Schlagwort-Archive: araber

Aktuelles / Protestmarsch / Friedenszusammenkunft

Shalom an alle.

In den letzten Tagen habe ich relativ geschwiegen und nichts veröffentlicht; das liegt daran, dass ich in den letzten Wochen sehr von meiner Arbeit und dem Studium beansprucht wurde (zur Erinnerung, ich arbeite als Reiseführerin in Teilzeit in der Knesset und studiere Nahostwissenschaften für das BA an der Bar-Ilan-Universität). In solchen Fällen kommt es leider vor, dass ich keine Beiträge schreiben kann.

Das Leben steht aber trotz meines überfüllten Alltags nicht still und es finden sich Aspekte, die es wert sind, erwähnt zu werden. Natürlich rede ich dabei von den aktuellen Ereignissen in Judäa und Samaria, auch wenn es in ganz Israel momentan alles andere als ruhig ist.


Zur aktuellen Sicherheitslage: Die Terrorversuche und Attentate flauen leider nicht ab. In Städten im Zentrum des Landes tauchen Terroristen auf und greifen Bürger an, und was Judäa und Samaria angeht, so sind Steinewürfe, versuchte (oder ausgeführte) Messer- und Schussattacken auf Kontrollposten seitens palästinensischer Araber insofern Teil der Routine, als dass selbst ich mittlerweile müde werde, sie zu erwähnen. Unsere Kreuzung, in Gush Etzion, ähnelt schon einige Monate einem Sicherheitstrakt, und wenn ich morgens durch die Felder von meiner Karavanensiedlung aus hinunter zur Hauptstraße komme, laufen mir immer wieder Soldaten entgegen und wollen wissen, wer ich sei. Sie wechseln sich ständig ab und haben sich noch immer nicht an mich gewöhnt. Einmal pro Woche hören wir in den lokalen Nachrichten von einem versuchten Attentat entweder bei uns, oder auf einer anderen Kreuzung. Die Soldaten vor Ort sind sehr angespannt, das merkt man ihnen an. Denn die Einwohner lassen sich von den Terroristen nicht daran hindern, weiterhin an den Bushaltestellen zu warten und zu fahren.

Am 14. 03 ereigneten sich eine Schuss- und Autoattacke auf der Bushaltestelle bei der Einfahrt in die Stadt Kiryat Arba-Hevron (Judäa), bei der zwei Terroristen die sich dort aufhaltenden Wartenden und Soldaten angriffen. Drei Soldaten, darunter ein Offizier, wurden verletzt und evakuiert, die Attentäter wurden getötet. Am 17.03 (heute) wurde eine Soldatin an der Ariel-Kreuzung (Samaria) von zwei Arabern angefallen, die auf sie einstachen. Die Täter wurden getötet, die Soldatin medizinisch versorgt und evakuiert. (Quelle: IDF)


Die israelische Instant-Nachrichtenseite 0404 berichtet, dass Donnerstag früh drei arabische Lastwagen mit Baumaterial von der israelischen Zivilverwaltung (für die zivilen Angelegenheiten der jüdischen und arabischen Bewohner Judäas und Samarias sowie für Landangelegenheiten verantwortlich; ein Organ der israelischen Militärverwaltung) konfisziert worden sind. Ihre Besitzer hatten sich unrechtmäßig aufgemacht, ein Landgebiet um die Siedlung Karmey Tzur (Judäa) herum zu bebauen. Das betroffene Gebiet besitzt Untersuchungsstatus (was bedeutet, dass sein Besitzer juristisch gesehen noch nicht ermittelt worden ist) und darf offiziell nicht von israelischen oder palästinensischen Einwohnern bebaut werden.  Die spontane und illegale Landaneignung seitens palästinensischer Araber im C-Gebiet findet regelmäßig statt; bei manchen der Fälle hat in der Vergangenheit auch die EU ihre Unterstützung geliefert. Die israelische NGO „Regavim“  befasst sich mit illegalem arabischen Bau in C-Gebieten ebenso wie im Süden und Norden Israels.


 

Protestmarsch-Flyer
Protestmarsch-Flyer

Am 15.03., Dienstag, fand ein Protestmarsch bei uns in Judäa statt  – besser gesagt, auf der Autobahn 60 zwischen der Siedlung Karmey Tzur und dem zentralen Knotenpunkt – der Gush-Kreuzung. Der Autruf wurde von den Vorsitzenden der Regionalverwaltungen getätigt – von Gush Etzion, der Stadt Kirzat Arba, Südhevron, Binyamin-Samaria, und richtete sich an die Einwohner mit dem Aufruf, gegen die freie Fahrt palästinensischer Fahrzeug durch den Hauptknotenpunkt Gush Etzion zu demonstrieren. Unter dem Motto „Hauptstraßen versperren – Abschreckung wiederherstellen“ gingen mehrere Dutzend Menschen (den Aufnahmen zufolge,

Foto: Natan Epstein
Foto: Natan Epstein

müssten es knapp Hundert gewesen sein) mit Israelflaggen und in Begleitung der Armee auf die Straße, sperrten für 2 Stunden den lokalen Verkehr ab und demonstrierten für sichere Straßen für israelische Fahrzeuge – durch das Verhindern palästinensischen Verkehrs. Der Aufruf richtete sich selbstverständlich an den Premierminister und das Regierungskabinett. Die Idee dahinter: Die unaufhörlichen Terrorakte gegen die jüdische Bevölkerung basieren auf Hetze und

Foto: Natan Epstein
Foto: Natan Epstein

werden von der unmittelbaren Umgebung der Täter befürwortet und unterstützt. Auf die Terrorakte folgt keine Reaktion der offiziellen Stellen und es gibt kein Abschreckungspotential gegenüber zukünftigen Tätern und ihren Unterstützern. Die Beeinträchtigung der Lebensqualität dieser „unterstützenden“ Umgebung würde zu einem Abschwellen des Terrors führen.

Ich weiß nicht, inwiefern dieser Marsch tatsächlich etwas erreichen wird oder gar einen Sinn hat in seinen Absichten. Aber ich respektiere das Recht auf freie Meinung und Ausdruck. Es ist wichtig, dass Menschen nicht gleichgültig ihrem Schicksal gegenüberstehen.

Zum Video (Englisch)


Heute (18.03.16) findet vor der Tür sozusagen, in den Feldern bei Alon Shevut, eine „Friedenszusammenkunft“ der besonderen Art statt.

Frieden? Hier? Judäa? Westjordanland? Was? – höre ich die Stimmen.

"Wir machen Frieden im Land" Eventflyer
„Wir machen Frieden im Land“ Eventflyer

Allerdings. Gerade bei uns, gerade in Judäa. Es geht um eine Initiative, die vor etwas anderthalb Jahren gestartet wurde, und die der Idee des im Jahre 2013 verstorbenen Rabbiners Menachem Fruman aus Teko’a nachhängt. Wer den Namen schon einmal gehört hat – gut so, so wird sich einiges aufklären. Wer nicht – Menachem Fruman, über den und seine Familie ich im Laufe der Zeit berichten  möchte – war der „Wunderrabbi“ der gemischten Siedlung Teko’a in Ost-Judäa und ein national und international bekannter Friedensaktivist. Als Rabbiner, nationalreligiös und Siedler, nahm er sich vor, den Kontakt zwischen Juden und muslimischen Arabern ausgerechnet  in Judäa und Samaria aufzunehmen und zu fördern. Frieden, so Fruman, muss von unten wachsen, und niemand würde dafür besser geeignet sein als die beiden Bevölkerungsschichen, die sich diesem meisten verbunden fühlen würden – die arabische Dorfbevölkerung und die jüdischen Bewohner von Judäa und Samaria.

Zu diesem Zweck führte Rabbi Fruman jahrzehntelang Gespräche mit lokalen muslimischen Geistlichen, palästinensischen Politikern, einfachen Einwohnern – und natürlich den „Mitsiedlern“. Traf sich mit ihnen, organisierte gemeinsame Gebete, besprach Auswirkungen von Terroranschlägen und ihre Prävention. Er traf sich auch mit den Anführern der Palästinensischen Autonomiebehörde und den führenden Politikern der palästinensischen Widerstands- und  Terrorbewegungen! Als er 2013 an einer Krankheit verstarb, führten seine Frau Hadassah, nicht weniger bekannte Aktivistin, und seine Kinder sein Lebenswerk mit Überzeugung weiter.

Das "Roots" Logo
Das „Roots“ Logo

Die Initiative, über die ich momentan einige Worte verlieren möchte, wird sowohl vom „Fruman’schen“-Zentrum organisiert, als auch von den „Roots“ (Shorashim/Judur auf Hebräisch und Arabisch). Und „Roots“ ist eine NGO in Anlehnung an die Ideologie von Rabbiner Fruman  und ist etwa 1,5 Jahre lang aktiv. Die treibende Kraft und der „Partner zum Dialog“ dahinter ist Ali Abu Awwad, ehemaliger Fatah-Aktivist und heute in einer innerarabischen Bewegung für Gewaltlosigkeit und Kooperation tätig, die er ins Leben gerufen hat. Er, gemeinsam mit dem amerikanischstämmigen Rabbiner Hanan Schlesinger aus Alon Shevut und einigen dutzend weiteren motivierten Israelis (und darunter einigen wenigen

Von links: Ali Abu Awwad, R.Hanan Schlesinger, Shaul Judelman (weiterer Aktivist). Quelle: Friends of Roots Webseite
Von links: Ali Abu Awwad, R.Hanan Schlesinger, Shaul Judelman (weiterer Aktivist). Quelle: Friends of Roots Webseite

pal.Arabern) betreiben die Organisation als eine lokale Initiative für Kennenlernen, Verständigung und Normalisation zwischen den zwei

verfeindeten Bevölkerungsgruppen – den Arabern und den Juden Judäas und Samarias.  „Roots“ veranstaltet Gesprächsrunden, Aktivitäten für Kindern, Vorträge in Amerika und der Schweiz; Rabbi Schlesinger und Abu Awwad treffen sich mit Interessierten. Es hört sich bombastisch an – aber die Organisation ist noch immer starr, beschränkt sich momentan nur auf Gespräche und Vorträge mit einer überwiegend israelischen Teilnehmerzahl (überwiegend – das heißt, in den meisten Fällen 50 zu 1).

