Wie im Beitrag „Landwirtschaftlicher Terror überall“ berichtet, hat es in der letzten Woche wiederholte Brandstiftung bei den Kirschplantagen im Kibbutz Kfar Etzion und im Waldstück daneben gegeben. Diese Nachrichten hatten mich sehr betrübt, denn auch wenn man über ähnliches aus anderen Gegenden hört, liegt die eigene Region einem doch mehr am Herzen. Umso unangenehmer wurde es mir, als ich am Freitagnachmittag, als die Feuerwehr gerade mit den Löscharbeiten im Wald beschäftigt gewesen war, von einer Vandalismusattacke auf ein arabisches Feld direkt unter unserer Karavanensiedlung erfuhr! Ein guter Freund von mir und Aktivist aus Kfar Etzion, Myron, hatte mir davon berichtet, aber ich hatte vor dem Shabbat keine Zeit mehr, die Details herauszufinden, und konnte das genaue Feld nicht ausmachen, und die Kirschplantagen von Kfar Etzion waren für mich ebenso schwer zu erreichen, also bin ich am Samstag nicht hingegangen.
Gestern (Sonntag, 27.05) wurde sehr spontan ein Besuch der
Blumen werden an die verbrannten Äste der Kirschbäume in Kfar Etzion gehängt. Foto; Eliaz Cohen
Gruppe mit dem Namen „Tag Me’ir“ (etwa als „erhellendes Preisschild“ zu übersetzen, ins Leben gerufen als ein Gegenstück zu den rechtsradikalen Vandalismusgruppen), die Tatorte von Hassverbrechen besucht, um sich mit den Opfern zu solidarisieren – sowohl in Kfar Etzion als auch bei dem arabischen Landwirt bei Alon Shvut organisiert. Dazugekommen war der Knessetabgeordnete Mossi Raz aus der Linksaussenpartei Meretz. Ich hatte davon im letzten Augenblick erfahren, und obwohl ich es nach Kfar Etzion nicht mehr schaffte, wollte ich unbedingt die beschädigten arabischen Felder sehen und mit dem Landwirt sprechen. Ich kam über die Hügel zu ihnen nach unten zum Feld und
Links: Salah Shahin, rechts: Fares Sa’ad.
Salah Shahin, der Landbesitzer, und sein Bekannter Fares Sa’ad, der sich dazugesellt hatte, zeigten mir die abgeschnittenen Weinstöcke, die über die letzten zwei Tage hinweg schon ganz vertrocknet geworden waren. Von diesen zog sich eine ganze Reihe durch, insgesamt 35. Etwas weiter weg war auch das Feld, auf welchem 25 junge Aprikosenbäume abgeholzt worden waren. Auch sie waren nicht mehr zu retten. Die großen Bäume standen unberührt um sie herum, sie zu beschädigen, wäre komplizierter gewesen.
Die toten Weinstöcke.
Ein trauriger Anblick.
Salah, ein sichtlich älterer Mann, erzählte auf meine Fragen hin, dass offenbar die Sicherheitskamera von Alon Shvut, die in die Richtung der Felder gewendet ist, in der Freitagnacht drei Gestalten erkannt habe, die sich in die Richtung der beiden Felder aufgemacht haben sollen, aber das nur kurz und ungenau. Auch deren Verlassen der Felder wurde von der Kamera aufgezeichnet. So hatte es ihm die Zivilverwaltung berichtet. Die Verdächtigen waren die meiste Zeit im Schatten der Bäume versteckt gewesen. Allerdings wurde niemand gerufen, um deren Anwesenheit auf den Feldern nachzuprüfen, die um die Nachtzeit keinesfalls zu erwarten und eher verdächtig anzusehen wäre. Salah zuckte auf meine Nachfragen hin mit den Schultern:
„Ich weiss nicht, warum sie niemanden geschickt haben. Hätten sie sie wirklich finden wollen, hätten sie es nachgeprüft.“
Mir war ebenso unklar, warum eben diese zwei Felder der Zerstörung zum Opfer gefallen waren, wo sie doch eher auseinander lagen, und weshalb nicht mehr Bäume oder Weinstöcke zerstört wurden. Darauf konnte niemand antworten.
Salah und Fares hatten sich über unseren Besuch gefreut. Außer Myron, Mossi Raz und der kleinen „Tag Me’ir“-Gruppe (mehr hatten es kurzfristig nicht geschafft) war auch ein Freund von uns, ein Dichter und
Von l.n.r.: Yishai, Salah, ich, Eliaz, Myron und Mossi Raz. Foto: Tag Me’r
Aktivist namens Eliaz Cohen aus Kfar Etzion dabei, der ebenso wie Myron in der „Roots“-Bewegung für Koexistenz zwischen Juden und Arabern in Gush Etzion aktiv ist. Nach dem Besuch brachte Eliaz Fares nach Hause – sein Haus befindet sich unmittelbar am Zaun, der meine Ortschaft Alon Shvut umgibt. Anschließend war Salah an der Reihe, der nahe der Einfahrt nach Alon Shvut und der Regionalverwaltung lebt. Wir unterhielten uns ein wenig über die Gegend – Salah lud mich ebenso ein, bei ihnen auf der Terasse zu sitzen. Er konnte zwar fließend Hebräisch, ich bevorzugte es jedoch, mit ihm auf Arabisch zu sprechen. Das Fastenbrechen des Ramadan würde erst in einer Stunde stattfinden, also bevorzugte ich es, nicht vor ihren Augen zu essen oder zu trinken. Anschließend brachte mich sein Sohn Ahmad, der, wie es sich herausstellte, in der Feldschule von Kfar Etzion arbeitet, bis zum Einfahrtstor von Alon Shvut. Die Familie hatte meine Nummer und Salah versprach, mir nach der Aprikosenernte einen Korb mitzugeben. So schnell kann man bei uns neue Nachbarn und Freunde kennenlernen, wenn es den Willen gibt…
„Jetzt, nach eurem Besuch, bin ich viel ruhiger als zuvor“,
sagte uns Salah, bevor Eliaz und Myron heimfuhren. Ob nun der Staat oder irgendein anderes öffentliches Organ ihm den angerichteten Schaden finanziell kompensieren wird, weiß ich leider nicht. Ich will nur hoffen, dass die Täter gefasst werden. Aus unserer Gemeinde kommen sie nicht, das kann ich mit 100%er Gewissheit sagen – solche Taten werden von radikalen Jugendlichen verübt und bei uns leben in der absoluten Mehrheit Eltern von Klein- und Schulkindern. Auch das ist beruhigend.
Hoffen wir das Beste für alle.
Fotos: Eliaz Cohen, Chaya Tal, „Tag Me’ir“
Die toten Weinstöcke.
Abgeholzte Aprikosenbäume bei Alon Shvut. Quelle: Eliaz Cohen
Der Frühling kehrt endlich ins Land ein, nach einem relativ trockenen und frostigen Winter, und es ist die Zeit für die Mandelbäume, die ersten Blüten zu zeigen, und nur einige Wochen später in voller weißer Pracht dazustehen und unsere Gärten, Straßen und Felder zu schmücken. Mandelbäume sind im gesamten israelischen Gebiet und somit auch in Judäa und Samaria weit verbreitet; entweder werden sie für Schönheit gepflanzt, oder für den Früchteertrag – vor allem bei den arabischen Bauern, die diese ernten.
Ich möchte euch gerne einige schöne Aufnahmen unserer blühenden Mandelbäume aus diesem Jahr zeigen. Einige habe ich
Yaron Rozental (Quelle: NRG)
selbst aufgenommen, andere wurden von Yaron Rosental, dem Direktor der Feldschule Kfar Etzion, gemacht, der auch nebenbei ein begnadeter Fotograf ist. Wie die Mandeln selbst aussehen und was ich damit für Erfahrungen gemacht habe, könnt ihr hier lesen.
Das im Talmud erwähnte „Neujahr der Bäume“ im Land Israel, ab welchem ein neuer Lebenszyklus von Bäumen gerechnet wird, fällt im jüdischen Kalender auf den 15. des Wintermonats Shvat (auf Hebräisch – Tu BiShvat). Im Laufe der Exilzeit wurde es von den jüdischen Mystikern als besonderes Datum gehandelt, hatte allerdings keine besondere Bedeutung für die im Exil lebenden und mit dem Heiligen Land physisch nicht verbundenen Juden.
Naturbewusstsein bei Kindern entwickeln. Illustration (E.Kimhi)
Vor etwa 100 Jahren wurde dieses Datum speziell von der zionistischen Bewegung aufgewertet und zu einem praktischen Fest der Bäume erklärt, welches dank der stetig steigenden Anzahl von rückkehrenden Juden in das Land eine neue Bedeutung erhielt – die Neubeflanzung des Landes Israel. Es ist bekannt, dass die natürlichen Wälder des Landes zum 19. und 20.Jahrhundert hin aufgrund von verstärkter Nutzung von Holz für Zugverkehr, Schiffbau und Heizmaterial fast vollständig verschwunden waren. Der Jüdische Nationalfonds (JNF/KKL), welcher auch für massiven Landkauf im Land vor der Staatsgründung verantwortlich gewesen war, initiierte Beflanzungen, speziell an Tu BiShvat, und das im ganzen Land. Dazu wurde in den Diasporagemeinden und im Land selbst Spendergeld in den sogenannten „blauen Büchsen“ gesammelt und anschließend in die Bäume investiert, welche gepflanzt wurden. Auch wenn heute immer mehr Umweltexperten
und Historiker kritisieren, dass der JNF in seinen Bemühungen um Aufforsterung sich mehr auf die Besetzung von Land mit Pflanzen und die Verbreitung von für die lokale Natur unpassenden europäischen Baumsorten konzentrierte, um Land vor Wegnahme durch Araber zu verhindern und eine europäische Vorstellung von bewaldetem Land zu verwurzeln, gilt der JNF dennoch als einer der Hauptfaktoren bei der Begrünung des Landes bis heute. Mehr darüber in Bildern kann man hier finden, zu Tu BiShvat in Kürze hier.
