Druck gesetzt werden, um zu den Unterredungen zu erscheinen.
Nach der Veroeffentlung der Affaere bei Channel 10 kam es zu einem Aufruhr innerhalb der Bewohner von Gush Etzion und eine Untersuchung eines Bezirkskommittees wurde gefordert, um festzustellen, ob Perl sich weiterhin als Vorsitzender eignete. Der Beschluss nach der entsprechenden Ueberpruefung fiel positiv aus und wurde auch so der Oeffentlichkeit mitgeteilt, allerdings entschied sich Davidi Perl selbst einige Wochen spaeter, sein Amt freiwillig niederzulegen und es bis zu den naechsten Wahlen seinem Stellvertreter, Moshe Savil, zu ueberlassen. Davidi Perl hatte von 2012 bis 2016 als Vorsitzender der Regionalverwaltung Gush Etzion gedient und zu einer erheblichen Entwicklung der Infrastruktur und sozialer Angebote im Gush Etzion-Gebiet West und Ost beigetragen. (Quellen: Channel 10, NRG, Nana, Ha’aretz, Mako)
Josefsgrab
3) Anfang dieses Monats (08.11) berichteten die Israel National News ueber eine Nachtaktion am Josefsgrab, einer juedischen heiligen Staette, welche innerhalb des Stadtgebietes der Stadt
Josefsgrab. Quelle: Regionalverwaltung Samaria
Nablus/Shchem liegt, in welcher in Zusammenarbeit mit der Regionalverwaltung Samaria, der Samaria-Division der IDF und lokalen juedischen Arbeitern die vor einem Jahr begonnenen Restaurierungsarbeiten beendet werden konnten. Das Grab, welches bei Absprache mit der israelischen Armee von juedischen Glaeubigen nur unter hohen Sicherheitsmassnahmen besucht werden kann, wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte, mehrmals von palaestinensischen Vandalierern angegriffen, beschaedigt und auch angezuendet – so wie vor etwa einem Jahr, als ich hier darueber berichtet habe. Im Nobember 2015 beschloss die Regionalverwaltung Samaria unter Yossi Dagan, die Reparaturarbeiten zur Wiederherstellung der heiligen Staette zu beginnen; diese konnten allerdings aufgrund der angespannten Sicherheitssituation im letzten Jahr nicht fortgesetzt werden. Nun wurde in diesem November das Grab wieder instand gesetzt. Mehrere dutzend religioese juedische Gruppen statteten dem Grab in den letzten Wochen und Monaten einen Besuch ab und beteten an der Staette, welche entsprechend der juedischen Tradition und nach der Meinung einiger Archaeologen als die Grabstaette von Josef, dem Urenkel des Stammvaters Avraham, gilt.
Josefsgrab. Quelle: Regionalverwaltung Samaria
Die historische Stätte, früher am Rand der Stadt Shchem/Nablus in Samaria gelegen, befindet sich heute im Herzen dieser und hat im Laufe der Neuzeit viele Wandel erlebt, vor allem aber gilt sie als heiß umkämpft und kann zu Recht als einer der bitteren Streitpunkte zwischen religiösen Juden, den Nabluser Arabern und der Palästinensischen Autonomiebehörde gelten. Das Josefsgrab ist laut archäologischen Befunden und Meinungen mehrere Jahrtausende alt; seine Existenz bei Shchem wurde sowohl in der Tora und den nachfolgenden Schriften festgelegt, als auch in den Berichten verschiedener mittelalterlicher Reisender erwähnt. In der
Josefsgrab. Quelle: Regionalverwaltung Samaria
Tora wird der Kauf eines Landstuecks bei Shchem von den lokalen Bewohnern durch Jakov, dem Vater Josefs, im 1.Buch Moses, Kap.33 erwaehnt; von der Bestattung Josefs nach dem Auszug der Nachkommen Jakovs aus Aegypten auf demselben Landstueck wird im Jehoshu’a-Buch, Kap.24, berichtet.
Nach den Osloer Abkommen 1993 und 1994 wurde der Zugang fuer Israelis zur Grabstaette enorm erschwert und war mit grossem Sicherheitsrisiko verbunden. Unweit des Grabs befindet sich heute das als Fluechtlingslager und kriminelle Brutstaette bekannte Viertel Balata, in und um welches es regelmaessig blutige Auseinandersetzungen zwischen seinen Bewohnern und der israelischen Armee gegeben hat. Das Josefsgrab litt im Laufe der Jahre unter schweren Vandalismusattacken durch Palaestinenser aus Nablus und Kaempfen zwischen Militanten und israelischen Armeekraeften, bis hin zum Brand wie im Jahr 2015. (Quellen: Regionalverwaltung Samaria, INN)
Soweit die aktuellsten und wichtigsten Nachrichten, die ich euch mitteilen wollte.