Was aber ist das Treffen am Freitagvormittag, dem 18.03? Die „Friedenszusammenkunft“ soll zum Gespräch und Kennenlernen animieren und genutzt werden. Über die Ideologie des lokalen Friedens wird gesprochen werden. Zu den Gästen zählen auch unter anderem linke Friedensorganisationen, welche offenbar ein Interesse an ihrem „Siedleräquivalent“ bekommen haben, wohl aber bisher einen Kontakt zu den jüdischen Siedlern verneint haben.  Es soll auch arabische Redner geben…

Das alles hat mir übrgens jemand beim neulichen Autostoppen erzählt. Wer war der/diejenige?

Die Tochter von Hadassah und Rabbi Fruman höchstpersönlich, Re’ut!

Ich traf auf sie beim Autostoppen nach Hause. Erst aus einem Telefongespräche verstand ich, dass es sich um die Tochter Rabbi Frumans handelte. Ihr Gespräch drehte sich natürlich um das Event am nächsten Tag. Ich sprach sie darauf an und wollte mehr darüber wissen, und vor allem über ihre Meinung darüber. Auch brennende Fragen hatte ich – und habe immer noch: Was erreicht die Organisation tatsächlich? Wie viele Menschen interessieren sich dafür? Wieso kommen so viele lokale jüdische Interessierte, treffen aber immer auf dieselben zwei bis drei arabische Aktivisten (und meistens nur auf Ali Abu Awwad)? Was soll die Initiative bei der arabischen Bevölkerung erreichen, erreicht sie etwas?

Re’ut hörte sich nach jemandem an, der ganz in die Idee ihres Vaters vertraut und mit ganzer Seele dabei ist, obwohl sie bekundete, ihr Vater habe ihr noch als Jugendliche die Wahl freigestellt, ob sie sein Lebenswerk unterstützen oder diesem fernbleiben wollte. Was die lokalen Veranstaltungen und Projekte ihrer Mutter Hadassah angeht, so meinte sie, dort gäbe es viel mehr Rückmeldung und auch Menschen, „Roots“ sei so etwas wie eine Tochter und auch davon bekämen Menschen zu hören. Sie war sichtlich voller Vorfreude auf das kommende Event. Auf die Frage, wieso die arabische Seite der Organisation nach außen hin kaum bis gar keine Beteiligung zeige, wusste sie mir Beispiele anzuführen und vor allem hatte sie ein Argument: Es ist gefährlich. „Viele, die uns im Herzen unterstützen, können sich das nicht erlauben, zu kommen. Diejenigen, die kommen, begeben sich in Lebensgefahr. Wenn sie kommen, sind sie sich das bewusst und nehmen es in Kauf. Andere, verstehst du, viele können dies nicht machen.“ Sie brachte mir ein Beispiel eines muslimischen Scheichs, der mit ihrem Vater einst viel Kontakt hatte und auch zu ihm kam. Dieser Scheich meinte, er würde keiner Bedrohung ausgesetzt sein – er sei eine religiöse Figur.  – Zwei Wochen danach erfuhr sie, dass derselbe Scheich sich ins Ausland abgesetzt hatte, da gegen ihn seitens der Hamas ein Todesurteil ausgesprochen wurde.

Was Ali angeht, so Re’ut, so hat er einen großen Clan hinter sich, der zu ihm steht. Andere, die keinen großen und einflussreichen Clan hinter sich haben, haben es viel schwerer. Ob ihre Mutter Hadassah Fruman auch mit der Palästinensischen Autonomiebehörde Gespräche führe? Ja, das tue sie, so Re’ut. Wieso sollten sie ein Interesse daran haben, an einer Normalisierung, an einem guten Verhältnis? Es sei immer einfach, sich dagegen zu stellen, so Re’ut, aber auch sie hätten Interesse daran, dass es eine Realität vor Ort mit Rechten und normalisierten Zuständen gäbe.

Mehr konnte ich Re’ut leider nicht fragen und auch nicht weiter nachhaken – ich musste aussteigen. Ich hoffe, sie bei der Veranstaltung noch einmal zu sehen und auch dort selbst einige Antworten zu bekommen – zumindest in der Variante der „Roots“-Aktivisten, um zu sehen, inwiefern das Ganze einen Realitätsbezug besitzt. „Friedensaktivisten“ gibt es viele, aber nur wenige von ihnen nehmen die Wirklichkeit um sie herum in der richtigen Proportion in Kauf….

Grüne Mandeln

Heute morgen, als ich unterwegs zum Spendenstand für unser Naturreservat Oz veGaon in Gush Etzion war, traf ich auf dem Weg durch die Felder um meine Siedlung herum die arabischen Nachbarskinder der Abu Awwad Familie. Sie boten mir noch grüne Mandeln von den Bäumen ihrer Farm an. Die Kinder wissen genau, dass selbst noch unreife Mandeln Leckerbissen sind.
Jetzt weiss ich das auch.

Shukran ya aulad! شكرا يا اولاد!

image

image

NEWS: Tödlicher Schusswechsel

In unserer Karavanensiedlung haben wir eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe für alle Einwohner. Diese ist auch recht lebendig, und auch öfters mal nützlich, wenn man sich untereinander austauschen kann.

Ortschaftenkarte Gush Etzion.
Ortschaftenkarte Gush Etzion.

Als gestern, 24.02.16, die Nachricht von Jochanan, meinem Nachbarn, mit der Bitte um ein Gebet für Genesung verschickt wurde, wusste ich schon zuvor, dass es ein Attentat gegeben hatte, wieder einmal bei uns an der Gush Etzion-Kreuzung, um die Mittagszeit. Es war immer dasselbe Prinzip – Araber mit Messer hatte versucht, an der Bushaltestelle wartende Menschen anzugreifen.

Dieses Mal war etwas „schief gelaufen“ – den Nachrichtenmitteilungen entsprechend rannte der Attentäter auf die Gruppe Wartender zu mit einem Messer in der Hand, doch wurde schnell von den Sicherheitskräften, die jede Haltestelle auf der Kreuzung säumen, entdeckt. Auch einer der Wartenden

Gush Etzion Kreuzung. Quelle: Regionalverwaltung
Gush Etzion Kreuzung. Quelle: Regionalverwaltung

entdeckte den Terroristen, Eliav Gelman, 30 Jahre, aus der benachbarten Siedlung Karmey Tzur. Eliav, Vater zweier kleiner Kinder und Reserveoffizier in einer Einheit der israelischen Luftwaffe, war gerade unterwegs nach Hause von einer Reserveübung und trug eine Waffe bei sich. Er zückte die Waffe, als er den Angreifer auf sich zulaufen sah, und schoss. Dasselbe taten auch die Soldaten.

Quelle: MDA
Quelle: MDA

Der Terrorist wurde niedergeschossen, mittelschwer verletzt. Doch ebenso wurde Eliav. Er geriet in die Schusslinie der Soldaten, zwei Kugeln trafen ihn am Oberkörper und verletzten ihn lebensgefährlich.

Nach der moralischen Leitlinie der israelischen Armee und der medizinischen Versorgungsdienste wird bei Verletzten kein Unterschied gemacht, ob es sich dabei um Opfer oder Täter handelt, um Angreifer oder um Verteidiger. Beide werden gleichermaßen entsprechend ihrer Verletzungen versorgt und ins Krankenhaus gebracht. Der Terrorist wurde evakuiert. So auch Eliav.

Eliav Gelman.
Eliav Gelman.

Kurze Zeit später gaben die Nachrichten bekannt: Der Terrorist, ein 26-jähriger Mann, von Beruf Lehrer, aus den Südhevronbergen, wurde behandelt und hatte überlebt. Eliav verstarb an den Schusswunden.

Diese Art von Tragik hatte es schon zwei Mal während der letzten „Messerintifada“ gegeben; einmal war es ein offenbar geistig verwirrter Mann in einem Jerusalemer Bus, der etwas von „Isis“ schrie und mit einem Werkzeug fuchtelte und in diesem Kontext erschossen wurde – die Untersuchungsergebnisse hatten dies ergeben. Ein ander Mal wurde ein eriträischer Flüchtling nach einem Attentat auf dem Zentralbusbahnhof in Beer Shewa, der versehentlich für den Attentäter gehalten und erschossen wurde.

Und jetzt, Eliav, ein Opfer der Situation, gestorben an den Kugeln der eigenen Kameraden, während er dabei war,  ein Attentat auf Unschuldige abzuwehren.

In meiner Whatsapp-Gruppe fand ich heraus, dass es sich bei Eliav um den Ehemann der Schwester meiner Nachbarin Chenit handelte, hier aus der Karavanensiedlung. Diese Nachricht reichte mir, um trotz des späten Arbeitsschlusses in Jerusalem zur Beerdigung zu reisen, welche am selben Abend auf dem lokalen Friedhof des Kibbutz Kfar Etzion stattfinden sollte.