Die Feldschule von Kfar-Etzion, die erste Feldschule in Judäa und Samaria zur Forschung, Fortbildung, Umweltschutz und Erhaltung des Kulturerbes in Gush Etzion nach dem Sechstagekrieg 1967, ist landesweit und auch mittlerweile im Ausland für ihre Weiterbildungsprogramme im Forschungsfeld der Archäologie und Geschichte sowie Wanderungen für alle Altersstufen auf den zahllosen Pfaden im Bereich von Nordjudäa bekannt und geschätzt. Die Feldschule, von den Rückkehrern in den 1948 zerstörten Kibbutz Kfar Etzion nach 1967 gegründet, unterhält hunderte von Wanderungsprogrammen, Ausgrabungsprojekten, veranstaltet Informationskonferenzen und beschäftigt sich auch mit Ausweitung der Natur- und Geschichtskenntnis von Kindern und Jugendlichen. (Kleiner Bericht hier).
Yaron Rosental
Yaron Rosental ist seit mehr als 10 Jahren Direktor der Feldschule und ist für seine praktische Herangehensweise zur Durchführung lokaler Projekte, sein ökologisches Bewusstsein, seine geschichtliche Wertschätzung, die Sorge um die archäologischen Schätze in Gush Etzion und auch seinen Einsatz für friedliches Zusammenleben von Arabern und Juden der Region bekannt. (Hier ein Bericht mit Yaron Rosental)
Passend zum Tu BiShvat-Fest hin organisierten Yaron und sein Team von der Feldschule ein Projekt, welches er als „eins der größten der letzten Jahre in Gush Etzion“ bezeichnete: 7000 Jugendliche der Jugendbewegung „Ezra“ wurden eingeladen, um im
Felsen markiert.
ganzen Bereich der westlichen Etzion-Region Wandertouren vorzunehmen und mit Hacke und Spaten neue Wanderwege freizulegen. An speziell dafür vorbereiteten Stellen durften sie auch Bäume pflanzen. Daraufhin hatten Yaron und sein Team lange gewartet und die Aktivitäten mehrere Wochen lang vorbereitet – Festlegung der für neue Wanderwege geeigneten Orte, Markierungen, Probepflanzungen und mehr.
Yaron pflanzt schon mal vor.Bei den Vorbereitungen.Bei den Vorbereitungen.
Am letzten Donnerstag, dem 09.02. , war es dann soweit: Die Kinder kamen mit über hundert Reisebussen aus dem ganzen Land nach Gush Etzion und dank dem sonnigen und relativ warmen Wetter konnten sie die geplanten Aktivitäten durchführen. Yaron entschuldigte sich auf Facebook mit einem Zwinkern für die entstandenen Staus und veröffentlichte dutzende Bilder der jungen Teilnehmer und Teilnehmerinnen, welche in farbigen Pullis, Jeans und Röcken die Erde bearbeiteten und den westlichen Gush durchforsteten. Die zentralen Punkte beinhalteten den Naturpark Oz veGaon (in welchem ich selbst vor zweieinhalb Jahren mit Hacke und Spaten meinen Weg im Gush Etzion begonnen habe), Wadi Sadjme, die Arbiya-Höhlen (bei El Arub), Livne-Bach, Etziona-Bach, Oz-Aussichtspunkt und andere. Die Bäume, die gepflanzt worden waren, wurden aus den Sorten des natürlichen Waldes der Region ausgewählt – solche wie lokale Eichensorten, Terebinthen, Erdbeer- und Olivenbäume. Das Projekt verlief im Angesicht seines Ausmaßes sehr erfolgreich und viele junge Menschen hatten dadurch mehr die Chance, mit der lokalen Natur und ihren Besonderheiten in Berührung zu kommen und selbst zu ihrem Wohlergehen beizutragen.
Neta Karniel
Eine Veröffentlichung widmete Yaron auf seiner Facebookseite einem kleinen Mädchen namens Neta Karniel: Auch sie war zum Pflanzen im Gush Etzion gekommen, und zwar nicht ohne Grund: einer der Urgroßväter von Neta, Shlomo Rozen, war einer der Pioniere des Kibbutzes Kfar Etzion vor der Staatsgründung und ist im Unabhängigkeitskrieg 1948 beim Fall des Kibbutz in die Hände der jordanischen Kämpfer getötet worden; ein weiterer Urgroßvater, Shalom Karniel, war einer der Truppenmitglieder, die einen Hilfskonvoi ins besetzte Gush Etzion im Frühjahr 1948 brachten und dabei getötet worden waren. Ihre Kinder und Enkel kamen zurück in den Gush. Urenkelin Neta ist der lebende Beweis für die wiederkehrende jüdische Existenz in Gush Etzion und Judäa im Allgemeinen.
Hier kommen einige Bilder vom „Ezra“-Projekt. Fotos: Yaron Rosental.
Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, war ich einige Zeit nicht im Blog aktiv. Das liegt vor allem daran, dass ich momentan in einer Art „Sommerpause“ bin. Es ist heißer Sommer bei uns im Land, und die Israelis verbringen ihn auf verschiedene Art und Weise: Die meisten Erwachsenen arbeiten; Erwachsene mit Kindern genießen die Ferien mit den Kindern, sofern sie Urlaub bekommen bzw. sie quälen sich die langen Monate durch (2 bis 2,5 Monate je nach Kindesalter) bis zum 1.September, wenn der erste Schultag ist. Unmengen von Witzen, Filmen und Texten wurden über diese erheiternden / ermüdenden Sommermonate der Schulferien gedreht.
Studenten haben etwas mehr Genuss von den Semesterferien, sie verdienen entweder etwas mehr Geld, weil sie mehr Zeit zum Arbeiten haben als während des Semesters, oder fliegen ins Ausland. Staatsangestellte (so etwas wie Beamte, aber nicht ganz) und Knessetabgeordnete haben einige Wochen komplette Sommerpause. Kinder und Jugendliche haben in der ersten Hälfte ihrer Ferien Ferienlager und Kinderprogramme, und in der zweiten Hälfte haben sie freie Zeit und quälen ihre Eltern, bis diese mit ihnen in den Urlaub fahren oder an die Großeltern verfrachten.
Auch – natürlich auch – in den Siedlungen, den Ortschaften in Judäa und Samaria, herrscht der Ferien-Sommermodus. Die meisten der Siedlungen liegen auf den Bergen und der ständige Wind macht die Hitze erträglicher und holt die Menschen am Nachmittag und Abend aus den Häusern heraus für ein Abendessen im Freien oder einen Spaziergang.
Die Bezirksverwaltungen und einzelne Ortschaften organisieren Konzerte,
Klezmer-Festival in Samaria. Foto: Facebook
veranstalten Erlebnistage für die ganze Familie, Freizeitangebote für Groß und Klein gibt es in Hülle und Fülle – natürlich alles verbunden mit der Natur, es bietet sich ja auch an. Beispielsweise können Trecker gemietet und gefahren werden:
Nahe Alon ShevutIm Norden von Samaria. Foto: Facebook
Kinder und Jugendliche machen Aktivitäten gemeinsam mit dem Jugendzentrum, dem lokalen Sportverein, den Freunden aus der Schule, dem Kindergarten
Bilder aus Otniel. Quelle: Facebook
Kleider- und Schmuckstände von Designer/-innen werden aufgebaut, es gibt Malworkshops für Kinder, Clowns, Kletterwände,
Foto: Facebook
Bergwanderungen, Aktivitäten auf Farmen und Streichelzoos, Wasserquellen zum Plantschen und was nicht alles noch. Die Kinder müssen ja beschäftigt werden (wie oben erwähnt), und wenn die Eltern
Ziegenmelken in Samaria. Foto: Facebook
oder Großeltern mit dabei sein können, um so besser. Wie man vielleicht schon weiß, Kinder und Kinderunterhaltung werden insbesondere in den Gemeinschaften von Judäa und Samaria großgeschrieben.
Wer sich die Originalstimmung bei einer solchen Veranstaltung anschauen möchte, soll sich dieses Video ansehen, aus der Ortschaft Meytarim im Süden Hevrons:
Auch für die Senioren wird man in den Gemeinden aktiv, so wie beispielsweise ein gemeinsamer Workshop mit älteren Einwohnern in Gush Etzion:
Quelle: Bezirksverwaltung Gush Etzion
Daheim kann man sich im Sommer ebenso entspannen und sich das Leben schön gestalten. So werden provisorische Schwimmbecken aufgebaut,
Gärten neu bepflanzt,
Fragt mich nicht, was das für eine Pflanze ist.
auf Bäume geklettert und auf der Straße gespielt
Die Zeit wird natürlich auch für Erneuerungen und Bau genutzt und so werden gleich neue Häuser gebaut, die die alten Karavane ablösen sollen.