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Es ist der Vorabend des Feiertags Yom Kippur, dem „Tag der Vergebung und der Rückkehr“, dem höchsten jüdischen Feiertag. Draußen wird es immer früher dunkel, die Luft wird abends erheblich kühler und auch die Sonne ist nicht mehr so heiß tagsüber. Die Wäsche braucht länger zum Trocknen, der Tau nachts wird immer eindringlicher; schon bald werden starke Winde über die Hügel fegen und auch der erste Regenfall ist nicht weit – das Laubhüttenfest wird schon in der nächsten Woche gefeiert und dann fallen auch üblicherweise die ersten Tropfen. Wieso auch nicht, es ist schließlich schon Anfang Oktober, und die Bergregionen von Judäa und Samaria zeichnen sich aus durch einer Bergregion übliches Wetter. Hier wird man vergeblich nach stickig-feuchter Luft oder Windstille suchen. Wer Winter erleben möchte, fährt in den Norden oder nach Judäa und Samaria.
In den letzten Wochen liegen aber nicht nur die kühlen Vorboten des Winters in der Luft, sondern auch verschiedene Neuigkeiten und Veränderungen in unserer Realität, in Judäa und Samaria, und darüber hinaus. Leider bin ich nicht dazu gekommen, über diese ausführlich zu berichten, aber zumindest kann ich einige von ihnen jetzt erwähnen.
Was haben wir also Interessantes zu vermelden? Die Themen habe ich nach Sozial-Regionales, Politisches und Mediales aus Deutschland gegliedert. Einfach zum gewünschten Thema herunterscrollen.
Sozial-Regionales:
Einweihung des neuen Einkaufszentrums, mit Knessetsprecher Yuli Edelstein und Abgeordnete Shuli Mu’alem-Refaeli (2. und 1.v.r). Foto: Regionalverwaltung
Ein neues Einkaufszentrum ist seit diesem August/September für die Einwohner von Gush Etzion offen. Ein zweistöckiges Glasgebäude, nach moderner Art konstruiert. Es beherbergt bis jetzt das populäre israelische Café „Greg“, den Supermarkt
Das Einkaufszentrum. Foto: Gush Etzion Tourism
Shufersal und einige Süßwaren- und Kleiderläden, ebenso eine Filiale der Hausrat- und Designkette FOX.Im Laufe der Zeit werden weitere Filialen ihren Platz im Einkaufszentrum finden. Das Zentrum grenzt direkt an den großen „Rami Levy“-Supermarkt, über den ich schon viel berichtet habe.
Die Regionalverwaltung von Gush Etzion arbeitet daran, die Lebensqualität der Einwohner von Gush Etzion West und Ost zu verbessern, die in manchen Dingen dringenden Verbesserungsbedarf hat. So wurde erst vor einiger Zeit der Bau
Antenne wird in Ost-Gush Etzion aufgestellt. Foto: Regionalverwaltung
von zwei Ampeln auf der Autobahn 60 bei der Einfahrt nach Neve Daniel und Elazar genehmigt. An beiden Einfahrtsstraßen fanden regelmäßig leichte und schwere Unfälle statt, einer davon geschah im letzten Jahr, bei welchem ein Ehepaar umgekommen war. Seitdem wird auf der Autobahn nachtsüber gearbeitet. Bei Elazar steht die Ampel schon, bei Neve Daniel wird noch an der Straße gebaut. Auch andere Verbesserungen wie das Aufstellen einer Cellcom-Antenne für besseren Mobilfunkempfang im Osten von Gush Etzion, nahe der Judäischen Wüste, wurden vorgenommen. Ansonsten werden kleinere Ortschaften wie Ma’ale Amos, Meytzad (über die ich noch nichts berichtet habe, so fernab liegen sie selbst von meinem Bewusstsein!) ausgebaut, was Kindergartenplätze und Infrastruktur angeht. Im letzten Jahr konnte man viel Entwicklung in diesen Ortschaften vernehmen.