Eliav. Ich kannte ihn nicht, aber trotz der üblichen Trauer um ein weiteres Terroropfer wollte ich Anteil am Schicksal meiner Nachbarin zeigen, deren Schwester es getroffen hatte. Alle sie sind jung, was sind schon 30 Jahre und zwei kleine Kinder? Das Leben sollte vor ihnen stehen und nicht unter ihren Füßen begraben werden…

Ich wartete auf einen Anhalter an der Autobahnkreuzung 60 im Stadtteil Gilo, Jerusalem, Richtung Gush Etzion. Kaum eine Minute war vergangen, da hielt ein Fahrzeug an. „Kfar Etzion“, sagte einer der jungen Männer mit Kippa im Wagen. Der Kibbutz, wo die Beerdigung stattfinden sollte. Ich stieg ein, es dauerte noch, bis er die Windschutzscheibe gereinigt bekam. Unterdessen fragte ich seinen Beifahrer und noch eine Zugestiegene, ob sie zur Beerdigung von Eliav fahren würden. Sie bejahten.

Wir fuhren los. Die beiden unterhalten sich vorne, plötzlich sagt der Fahrer: „Erst heute mittag habe ich ihn zur Gush-Kreuzung gefahren. Von hier aus, von Gilo. Ich habe ihn dort abgesetzt und bin heimgefahren. Ich kenne ihn aus dem Reservedienst. Am vorigen Abend haben wir noch miteinander gechattet. Ich kenne ihn nicht wirklich gut genug, aber wir waren zusammen in der Reserve.“

Und er erzählt mir, die ich sprachlos bin von so einer unerwarteten Information, wie er kurz nach dem Absetzen von Eliav aus den Nachrichten von dem Anschlag erfuhr, und dann gab man auch den Namen des Opfers frei. Er war geschockt.

Ich bin es auch. Es ist mehr als nur eine „kleine Welt“, die hier zum Vorschein kommt. Mehr als nur Nachbarschaft. Alle sind wir irgendwo, irgendwie miteinander verbunden. Der Reservekamerad. Der Verwandte der Nachbarin. Der Bekannte der Freunde aus einer Stadt. Der Kollege, der Kollege des Kollegen, der Sohn der Bekannten. Wenn man hier lebt, muss man sich unwillkürlich fragen, wen es als nächstes trifft, unwillkürlich zittern bei jeder Anschlagsmeldung, „wird mir der Name des Opfers bekannt sein?“

Und selbst wenn dieser es nicht ist, dennoch trifft es ins Herz. Andere. Mich. Als würde wieder und wieder ein Gliedmaß abgehackt werden, mitten im Blühen, mitten im Leben.

Die andere Mitfahrerin kannte Eliav nicht, wohl aber seine Eltern, mit welchen er in der Stadt Kiryat Arba bei Hevron aufgewachsen war.

Der Fahrer und sein Freund unterhalten sich leise über den Ermordeten, das, was sie über ihn wissen; er sei bescheiden gewesen, zurückhaltend, professionell, familientreu, ein Mensch mit einem guten Ruf. Im Radio spielt melancholische Musik, draußen ist es dunkel, die Klimaanlage heizt die Luft im Fahrzeug und wir fahren, dicht aneinander gedrängt, ab und zu ein paar Worte wechselnd, fixiert auf unser Ziel – den Friedhof.

20160224_212707Dann kommt der Stau. Die Landstraße, welche zum Kibbutz führt, ist von Autos verstopft. Alle scheinen zur Beerdigung fahren zu wollen. Ob sie alle ihn gekannt haben? Ich wage zu bezweifeln. Wenn es nicht etwas mit meinen Nachbarn zu tun gehabt hätte, glaube ich kaum, dass ich selbst gekommen wäre. Ich gehe nicht oft zu Beerdigungen, ich mag sie nicht, es verstört mich zu sehr, es belastet, es geht mir nahe. Ich bevorzuge es, zu schreiben, anstatt am Grab zu weilen und das Weinen der Hinterbliebenen zu hören. Aber hier sind die Menschen nicht wie ich. In Israel, und vor allem in Judäa und Samaria, sind die Menschen anders. Sie begleiten einen – den Lebenden, von Geburt an, in der Kindheit, bis zur Bar/Bat Mitzwa, bis zum Einzug in die Armee und bis unter den Heiratsbaldachin; sie begleiten einen zu den wichtigsten Stufen und Ereignissen des Lebens, bis ins Alter und bis zum Tod. Sie lassen niemanden fallen. Sie umarmen – die Familie, den Verstorbenen und die Erinnerung an ihn.

Die Straße, die zum Friedhofstor führt, ist übersät von parkenden Autos. Es ist dunkel, nur der Vollmond leuchtet über den Hügeln und dem Tal, welches sich rechts von uns erstreckt und die Sicht auf die leichtenden Punkte der Dörfer und Städte talabwärts und bis zur Mittelmeerküste bietet.

20160224_214526Es strömen mehr und mehr Menschen aufs Gelände. Wir müssten insgesamt einige Hundert sein.Trotz der Menschenmenge herrscht eine, ganz dem Wort nach, Totenstille. Dann scheint sich etwas zu bewegen. Von oben her steigen Soldaten herab, einige Reihen von feierlich angezogenen Soldaten, sie tragen eine Bare mit dem Leichnam von Eliav. Eine Bare, und keinen Sarg. Wir haben keine 20160224_215113Särge im Judentum. Der Mensch wird, in den weißen Gebetsmantel und manchmal auch, wie bei Soldaten, in eine Flagge eingewickelt, einfach so in die Erde gelegt. „Von Staub gekommen, zu Staub geworden“. Nichts soll diesem im Wege stehen.

Und dann, als die Soldaten heruntersteigen, hört man das Weinen. Vor allem von Frauen. Weinende, rufende Stimmen, von Eliavs Frau, Schwestern, Eltern. Der Kreis der Weinenden breitet sich aus; Schluchzen kommen aus weiteren Reihen – von Freunden, Bekannten, fremden Anteilnehmenden wie mir?

Und Er ist erbarmungsvoll, vergibt Sünde und vernichtet nicht, zügelt Seinen Zorn und zeigt nicht Seine ganze Wut“

(Psalm 78)

Das Grab wird mit Erde bedeckt. Ich sehe Jochanan, meinen Nachbarn, wie auch er zum Spaten greift. Das Weinen wird lauter. Meine Seele schmerzt bei dem Gedanken daran, wie sich die junge Ehefrau – Witwe – fühlen muss, wenn sie der Erde zuschaut, die nach und nach den Körper ihrer vor einigen Stunden noch lebendigen Mannes, dem Vater ihrer Kinder, bedeckt. Einem Mann, der sich an die Frontlinie wagte, um Terror abzuwehren und diesem erlag.

Alles geschieht sehr schnell hier. Das Leben, der Terror, der Tod, und auch das Begräbnis. Man lässt die Toten nicht über Nacht weilen. Am Mittag noch quicklebendig, am Abend schon in der Erde. Der Armeerabbiner, der die Zeremonie leitet, kommt zu den nahen Angehörigen – Eltern, Ehefrau – und erklärt ihnen, wie sie ihre Kleidung anzureißen haben und welchen Segensspruch sie über Eliavs Tod sprechen sollen. Beides ist das jüdische Gesetz und es wird ausgeführt, auch wenn es schmerzt. Der Kleidersaum am Hals reißt, auch die Herzen reißen. „Gesegnet ist der Herr, der wahre Richter.“ Das sagen wir hier in Israel, wenn wir von einer Todesnachricht erfahren. Wie muss es aber sein, wenn man dies über das eigene Familienmitglied sagen und die Entscheidung akzeptieren muss?…

Gott, schweige nicht, werde nicht taub und ruhe nicht

Denn siehe, wie Deine Feinde aufheulen, und Deine Hasser ihren Kopf heben

Gegen Dein Volk plotten sie sich zusammen, gegen diejenigen, die Du liebst

Sie sagten – gehen wir hin und löschen sie aus

Und an den Namen Israel soll nichts mehr erinnern!“ (Psalm 83)

Der Rabbiner liest die Psalmen vor, und dann kommen Grabesreden. Der erste, der spricht, ist der Integrationsminister und Minister für Jerusalem-Angelegenheiten Ze’ev Elkin; auch er wohnt hier, in Gush Etzion:

„Die Kreuzung der drei Kinder, die Kreuzung des Blutes! Welchen Preis haben wir für diese Kreuzung bezahlt, und für unser Festhalten an diesem Land. Diese Kreuzung ist ein Symbol dafür. Migdal Eder [1927 von arabischen Dörflern verwüstet, Anm.], das alte Kfar Etzion [von 1943, 1948 von arabischen Legionen verwüstet, Anm.] und bis heute. Wir leben hier, weil wir Jerusalem verteidigen. Diese wilden Tiere, die uns angreifen, wissen es, und deshalb greifen sie uns hier an, um uns von hier verschwinden zu lassen. Aber wir werden nicht von hier weggehen, es wird ihnen nicht gelingen. Bestimmt habt ihr schon gehört, dass der Terrorist ein Lehrer gewesen ist! Ein Lehrer! Das ist ihre Erziehung. Sie erziehen ihre Kinder dazu, zu töten. Wo sind sie und wo ist unsere Erziehung dagegen! Wir bringen unseren Kindern bei, zu leben. 

Hört uns, Nachbarn, es reicht, es wird euch nicht gelingen, hört es auf! Ob mit Messern oder mit Gewehren, mit denen ihr auf uns losgeht, wir gehen nicht von hier, genug!“

Offiziere verschiedenen Ranges, Befehlshaber und Kameraden, treten ans Mikrofon und beschreiben einen jungen, furchtlosen Mann, kampferprobt und professionell in der Erfüllung seiner 20160224_215117Aufgaben, und dennoch bescheiden, zurückhaltend, familienbewusst, lernfreudig. „Die israelische Nation weiß nicht, wieviel an ihrer Sicherheit sie diesem Mann verdankt“, sagt einer. „Möge Gott unseren Anführern den Mut geben, sich nicht vor den Europäern und nicht vor den Amerikanern zu fürchten. Man darf den Kopf nicht vor einem Nichtjuden neigen, auch wenn er der Präsident von Amerika ist. Ein Jude muss das tun, was für das jüdische Volk richtig ist“, sagt ein bärtiger Redner mit zitternder Stimme, mir unklar, in welcher Funktion.