Es beginnt die Erntezeit für Früchte wie Granatäpfel, pünktlich zum jüdischen Neujahr, für welches der Granatapfel als Symbol dient.
Trauben, Pflaumen und Feigen sind schon lange herangereift. Die Felder zeigen üppige Pflanzen und die arabischen Feldbesitzer ernten die Früchte fleißig – ich sehe jeden Morgen Tender und Autos und die Bauern selbst, welche die Ernte einsammeln. Zur Pflaumenernte habe ich hier schon etwas geschrieben.
Trauben auf einem arabischen Feld
Auch ich habe meinen Garten etwas erneuert, obschon ich noch immer auf meinen Feigenbaum warten muss, aber Geranien, Ysop (bekannt als das Za’atar-Gewürz) und Minze sind schon da und zeigen schöne Blüten. Und auch dem Rosmarinstrauch habe ich endlich gebührenden Platz gegeben.
Minze
Ysop (Za’atar)
Geranie
Rosmarin
Wen es interessiert, was die arabischen Einwohner unserer Gegend so machen, hier ein paar Bilder aus Nablus und Ramallah:
Freestyle Academy Nablus. Foto: Facebook
Schwimmbad in Ramallah. Foto: Facebook
Schwimmbad in Ramallah
Sprich, wie ihr seht, Judäa und Samaria ist im Ferien-Sommermodus.
Mögen wir von hier nur gute Nachrichten hören! Schönen Sommer uns allen!
Die Feldschule des Kibbutz Kfar Etzion schlägt Alarm:
Die israelische Zivilverwaltung holzt unkontrolliert zehntausende von Bäumen im Bereich Gush Etzion ab!
Foto: Yaron Rosental
Yaron Rosental ist der Direktor der lokalen Feldschule im Kibbutz
Yaron Rosental. Quelle: Facebook
Kfar Etzion, im Herzen der Gush Etzion-Region von Judäa. Die Feldschule unter seiner Leitung fördert Natur- und Geschichtsbewusstsein, veranstaltet unzählige Wandertage, Informationsabende, Geschichtsforschung, leitet archäologische und ökologische Projekte, bietet Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene; sie steht
Symbol der Feldschule von Kfar Etzion. Zum Link in Englisch aufs Bild klicken
auch für die Förderung der nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den lokalen jüdischen und arabischen Einwohnern ein.
Yaron Rosental veröffentlichte diese Meldung bei sich im Facebook-Profil vor etwa drei Tagen und schickte sie ebenso weiter an die Mailverteiler der lokalen Ortschaften und und benachrichtigte darüber auch die Bezirksverwaltung und andere.
Was ist eigentlich passiert?
Rosental erklärt:
„Wir (von der Feldschule Kfar Etzion) haben rausgefunden, dass in der letzten Woche die Zivilverwaltung mehrere zehntausend Bäume in Gush Etzion gefällt hat; in manchen Gegenden sind bis zu 80% der Bäume abgeholzt worden. Diese Bäume sind von den Pionieren von Gush Etzion vor etwa 50 Jahren gepflanzt worden, und wir spielten und picknickten zwischen diesen Bäumen als Kinder und Jugendliche.
Als wir bei der Zivilverwaltung nachfragten, warum diese Bäume abgeholzt werden würden, so wurde uns geantwortet, dass es Brandstiftungen vermeiden würde, denn wenn es keine Bäume gebe, würde es schwierig sein, einen Waldbrand zu legen.“
Foto: Yaron Rosental
Weiterhin beschreibt er die Gebiete, in welchen ein umfassender Anteil des Waldes schon nicht existent geworden war – so rund um die Siedlung Geva’ot und den Vergnügungspark „Gazellenland“ (Eretz Ha’ayalim). Die nächsten Abholzungspläne würden die Bäume im Sadjme-Wadi und sogar das Wäldchen um den Park Oz veGa’on betreffen (dort, wo ich vier Monate lang im Zelt geschlafen und welchen ich miterrichtet habe).
Was ist die Zivilverwaltung?
Die Zivilverwaltung ist eins der offiziellen administrativen Organe, welche sich mit der Verwaltung der Bevölkerungsangelegenheiten und allem, was nicht direkt der Militärverwaltung in Judäa und Samaria unterliegt, befasst. Sie wurde 1981 eingerichtet und ist dem Verteidigungsministerium untergeordnet. Die Zivilverwaltung ist Teil eines größeren Verwaltungsorgans, des „Koordinators von Regierungsaufgaben in den Gebieten (COGAT)“. Wenn man das Wort „Zivilverwaltung“ in der Anwesenheit von israelischen Siedlern oder Arabern in Judäa und Samaria erwähnt, wird es bei beiden größtenteils unangenehme Assoziationen wecken: Ob es nun die Zerstörung illegaler oder als illegal deklarierter Baustrukturen, die Reglementierung von Feldarbeiten, die Ausstellung von Arbeitsvisa, die Kontrolle über politischen Aktivismus, unendliche bürokratische Hürden und unbegründete Wartezeiten bei diesen oder jenen Anträgen beider Seiten angeht – für all das ist die Zivilverwaltung zuständig und auf all diesen Gebieten hat sie „Sünden“ zu verzeichnen.
***
Über Waldbrände und Waldzündeleien habe ich schon im vorherigen Sommer geschrieben, vor allem auf meiner Facebook-Seite im Rahmen von Aktualisierungen. Das geschah noch während meiner Arbeit im Sicherheitscenter von Efrat. Damals gab es mehrmals pro Woche Benachrichtigungen über Waldbrände, vor allem im besagten Gebiet von Geva’ot (West-Gush Etzion) und bei
Kahlstellen nach Abholzung im lokalen Waldgebiet. Foto: Yaron Rosental
den meisten handelte es sich im Nachhinein um Brandstiftung. Die Spuren der Brandstifter, so äußerten sich damals beduinische Soldaten, die für die Aufspürung der Täter verantwortlich waren, führten zumeist in die umliegenden arabischen Dörfer – Geba‘, Nahalin und andere.
Es ist offenbar üblich, dass bei hoher Gefahr von Waldbränden eine bestimmte Anzahl von Bäumen gefällt werden muss, um die Anzahl von Bäumen und Lauf zu vermindern und auch den Feuereinsatzkräften eine schnelle Anfahrt zu ermöglichen. Allerdings übersteigt die gefällte und noch zu fällende Anzahl von Bäumen um ein Vielfaches die notwendige Menge, so Yaron Rosental. Ebenso kommentiert er:
„Wir sind zwar keine Experten für Waldbrandschutz, aber es scheint uns, dass man Waldbrände durch die Auffindung und Verhaftung von Brandstiftern und die Schaffung von Anfahrtsstraßen und nicht durch ein wahlloses Fällen von Bäumen erreichen sollte.“
Im Anschlus an den Aufruf bittet die Feldschule, eine angehängte Petition zu unterschreiben und den Post zu teilen; ansonsten möge sich jeder, der sich aktiv am Protest beteiligen möchte, bei Yaron Rosental persönlich melden.
In einer Mail zu diesem Thema schrieb eine Einwohnerin von Alon Shevut, dass nicht nur eine überflüssige Anzahl von Bäumen abgeholzt werden würde, sondern die dafür zuständigen Arbeiter die größeren Baumstämme später zum Weiterverkauf nutzen würden und daher speziell große und starke Bäume der Abholzung zum Opfer fielen. Dies wurde von Yaron Rosental noch nicht bestätigt, wäre aber theoretisch durchaus möglich.
Galerie: Resultat der Abholzung durch die Zivilverwaltung. Fotos: Yaron Rosental
Kahlstellen nach Abholzung im lokalen Waldgebiet. Foto: Yaron Rosental
Foto: Yaron Rosental
Foto: Yaron Rosental
Kahlstellen nach Abholzung im lokalen Waldgebiet.
Foto: Yaron Rosental
Yamina, palästinensisch-arabische Bäuerin aus Al-Khadr schleppt die Pflaumeneimer
Diese gute Bauernfrau* aus Al-Khadr, dem Dorf/Vorort von Bethlehem – Yamina ihr Name – habe ich heute um die 7 Uhr morgens auf meinem Arbeitsweg durch die Felder unter der Containersiedlung entdeckt. Wobei, zunächst bin ich auf diese Eimer voller Früchte auf dem Pfad neben den Mandelbäumen und einem von einer Steinmauer umgebenden Feld gestoßen. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um Pflaumen handelte. Die Eimer standen vereinzelt auf dem Weg und wie ich weiterging, fand ich die Eigentümerin der Ernte, eine kleingewachsene, eher dickliche arabische
Die vollbeladenen Eimer
Bäuerin, die sich mit einem solchen Eimer und einer ebenso randvollen Kiste auf dem Weg Richtung Schnellstraße dahinquälte. Sonst war niemand in der Nähe.
Ich suchte mir die passenden Worte auf Arabisch zusammen und fragte, ob sie Hilfe brauche. „Ya reit!“, atmete die Frau schwer auf und lächelte. Ich wünschte! Ich fragte, wohin sie das Gut bringen sollte. „Zur Strasse dort drüben.“ Ein Auto sollte sie dort abholen, aber hierher würde es wohl nicht gelangen.