Das jüdische Neujahr – Rosh Hashana – wurde schon gefeiert (03/04.10.16). Es führte zehntausende von religiösen Jüdinnen und Juden in Judäa und Samaria in die kleinen und großen Synagogen in den verschiedenen Gemeinden. Ein Großaufgebot von festlich gekleideten Bewohnern konnte man auch bei mir in Alon Shevut in den insgesamt 5 größeren Synagogen finden. Zwei Tage dauerte das Fest, welches aus rituellen Mahlzeiten, festlichem Gebet (meist inklusive Gesang) und Familientreffen verbracht wird. Den Monat vor Neujahr hindurch fanden in den sefardischen Gemeinden die sogenannten Mitternachts-Bußgebete statt (Selichot), an welchen Bitten um Vergebung und Unterstützung von Gott vorgebetet wurden, mit traditionellen Melodien, welche wie jedes Jahr auch nichtorientalische Gläubige anzogen. Eine Woche vor Neujahr begannen auch die europäisch-ashkenasischen Gemeinden mit den Bußgebeten. Diese fanden kurz nach Mitternacht statt und dauerten etwa eine
Der neue Synagogenkomplex in Alon Shevut. Foto: Jonas Opperskalski/laif
Stunde. Die nächtlichen Aktivitäten in den Synagogen haben ihren besonderen Charme zu dieser Jahreszeit; Heißwasserkocher, Kaffee und Gebäck, das für die Anwesenden liebevoll bereitgestellt wird; Männer und Frauen, Mädchen und Jungen in Pullovern und Schals, die sich leise um die Teebecher scharen und sich in den Gebetsräumen verteilen; die dutzenden von Autos, die auch auf Besucher von außerhalb zeigen, welche um etwa halb zwei nachts sich plötzlich in Bewegung setzen, weil die Gebete geendet haben; und der meist wolkenlose Himmel, mit Sternen übersät. – Die Bußgebete werden noch heute abend gelesen und nach dem Fastentag der Vergebung (Yom Kippur) nicht mehr. Dann kehren die Bräuche erst im nächsten Jahr wieder.
Am 15.September fand eine Konferenz zum Thema „Menschenrechte in Gush Etzion“ statt, veranstaltet von der Organisation „Blue and White Human Rights“ und der Feldschule Kfar Etzion. (Ich bekenne mich schuldig, ich habe darüber nicht berichtet, da ich kaum mitgeschrieben habe und die Aufnahmen erst vor einigen Tagen auf Youtube veröffentlicht worden sind). Diese Konferenz wurde vom Direktor der Feldschule, Jaron Rozenthal, initiiert und mit Teilnehmern und Rednern wie Hadassa Fruman, der Witwe und Fortführerin des Friedensaktivisten und Rabbiners Menachem Fruman aus Teko’a, dem Direktor der NGO „Peace Now“ Yariv Oppenheimer, Aktivisten von „Blue and White Human Rights“ und anderen gefüllt. Die Konferenz sollte die Situation zwischen der lokalen jüdischen und arabischen Bevölkerung ansprechen und vor allem die Nöte der arabischen Bevölkerung aufzeichnen, auf welche es seitens der Israelis in Gush Etzion einzugehen sei. Es wurde über den Protest von „Siedlern“ gegen die Sicherheits- bzw.Trennmauer bei Efrat und dem arabischen Dorf Battir gesprochen, dem sich vor allem Rozenthal selbst sehr widersetzt hatte – gemeinsam mit den arabischen Bewohnern der Region. Herangehensweisen an die Verbesserung von Menschenrechten wurden besprochen, welche Rolle dabei Israel spielen und welche Verantwortung übernehmen sollte – auch im Bezug darauf, dass die Siedlerbewegung eine Zweistaatenlösung als solche ablehnt.
Die Organisation für Verständigung zwischen lokalen jüdischen Bewohnern und palästinensischen Arabern, „Roots/Shorashim/Judur“ („Wurzeln“), welche von Aktivisten wie dem aus Alon Shvut stammenden Rabbiner Hanan Schlesinger und Ali Abu Awwad aus Bet ‚Ummar geführt wird, hatte ebenso Aktivitäten zu vermelden – zahlreiche Touristengruppen besuchten die kleine Anlage am Rande von Alon Shevut, die eigentlich ein Landstück der Abu Awwad-Familie ist, aber auch gleichzeitig als Begegnungszentrum gilt. Treffen mit lokalen Rabbinern fanden statt und auch Informationsvorträge – so über die Bedeutung von Jerusalem im Islam und über verschiedene Strömungen im Judentum – beide jeweils auf Hebräisch und Arabisch.
Über denVorsitzenden der Regionalverwaltung von Gush Etzion, Davidi Perl, wurde berichtet, er sei in eine unangenehme Angelegenheit zwischen ihm und einer Unbekannten (zumindest weiß ich nicht genau, wer es ist) verwickelt, und es soll der Verdacht auf sexuelle Belästigung aufgekommen sein. Ebenso wurde in einigen regionalen Zeitungen veröffentlicht, dass Perl der betreffenden Person ein Schweigegeld gezahlt habe, damit diese die Information nicht nach außen trage. Einige Regionalblätter berichteten darüber, Perl selbst äußerte sich in einem kurzen Erklärungsbrief knapp zu der Affäre, wies die Anschuldigungen von sich und bat darum, ihm die Chance zu gewähren, seine Unschuld zu beweisen, und pochte gleichzeitig auch auf sein Recht auf Schweigen. Eine für diese Angelegenheit zusammengerufene Kommission aus den Regionalbeauftragten in Gush Etzion nahm sich des Themas an, kontaktierte (so INN) ebenso den Justizberater der Regierung mit der Nachfrage, wie in diesem Fall vorzugehen sei, beschloss aber nach eigenen Untersuchungen, dass es sich im Fall von Perl bei Aussage gegen Aussage handle und sonst keine Beweise bereitliegen. Demnach dürfte Davidi Perl bis auf Weiteres als Vorsitzender fungieren, bis neue Ergebnisse bekannt sein würden.