„Deine Bibliothek daheim zeugte davon, was für ein Mensch du warst“, so beginnt der Ortsrabbiner von Karmey Tzur seine Rede, „so viel Gutes hat von dir gestrahlt, so viel Bescheidenheit und Zärtlichkeit, ja, Zärtlichkeit, konnte man in deiner Stimme hören, wenn du gesprochen hast.“ Er wendet sich auch an die Angehörigen: „Den Schmerz einer Mutter kennt nur die Mutter (…), den Schmerz der Ehefrau nur sie allein. Nichts und niemand kann euch das nehmen. Ihr werden Schmerz fühlen, ihn durchleben und wieder aufstehen; das hätte Eliav von euch gewollt.“

Auch die Geschwister von Eliav sagen einige Worte, welche mehrmals von Schluchzern unterbrochen wurden. Die Anwesenden erfahren, dass Eliavs Schwester Tzofia, Studentin, eine Kippa für den älteren Bruder stricken wollte und diese nicht fertiggestrickt hatte; sein jüngerer Bruder hätte , wann immer er einen Fehler gemacht habe, daran gedacht, ‚Was hätte Eliav in meinem Fall gemacht?‘, und ein anderer Bruder sagt voller Bitterkeit:

„Wer wird Ya’ir [den älteren Sohn, Anm.] in die Synagoge begleiten, wer wird Yoav [den jüngeren, Anm.] die Kleider wechseln, und wer wird Rinat [der Ehefrau, Anm.] bei der Geburt beistehen? In einundhalb Monaten wird sie ein Kind gebähren mit einer Seele und einem Körper, Fleisch von deinem Fleisch; es wird etwas von deiner Seele haben, aber niemals die Umarmung deines Körpers fühlen können!“

Eliavs Vater sagt im Voraus mit gebrochener Stimme, er wisse nicht, wie man eine Rede hielte, er hätte aus dem Herzen geschrieben:

„Als meine Eltern gestorben sind, hatten sie nicht viele um sich herum, die für sie das Totengebet sprechen konnten. Wir unsererseits haben für uns einen ganzen ‚Chor‘ heranwachsen lassen. Wer hätte aber gedacht, dass ich heute ausgerechnet einen Teil deines ‚Chores‘ ausmachen würde? (…) Avraham, unser Vorvater, war bereit, für die Heiligung des göttlichen Namens seinen Sohn als Opfer darzubringen; der Hohepriester Aharon hat seine zwei Söhne im Gottesdienst verloren und so haben Juden generationenlang ihre Seele für diese Heiligung hingegeben. Mit großem Schmerz nehmen auch wir heute die Tatsache hin, dass du für die Heiligung Seines Namens geopfert wurdest.“

Das Totengebet, das Kaddish, wird gesprochen, die Zeremonie ist vorbei. Die Anwesenden ziehen langsam an den Trauernden vorbei und umarmen sie. So auch ich, umarme Chenit und ihre Schwester Rinat, welche weinend auf der Bank neben dem frischen Grab sitzen, und ziehe dann von dannen, mir einen Anhalter zurück nach Hause zu suchen.

In meinem Kopf wechselen sich die Bilder des Erlebten ab, eine Schwere im Magen und im Herzen, und ausgerechnet an die Worte von Davidi Perl, des Vorsitzenden des Regionalrates von Gush Etzion, erinnere ich mich, der bei seiner Grabesrede David Ben Gurion zitiert hatte. Das Zitat schien aus einem ganz anderen Kontext zu stammen,  aus der Zeit des Unabhängigkeitskrieges von 1948-1949, als Gush Etzion und seine vier Kibbutzim den Schutzwall Jerusalems vor den Anmärschen der feindlichen arabischen Legionen bildeten. Einen Tag vor der Ausrufung des Staates Israel am 14.Mai 1948 fiel Gush Etzion und seine letzten Bastionen in die Hände der arabischen Kämpfer, mehrere hundert Einwohner wurden massakriert, der Rest in Gefangenschaft genommen oder geflohen. In den Jahren danach wurde dieser Tag zum nationalen Gedenktag der Gefallenen des Staates Israel erklärt. Davidi Perl zitierte David Ben Gurion, Israels ersten Premierminister, der sich ein Jahr nach der Staatsgründung  zu dem Fall von Gush Etzion äußerte:

„Die Beschützer von Gush Etzion retteten Jerusalem. Vier Besiedlungspunkte mitten im Feindesland hielten die Feinde davon ab, zu den Toren Jerusalems vorzudringen. Viele, zu viele von uns fielen dort im Kampf. Aber wenn das hebräische Jerusalem heute steht, wenn der jüdischen Besiedlung der Todesstoß, den die Feinde geplant hatten, nicht gegeben worden war – dann gilt der Dank der israelischen Geschichte und der Geschichte des jüdischen Volkes zuallererst den Kämpfern von Gush Etzion…“ 

„Und du bist einer von ihnen“, hatte Davidi Perl den Satz ergänzt.

 

NEWS: Beim Einkaufen ermordet. Yannai T.Weissmann

Erst vor einigen Tagen hatte ich mich mit der Journalistin Jennifer Bligh vom Jugendmagazin des Spiegels, bento, darüber unterhalten, wie wir unter ständiger Anschlagsgefahr unseren Alltag bestreiten. Ich hatte ihr von unserem Supermarkt des Magnaten Rami Levy erzählt, der in ganz Israel, so auch in Judäa und Samaria Zweigstellen seines Riesendiscounts stehen hat und seine Leitlinie dabei ist, diesen für alle Bevölkerungsgruppen offen zu halten und auch dort arbeiten zu lassen. Daher haben auch die arabischen Einwohner von Judäa und Samaria keinerlei Probleme, in diesen Supermärkten zusammen mit der jüdischen Bevölkerung einzukaufen und auch zu arbeiten. So ist das hier in Gush Etzion, so ist das auch in Südsamaria, unweit Jerusalem, im Industriegebiet Sha’ar Binyamin.

Ich habe ihr auch von einem Terroranschlag erzählt, der vor einigen Monaten, noch zu Beginn dieser „Messerintifada“, wie man sie heute nennt, sich ereignet hatte; auf dem Parkplatz vor dem ‚Rami Levy‘-Supermarkt hier in Gush Etzion. Am 28.10.15 hatte dort ein Terrorist eine Frau angefallen und in den Rücken gestochen. Die Frau wurde nicht schwer verletzt. Auch im anderen großen und wohlbesuchten ‚Rami Levy‘, dem in Südsamaria-Binyamin, ereignete sich einige Wochen danach ein Anschlag – wieder stach ein Terrorist auf einen jüdischen Anwesenden vor dem Geschäft ein, verletzte ihn mittelschwer und flüchtete. Das war am 06.11.15. Was für Sicherheitsvorkehrungen dort danach getroffen wurden, weiss ich nicht. Bei uns hat sich die Mitarbeiterlandschaft im Geschäft etwas verändert, offenbar wurden einige arabische Mitarbeiter durch andere ersetzt, nach welchen Abwägungen auch immer. Geschäftsinhaber Rami Levy selbst soll seitdem Messer aus den Verkaufsregalen entfernt haben; was den Zutritt für arabische Einwohner betrifft, so wurde dieser meines Wissens nicht beschränkt, arabische Kunden aus den Dörfern kommen weiterhin zum Einkaufen. Eine Zeit lang hatten die jüdischen Einwohner bei uns Bedenken, wieder zum Geschäft zu gehen; die Lage hatte sich aber wieder entspannt, Zeit verging und die Normalität kehrte in die Gemüter ein.


Das war der Vorspann, und jetzt die eigentliche Geschichte:

Gestern, 19.02.16 drangen drei 14-jährige arabische Jungs aus dem Dorf Baitunya bei Ramallah in den  ‚Rami Levy‘-Supermarkt im Industriegebiet Sha’ar Binyamin (Südsamaria) ein. Dem Sicherheitsbeamten, welcher vor jedem größeren Supermarkt in Israel, so auch vor diesem steht, kam einer der Jungen suspekt vor, er folgte ihm (so die Berichte der israelischen Medien und die Aufzeichnungen der Sicherheitskameras im Geschäft) hinein und hielt ihn schließlich an,

Ortskarte
Ortskarte

führte hinaus und überprüfte, ob er eine Waffe bei sich trug. Der Junge war unbewaffnet. Während der Beamte ihn prüfte, wanderten die anderen zwei von Regal zu Regal und fingen schließlich an, zu schreien, riefen einen großen Tumult hervor und in diesem stachen sie auf zwei Menschen ein – einen 32-jährigen Kunden und einen weiteren, einen 21-jährigen Soldaten, der sich mit seiner Frau und der viermonatigen Tochter im Geschäft befand. Der

Yanai Tuvia Weissmann, 21, Sergeant. (Ynet)
Yanai Tuvia Weissmann, 21, Sergeant. (Ynet)

Soldat, Yannai Tuvia Weissmann, war gerade auf Urlaub und unbewaffnet, rannte jedoch zum Tatort, als er Schreie zwischen den Regalen hörte.

Die jungen Terroristen versuchten zu flüchten, wurden aber von anderen Kunden aufgehalten, unter anderem von einem, der eine Waffe bei sich trug und auf einen der Täter schoss. Sicherheitsbeamte und Soldaten eilten herbei und schossen auch den anderen an. Einer starb an Ort und Stelle, der andere wurde evakiert.

Yannai Tuvia, der 21-jährige Sergeant und Vater aus der Siedlung Ma’ale Michmasch in Südsamaria, wurde lebensgefährlich verletzt und zusammen mit dem anderen Verletzten evakuiert – doch die medizinischen Bemühungen, ihn zu retten, fruchteten nicht. Er verstarb kurze Zeit später an seinen Verletzungen.