Sie zeigte mir auf die Eimer hinter ihr, ich machte mich auf, diese aufzusammeln. Tatsächlich, sie waren schwer. Ich fragte sie verwundert, „schleppst du das alles alleine?“ „Ah, lahali“ (Ja, alleine),
Pflaumenbäume auf dem besagten Feld, nahe der Gush-Etzion-Kreuzung.
war die Antwort. Ob sie das öfter mache, habe ich nicht gefragt – die arabische Formulierung fiel mir nicht ein. Ich wusste dafür jetzt, wem die üppigen Pflaumenbäume auf dem benachbarten Feld gehoerten.
Wir schleppten mehr oder weniger gemeinsam die Eimer zur Strasse. Yamina wollte von mir wissen, ob ich aus Amerika sei oder „von hier“ und was ich mache. Ich erfuhr so auch ihren Namen und sagte ihr meinen. Er gefiehl ihr. (Dazu muss man sagen, dass „Chaya“ – die Lebendige bzw.Leben – auch im Arabischen ein Name ist.) Als wir die Straße erreicht hatten , umarmten wir uns. Zum Abschied gab sie mir ein paar Pflaumen. Sie blieb dort, in der aufsteigenden Hitze, um auf das Auto zu warten. Ich ging zur Kreuzung und zum Bus.
Was soll ich euch sagen, kein leichtes Leben. Warum um Allahs Willen muss die arme Frau aber diese schweren Eimer – fünf! – so ganz alleine schleppen?…
*Anmerkung: Tut mir leid, dass ich oft keine Gesichter der mit mir sprechenden Personen veröffentliche. Manches geschieht aufgrund des Wunsches, die Identität der Person zu schützen, aber meistens liegt es daran, dass ich es etwas unhöflich finde, bei jeder einfachen Unterhaltung sofort um ein Foto mit dem/der Gesprächspartner/in zu bitten. Ich möchte mich niemandem aufdrängen. Bitte habt Verständnis dafür.
In den diesjährigen Ferientagen während des Pessach-Festes, das bei uns sieben Tage gefeiert wird, nutzt das ganze Landvolk die Zeit, um kreuz und quer durch das Land zu reisen. Die Touristenzentren und Hauptsehenswürdigkeiten sind voll belegt, nach Jerusalem kommt vielleicht eine ganze Milion Besucher innerhalb dieser Tage, und auch die entferntesten Naturschutzgebiete, Wasserfälle, Bäche, Wälder und Aussichtspunkte kommen nicht zu kurz. „Das Wandern ist des Israelis Lust“, sozusagen. Nicht alle haben natürlich Ferien in dieser Zeit, aber die Arbeitszeiten sind verkürzt und man hat mehr Chance, Familie und Freunde zu besuchen.
Judäa und Samaria – Westjordanland. Zentrale Orte in Rot/eingekreist. Oben: Samaria. Unte Jerusalem: Judäa.
Auch ich habe diese Zeit etwas nutzen können, und zwar für Ausflüge in die Gebiete, in welche ich normalerweise im Alltag weniger gelange: Nämlich in die zweite und die größere Hälfte des „Westjordanlands“, nämlich in die Gebiete des ehemaligen Stammes Binyamin (so heißt es auch heute, Binyamin-Gebiet) und ins nördlich gelegene Samaria (Shomron), alles insgesamt heute als Samaria bekannt ist – oberhalb Jerusalems.
Das Binyamin-Gebiet ist relativ gut vernetzt, beinhaltet zentrale arabische Städte unter der Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde – so Ramallah und Jericho – und auch zentrale jüdische Bevölkerungspunkte, solche wie Beit El, Ofra, Adam, Shiloh. Der Ort Psagot ist bekannt für seinen erstklassigen Wein, welche auch internationale Preise gewonnen hat. Das Industriegebiet Sha’ar Binyamin besitzt den zentralen Supermarkt Rami Levy, der für die gesamte örtliche Bevölkerung offen ist, nicht zwischen Arabern und Juden unterscheidet und dafür auch mehrere Anschläge abbekommen hat, auch im letzten halben Jahr.
Wer erkennt die Gazellen auf dem Bild?
Was noch besonders ist an Binyamin, ist, dass es einen faszinierenden Einblick auf den Übergang von der samaritischen Bergkette und dem Hügelland in die Berglandschaft der judäischen Wüste und das Jordantal bietet. Die Berge und Hügel von Binyamin zeichnen sich durch eine wenig bewaldete Landschaft aus, die Wälder wurden erst spät angepflanzt, Naturwald findet sich mehr in Richtung Westen (über eine Wanderung im Westteil habe ich hier berichtet). Je weiter östlich man sich wendet – dort, wo auch mein Reiseweg verläuft – werden die Berge steiniger, die Landschaft trockener, trotz Frühling gelber und spärlicher. Wenn man zu einer Aussichtsplattform kommt, die die Sicht auf die jordanischen Berge bietet, kann man auch bis zum Toten Meer sehen. Es ist eine faszinierende und von Touristen wenig bereiste oder dokumentierte Landschaft, obwohl die Möglichkeiten dazu eigentlich gegeben sein könnten. Fangen wir also an, Schritt für Schritt den Ostteil von Binyamin zu entdecken.
Mit einem Freund haben wir uns um die Mittagszeit von Jerusalem aus nach Ost-Binyamin aufgemacht. Bis nach Nord-Jerusalem (was fälschlicherweise immer als „Ostjerusalem“ bezeichnet wird), durch die arabischen Viertel hindurch bis zum Militärübergang Hizma fuhren wir mit der Bahn und gingen zu Fuß, von da an waren wir auf Autostopps angewiesen, wollten wir nicht auf den Bus warten, dessen Zeitplan nicht unbedingt bequem war. Es gibt zwei mir bekannte Übergänge, welche reguläre Fahrer nutzen – einen neben dem Dorf Qalandia und den anderen neben dem Dort Hizma. Über
Unsere Wanderkarte mit allen angefahrenen und erwähnten Orten.
Hizma gelangt man einfacher weiter und muss nicht Ramallah passieren. Einige der Fahrer wollten uns nicht dort rauslassen, wo wir rausgelassen werden wollten – an einer Autobahnkreuzung, die uns direkt in die Siedlungen des Ostteils an der Wüstengrenze
Auf dem Schild steht: „Zeit für Souveränität!“ Plakat der Organisation „Frauen in Grün“
führen würde. Es sei zu unsicher. Aus Erfahrung wusste ich, dass dort die Einwohner dieser Siedlungen einen schnell mitnehmen würden. Ein Fahrer erklärte sich schließlich bereit, und wir fuhren los. Das erste Ziel – die Siedlung Rimonim (‚Granatäpfel‘).
Wir alberten ein wenig an der Kreuzung herum, im Angesicht der schönen gelblich gefärbten Berge, da kam auch schon ein Paar und fuhr uns nach Rimonim. Zu unserer Linken lagen einige wenige weit entfernte arabische Dörfer (Ramun), zu unserer Rechten nur Verkehrsschilder und die Hügelkette. Zwischen dem Beginn der Autobahn 458 und bis zur nächstgrößten Kreuzung – immerhin etwa 18 Kilometer entfernt – befinden sich nur zwei jüdische Ortschaften
Beduinenzelte
direkt angelegt, und eine arabische – Mughayr, alle anderen sind weiter entfernt und so erinnert die Umgebung an eine Mondlandschaft mit Ausblick auf die in der Ferne sich auftürmenden jordanischen Berge, unterbrochen hier und dort von einigen sporadischen schwarzen Beduinenzelten oder einem eingezäunten Stromaggregator. Die Armee taucht hier für längere Zeit nicht mehr sichtbar auf.
Blumenbeet an der Einfahrt
Rimonim, wohin wir fuhren, ist eine vor 36 Jahren (1977) zunächst als Armee-Lager gegründete Ortschaft. Der Name, so lässt sich bei einer einfachen Suche erfahren, ist an einen zur biblischen Zeit sich im Stammesgebiet Binyamin befindenen Ort bzw.Fels, „Rimon-Fels“, angelehnt, welcher im Buch der Richter (20.Kapitel, Vers 45) auftaucht. Die Bevölkerung der modernen Siedlung war und ist bis heute größenteils säkular. Im Dorf wohnen etwa 160 Familien und arbeiten fast ausschließlich alle in Jerusalem, der nächstgrößeren Stadt. Dabei beträgt die Fahrzeit bei fließendem Verkehr etwa 15-20 Minuten bis zum Übergang, und dann muss man natürlich in der Stadt selbst fahren…
Ein-/Ausfahrt aus Rimonim
In Rimonim befinden sich alle für die Gemeinschaft nötigen Einrichtungen – Wasserturm, Kindergärten, kleiner Supermarkt, Sportanlagen, Jugendclub, Bibliothek, Synagoge, Sekretariat. Mein Begleiter kannte Rimonim von früheren Zeiten
Darstellung von Granatäpfeln von Yaniv Uzana
und machte mich auf das Studentendorf „Kedma“ aufmerksam, welches sich in kleinen Karavanen nahe der Einfahrt befindet. Dort leben einige hundert (?) Studenten und beschäftigen sich mit Landwirtschaft. Auch das Schwimmbad von Rimonim ist bekannt – dorthin kommen Besucher aus den umliegenden (jüdischen) Ortschaften hin. (Warum aus den jüdischen? Weil die arabischen Dörfer durch andere Organe verwaltet werden, weil die muslimischen Regelungen, was Schwimmen und Öffentlichkeit anbetrifft, anders sind, und weil die Menschen miteinander per Absicht nicht in Berührung kommen wollen und der eine in den Ort des jeweils anderen nicht traut, insbesondere heute nicht mehr).