Politisches:
Es gab im Laufe des letzten Monats mehrere versuchte und gelungene gewalttätige Attacken auf Soldaten und Polizisten in ganz Judäa und Samaria – von jungen arabischen Männern und auch Frauen, ebenso versuchte Attentate auf Zivilisten, die allerdings im Nichts verlaufen sind – bzw.für die Täter tödlich endeten – so wie am 16.September, als ein Attentäterpaar, beide relativ jung, ein Auto in eine Gruppe wartender Jugendlicher an der Haltestelle bei der Ausfahrt nach Kiryat Arba lenkten. Die Jugendlichen wurden nicht verletzt, die Soldaten vor Ort erschossen die beiden. Im Internet kamen Gerüchte auf, es handle sich dabei um ein Liebespaar, das offenbar nicht zusammen sein durfte und deshalb beschloss, zusammen ein Attentat zu verüben. Ich kann die Gerüchte nicht bestätigen; es soll allerdings nicht das erste Mal sein, dass ein Beziehungsdrama den Hintergrund für ein Attentat bietet. Im hebräischsprachigen Netz wurde das mit dem üblichen schwarzen Humor aufgenommen und der Begriff „Attentat mit romantischem Hintergrund“ wurde recht populär.
Die nächstgrößte Gefahr für das Siedlungsprojekt und die Bewohner von Judäa und Samaria ist die bevorstehende Räumung und Zerstörung der etwa 40 Familien starken Siedlung Amona in Binyamin, nahe der Gemeinde Ofra. Amona wurde auf negative Weise berühmt, als im Winter 2005-2006 ein Teil der Häuser zerstört werden sollte im Zuge der Massenräumungen von Ariel Sharon im Gazastreifen und Samaria. Der sich dort aufgebaute Widerstand gegen die Räumung schlug fehl, brachte aber zahlreiche Opfer mit sich – dutzende Verletzte, offene Polizeitgewalt und traumatisierte Jugendliche waren das Ergebnis dieser Aktion und hallten noch
Amona in 2006. Quelle: Natan Dvir
lange in der Presse und im Bewusstsein der Betroffenen nach. Nun soll Amona, das seitdem ausgeweitet worden war, diesmal ganz von dem Land, worauf es sitzt verschwinden, und zwar durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, welcher den Forderungen der offensichtlichen ehemaligen Landbesitzer, einer palästinensisch-arabischen Familie, vonstatten gegeben hat. Die Regierung, darunter zahlreiche Minister und Abgeordnete aus der Likud-Partei und anderen, forderten eine Aufgabe des Räumungsplanes und eine juristische Abwicklung, die der Vertreibung der Einwohner entgegenwirken und die Landbesitzer kompensieren soll. Einwohner von Amona behaupten, die Regierung ließe sie im Stich, nachdem sie sich selbst für die Förderung und den Ausbau der Siedlung gesorgt hatte und sie nun dem Gerichtshof „zum
Amona. Quelle: INN
Fraß“ vorwerfe. Andere Vorschläge, wie die Übersiedelung der Amona-Einwohner in neue Häuser nahe der Siedlungen Shiloh und Shevut Rachel (s.unten) lehnen diese ab. Die Landbesitzer (bei denen ebenso die Frage besteht, weshalb sie sich erst jetzt um ihr Land anfingen, Sorgen zu machen, und welche treibende Kraft dahinterstecke) weigern sich, Kompensation anzunehmen. In der Siedlerbewegung fürchtet man, die Zerstörung von Amona würde zu einer Welle solcher Räumungen von anderen, nicht vom Staat authorisierten Bauten in ganz Judäa und Samaria führen, so beispielsweise in der Ortschaft Ofra. Über Ofra und ihre Problematik habe ich hier berichtet. Es ist ein schmerzhaftes Thema und es ist bei Weitem nicht klar, wieviel Unterstützung von der Obrigkeit Amona erhalten wird, sollten die Bagger und die Grenzschutzpolizisten im Dezember dieses Jahres tatsächlich vor den Häusern der Bewohner auftauchen – die Räumung ist auf Dezember 2016 angesetzt. Ich werde noch asuführlicher darüber berichten.