Yanai Tuvia Weissmann, Frau Ya'el und Baby Netta (NRG, Familienarchiv)
Yanai Tuvia Weissmann, Frau Ya’el und Baby Netta (NRG, Familienarchiv)

Yannai, erst 21 Jahre bei seinem Tod, wuchs in derselben Siedlung wie seine junge Frau Ya’el auf – Ma’ale Michmasch, in den Hügeln von Südsamaria, im Umkreis von Jerusalem und Ramallah. Freunde und Bekannte berichteten bei seiner Beisetzung auf dem Armeefriedhof auf dem Herzl-Berg in Jerusalem (heute, 19.02), er sei herzlich, hilfsbereit, freundschaftlich und mutig gewesen, habe großen Wert auf Aufrichtigkeit und Wahrheit gelegt, wollte seinem Dienst in der Armee in der Nahal-Brigade gerecht werden. Erst vor etwa zwei Jahren – da war er noch 19 – heirateten sie mit Ya’el. Vier Monate vor dem Attentat wurde den beiden das erste Kind geboren – ein Mädchen, Netta. Am Tag des Attentates befand sich Yannai im Kurzurlaub vom Dienst. Da er in einer Kampfeinheit diente, sah er die junge Frau und das Baby meistens nur am Wochenende. Das erzählte Ya’el bei der Beisetzung, heute morgen in Jerusalem, als sie sagte:

„Mein Geliebter, wer hätte gedacht, dass ich dir schreiben würde, und du würdest nicht mehr mit mir sein. In der wenigen Zeit, die wir zusammen an den Wochenende hatten, hattest du dafür gesorgt, alles wieder aufzuholen. Du hattest gehört, dass ertwas passiert sei, und ranntest hin und ich hatte auf dich gewartet. Du warst immer bereit, zu geben, unaufhörlich. Wärst du nicht hingelaufen, wärst du nicht der Yannai gewesen, den ich kenne und in den ich mich verliebt habe.  (…) Ich danke dir für unsere Netta.“ (NRG)

Einige hundert Menschen versammelten sich bei der Beisetzung. Die Nachrichten widmeten gestern die Schlagzeilen dem Anschlag. Laut den ersten Polizeiermittlungen wurde von einer Nachlässigkeit in der Sicherheitsüberprüfung am Eingang gesprochen; die Polizei, so hieß es in den Berichten, drohte gar, die Zweigstelle vorerst zu schließen, bis die Sicherheitsfragen gelöst und die Überwachung verstärkt werden würde. Der Geschäftsinhaber Rami Levy wurde am kommenden Sonntag zu einer Anhörung bei der Polizei vorgeladen.

Und das Nachrichtenportal NRG veröffentlichte währenddessen ein Video, das Tränen aufkommen ließ – das Hochzeitsvideo von Yannai und Ya’el. Das Lied „Am Anfang der Welt“ von Shlomi Shabbat spielte im Hintergrund, die Worte des Refrains begleiteten die Aufnahmen der emotionalen Momente, als der Bräutigam an die Braut herantrat, ihr den Brautschleier über das Gesicht zu legen, sie beide unter dem Traubaldachin, der Huppa, die Trauungszeremonie durchgingen; das bescheidene Lächeln und den ernsten Blick von Ya’el, die Tränen von Yannai.

Nein, das ist kein Zufall

Gott webt und verbindet

mit goldenen Nähten zwischen uns.

Das, das ist die Art des Schöpfers,

die Gegenwart zu heiligen

Mit dem Sternenbaldachin über uns.

Meine gute Freundin Michal, welche heute unweit von mir in der Siedlung Karmey Tzur bei Gush Etzion lebt, veröffentlichte heute morgen auf Facebook einen Beitrag, der mich, trotz aller alltäglichen Verpflichtungen, innehalten und nachdenken ließ. Sie fasste mit ihrem Text zusammen, was vielen in diesen Monaten durch den Kopf geht. Ich meine, sie schaffte es auch, mit diesem kurzen Text die Tragik der Attentate und ihrer Opfer, täglich, wöchentlich neu dazukommend, zu erfassen. Hier ihr Text, von mir übersetzt:

Es gibt Gesichter, die in uns wie eingraviert sind, sie sind ein Teil von den Gesichtern von uns allen. Ich schaue auf die Bilder von Tuvia Yannai Weissmann (soll Gott seinen Tod rächen) und stelle mir vor, was für ein erfülltes Leben er gehabt hat und was für ein junger Mann und Mensch er gewesen ist… gewesen ist…

Und gleichzeitig steigen in mir andere Bilder auf, die von Hadar Cohen und von Dafna und von Na’ama und Eytam und von Avraham und Ezra und Ya’akov und Netanel und von noch einem Ya’akov und noch einer Hadar und von Dalia und von Shalom und von Naftali, Gil-ad und Eyal und von noch mehr und noch mehr; und ich nehme an, dass es durchaus sein kann, dass ich sie einmal irgendwo gesehen und sie flüchtig getroffen habe, irgendwo draußen, unterwegs, und wenn nicht, dann hätte es passieren können, dass ich an ihnen vorbeigegangen war, ohne es zu bemerken – und es war auch nicht nötig, sie zu bemerken, denn wir alle gehen aneinander vorbei, jeder seinen Aufgaben nach. 

Und jeder Einzelne von uns hat seine Aufgaben, sein Leben, und ihre Gesichter sind mein Gesicht, unser Gesicht. Und ihr Leben ist mein, unser Leben. Und es gibt Tage, da kann ich einfach nicht aufhören, das zu lesen, was man über die Ermordeten, die „Opfer, schreibt und erzählt, um zu verstehen und ein wenig ein Gefühl dafür zu bekommen, wer sie gewesen sind  – denn mit einem Messerstoß und einem Drücken auf den Abzug sind sie nicht mehr, und auch wir sind nicht mehr das, was wir waren, als sie noch waren. 

Gott, gib deinem Volk Stärke und segne uns mit Frieden, Vollkommenheit, auf dass wir vollständig seien und uns an nichts mehr fehlen möge.

 

NEWS: Shlomit ging einkaufen und kam nicht zurück

Sie war 23 Jahre alt, hatte ihren Zivildienst absolviert, studierte an der Universität Ariel Grafik und hatte sich gerade Pläne für einen Arbeitsneuanfang gemacht. Weil ihr Heimatort, dort, wo ihre Familie und die anderen fünf Geschwister aufgewachsen waren,

Quelle: Facebook
Quelle: Facebook

weit weg vom Zentrum des Landes lag, nämlich im Jordantal an der jordanischen Grenze, wohnte sie die letzte Zeit bei ihren Großeltern. In der Siedlung Shadmot Mechola, woher sie kam, war sie bekannt und beliebt – ein herzliches und tiefsinniges Mädchen voller Zuwendung. Auch in

Karte zur Ansicht
Karte zur Ansicht
Shadmot Mechola, Jordantal. Quelle: Wikimedia
Shadmot Mechola, Jordantal. Quelle: Wikimedia

Bet Horon, dem Wohnort ihrer Großeltern, nur einige Meter von der Schnellstraße 443 entfernt, welche Jerusalem und Modi’in verbindet und durch die Benjamin-Samaria-Region führt, kannte man sie gut. Dort hatte sie einen Teil des Zivildienstes im lokalen Jugendverband geleistet.

Bet Horon. Quelle: Wikimedia
Bet Horon. Quelle: Wikimedia

An diesem Montag (25.01.), da waren es noch zehn Tage bis zu ihrem Geburtstag, den sie sicherlich mit der Familie und den Freunden feiern würde, ging Shlomit Krigman in den Supermarkt, um einige Besorgungen für ihre Großeltern,  bei denen sie wohnte, zu erledigen. Schnee war nicht gefallen in Bet Horon, obwohl die Siedlung in den Bergen liegt, aber es war recht kalt. Unterwegs vom Haus zum Laden überlegte sie sich, was sie kaufen würde.

Hätte sie gewusst, dass in diesen Minuten zwei arabische Männer, einer davon noch ein Jugendlicher, 17 Jahre alt, mit Messern bewaffnet, versuchten, in denselben Supermarkt einzudringen, um dort den ersten, der ihnen über den Weg laufen würde, zu erstechen, dann würde sie sicherlich nicht in die Nähe des Ladens kommen. Aber wenn ein Ort wie Bet Horon von einem Sicherheitszaun umgeben ist, dann fühlt man sich schon relativ sicher.

Die beiden Terroristen hatten aber ein Loch in den Zaun geschnitten. Und bevor jemand es gemerkt hatte, erreichten sie den Supermarkt. Am Eingang bemerkte sie ein Kunde, und ohne lange zu überlegen, drängte er die beiden mit dem Einkaufswagen von der Tür weg. Da hatten sie schon viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen und der Überfall war misslungen. Die Messer in der Hand, rannten die Terroristen vom Laden weg.

Aber da war Shlomit, die schon beinahe in den Supermarkt hereingekommen war, und sie kam ihnen gelegen. Voller Wucht begannen die Männer, auf sie einzustechen. Shlomit lag am Boden, blutete. Die Attacke war schnell vorüber, die Terroristen flüchteten weiter, und kurz vor der Ausfahrt aus der Siedlung hatten sie ihr zweites Opfer entdeckt, eine etwa 50-jährige Frau, auf die sie ebenfalls einstachen. Nur mit dem Sicherheitsmann am Tor hatten sie nicht gerechnet. Dieser setzte mit einigen Schüssen ihrem Leben ein Ende.