Ein Glockenspiel, „Musikecke“ steht darüber
Als wir sie betraten, war die Siedlung still. Es herrschte ein heißer Sturm – extreme Hitze, viel Wind – die meisten Einwohner würden entweder Urlaub machen oder bei sich zuhause sitzen. Wir fanden einen Garten mit kreativen Basteleien aus Metall und recht imposante Gebäude. Wir wollten auch die archäologischen Ausgrabungen ansehen, welche es am Rande der Siedlung zu besichtigen gab.
Die Ausgrabungen, so stand auf einem von Korrosion schwer zerfressenen Schild geschrieben, fanden hier zwischen 1982 und 1992 statt. Ausgegraben hatte man einen Kirchenkomplex aus byzanthinischer Zeit, allerdings sollen die ersten Lebensspuren hier noch aus seleukidischer Zeit stammen. Nach den Byzanthinern herrschten im Land die Umayyaden und die Abbassiden, auch unter ihnen erreichten Einwohner diesen Ort. Insgesamt, so besagte das Schild, soll hier 500 Jahre lang aktives Leben gegeben haben, danach wurde der Ort verlassen. Tatsächlich fanden wir in den Ruinen einen Stein mit dem Abbild eines Kreuzes und eine halbrunde Halle. Man erkennt Eingänge und Stauräume, in den Stein gehauene Abflusskanäle und seltsame runde Vertiefungen, die häufig auch mitten in einem Raum zu finden sind. Da ich nicht sonderlich bewandert bin in Archäologie, wusste ich dieses Phänomen leider nicht zu erklären.
Die RuinenDer BaukomplexDas in Stein gehauene Kreuz
Nach der Besichtigung gingen wir zum äußeren Zaun. Wie ich sicherlich schon einmal erwähnt habe, so werden bei uns so gut wie alle Ortschaften, ob nun in den „gefährlichen“ oder den weniger gefährlichen Gebieten, generell eingezäunt. So hat sich das offenbar seit längerer Zeit ergeben, vielleicht noch aus der Zeit vor der Staatsgründung, vielleicht noch früher. Jedenfalls standen wir am Zaun und betrachteten die Landschaft. An dieser Stelle, wo der
Binyamin-Berge – weiter unten die judäische Wüste und dahinter Jericho
Wadi Wahita unter uns sich durch die Berge Richtung judäische Wüste bahnt, konnte man den drastischen Unterschied zwischen den Felsformationen der zwei aneinander grenzenden Regionen erkennen und es faszinierte mich. Auf den Bildern kann man dies genau erkennen. Die Felsart der judäischen Wüste ist viel weicher als die der Binyamin-Berge, lässt sich einfacher verformen. Die Erde des Jordantals ist sandig und lässt eine völlig andere Art der Agrikultur zu als die auf den Bergen (im Jordantal werden größtenteils Dattelplantagen angebaut). Im Hintergrund sieht man die jordanischen Berge und weiter unten spannt sich Jericho aus.
Als wir am Einfahrtstor bei unserem Verlassen der Siedlung den Wächter fragten, ob die Einwohner hier mit den Bewohnern von Jericho Kontakt hätten, bejahte er dies – es kämen Arbeiter aus Jericho nach Rimonim.
Unsere Weiterfahrt führte uns in einen weiteren Ort, einen der zwei Siedlungen an der Autobahn 458 durch Ostbinyamin – Kochav Hashachar. Mitgenommen hatte uns eine Frau, die eigentlich ganz woanders hinfuhr – in die viel weiter gelegene Siedlung Itamar, gut bekannt für ihre hohen Berge und Aussichtsplattformen – und leider traurig bekannt wegen des Mordes an der Familie Vogel im Jahr 2011 durch zwei arabische Terroristen. Die Frau plauderte mit uns und lud uns ein, zu sich zu kommen. Sie ließ uns schließlich am
Unsere Wanderkarte mit allen angefahrenen und erwähnten Orten.
Einfahrtstor heraus.
Grüne und gelbe Felder füllten unseren Blick. Plantagen inmitten steiniger Hügel und vor uns, in die Höhe ragend – der Berg Kuba (Kubat a-Nadjma), der soviel wie Sternberg heißen soll. Wir gingen durch das Einfahrtstor hinein und folgten einem Weg durch die Felder, welcher uns zu der Wasserquelle „Ma’ayan Hakramim“ führen sollte -so zumindest besagte das Schild. Autos fuhren hin und her, Jogger liefen an uns vorbei. Wir ruhten uns auf einer Bank aus, bevor wir uns auf die Suche nach der Quelle machten. Auf einem Hügel nahe dem Berg sahen wir plötzlich Reiter auf Eseln auf uns zukommen. Weit und breit um uns war kein arabisches Dorf zu sehen, und die Reiter sahen selbst weniger arabisch als eher folkloristisch aus. Es waren Jugendliche mit langen Schläfenlocken, wehenden alten Kleidern, einer davon äthiopischer Herkunft; sie ritten und liefen mit den Eseln, ein junger Esel trottete hinterher. Die Gesichter schmutzig oder sonnengebrannt – ich konnte es nicht erkennen. Hügeljugendliche, und zwar nicht irgendwelche, sondern von einem der berühmt-berüchtigten Vorposten, der als eine Art Zentrum für diese gilt – der „Baladi“-Vorposten, ein paar Hügel weiter von Kochav Hashachar. Ich fragte sie, ob sie dort herkommen würden. Einer antwortete mir kurz angebunden, dann ritten sie weiter.
Als ich später meine Freundin, bei der wir an diesem Tag in der Siedlung zu Abend saßen, nach der Herkunft der Jugendlichen fragte, meinte sie, nur ein Teil würde hier aus Kochav Hashachar stammen. Tatsächlich beherbergen diese Vorposten entlaufene Jugendliche aus allen möglichen Orten, auch außerhalb der „Grünen Linie“.
Sicht auf Kochav Hashachar
Wir machten uns weiter auf die Suche nach der Quelle und gingen den Weg hoch. Von dort bot sich uns eine atemberaubende Sicht auf die Siedlung selbst, auf die Weinplantagen neben ihr und auf das Jordantal – bis zum Toten Meer. Da mein Freund nicht zu lange gehen konnte, konnten wir uns die Aussicht vom Berg selbst nicht gönnen, sondern gingen weiter auf dem Weg. Den Berg habe ich schon vor einigen Jahren bestiegen und mich dort von dem Blick berauschen lassen, so sah es aus:
Die Wasserquelle entdeckten wir – es handelte sich dabei aber nicht um eine wirkliche Quelle, sondern um zwei größere Plantschbecken, die zum Vergnügen der lokalen Kinder eingerichtet worden waren. Da es Feiertag war, war das Gelände voll mit kreischenden Kindern und wir bevorzugten es, das Geschehen von oben zu betrachten.
Schon bald kam meine Freundin Hadas angefahren und bot uns einen Ausflug zu den zwei Aussichtsterrassen an, die bis an den Rand der Wüste hinausreichten. Von ihnen führte ein Wanderweg zu einer richtigen Wasserquelle unten in den judäischen Bergen; die Wanderung dorthin durfte aber nur mit einer Waffe oder einem Sicherheitsmann gemacht werden. Auch Jericho war von hier zu
Die Straße nach Jericho
sehen – Hadas erklärte, es sei zu Fuß zu erreichen, sei aber nicht empfehlenswert. Ich glaubte es hier. Ich war schon einmal bei der Einfahrt nach Jericho. Mich hatten damals vier große, rote Schilder mit der Aufschrift „Für Israelis Einfahrt verboten und lebensgefährlich“ empfangen und die Lust verging schnell. Die Schilder stehen noch immer da.
Das ist keine Gazelle…
Kochav Hashachar, die Siedlung, in der Hadas und ihre Eltern wohnen, wurde 1975 als ein Armeelager ins Leben gerufen. 1980 gelangten dorthin mehrere einzelne Familien der Siedlerbewegung „Gush Emunim“ hin und bildeten den ersten Siedlungskern. Heute besitzt der Ort knapp 2000 Einwohner, hat Festbau, Gemeindeeinrichtungen, eine Religionsschule, einen Industriepark und sogar ein neues Viertel – „MItzpe Kramim“, direkt neben der Muttersiedlung, wo sich junge Paare aus dem Ort Häuser gebaut haben. Es besitzt sogar ein eigenes Sekretariat. Als einzelne Siedlung ist es noch nicht anerkannt, obwohl es schon seit 1999 existiert und sogar den Bauort durch die israelische Regierung genehmigt bekommen hat, weil es auf deren Verlangen den ursprünglich geplanten Ort verlassen musste. Hadas versichert mich auf Nachfrage, dass es sich hierbei nicht um die Frage von Privatland, sondern um
Das ist keine Gazelle…
bürokratische Schwierigkeiten seitens der Zivilverwaltung handeln würde.
Es wurde langsam spät und kühl. Wir setzten uns zu Hadas in die Küche und aßen ein schnell aufbereitetes Abendessen, danach liefen wir im Halbdunkel zu der einzigen Bushaltestelle im Ort, um den Bus oder einen Autostop nach Jerusalem zu bekommen. Die Rückfahrt machten wir schon gänzlich im Dunkeln, während die Lichter der Ortschaften der schwarzen Hügel Binyamins an uns vorbeizogen. Die Nacht hatte sich auf die Wüste und die Berge gesetzt, ihre Existenz konnte man nur noch erraten. So endete unsere Fahrt nach Binyamin.