Aus den USA hört man trotz der letzten Atemzüge von Barak Obama als US-Präsident immer wieder Verurteilungen und Entrüstungen zu diesen oder anderen Siedlungsplänen. Die neuesten Proteste des Weißen Hauses und des Außenministeriums richten sich gegen die Befürwortung der
Amona, Ofra, Shiloh, Netiv Avot auf der Karte
Initative von Premier Netanyahu durch den Obersten Gerichtshof, mit dem Bau von bis zu 98 neuen Wohneinheiten nahe der Ortschaft Shiloh in Binyamin-Samaria (am Fuße der alten Tempelstadt Shiloh) zu beginnen, als Teil eines großangelegten Projekts von insgesamt 300 Einheiten. Die neuen Wohneinheiten garantieren sowohl eine Erweiterung der daneben gelegenen Siedlung Shevut Rachel (liegt bei Shiloh), sondern auch Ersatzwohnmöglichkeiten für die Einwohner von Amona (s.oben), sollten keine politischen und juristischen Mittel helfen, um den Abriss der Siedlung zu verhindern. Die Einwohner von Amona weigern sich, diesen Plan anzunehmen, der Bau ist jedoch schon genehmigt worden. Die Sprecher der Weißen Hauses und der Außenministeriums lieferten beide längere entrüstete Reden ab, in welchen sie von einem Treuebruch sprachen, sich auf die militärische und finanzielle Unterstützung von Israel bezogen, der gegenüber Israel „undankbarerweise“ sich einem Baustopp nicht beuge und holten sogar den verstorbenen Shimon Peres aus dem Grab auf die Bühne mit der Behauptung, Israel würde den „Nachlass“ von Shimon Peres nicht achten und durch den Siedlungsbau eine friedliche Lösung mit den Palästinensern verhindern. Nichts neues also, aber immer wieder wichtig zu hören, wie sehr die Zweistaatenlösung trotz ihres absoluten Fehlschlags auf beiden Seiten noch immer in den Köpfen der internationalen Gemeinschaft festhängt. Nach Aussage des Vorsitzenden des Judäa und Samaria-Konzils Avi Roeh liegt das Wohnprojekt schon länger auf dem Tisch der Zivilverwaltung und wurde lange vor Amona ins Leben gerufen, jedoch erst in den letzten Monaten von der Regierung angegangen – wegen des Drucks der bevorstehenden Räumung. (Links: Jerusalem Post, Forward)
Auch an Elazar ist die Jagd auf illegale Gebäude nicht vorangegangen. Das vom Staat nicht authorisierte Viertel „Netiv Avot“, welches sich direkt am Wanderweg „Patriarchenweg“ befindet, der Alon Shvut, Elazar und Neve Daniel im Gush Etzion verbindet, hat nun mit der Anklage zu kämpfen, 17 der sich dort befindenden Häuser seien auf Privatland errichtet worden und sollen bis März 2018 zerstört werden. Der Oberste Gerichtshof hat diesen Fall dank der Arbeit der Linksaußen-NGO „Peace Now“ aufgerollt, und es gibt auch schon einen vermutlichen Besitzer dieses Landes, auf welchem die Gebäude stehen sollen. Ich konnte dem Fall noch nicht genau angehen; Bekannte von mir
Straße in Netiv Avot. Quelle: Ynet
aus der Organisation „Roots“ (s.oben) kennen den angeblichen Besitzer und bestätigen seine Ausführungen, die Regionalverwaltung und andere Aktivisten dagegen widersprechen dieser Behauptung und versuchen, „die neblige Wolke, welche über dem Schicksal der Gebäude in Netiv Avot“ hängt (Wortlaut eines Newsletters der Regionalverwaltung) abzuwenden. Das soll über juristische Mittel gehen, und die Regierung hätte dies dem Obersten Gerichtshof als Empfehlung gegeben, doch dieser hätte sie „aus politischen Motiven“ abgelehnt. Nicht zum ersten Mal übrigens, dass aus dem Verhalten des Obersten Gerichtshofs eine deutliche politische Agenda heraussticht. Wie dem auch sei, um genau den Fall zu untersuchen und mehr darüber zu berichten, werde ich mir beide Seiten anhören und mehr darüber recherchieren – und euch natürlich auf dem Laufenden halten. (Link: Ynet)
Rezensionen und den Kommentaren unter meiner Annonce dazu herauslesen lässt, so erwartet mich nichts Gutes dabei. Ich werde es mir dennoch anschauen und den Film auseinandernehmen, so gut ich kann. Auch wenn es schon im Verzug ist, die Aspekte, die dort erwähnt werden und auf die ich eingehen muss, sind „zeitlos“ und wichtig für das Verständnis der Lage.