Shlomit wusste nichts davon. Sie war lebensgefährlich am Oberkörper verletzt worden; die Evakuierung ins nächstgelegene Krankenhaus in Jerusalem fand schnell statt. An den Terror der letzten Monate gewöhnt, begannen die Ärzte, um das Leben von Shlomit zu kämpfen. Es wurde Abend, Nacht und Morgen. Die ganze Nacht über kämpften die Ärzte und kämpfte Shlomit um ihr Leben. Eine furchtbare Nacht. Hinter den knappen Zeilen der Montagsnachrichten über den doppelten Terroranschlag in Bet Horon lag eine ganze schmerzerfüllte Welt und dutzende Verwandte und Freunde, die um Shlomits Leben bangten.

Quelle: Facebook
Quelle: Facebook

Am Morgen war es vorbei. Die Ärzte vermeldeten, sie hätten getan, was sie konnten. Shlomit war nicht mehr da. Die Verletzungen waren zu schwer. Noch am selben Morgen sollte sie begraben werden, denn Tote werden nicht länger als einen Tag unbestattet gelassen. So ist es im Judentum, und so geschieht es in ganz Israel. Warum auch zögern? Ihr Körper war noch da, aber Shlomit selbst war nicht mehr.

(Der Zustand der zweiten Verletzten hatte sich zum Glück verbessert.)

Am Jerusalemer Har Hamenuchot-Friedhof hatten sich mehrere hundert Menschen versammelt, darunter auch der Oberrabbiner David Lau. Er sprach vor den Versammelten über die Aufopferung und die Zuwendung von Shlomit zu ihrer Umgebung. Ihr ehemaliger Professor an der Universität Ariel erzählte von ihrer Neugier und Vielfältigkeit. Die Nachrichten hatten nicht lange und nicht viel über den Tod der jungen Frau berichtet. Terror war keine große Nachricht mehr. Die Schagzeilen wechselten schnell zu Themen wie Schnee und Politik.

Shlomit Krigman wurde am Mittag des 26.01. bestattet. Neben ihr lag Dafna Me’ir. Dafna wurde vor einer Woche ermordet, am anderen Ende von Judäa und Samaria, in Otniel, an ihrem Hauseingang. Sie war Mutter von sechs Kindern. Shlomit hatte keine Kinder, sie hatte vielleicht nur einen Freund und wollte Kinder haben. Sie war eines von sechs Geschwistern. Sicherlich war sie entsetzt und traurig gewesen, als sie vor einer Woche vom Mord an Dafna erfuhr, und hatte wie viele andere auch im Land die Berichte und Erzählungen über Dafna gehört. Vielleicht hatte sie auch bei dieser Gelegenheit an die Gefahren gedacht, die um Bet Horon herum lagen, und an die Sicherheit im Ort selbst. Aber an eines hatte sie sicherlich nicht gedacht: Dass sie nur eine Woche später neben Dafna liegen würde. Leblos. Ihre Träume hinweggefegt, ihr Leben angehalten für ewig. Zehn Tage vor ihrem Geburtstag.

Shlomit, ihr Name bedeutete die Friedliche.

Lange wohnte ich nebst denen, die den Frieden hassen.

Ich suchte Frieden,

Doch wenn ich sprach, wandten sie sich zum Krieg. (Psalm 120)

Dafna und Shlomit sel.A. Quelle: NRG
Dafna und Shlomit sel.A.
Quelle: NRG

(Quellen für Bericht: INN, Kikar Hashabat, Ynet, Facebook)

Juden rein und wieder raus

„Hevron, die geteilte Stadt“, pflegt man immer die Schlagzeile zu wählen, wenn man in den westlichen Medien über eine der ältesten nachweislich jüdisch geprägten Städte spricht. Die Teilung wird dabei nicht etwa zugunsten ihrer antiken Bewohner angeprangert, welche seit 85 Jahren darum kämpfen, in diese Stadt zurückzuziehen (seit dem Massaker an der jüdischen Bevölkerung 1929, wohlbemerkt); nein, die Teilung dieser Stadt in zwei Verwaltungsbezirke – einen palästinensischen und einen israelischen – wird dem israelischen Staat und seinen Bürgern zur Last gelegt. Insbesondere an denjenigen der israelischen Bürger, die den Anspruch, in der Stadt ihrer Vorväter zu leben, wahr machen

Teilung der Zonen in Hevron. Quelle: Ministry of Foreign Affairs, Israel
Teilung der Zonen in Hevron. Quelle: Ministry of Foreign Affairs, Israel

und in ehemalige jüdische Häuser, Wohncontainer oder andere Wohnmöglichkeiten ziehen, auf einer Gebietsfläche von etwa 3% der eigentlichen Stadt Hevron, wird kein gutes Haar gelassen. Das gilt für die internationale Presse und das gilt auch für die Mainstreampresse in Israel,  denn eines haben sie gemeinsam mit den internationalen Medien – sie mögen es nicht, wenn Juden die Dreistigkeit besitzen, Besitz zu fordern – womöglich noch zurückzufordern!

Über Hevron habe ich mich mittlerweile viel in diesem Blog ausgelassen. Unter Hebron: FAQs, Hevron – ein Geschäft für Generationen und Die Tagesschau hat wieder zugeschlagen könnt ihr euch mehr über die faktische Situation in Hevron informieren. In meinem Beitrag geht es eher um etwas anderes:

Das besagte Haus. Quelle: Orit Struck, Facebook
Das besagte Haus. Quelle: Orit Struck, Facebook

Am 21.Januar wurde öffentlich, dass Juden in Hevron zwei von ihnen zuvor gekaufte Häuser nahe der Patriarchenhöhle in der Altstadt Hevrons bezogen haben. Der Kauf fand im Geheimen statt, um den Verkäufer nicht in Gefahr zu bringen, die Aufmerksamkeit der Presse nicht auf sich zu ziehen und auch die Gemüter innerhalb der arabischen Bewohner Hevrons ruhig zu halten.

(Ich wurde einmal in einem Kommentar dafür kritisiert, dass die Käufe nicht über Privatpersonen stattfänden, sondern mithilfe von sog.Pseudoorganisationen. Die Mehrheit von Land- und Gebäudeverkauf von Arabern gegenüber Juden findet über Privatpersonen statt, welche durch ihre Kooperation mit den jüdischen Käufern ihr Leben riskieren. Im israelischen Fernsehen wurde vor einigen Wochen in einer „Akte-X“ ähnlichen Fernsehreportage ein  Menschenrechtsaktivist, sein Name ist Ezra Naui, aufgedeckt, der unter dem Deckmantel des Friedensaktivismus Indizien über arabische Landverkäufer sammelte, diese an die palästinensische Autonomiebehörde weitergab, welche diese für die „Straftat“ foltern und töten würden, und dafür Geld von sog.“Menschenrechtsorganisationen“ kassierte, welche zum überwiegenden Teil von europäischen Regierungsinstitutionen stammten. Ezra Naui wurde verhaftet, als er versuchte, einen Tag nach der Ausstrahlung der Sendung aus dem Land zu fliehen.)

Das besagte Haus in Hevron. Quelle: MK Y.Edelstein, Facebook
Eins der besagten Häuser in Hevron. Quelle: MK Y.Edelstein, Facebook

Der Kauf, so behaupten die jüdischen Käufer, wurde rechtmäßig durchgeführt. Zur Besiedlung eines Hauses, dessen Türen aufgebrochen werden mussten, da es zuvor verriegelt und unbewohnt dastand, wurden offenbar auch die notwendigen Dokumente vor Ort gebracht. Die israelische Regierung bestritt die Rechtsgültigkeit des Kaufes selbst nicht. Mehrere Knessetabgeordnete, darunter auch der Knessetsprecher (Likud-Partei) Yuli Yoel Edelstein, beglückwünschten die neuen Einwohner und die Durchführung der waghalsigen Avantüre:

Das „Rachel-“ und das „Leah“-Haus, die heute in Hevron ausgelöst wurden, finden sich nun in einer Reihe von befreiten (erlösten) Gebieten wieder, die für volles Geld über Generationen lang erworben wurden. Diese Gebäude wurden ganz nach Recht und Gesetz gekauft. (MK Y.Edelstein, Facebook)

Einzug ins Haus. Quelle: AFP (Haaretz)
Einzug ins Haus. Quelle: AFP (Haaretz)

Offensichtlich gab es somit zumindest für die offiziellen Stellen keine Probleme mit dem Erwerb der Gebäude, welche mitten in der Hevroner Altstadt, zwischen der Patriarchenhöhle, dem jüdischen und auch muslimischen Heiligtum, und dem neuen jüdischen Viertel liegen – im sogenannten H1-Gebiet, welches Teil des C-Gebietes von Judäa und Samaria darstellt und entsprechend der Oslo-Obkommen von 1994 unter israelischer Militärverwaltung steht (s.Karte oben).

Alles in Ordnung also! Frohes Einziehen, könnte man sagen! Tatsächlich fanden sich die ersten Familien, die das innen recht vernachlässigte Gebäude bezogen, in der Absicht, es schnellstens in Stand zu bringen.

Am nächsten Tag aber füllten ganz andere Nachrichten die israelischen Schlagzeilen: „Die Siedler, die gestern in das Haus in Hevron einbrachen, werden geräumt“, titelte Ynet einen ihrer Artikel. Und tatsächlich: So schnell, wie die jüdischen Bewohner in das Haus gelangten, so schnell katapultiere der israelische Verteidigungsminister Moshe Ya’alon die „Eindringlinge“ wieder heraus, und zwar mit der folgenden Begründung:

Die Behauptung, die Häuser wären mit Recht erworben worden, wird überprüft werden, sowie die politischen und sicherheitstechnischen Aspekte, bevor die Einzugsgenehmigung erteilt wird. Wer gegen das Recht vorgeht, hilft der Besiedlung nicht, sondern fügt ihr schweren Schaden zu. (Ma’ariv, 22.01.16)

Wie Quellen aus dem israelischen Sicherheitsapparat in der Presse am Morgen des 22.01 mitteilten, habe es für einen rechtmäßigen Einzug an bestimmten bürokratischen Prozeduren gefehlt. Kauf hin oder her, aber sich im Haus aufhalten könne sich kein Jude, beschloss somit der israelische Sicherheitsapparat, und der Verteidigungsminister ordnete prompt eine Ausweisung an – die

Quelle: Haaretz - Haverim Leet Tzara
Quelle: Haaretz – Haverim Leet Tzara

auch am Mittag in Form von grauuniformierten Polizei-Spezialeinhalten kam und die widerwilligen Siedler aus dem Haus herausführte bzw. -trug.

