Heute wird der als illegal eingestufte Aussenposten/das Viertel der Ortschaft Elazar im Gush Etzion geraeumt. 15 Haeuser, die als illegal gebaut und teilweise auf fremdem Land errichtet (so entschied es nach ueber einem Jahrzehnt von Verhandlungen der Oberste Gerichtshof, nachdem mehrere Klagen seitens der

linksaussen-Organisation „Peace Now“ und einigen arabischen Klaegern eingereicht wurden) erklaert wurden, werden heute abgerissen. Die Einwohner bekommen fuer ungefaehr die naechsten 2 Jahre sogenannte „Karavillot“ (etwa mehr als doppelt so gross wie ein Karavann aus Leichtmaterial angefertigte Baustrukturen) bereitgestellt. Diese wurden auf zuvor als fuer Bau legitimen Grundstueck errichtet – es befindet sich direkt gegenueber unserem Huegel und in den letzten Wochen wurden dort intensive Bauarbeiten durchgefuehrt, sogar am Shabat, um sie zum Raeumungszeitpunkt fertigzustellen. Ich weiss nicht, ob das ehemalige Grundstueck durch rechtliche Bemuehungen zum legitimen Staatsgrundstueck erklaert werden wird, aber in den kommenden Jahren sollen 350 neue Wohnungen auf anderen Grundstuecken von Elazar errichtet werden. Auch werden die geraeumten Einwohner von der Regierung mit bis zu 500.000 Shekel kompensiert. Ob und wer hier etwas bei dem ganzen Konflikt gewonnen hat, entscheide jeder selber.
Gestern abend (11.06) hatte es eine grosse Zusammenkunft in Netiv Avot gegeben, mit Tausenden von Teilnehmern, vielen Jugendlichen, Rabbinern, dem Regionalvorstand von Gush Etzion Shlomo Ne’eman und den Ministern Naftali Bennet und Ayelet Shaked, die die Raeumung als „unlogisch“ und „absurd“ bezeichneten:
„Eines der Maedchen hier hatte mich gefragt, ‚warum?‘ Ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Es gibt keine Antwort, keinen Grund und keine Logik. Manchmal ist der Oberste Gerichtshof enorm aktivistisch, wenn es um Menschenrechte geht, aber wenn es um die Rechte der Bewohner hier handelt, wird er ploetzlich passiv.“ (Naftali Bennett, Ynet 11.06.18)
Heute hatte es ein Massengebet um 7.30 Uhr gegeben, danach begann die Raeumung der Einwohner. Die Gegend um das Viertel herum wurde hermetisch abgeriegelt; wer noch zur Unterstuetzung oder Widerstand dazukommen wollte, wurde nicht mehr durchgelassen. An der Einfahrt zu Elazar selbst gab es ein grosses Polizeiaufgebot, das einen langen Stau verursachte. Jeder, der hineinfahren wollte, wurde nach seinen Papieren gefragt. Zahlreiche Grenzzschutzkraefte (Magav-Einheit), die solche Raeumungen im Allgemeinen durchfuehren, mussten mit den Anwesenden verhandeln und die Einwohner bei der Raeumung begleiten sowie das Gebiet absichern. Jugendliche eher radikaler Natur, die zu passivem Widerstand und zu einer „ruhigen Raeumung“, zu der sich die Nativ Avot-Einwohner selbst verpflichtet hatten, nicht bereit waren, begannen, sich mit den Sicherheitskraeften ausseinanderzusetzen und zuendeten sogar Autoreifen. Andere eroeffneten Gesangsrunden trauriger Natur.
Auch Politiker wie der Landwirtschaftsminister Uri Ariel, Bezalel Smotritch und der stellvertretende Minister Michael Oren kamen, um gegen die Raeumung zu protestieren.
„Ich bekunde meine Trauer und meine Solidaritaet mit den Ausgewiesenen aus Netiv Avot, ihr seid Teil der Besten unseres Volkes. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, ganze Haeuser zu zerstoeren, die nur gaenzlich teilweise auf nicht israelischem Gebiet errichtet worden waren, zeigt erneut auf die Kluft zwischen dem Gerichtshof und der israelischen Wirklichkeit. Ich rufe erneut dazu auf, eine sofortige Reform in der Methode der Wahl der Richter zum Obersten Gerichtshof einzuleiten, sodass sie die oeffentliche Meinung in Israel repraesentieren koennen.“ (Michael Oren, Kipa, 12.06.18)
Bildergalerie von heute Morgen:
(Quellen: Ynet, Kipa, Channel 7)
Hallo Chaya,
Dein Bericht und die Zitate der Regierungsmitglieder beschäftigen sich letztlich mit Details zu Eigentumsrechten, Gültigkeit von Besitztiteln, Verstöße gegen Flächennutzungsplanung und Baurecht, Entschädigungen und Ausgleichszahlungen sowie Räumung und Abriss einiger Schwarzbauten, mit der schmerzhaften Organisation von Umzügen und natürlich einem höchstrichterlichen, abschließenden Urteil dazu.
Im Subtext dieser kleinteilige Debatte lese ich eine globale These über das Verhältnis zwischen der jüdischen Nation, dem Staat Israel, dem Land Israel und der Thora: Indem der Oberste Gerichtshof des Staates Israel dieses Räumungsurteil gefällt hat, das der national-religiösen Theologie vom „Land Israel“ als exklusivem Besitz des jüdischen Volkes widerspricht, und indem die IDF dieses Urteil vollstreckt, begehen Richter und Generäle religöses Unrecht, weil sie gegen den Willen des Allmächtigen handeln.
Kurz gesagt, verbirgt sich hinter den Auseinandersetzungen über ein Urteil zu einem baurechtlichen Nachbarschaftsstreit anscheinend die Forderung göttliches Recht müsse über weltlichem Recht stehen.
Chaya, ich erspare Dir die bekannten säkularen Vorbehalte gegen das Primat des Allmächtigen im Diesseits. Meine Frage ist vielmehr:
Wie kann man diesen fundamentalen Gegensatz zwischen säkularer und religiöser Weltsicht auflösen, wenn die Sprache fehlt, um ihn klar zu benennen und zu thematisieren?
Beste Grüße
Ludwig
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Danke dir sehr. Tiefgehende Analyse. Ich bin sehr fuer eine Verbindung der beiden, denn auch die Torah und der Talmud sind voll von Besitzrechtssatzungen und Gesetzen gegen gesellschaftliches Urteil…heute sind uns die genauen Gesetze der Torah weniger praesent und das pur Religioesgesetzliche wurde von Nationalen ueberschattet, daher vermischen sich auch Dinge, und heute ist es mittlerweile schwer, sie voneinander zu tteffen.
Ich wuenschte, ich wuerde eine Antwort kennen.
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Nun, nachdem die arabischen Kläger ihr „Recht“ durchgesetzt haben, wird Friede einkehren. Oder stimuliert dieses Nachgeben nur neue Forderungen?
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Das ist die Frage.
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