Mehr als das konnte ich im Bezug auf die übliche „Siedlerproblematik“ in den deutschen Medien nicht ausmachen, und was die früheren Themen angeht, so habe ich sie schon in älteren Beiträgen erwähnt.
Soviel zu den Neuigkeiten. Weiter ausführlicher wird es in den nächsten Beiträgen weitergehen, mit neuen Themen und Ausführungen, Neuigkeiten aus jedem Spektrum unseres Lebens.
Zeit für einige aktuelle Nachrichten aus der Welt der Siedler.
Ma’ale Adumim:
Quelle: INN
Etwa sieben Kilometer nordöstlich von Jerusalem liegt die Stadt Ma’ale Adumim, an der Autobahn 1 Richtung Totes Meer und Jordantal. Die Stadt existierte seit 1975 formell als Siedlung von 1975 bis 1991, im Jahr 1991 wurde ihr der Status einer Stadt verliehen. Die Anzahl der Einwohner (Stand: 2014) beträgt um die 38,000. Bekannt ist Ma’ale Adumim für seine
Hier liegt Ma’ale Adumim
Nähe zu Jerusalem und den regen Betrieb des Industriegebietes, in welchem bis vor Kurzem noch (2015) die berühmte Fabrik von „SodaStream“ gestanden hat, und u.a. durch internationalen Druck und Verleumdungskampagnen seitens der Boykottorganisation BDS ihren Sitz aus Ma’ale Adumim in den Negev verlegt hat.
Quelle: Maveze.co.il
Ma’ale Adumim ist im Bewusstsein der meisten Israelis, erst recht der Einwohner des Umkreises von Jerusalem, als eine Art entfernter Vorort der Hauptstadt verankert, ebenso wie die im Norden gelegene Siedlung Givat Ze’ev und der in Richtung Tel Aviv gelegene Ort Mevasseret Zion. Es ist ein beliebter Ort für Sparer, welche ihren Arbeitsplatz in Jerusalem haben, sich aber ein dauerhaftes Wohnen in der Hauptstadt nicht leisten können. Die Infrastruktur von Ma’ale Adumim ist vollständig entwickelt, neue Buslinien führen direkt in die Stadt und eine Fahrt dauert im Schnitt 15-20 Minuten. Das Klima von Ma’ale Adumim ist wärmer als in Jerusalem, liegt es doch am Rande der Judäischen Wüste und nur 450 Meter über dem Meeresspiegel. Die Bevölkerung der Stadt ist vielfältig, es handelt sich oftmals um Jerusalemer verschiedener Schichten, welche in die Stadt umgezogen sind, ein großer Prozentteil der Bevölkerung ist säkular.
Seit Längerem werden in der Knesset und der Gesellschaft Diskussionen darüber geführt, ob es nicht gerechtfertigt wäre, das Gebiet von Ma’ale Adumim als offiziellen Vorort von Jerusalem anzuerkennen und demnach zum Staatsgebiet von Israel zurechnen zu lassen – sprich, offiziell unter israelische Souveränität zu stellen. Als ersten Schritt sollte dafür das israelische Gesetz für die Einwohner der Stadt gültig gemacht werden – etwas, das auch in größeren Orten wie Ma’ale Adumim auf der anderen Seite der „Grünen Linie“ bisher nicht möglich ist, da sie wie andere Siedlungen in Judäa und Samaria unter dem Zivilgesetz im Rahmen der Militärverwaltung der Gebiete stehen. Dies bringt Benachteiligungen für die Bewohner von Ma’ale Adumim und anderen Orten mit sich, wie im Landerwerbs-, Bau- und Arbeitsrecht. Diese Initiative unterstützen offen die Minister Ayelet Shaked und Naftali Bennett (Ha’aretz), welche allerdings rechtlich noch keine Annektierung bedeuten würde.
Während der Verhandlungen um die Erweiterung der Koalition mit der Einsetzung von früherem Außenminister Avigdor Liebermann als neuen Verteidigungsminister wurde ein neuer Gesetzesentwurf innerhalb der „Land Israel“-Lobby der Knesset unter der Leitung von Knessetabgeordnetem Yoav Kisch (Likud) und Betzalel Smotritch (Habait Hyehudi) ausgearbeitet und pünktlich zur Vereidigung Liebermanns vorgestellt: die vollständige Eingliederung von Ma’ale Adumim in die offiziellen Grenzen des Staates Israel. Beide Knessetabgeordnete erklärten vor laufenden Kameras, diesen Gesetzesentwurf im Laufe der Sommerzeitperiode der Knesset voranbringen zu wollen, auch im Angesicht der neuesten Erklärungen von Premierminister Netanyahu und Liebermann nach seiner Vereidigung, einem Teilungsplan und der Errichtung eines palästinensischen Staates zustimmen zu wollen. Laut einer Umfrage, welche im Auftrag der Lobby durchgeführt worden war, zeigten die Ergebnisse, dass 78% der israelischen Bevölkerung einer Eingliederung von Ma’ale Adumim zustimmen würden, ganze 88% würden sich die Gültigkeit des israelischen Gesetzes für die Einwohner der Stadt wünschen.