Außer der entrüsteten Siedler meldeten sich auch zahlreiche führende Politiker aus dem Likud, der Partei von Ya’alon – und nicht nur die als „Siedlerpartei“ bekannte „Jüdisches Heim“ – zu Wort, solche wie der Einwanderungsminister Ze’ev Elkin, der oben erwähnte Knessetsprecher Yuli Edelstein, der drusische Abgeordnete Ayoob Kara, Tourismusministerin Miri Regev und andere und kritisierten scharf die Entscheidung Ya’alons. Es drängte sich dabei die Frage auf – musste diese demonstrative Geste der staatlichen Gewalt gegen die „Rechtsbrecher“ ausgerechnet jetzt folgen, während sich die Juden von Judäa und Samaria jede Woche die Wunden nach jedem Weiteren der Toten und Verletzten aus ihren Kreisen leckten, und außer einigem bürokratischen Prozedere der Einzug ansonsten rechtsgemäß verlaufen könnte? War etwa erneut das Argument aufgekommen, „was würde die Welt sagen“, wenn ein durch Juden von Arabern gekauftes Haus von diesen besiedelt werden würde – und das in Hevron, der allseits bekannten „geteilten Stadt“?

Wie dem auch sei, trotz der Drohungen der Politiker, sich bei den nächsten Koalitionsabstimmungen zu enthalten, und dem Verlangen nach der Einmischung des Premierministers, wurden die jüdischen Siedler ausgewiesen. Das Büro von PM Netanyahu gab eine Stellungnahme ab, die offenbar versöhnlich klingen sollte:

Der Premierminister unterstützt die Besiedlung und ehrt die Siedler, welche mit großem Mut und Bereitschaft tagtäglich dem Terror gegenüber stehen. Wir sind alle verpflichtet, das Gesetz zu wahren, und in diesem Fall wurden noch nicht alle Bescheinigungen zum Einzug geprüft. Sobald dies geschehen wird, werden die Siedler zu ihren Häusern zurückkehren können, so wie es zuvor schon in ähnlichen Fällen geschehen ist.

Zudem rief Netanyahu seine Koalitionspartner auf, Ruhe zu bewahren. Natürlich wehrte sich auch der Verteidigungsminister Ya’alon gegen die Vorwürfe seitens seiner Parteimitglieder; offenbar hatte er solch starken Gegenwind nicht erwartet.

Welche „Bescheinigungen“ sollten den neuen Häuserbesitzern allerdings gefehlt haben?

Die Presse (so Ynet, Ma’ariv, Haaretz) sprachen von einer „Geschäftsbescheinigung“, einer „Sicherheitserlaubnis“ und einer „staatlichen Bescheinigung“ zum Einzug. Ich, so muss ich zugeben, kenne mich in dieser Art von Bürokratie nur bedingt aus, obwohl ich selbst an Briefings und Vorträgen seitens zahlreicher Kenner  – sowohl von der Armee, als auch von Insidern der Siedlerbewegung aus – teilgenommen habe und weiß, dass die israelische Militärverwaltung innerhalb von Judäa und Samaria sehr viele Komplikationen mit sich brachte und bringt.

Allein die Tatsache, dass auf diesem relativ kleinen Gebiet (etwa 5,6 Quadratkilometer groß) für die etwa 1,8 Millionen arabischen und etwa 360.000 jüdischen Einwohner vier Gesetzesrichtlinien gelten (britische, israelisch-militärische, jordanische und osmanische Gesetzesgebung), macht schwindlig. In regelmäßigen Abständen beanstanden die palästinensischen Araber und die israelischen Juden ihre diskriminierende Behandlung seitens der israelischen Verwaltungsorgane (die Beschwerden gegenüber der unfairen Behandlung der palästinensischen Araber seitens der PA lassen sich nicht in der Öffentlichkeit hören, sonst würden die Beschwerdeträger am nächsten Morgen nicht mehr lebendig aufwachen). Ebenso sind Judäa und Samaria und ihre „Hügeljuden“ (so nannte uns neulich ein Kommentator in diesem Blog) unaufhörlich zentraler Teil des internationalen öffentlichen Interesses, und sämtliche ausländische Journalisten, ausländische Menschenrechtsgruppen und ihre israelischen Pendants, mit frischem europäisch-amerikanischem Geld versorgt, tummeln sich voller Tatendrang auf diesem knapp 6 km² großem Bergland.  Die gesamte Bevölkerung ist durch die letzten knapp 50 Jahre andauernder Zusammenstöße und Konflikte aufeinander aufgestachelt, und in praktisch jedem arabischen Wohnort gibt es Terrorzweigstellen, ob nun von der Hamas, der Fatah, dem Islamischen Jihad und wie sie sich nicht alle zu nennen vermögen. An jeder Straßenkreuzung stehen Soldaten, und dennoch hören Terroranschläge nicht auf, selbst  wenn (oder gerade weil?) die Armee mit den besten Spezialkräften in die entferntesten Gassen von Bet Ummar, Nablus oder Jenin eindringt.

Wie könnte man dort keine Komplikationen erwarten?

Doch anstatt das Leben der Einwohner von Judäa und Samaria zu vereinfachen, zumindest im bürokratischen, wenn nicht im politischen Sinne, fördert die israelische Regierung die Komplexität immer weiter, auch und vor allem gegenüber den eigenen Leuten.

Orit Struck, ehemals Knessetmitglied von der Partei „Jüdisches Heim“, stellte es bildhaft in ihrem Kommentar zur Ausweisung aus dem Haus in Hevron dar:

Eine „Quelle aus dem Sicherheitsapparat“ gab in der Presse bekannt, den Käufern hätten drei Bescheinigungen gefehlt: „Geschäftsbescheinigung“, „Sicherheitserlaubnis“ und „staatliche Bescheinigung“. Den Käufern wurden diese nicht gegeben, und daher würden sie ausgewiesen (und weniger euphemistisch formuiert – vertrieben) werden. (…)

Liebe „Quelle“, schäme dich! Zuerst einmal, wenn ein Araber ein Haus in Hevron kauft und diese drei Bescheinigungen nicht benötigt, ein Jude aber doch – dann ist das ein Armutszeugnis für dich und für die israelische Regierung. Und zweitens, verstecke dich nicht hinter deinem eigenen Rücken. Diese drei Bescheinigungen liegen in deiner Hand – gib sie ihnen!

Was im Endeffekt die Zukunft der beiden Gebäude betrifft, ist momentan fraglich. Ich nehme an, dass die Käufer und ihre Unterstützer den juristischen und den politischen Weg gehen werden, um erneut ins Haus einzuziehen. Vielleicht werden einige von ihnen erneut ins Gebäude selbst vorbringen. Die „Siedler“ führen nur allzu oft einen Zermürbungskampf mit der Regierung, welche mit ihnen genau denselben Zermürbungskampf führt. Am Ende entscheidet es dann oftmals der Mord an dem einen oder anderen Juden irgendwo in Judäa oder Samaria, und mit ihrem Blut werden Türen geöffnet, Baugenehmigungen erteilt, Kindergärten, Schulen und ganze Ortschaften errichtet, und in ihrem Namen leben dann Menschen auf diesem Flecken Land, in Orten wie Shvut Rachel, Bet Haggai, Ma’ale Rechavam, Alon Shvut.

Und eigentlich ist es durchaus nicht nur bei der „Westbank“ so der Fall, sondern wer genau die Geschichte der Rückkehr von Juden ins Land Israel, des neuen Zionismus kennt, der wird wissen, wie viele Ortschaften den Namen derjenigen tragen, die für diese Rückkehr ihr Leben ließen.

Nicht umsonst ist der folgende Vers wohl die bedeutendste Metapher für das Aufleben des jüdischen Volkes im „gelobten Land“:

Ich ging an dir vorbei, und sah dich in deinem Blute wälzen, und sagte dir, in deinem Blute sollst du leben.“ (Jezekiel 16,10)

Es gibt eben nichts Neues unter der Sonne.

 

NEWS: Terroranschläge in Otniel und Teko’a

Zwei schwere Terroranschläge  erschütterten die Gemeinschaften von Judäa und Samaria gestern und heute. 

Gestern, 17.01: 

Ein arabischer Terrorist gelangte in den späten Nachmittagsstunden unerkannt in die Siedlung Otniel, welche sich südlich der Stadt

Dafna Me'ir hy"d
Dafna Me’ir hy“d

Hevron befindet. Dort traf er vor einem Haus nahe des Ortszauns auf eine 38-jährige Frau namens Dafna Me’ir. Dafna Me’ir war Krankenschwester, Therapeutin, Mitglied des Verwaltungsrates von Otniel und vor allem – Mutter von sechs Kindern – Renana (17), Akiva (15), Noa (11), Ahava (10), Yair (6) und Yaniv (4). Der Terrorist war mit einem Messer bewaffnet, Dafna Me’ir stand neben ihrer Tochter Renana am Hauseingang und war nicht darauf vorbereitet, dass dieser Mann, der da auf sie zukam, auf sie einzustechen begann. Dafna begann zu schreien und während der Terrorist auf sie einstach, versuchte die Mutter mit aller Kraft, ihn von der Haustür wegzudrücken – denn Renana und zwei weitere Kinder waren im Haus und würden, würde sie ihn nicht aufhalten können, die nächsten Opfer des Terroristen sein. Auch Tochter Renana begann zu schreien. Der Terrorist liess schließlich von der Frau, die ohnmächtig und schwerverletzt zu Boden sank, ab und flüchtete, während die entsetzte Renana am Telefon der Notfallhilfe berichtete, „helft mir, man hat meine Mutter erstochen!“

Als die ersten Notfallhelfer auftauchten und Dafna wiederzubeleben versuchten, sahen dies auch die zwei aufgeschreckten anderen Kinder. Die Wiederbelebungsversuche scheiterten, Dafna war zu schwer verletzt. Sie starb am selben Hauseingang, wo sie noch einige Minuten zuvor mit ihrer Tochter gestanden hatte.