UPDATE: Der Beitrag zum Bild befindet sich hier: zum Beitrag
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Schaut euch dieses Bild an. Was seht ihr auf diesem Bild?
Ich mache es euch leicht. Das ist einer der „Hügeljugendlichen“ vom berüchtigten Vorposten „Baladi-Hügel“ nahe der Siedlung Kochav Hashachar in der Binyamin-Region (Südsamaria). Er und einige andere waren mit ihren Eseln auf der Straße unterwegs.
Das Foto stammt aus meinem neulichen Besuch in Binyamin und bald solltet ihr mehr erfahren. Bleibt dran!
Heute morgen, als ich unterwegs zum Spendenstand für unser Naturreservat Oz veGaon in Gush Etzion war, traf ich auf dem Weg durch die Felder um meine Siedlung herum die arabischen Nachbarskinder der Abu Awwad Familie. Sie boten mir noch grüne Mandeln von den Bäumen ihrer Farm an. Die Kinder wissen genau, dass selbst noch unreife Mandeln Leckerbissen sind.
Jetzt weiss ich das auch.
Lange Zeit warte ich schon darauf, euch von meiner Wanderung im malerischen Bergland Südsamarias, durch das Flussbett des „Wadi el-Hakim“, am 01.10.2015 zu berichten. Immer wieder kommen Meldungen und aktuelle Ereignisse dazwischen, die mich davon abhalten. Dadurch werden die Beiträge, die eigentlich auch Aspekte des Lebens in Judäa und Samaria außerhalb der aktuellen Berichterstattung zeigen möchten, leider nach hinten geschoben. Aber dem muss nicht für immer so sein. Hier also – ein Tagebucheintrag zu meiner Wanderung im „Wadi el-Hakim“.
Der Startpunkt meiner Wanderung durch das trockene Flussbett (auf Arabisch = Wadi) den sogenannten Wadi el-Hakim (Der Wadi des Weisen, ehemals benannt nach einer lokal ansässigen weisen Persönlichkeit) beginnt an den Wasserquellen unterhalb der Siedlung Nevé Tzúf-Halamísh in Südsamaria (Binyamin). Wie man der Webseite der Ortschaft entnehmen kann, wurde Neve Tzuf im November 1977 gegründet. Nachdem erste Familien der Siedlerbewegung „Gush Emunim“ ein verlassenes Gebäude der britischen Polizei bezogen und renoviert hatten, beschloss die israelische Regierung mit der Unterstützung der amerikanischen
Neve Tzuf, Karte 1
Regierung, den Grundstein zur Ortschaft Neve Tzuf zu legen. Der offizielle Namensausschuss, welcher für die Benennung von Ortschaften verantwortlich ist, hatte beschlossen, den ursprünglichen Namen „Neve Tzuf“ in „Halamish“ zu ändern, und so lässt sich die Siedlung heute auch auf der Karte finden. Die Einwohner stimmten diesem nicht zu; daher ist der Ort in der Region heute eher als „Neve Tzuf“ bekannt.
Heute leben in der religiösen Siedlung etwa 250 jüdische Familien verschiedener Herkünfte. Vom Verkehr her ist Neve Tzuf an die Autobahnstrecke 465 angebunden, über welche man in etwa 30 Minuten zum Ben-Gurion-Flughafen gelangt und in etwa 40 Minuten Tel Aviv erreicht.
Unterhalb von Neve Tzuf befinden sich die Me’ir-Quellen, welche erst vor kurzem durch die Jugendlichen der Siedlung renoviert wurden. Das Areal wurde besucherfreundlich gestaltet und gereinigt, ganze drei mit Steinen ausgelegte Wasserbecken laden zum Plantschen und Baden ein. Aus einem Fels fließt die eigentliche Quelle, die dann in die Becken weitergeleitet wird.
Arabische und jüdische Ortschaften. Karte 2
Neve Tzuf ist umgeben von 5 arabischen Ortschaften: Nabi Saleh und Deir Nizzam, weiter nördlich Kafr Eyn und Qarawat Bani Zeyd. Westwärts liegt Deir Abu Mash’al. Auf den Bergen über dem Wadi-Verlauf liegen Bait Rima und Abudt. Weiter nördlich liegt Deir Ghazzana.
Von den Wasserquellen von Neve Tzuf und auf der anderen Seite der Autobahn 465, welche an den Quellen vorbeiführt, fangen der eigentliche Wadi el-Hakim und die Wanderstrecke an. Der Wadi selbst misst etwa 10,28 km und führt von der Autobahn 465 durch die Berge westwärts Richtung Küste, an den drei arabischen Ortschaften vorbei (Deir Nizzam, Bait Rima und Abud), biegt
Verlauf des Wadis. Karte 3
Richtung Norden bei der juedischen Ortschaft Beit Arye ab und mündet in das Flussbett des Flusses Shiloh (arabisch: Wadi Amuriya).
Das Ende der Wanderstrecke ist die Siedlung Beit Arye, welche sich ebenso auf den Bergen hoch über dem Wadi befindet. Beit Arye ist eine größere Siedlung von über 4000 Einwohnern und wurde 1981 gegründet, 1989 schließlich zum Bau freigegeben. Der Charakter von Beit Arye ist gemischt, dort leben Menschen aus verschiedenen Schichten der israelischen Gesellschaft, religiöse und nichtreligiöse Juden leben zusammen. Die Siedlung gilt als insbesondere für diejenigen attraktiv, die im Zentrum des Landes und an der Küste arbeiten, sich aber einen Lebensunterhalt dort nicht leisten können oder aber eine engere Gemeinschaft und eine ländliche Umgebung bevorzugen. Aus der Siedlung selbst hat man einen Blick auf die Mittelmeerküste und die Skyline von Tel Aviv.
Teil 1: Die Fahrt
Fahrtroute zum Wanderweg
Als ich die Strecke von Jerusalem aus Richtung Neve Tzuf hochfahre, begegnet mir viel Verkehr auf den Strassen. Autos mit palaestinensischen und israelischen Kennzeichen fahren vorbei. Hinter dem Kontrollposten Hizme im Norden Jerusalems folgt eine kurze Fahrt an der arabischen Ortschaft Hizme vorbei und dann folgt das grosse Industriegebiet der Suedsamaria-Binyamin-Region, in welchem sich auch der grosse zentrale Discounter ‚Rami Levy‘ befindet. Die Supermarktkette ist vor allem bekannt dafür, dass bei der Einstellung der Mitarbeiter nach den Grundsätzen der Toleranz und Offenheit gehandelt wird; so wird der Supermarkt trotz Sicherheitsrisiko von sowohl israelisch-jüdischen als auch
Der ‚Rami Levy‘ Supermarkt, Binyamin Industriezone (Quelle: Hakol Hayehudi)
palästinensisch-arabischen Mitarbeitern betreut, und Kunden aus der gesamten Region, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit (somit also auch aus den PA-Zonen), ungestört einkaufen gehen können. Leider haben die Ereignisse der letzten Monate und Wochen (Die Siedlerin berichtete) gezeigt, dass die Sicherheitsbedrohung durch die Anwendung dieses Grundsatzes für jüdische Kunden immer wieder aktuell und nicht an den Haaren herbeigezogen ist.
Zu dem Beginn meiner Wanderroute fahre ich per Autostopp. Die wüstenähnliche Landschaft von Südostsamaria (ab jetzt: Binyamin-Region) begleitet meine Fahrt. Es ist Oktober und dennoch sehr heiß.
Mein erster Autostopp, den ich vom Grenzübergang Hizme genommen habe, bringt mich vor die Tore der Siedlung Ofra. Ofra ist eine relativ große Siedlung mit etwas mehr als 3000 Einwohnern, sie wurde 1975 gegründet und 1977 offiziell von der Regierung anerkannt. Die Bewohner Ofras sind weitestgehend religiös, der Lebensstandard hoch. Business, Erziehung und Tourismus florieren in Ofra. Von außen kann ich eine Feuerwache erkennen.
Mit zwei Jugendlichen warte ich auf einen weiteren Autostopp westwärts. Die beiden wollen offenbar zum selben Ziel, der Me’ir-Wasserquelle, bei der der Wanderweg anfängt. Sie erzählen mir, dass in der dortigen Region es relativ viele Wasserquellen gibt. Mit uns an der Bushaltestelle stehen zwei Soldaten, die in Judäa und Samaria praktisch jede Haltestelle bewachen. Sie machen einen gelangweilten Eindruck (ich kann sie gut verstehen) und spielen mit ihren Smartphones herum. Ich muss relativ lange auf den Autostopp warten und scheine meine Hoffnung etwas zu verlieren, doch da hält ein Fahrzeug neben uns an und der Fahrer fährt zu unser aller Glück direkt nach Neve Tzuf.
Je weiter wir in Richtung der Siedlung fahren, desto niedriger werden die Hügel. Topografisch gesehen befinden wir uns im Abstieg, von einer Höhe von 800m über dem Meeresspiegel (Ofra) fahren wir bis zu 600m hinunter. Der Wanderweg im Wadi selbst wird uns schließlich bis zu 200m über dem Meeresspiegel bringen.