Die Siedlung Amona wurde im Jahr 1995 neben einer archäologischen Stätte und nach dem Aufbau eines archäologischen Campus vor Ort gegründet. Es liegt auf den Bergen überhalb der Siedlung Ofra (etwa 20 Minuten-halbe Stunde nördlich von Jerusalem) auf etwa 940 Metern Höhe. Heute leben in der Siedlung 40 Familien, teils in Wohncontainern, teils in festern Häusern. Die Siedlung ist über die Verbindungsstraße von Ofra aus zu erreichen.
Die Familie Nazri aus Amona, NRG
Im Laufe der Jahre ab 2000 begannen die Schwierigkeiten für die Bewohner von Amona, als verschiedene links ausgerichtete anti-Siedlungs-Organisationen und Aktivisten, allen voran „Peace Now“, gegen einzelne Häuser und die Erweiterung der Siedlung Anträge bei dem Obersten Gerichtshof einlegten. Staatliche Institutionen begannen mit der Prüfung der Bautätigkeiten und befanden diese für illegal, stoppten daher mehrfach Bauerweiterungen, was allerdings die Bewohner nicht davon abhielt, weitere Häuser zu bauen und zu besiedeln. Weitere Anträge seitens der Organisationen beinhalteten Forderungen einzelner palästinensischer Araber, welche behaupteten, Teile der Siedlung würden auf Privatland erbaut worden sein. Der Oberste Gerichtshof befasste sich mit Amona über die Jahre hinweg bis 2005, wobei die Verwaltung Amonas sich mehrfach gegen die Anträge wandte und ihrerseits behauptete, das Gebiet sei rechtlich erworben, nur würde die offizielle Einschreibung der Ländereien als Prozedur nicht korrekt erfolgt sein. Im Zuge der Ausarbeitung des Abzugsplans aus dem Gazastreifen in 2004 und 2005 legte der Oberste Gerichtshof fest, die betroffenen Häuser nicht vor dem Abzug zu zerstören. Bis Januar 2006 wurde über einen Abriss bzw. andere Lösungen und die Anträge der Organisationen verhandelt, schließlich wurde die Räumung und Zerstörung von 9 Häusern im nachfolgenden Monat durchgeführt.
Quelle: Natan Dvir
Der Widerstand gegen die Räumung der Häuser im Februar 2006 ließ sich im Bewusstsein der jüdischen Gemeinschaft von Judäa und Samaria als ein Trauma nieder und auch im Rest Israels erntete die Vorgehensweise der Räumungskräfte, allen voran der Spezialkräfte der israelischen Polizei, vielfache Kritik. Am Räumungstag waren tausende Demonstranten, Männer und Frauen, darunter zahlreiche Jugendliche, vor Ort, verbarrikadierten sich in den Häusern und auf den Dächern und füllten die Fläche. Zur Räumung wurden ebenso mehrere Tausend Polizisten ausgesandt, welche, auf Pferden und
Quelle: NRG
mit Schlagstöcken bewaffnet, gegen die aufgebrachte Menge vorgingen. Der Widerstand war gewalttätig; brennende Reifen wurden als Barrikaden genutzt, Steinblöcke gegen die Einheiten geworfen. Ebenso waren es die Reaktionen der Polizisten. Demonstranten wurden mit Schlagstöcken verprügelt, Pferde ritten über zu Boden geworfene Jugendliche hinweg, Frauen und junge Mädchen wurden mit Gewalt
Quelle: AP
angegriffen. Mehrere Demonstranten erlitten Schädelbrüche und blutige Verletzungen. Bilder blutender Verletzter füllten die Presse. Die Räumung von Amona fand nur ein halbes Jahr nach der Zerstörung von Gush Katif im Sommer
Quelle: oferikodotcom
2005 statt und riss die tiefen Wunden, die diese Räumungen innerhalb der nationalreligiösen Gesellschaft hinterließen, erneut auf.
Seit 2006 wurden weitere Anträge seitens der Organisationen wie „Yesh Din“ gestellt mit der Forderung, ganz Amona abzureissen, erneut mit der Behauptung, diese wäre auf Privatland gebaut worden. Dasselbe sollte, so Vertreter dieser Organisationen, für über 2000 weitere Häuser im Großraum Judäa und Samaria gelten und man würde alle Bemühungen anstellen, um auch deren Abriss zu erwirken. Die Verwaltung von Amona legte Dokumente vor, welche den Landkauf beschrieben und zu erklären versuchten, weshalb die Kaufprozedur nicht abgeschlossen worden war. 2014 schließlich erließ der Oberste Gerichtshof einen Beschluss, in welchem ein Abriss der gesamten Siedlung bis Ende 2016 durchzuführen sei. Der Abriss würde nur durch einen gesetzlichen Beschluss der Regierung aufgehalten werden können.