Die Natur verändert sich auch. Die wüsten und steinigen Hügel Ost-Binyamins, welche kaum Vegetation besitzen, weichen Bäumen und Olivenplantagen, welche den lokalen arabischen Grundbesitzern gehören . Es wird grüner. Ein Verkehrsschild weist darauf hin, dass sich hier in der Nähe die „sagenhafte“ palästinensische Metropole Rawabi befindet, ein Großprojekt der Palästinensischen Autonomiebehörde, welches allerdings keine konkrete Förderung erhält und daher eher im Stocken zu sein scheint, als tatsächlich eine Alternative für die arabischen Dorf- und Stadtbewohner zu bieten. (Mehr über Rawabi kann man hier nachlesen). Wir fahren auch an der wunderschönen Gebirgslandschaft um die Siedlung Ateret herum vorbei.
Nach etwa zwanzig Minuten kommen wir an der Me’ir-Wasserquelle an; der Fahrer ist so nett, uns direkt an die Quelle zu fahren. Wie schon in der Einleitung erwähnt, wurde die Anlage von den Jugendlichen der Ortschaft renoviert und erweitert. Auf dem Bergabhang finden sich drei Wasserbecken und mehrere Sitzgelegenheit, mit und ohne Überdachung. Um zwei der Becken tummeln sich Familien mit Kindern, das dritte ist leer. Das Wetter ist wie geschaffen für einen Ausflug ans Wasser – heiß und sonnig, die Luft sauber.
Teil 2: Die Wanderung beginnt
Als ich ankomme, setze ich mich zu einer verheirateten Frau mit traditionellem Kopftuch auf einer Bank dazu und fange an, mich mit ihr zu unterhalten. Zu meinem Erstaunen zieht die Frau eine Zigarette hervor und beginnt zu rauchen – etwas für Frauen eher Unübliches in der nationalreligiösen Gemeinschaft. Sie wohnt in der benachbarten Siedlung Talmon, ist aber ebenso wie ich das erste Mal an dieser Quelle. Sie fragt mich, ob ich per Autostopp gekommen bin, was ich bejahe. Dann erzählt sie mir, dass sie das Trampen aufgegeben habe, als ihre Mutter ihr einst ihr erstes Auto gekauft hatte, denn diese wollte nicht, dass ihre Tochter sich ein Motorrad kaufe. Nach dieser Unterhaltung begebe ich mich zum Becken; das Wasser ist einladend und gar nicht so kalt und ich springe, mit T-Shirt und Rock bekleidet, hinein. Badekleidung wäre an diesem Ort nicht angemessen, und ist auch gar nicht nötig – die Kleider trocknen in der Sonne schnell. Kurze Zeit später gesellt sich zu mir ein junges und sehr verliebt wirkendes Paar – wahrscheinlich frisch verheiratet, denke ich mir. Um sie nicht zu stören, steige ich aus dem Becken aus, ziehe mich in den Büschen um. Ich kann beobachten, wie die beiden auch ins Becken hineinklettern. Ein schönes Timing für einen romantischen Ausflug, muss ich zugeben.
Mithilfe von Google Maps und GPS (sehr nützliches Utensil für jeden Wanderer, fast schon besser als eine professionelle topografische Karte, zumindest für mich als Amateurin) finde ich den Beginn des Wadis auf der anderen Seite der Autobahn. Ursprünglich sollte ich die Wanderung mit einer organisierten Gruppe machen, zu dieser habe ich es allerdings nicht geschafft und muss somit den Weg alleine gehen.
Der Wadi beginnt auf der rechten Seite der Autobahn 465 abwärts, führt an einigen Weinplantagen und einem kleinen arabischen Bauernhof vorbei und weiter in das Tal zwischen den Hügeln. Ich klettere hoch auf die Hügel, um einen besseren Überblick zu behalten. Über mir kann ich einen Ziegenhirten erkennen, den ich auf Arabisch grüße, ebenso ein paar Feldarbeiter unterhalb von meinem Pfad. Der Pfad lässt sich nicht besonders gut erkennen, außerdem bevorzuge ich es, in dieser noch bewohnten Gegend eher weniger Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen – immerhin wandere ich allein und kenne die arabischen Bauern hier nicht. Zu meiner Linken sehe ich auf den Hügeln das Dorf Deir Nizzam und hinter mir weht auf einem anderen Hügel eine palästinensische Flagge. Dahinter befindet sich der Ort Nabi Saleh.
Nabi Saleh ist berühmt-berüchtigt für seine wöchentlichen, kravalleartigen Demonstrationen „gegen die israelische Besatzung“, bei welchen sich die lokalen Jugendlichen, angeführt von Mitgliedern der Tamimi-Familie und mit häufigem Beistand von pro-palästinensischen Aktivisten , gewalttätige Ausschreitungen mit der israelischen Armee liefern. Bei diesen Ausschreitungen gab es oft genug Tote und Verletzte; Steinewürfe und tätliche Angriffe stehen dabei an der Tagesordnung. Auch versuchen die Einwohner, an das benachbarte Neve Tzuf heranzukommen, woran sie die Armee hindert. Nabi Saleh ist auch bekannt durch seinen „Exportstar“, die heute 15-jährige Ahed Tamimi. In 2012 wurde die Tochter der
Ahed und ihre Eltern, die Aktivisten Nariman und Bassem Tamimi (Quelle: Ha’aretz)
führenden „Widerstands“-Aktivisten aus Nabi Saleh, Nariman und Bassem Tamimi als Elfjährige zum ersten Mal gefilmt, wie sie, ihre Cousine und eine Gruppe anderer Kinder, in ärmellosem Hemd und Leggins Soldaten nahe der Ortschaft ankreischte und versuchte, auf einen eher amüsiert wirkenden Soldaten einzuschlagen. Die Szene wurde auf Youtube ausgestellt, ging um die Welt und wurde lange Zeit in den internationalen Medien diskutiert. Verschiedene Organisationen, solche wie CAMERA, stellten Recherchen zusammen, die eine organisierte Aktion und keinen „spontanen“ Protest hinter dem Auftritt von Tamimi aufdeckten. Ahed selbst, danach von ihren Spöttern als „Shirley Temper“ betitelt, tauchte
Ahed gegen die Soldaten, Quelle: Haber5
über Jahre in weiteren Clips der Tamimi-Familie auf (diese besitzt auch eine Facebook-Seite namens „Tamimi Press“). Für ihren Einsatz im „Palästinensischen Widerstand“ erhielt sie Auszeichnungen von Mahmud Abbas und sogar von
Ahed erhält die „Courage“-Auszeichnung in der Türkei (Quelle: DipnotTV)
Erdogan, wofür sie extra in die Türkei geflogen wurde. Mehr über Ahed Tamimi und Nabi Saleh kann man hier und hier nachlesen.
Soweit zu Nabi Saleh. Ich gehe weiter, überquere den Wadi auf die andere Hügelseite, um dort einen einfacheren Pfad zu finden, und gehe entlang der dieser Region so typischen Steinterrassen. Die meisten davon scheinen verlassen zu sein, Früher wurden hier sicherlich Oliven oder gar Trauben angebaut, heute werden viele davon nicht benutzt. Die Terrassen können etliche Jahre alt sein – mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte, denn Terrassenbau war und ist hier die bevorzugte Art der Landbewirtschaftung.
So sieht eine lokale Eiche aus (Illustration)
Ich spüre einen leichten Wind. Die Luft ist sehr angenehm. Die Natur um mich herum ist sehr trocken; es ist Herbst und der Boden ist übersät mit Dornbüschen. Die Vegetation besteht aus lokalen Bäumen wie dem ‚Quercus Calliprinos‘, der lokalen Eiche, die im gesamten Mittelmeerraum verbreitet ist und auf Kalkstein wächst. Tatsächlich bestehen die Felshügel zum größten Teil aus Kalkstein.
Wer genau hinschaut: auf dem Hügel sind Ziegen zu sehen
Während der Wanderung lege ich einige Pausen ein, setze mich ins Gebüsch oder unter die Bäume, betrachte die Oliven, trinke viel und halte Ausschau nach Menschen. Das Tal ist einsam, in einiger Ferne auf den Felshügeln lassen sich hin und wieder Häuser der verschiedenen arabischen Ortschaften erkennen. Ich möchte allerdings ungern von deren Einwohnern erkannt werden.
Mein Weg führt mich entlang von Jeep-Spuren. Eine Zeit lang nehme ich an, dass dies der richtige Weg ist, muss aber nach wenigen hundert Metern einsehen, dass ich mich getäuscht habe. Der Pfad führt mich laut Google Maps in eine falsche Richtung, vielleicht zu einer Farm. Ich gehe die Meter zurück, befinde mich nun im Tal, zwischen den niedrigen Bäumen einer Olivenplantage und gehe weiter, in Talrichtung abwärts. Inmitten der Plantage, die bestellt aussieht, ist es aus mehreren Gründen vorteilhaft zu wandern: Man hat sowohl Schatten als auch Blickschutz und kann herannahende Menschen hören. Die Bäume sind breit, kräftig, ihre Äste sehr niedrig und man kann viele Oliven sehen – offenbar wurde diese Ernte nicht oder noch nicht eingesammelt. Zu meiner Linken lässt sich bald eine Art trockenes Flussbeet erkennen – hier müsste in Regenzeiten der el-Hakim-Fluss selbst entlangfließen. Das ist mein eindeutiger Beweis dafür, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Nur nicht das Flussbeet aus den Augen verlieren!
Auf einer Terassenwand erkenne ich Graffiti auf Hebräisch und Arabisch. Je weiter ich gehe, desto mehr merke ich, wie sich die Landschaft langsam verändert. Die Hügeln weisen ein größeres Pflanzenwachstum auf; zu den Eichen gesellen sich nun auch die Pistazienbäume. Es handelt sich dabei um die sogenannte ‚Pistacia palaestina/atlantica‘, eine regionale Art. Eine weitere, im Mittelmeerraum und speziell in Israel verbreitete Art ist der sogenannte Mastixstrauch oder -baum, ‚Pistacia lentiscus‘, und die Terpentin-Pistazie (Pistacia terebinthus). Leider kann mein
Die Früchte des Pistazienbaums
Photoapparat mit den Bildern nicht den Wind übertragen, der nun, um die frühe Nachmittagszeit, durch das Tal weht und den Geruch von heißer Erde, Gewürzsträuchern und brennendem Holz mit sich trägt – offenbar wird irgendwo in der Nähe ein Feld zum Anbau freigemacht, und das wird hier mithilfe von kontrolliertem Feldbrand erledigt. Alles zusammen ergibt eine unvergleichliche Mischung von Gerüchen, die in hiesigen Bergen beheimatet ist.
Der Pfad taucht mal auf, mal verschwindet er. Ich treffe auf Brombeerbüsche; auch diese sind hier beheimatet, die Früchte sind allerdings noch nicht reif. Über mir, hoch auf dem Hügel, erkenne ich einige Bauten. Ich gehe etwas in Deckung und ziehe weiter; auf der Karte prüfe ich die Ortschaften nach. Offenbar handelt es sich dabei um die angrenzenden Gebäude des Dorfes Bait Rima.
Bait Rima hat eine besondere Geschichte. Der Name, den Untersuchungen von Forschern wie Yoel Elitzur (Ben Zwi-Institut / Akademie der Hebräischen Sprache) zufolge, geht auf ein antikes jüdisches Dorf namens Beit Rima zurück, welches im Talmud (Mishna, Minchot 88, 46) als eins der Orte erwähnt wurden, aus welchem der Wein in den Tempel gebracht wurde. Wir sprechen hier also von der Epoche des ZweitenTempels, noch vor seiner Zerstörung durch die Römer 70 n.d.Z. Interessanterweise wird an derselben Stelle ein weiterer Ortsname erwähnt – Beit Lavan. Das arabische Analog dazu, namens Al-Lubban al-Gharbi, lässt sich einige Kilometer weiter von Bait Rima, unweit der Siedlung Beit Arye (die das Endziel meiner Wanderung darstellt und sich auf derselben Bergkette befindet), wiederfinden. Es ist hinreichend bekannt und nachgewiesen, dass arabische Ansiedlungen in zahlreichen Fällen den Ursprungsnamen eines Ortes in arabischer Umwandlung übernahmen und so zu einem lebenden Nachweis für dessen frühere Existenz wurden. Mithilfe dieser Kenntnisse liessen sich schon über Jahre hinweg Nachweise für antike jüdische und kena’anitische Ortschaften finden.
Das Tal von Bait Rima war zur Zeit des Zweiten Tempels für seinen Weinanbau bekannt. Heute wurde der Weinbau durch Olivenbäume ersetzt, wobei nicht alle Plantagen tatsächlich bestellt werden, sondern nur zum Schein aufrecht erhalten werden: Es sind leider Fälle bekannt, bei welchen ausländische (= europäische) NGOs lokale Bauern ermutigten, auf unbearbeiteten Landflächen durch Baumpflanzung „Fakten“ zu schaffen und das Gebiet zu palästinensischer Anbaufläche zu erklären.
Heute ist Bait Rima ein als „feindlich“ eingestuftes Dorf und gehört offiziell der Zone A unter der Verwaltung der PA an. Aus dem Dorf stammten die Mörder des israelischen Generals und Tourismusministers Rechavam (Gandhi) Ze’evi, welche diesen am 17.Oktober 2001 in Jerusalem umbrachten.
Bait Rima gegenüber liegt das Dorf Abud. Heute sind ein Teil der Einwohner von Abud arabische Christen. Zu Zeiten des Zweiten Tempels (bis 70 n.d.Z.) und um den Bar-Kochba-Aufstand herum (2.Jahrhundert) lebten hier reiche Juden. In der Nähe des heutigen Abud wurden Grabfelder und Grabhöhlen gefunden, und auf den Grabsteinen sind teilweise Weinreben abgebildet – was darauf hinweist, dass die lokalen Bewohner im Weinbau tätig gewesen sind.
Arabische und jüdische Ortschaften. (Karte 2)
Der weitere Verlauf meiner Wanderung führt mich zu einer Brücke. Ich überquere die Straße, welche einerseits zwischen Abud und Bait Rima verbindet, und andererseits zu den Wasserquellen von Abud führt. Diese bekomme ich ebenso zu sehen, als ich weitergehe. An den Wasserquellen befinden sich kleine Anwesen, in manchen steht ein Schwimmbecken. Meine Ankunft überrascht einige arabische Jugendliche, die in einem aufblasbaren Swimmingpool herumtoben. Die Quellen scheinen beliebt zu sein; ich sehe weitere niedrige Häuser mit breiten Gärten und Autos, die davor parken. Der Weg führt mich hinab. Ein Bauer mit seinem Pferd bearbeitet sein Feld und sieht nicht, wie ich an ihm hinter den Bäumen, die uns trennen, vorbeigehe.
Vor mir auf den Hügeln sehe ich rotgeziegelte Häuser. Der Bauart nach (und auch laut meiner Karte) sollte das eine jüdische Ansiedlung sein. Beit Arye? Schon angekommen? Eigentlich wäre ich noch gerne weiter gelaufen, der Wadi schlängelte sich weiter zwischen den Hügeln, doch dann höre ich stimmen. Ich habe tatsächlich meine Wandergruppe gefunden, mit der ich eigentlich hätte laufen sollen. Die Teilnehmer sitzen etwas erschöpft an einer aus einem Fels sprudelnden Quelle, an ihrer Seite zwei Soldaten und der Reiseleiter. Er winkt mir zu. Ich scheine noch rechtzeitig seine Erklärungen zu den früheren jüdischen Ansiedlungen hier in der Gegend mitzubekommen. Neben der Wasserquelle, an der wir sitzen, befindet sich eine alte britische Wassermühle, welche hier zur Mandatszeit die Wasserversorgung für die Ortschaften verwaltete.
Sicht auf die Berge hinter Beit Arye
Teil 3: Abschluss
Ich bin also am Ziel der Wanderung angelangt. Oberhalb des Wadis, hinter uns, befindet sich schon die Siedung Bet Arye, und ich scheine sogar etwas zu weit gelaufen zu sein. Es ist später Nachmittag, die Sonne wird weich, es wird etwas windig. Wir steigen den Hügel hoch und laufen den Häusern von Beit Arye entgegen, die von einer Stützmauer umgeben sind. Beit Arye ist eine nichtreligiöse Siedlung von etwa
Beit Arye
3000 Einwohnern, in ihr leben und arbeiten Israelis aller möglichen Ausrichtung; viele arbeiten im Landeszentrum und an der Küste.
Die anderen Wanderer und ich setzen sich an den Straßenrand nahe des Ausfahrtstores, betrachten die Dämmerung und warten auf den Autostopp. Viele sind mit eigenen Autos gekommen. Es dauert eine Weile, bis jemand anhält, der Richtung Jerusalem fährt. Die meisten fahren nach Ofarim, einer weiteren kleinen Ansiedlung neben Beit Arye, in welcher ein Großteil der Einwohner Juden jemenitischen Ursprungs leben. Ich kenne einen guten Freund, der dort lebt, dieser ist jedoch nicht daheim.
Von Beit Arye aus gibt es eine Aussicht auf die Küste und die Hochhäuser von Tel Aviv. Diese sehe ich trotz Dämmerung am Horizont.
Nach Jerusalem gelange ich über die Shilat-Kreuzung, eine große Kreuzung an der Autobahn 443 vor der Einfahrt in die Stadt Modi’in, zu der mich eine Fahrerin bringt. Es braucht mich noch zwei weitere Tramps, um ins Jerusalemer Zentrum zu gelangen, und von dort aus fahre ich heim, müde, aber zufrieden. Der Trip ist mir gelungen und meine Eindrücke sind wunderbar und zahlreich. Ich kenne nun einen weiteren, wunderschönen Teil des Landes Israel.
Als Fazit möchte ich noch erwähnen, dass solche Wanderrouten in Judäa und Samaria nicht ohne Sicherheitsvorkehrungen durchwandert werden sollten: Basismittel zur Selbstverteidigung – Pfefferspray oder besser gar Handfeuerwaffe. Die Wanderrouten erfordern Ortskenntnis und Ortsverständnis. Eine Karte ist unbedingt notwendig. Der Wadi el-Hakim selbst ist als offizielle Wanderroute anerkannt und es lässt sich dazu online weiteres Material finden. Feldschulen, so beispielsweise die Feldschule „Ofra“, kennen sich mit den lokalen Wanderwegen aus und können Auskunft geben. Mit ihnen sollte man sich unbedingt beraten. Ebenso sollte auch bei der lokal stationierten Armeeeinheit/Sicherheitsabteilung Rat eingeholt werden, ob die Gegend zu gewünschten Zeit als begehbar gilt oder ob es Sicherheitswarnungen gibt.