Zwei Jahre lang versuchen die Bewohner von Amona, diesen Abriss zu verhindern und fordern eine Legalisierung der Siedlung durch die Regierung mithilfe gerichtlicher Entscheidungen im Bezug auf das betreffende Gebiet. Diese Bemühungen wurden ab 2016 verstärkt. Bisher haben diese nicht zu einem positiven Ergebnis geführt und der Abrisstermin steht auf Dezember 2016 fest. Einige Knessetabgeordnete, so auch die Vorsitzende der „Habait Hayehudi“-Fraktion Shuli Mu’allem-Refaeli, unterstützen den Widerstand gegen den Abriss von Amona. Mu’allem-Refaeli fordert eine gerichtliche Legalisierung der Siedlung und weiterer Häuser, welche, so sie in einem Interview, auf der Zielscheibe linksextremistischer Organisationen stünden. Dokumente, welche der Nachrichtenagentur Walla! zugekommen waren, würden auch die finanzielle Mitwirkung der Regierung bei der Entwicklung von Amona im Laufe des neuen Milleniums nachweisen. Darauf beruft sich auch der Widerstand der Bewohner von Amona – die Regierung würde nach jahrelanger Unterstützung und Ausbau der Siedlungen einen Abriss verlangen, hätte allerdings bei dem Aufbau und der Entwicklung sich nicht die Mühe gemacht, den rechtlichen Status der Gebiete zu überprüfen und die Besiedlung dieser erlaubt. Dass der Staat nun den Abriss ganzer Ortschaften verlange, wäre nicht zu akzeptieren.
Auch zahlreiche Rabbiner, darunter Vorstände der modern-orthodoxen Organisationen wie „Beit Hillel“ und „Tzohar“, unterschrieben eine Forderung an die Regierung, die Siedlung Amona nicht zu zerstören, sondern eine gerichtliche Lösung für die Weiterbestehung der Ortschaft zu finden. Rabbiner Ya’ir Frank ließ in einem Interview von Israel National News verlauten, seine Hoffnungen würden dem neuen Verteidigungsminister Avigdor Liebermann gelten, welcher schon „in der Vergangenheit“ bewiesen habe, dass seine Partei „Israel Beitenu“ komplizierte Vorgänge innerhalb der Gesetzesgebung der Knesset vorantreiben könne. „Es gibt keine Begründung, 40 Familien mit Kindern aus ihren Häusern herauszuzerren, es widerspricht jeder Logik“, sagte er.
Familie Shaag aus Amona, NRG
Innerhalb der Gemeinde selbst, so laut einem Interview von Bewohnern Amonas, seien die Meinungen zwar geteilt, allerdings sei eine große Anzahl der Bewohner für einen kompromisslosen Protest gegen die Zerstörung und mögliche Übersiedlung von Amona auf eine andere Gebietsfläche – eine Möglichkeit, welche dem Verwaltungsrat von Judäa und Samaria und Amona seitens Regierungsstellen vorgeschlagen worden war.
„Es stimmt, eine Übersiedlungslösung könnte uns einen Wohnraum in einer bequemeren Gegend verschaffen, aber wir weigern uns, diese Lösung anzunehmen; nicht nur, weil wir uns mit diesem Ort verbunden fühlen, sondern auch, weil wir uns aus der Räumung heraus entstehenden Konsequenzen bewusst sind“,
erklärte auch Rabbiner Frank (INN).
Tali Lahav, eine Einwohnerin von Amona und Erzieherin von Beruf, kommentierte die Ereignisse so (INN):
„Es handelt sich hierbei nicht um irgendeinen verlassenen Hügel. Wir sind ein ganz normaler Ort, in dem gesetzestreue Bürger wohnen, die ihr Leben in Ruhe leben wollen. Es ist uns klar, dass dieses Gebiet nicht in arabische Hände übergehen wird. Es ist ein strategisch wichtiger Punkt, es schaut über Ofra hinaus bis zum Ba’al Hatzor-Gebirge. (…) Es liegen hier 9 Gebäude in Ruinen (nach ihrem Abriss in 2006, pers.Anm.) und die Siedlung wurde um sie herum weitergebaut worden. Kein Araber hat das Gebiet übergeben bekommen und kein Araber will diesen Platz in Wirklichkeit. Es ist Zerstörung um der Zerstörung willen.“