Hier liegt Otniel
Hier liegt Otniel

–  Diese Details erfuhren heute die Leser der Zeitung „Yediot Acharonot“ und noch weiterer Nachrichtenausgaben. Dafna Me’ir, die Krankenschwester aus Otniel, wurde wider Willen aller zur Titelgeschichte des heutigen Tages. Der Terrorist, welcher sie am Sonntagnachmittag vor ihren Kindern niederstach, flüchtete aus der Ortschaft in Richtung arabischer Siedlungen. Nachdem das Ereignis an die Armee weitergeleitet worden war, begann diese ihre Fahndung nach dem flüchtigen Mörder. Die ganze Nacht über hörte

Yediot Acharonot, Ausgabe 18.01.16 Schlagzeile: "Helft mir, man hat meine Mutter erstochen"
Yediot Acharonot, Ausgabe 18.01.16
Schlagzeile: „Helft mir, man hat meine Mutter erstochen“

man Hubschrauber durch die Luft fliegen, und hoch im Himmel über Hevron zerrissen immer wieder Leuchtbomben die Dunkelheit. Die Fahndung verlief bis jetzt (19.01) noch immer ohne Erfolg; einige Verdächtigen wurden verhaftet, der Täter befindet sich jedoch noch immer außer Reichweite. Die Einwohner von Otniel wurden von der Armee angewiesen, sich in ihren Häusern zu verschließen, bevor man Entwarnung für die Ortschaft geben konnte.

Heute morgen fand das Begräbnis von Dafna statt. Sie, die im Soroka-Krankenhaus in Beer Sheva arbeitete, daheim als Therapeutin für Frauen mit Fruchtbarkeitsproblemen wirkte, gelegentlich in den örtlichen Zeitungen schrieb und auch Ratsmitglied der lokalen Ratsversammlung gewesen war, hinterließ Ehemann Natan und ihre sechs Kinder in tiefer Trauer. Zwei der Kinder hatten sie und ihr Partner vor einiger Zeit adoptiert, zusätzlich zu den leiblichen vier.

Beerdigung von Dafna Me'ir. Quelle:INN
Beerdigung von Dafna Me’ir. Quelle:INN

Der Beerdigungszug zog sich von Otniel in den Südhevronbergen über die Autobahn 60 bis nach Jerusalem. An jeder Kreuzung auf der Autobahn fanden spontane Solidaritätsbekundungen mit Flaggen statt. Beerdigt werden sollte Dafna Me’ir auf dem Har Hamenuchot-Friedhof in Jerusalem. Zu der Beerdigung erschienen hunderte Freunde, Familienmitglieder, Kollegen, trauernde Mitbürger. Der Vater und der älteste Sohn, Akiva, sprachen gemeinsam das Totengebet „Kaddish“. Unter den Trauernden waren auch die Kulturministerin Miri Regev und der Erziehungsminister Naftali Bennett. Beide sprachen einen Nachruf auf die Ermordete. Auch die Staatsoberhäupter – PM Netanyahu, Präsident Rivlin – sandten ihr Beileid an die Familie.

Die Familie wird von heute an sieben Tage in Trauer sitzen, wie es das jüdische Gesetz vorschreibt. Die Armee fahndet in den umliegenden Ortschaften nach dem Täter.  Der Vorstand der Bezirksverwaltung Südhevron äußerte sich zum Attentat wie folgt:

Ich habe die israelische Regierung, die uns, die Bewohner von Judäa und Samaria der letzten 40 Jahre hierher geschickt hat, dazu aufgerufen, ihre Mission zu erfüllen und zionistisch zu handeln, was die Besiedlung, die Landwirtschaft, den Tourismus und die Erziehung betrifft (…). Die israelische Regierung ist verpflichtet, die sehr klare Entscheidung zu treffen, die israelische Souveränität auf die Siedlungen auf Judäa und Samaria auszuweiten. (…) Es bietet sich an. Es ist erforderlich. Man soll uns nicht unter der Besatzung, unter der Militärherrschaft leben lassen.(…) Der nächste Schritt wäre die Ausweitung der Souveränität, das wäre die praktische Variante der symbolischen Umarmung, welche die Siedlergemeinschaft an diesem schweren Tag bekommt. 


 

Heute, 18.01:

Hier liegt Teko'a.
Hier liegt Teko’a.

Ein arabischer Terrorist gelangte in die jüdische Siedlung Teko’a, im Osten Gush Etzions, und entdeckte dort in einem Geschäft eine Frau, die 30-jährige Michal Fruman. Michal Fruman war schwanger und befand sich mit anderen Frauen im Laden, als der noch jugendliche Terrorist (15) hineinkam. Die anderen Kundinnen begannen auf ihn einzuschreien und zu fordern, er solle hinausgehen.

Michal Fruman wird eingeliefert. Quelle: YNET
Michal Fruman wird eingeliefert. Quelle: YNET

Michal dagegen kam zu ihm hin und fragte, ob er Hilfe brauche. In diesem Moment, als sich ihre Blicke kreuzten, begann der Terrorist, auf Michal einzustechen. Er verletzte sie an der Schulter und an den Lungen. Herbeieilende Sicherheitskräfte erschossen den Terroristen auf der Stelle, die schwangere Michal wurde vor Ort versorgt und nach Jerusalem ins Krankenhaus eingeliefert. Wie die Ärzte feststellen konnten, hatte die Verletzung das Ungeborene nicht gefährdet und es war gesund. Michal selbst erlitt einen Schock und litt unter Schmerzen durch die Messerstiche, war ansonsten aber in stabilem Zustand.

Über diese Einzelheiten berichtete die Schwiegermutter von Michal, Hadassah Fruman, dem Galatz-Radio. Hadassah Fruman ist die Witwe des berühmten Rabbiners und Friedensaktivisten Menachem Fruman, der national und international für sein Engagement zur Förderung von Koexistenz zwischen jüdischen Siedlern und palästinensischen Arabern bekannt gewesen war. Das Ehepaar Fruman pflegte regen Kontakt zu der lokalen arabischen Bevölkerung und investierte Zeit und Kraft darin, Kontakte zwischen jüdischen Siedlern und lokalen Arabern zu knüpfen, Einfluss auf die örtlichen Gemeindeführer zu nehmen und so den „Friedensprozess“ an Ort und Stelle voranzutreiben, und das zwischen den hauptsächlich davon betroffenen Bevölkerungsgruppen – den Juden und Arabern in Judäa und Samaria. Nach dem Tod von Rabbiner Fruman übernahm Hadassah diese Aufgabe und unterhielt weiterhin Kontakte und Projekte.

Hadassah, deren Sohn Elyashiv der Mann von Michal ist, berichtete dem Radio über den Gesundheitszustand der Schwiegertochter, erzählte die Details vom Vorfall und wurde auch zu der „Fruman’schen Herangehensweise“ an den israelisch-arabischen Konflikt gefragt.

 

 

Im Gefängnis gefoltert? Die Duma-Affäre

In den letzten Tagen und Wochen erregt eine Affäre von besonderer Bedeutung die Gemüter, insbesondere innerhalb der religiös-zionistischen Gesellschaft und der Siedlerbewegung. Sie findet allerdings auch Rückklang innerhalb der israelischen Mainstream-Medien und in den sozialen Netzwerken mehren sich Berichte und Gerüchte und verbreiten sich wie Lauffeuer.

Dabei geht es nicht mehr und nicht weniger als um einen brutalen Verstoß gegen die demokratische Gesetzesordnung des Staates Israel:

Es verstärkt sich von Tag zu Tag der Verdacht, dass einige der festgenommenen Verdächtigen im Fall des Brandbombenanschlags auf die Familie Dawabshe im Dorf Duma (DieSiedlerin.Net berichtete am 03.12.15  über neue Entwicklungen im Ermittlungsfall), darunter mehrere Minderjährige, offenbar aus dem Milieu der sogenannten „Hügeljugend“ (Hilltop Youth), während der Administrativhaft und der Verhöre durch den Inlandgeheimdienst Shin Bet (Shabak)

Ein Jugendlicher der sogenannten "Hügeljugend" in Haft. Illustration. (Quelle: Rotter)
Ein Jugendlicher der sogenannten „Hügeljugend“ in Haft. Illustration. (Quelle: Rotter)

misshandelt wurden. Die Verdächtigen, deren Identität  vom Inlandgeheimdienst nicht preisgegeben wird, werden seit mehreren Wochen ohne Anklage in den Haftanstalten des Shin Bet festgehalten. Dem ist so, seit die Anwendung der Administrativhaft (bei welcher Terrorverdächtige ohne Anklage und Prozess und auf Basis einer erneuerbaren richterlichen Erlaubnis inhaftiert werden dürfen), nach dem Anschlag in Duma verstärkt bei jüdischen Terrorverdächtigen angewandt wird.

Ein halbes Jahr lang hatte die israelische Öffentlichkeit auf Entwicklungen im Falle des Mordes an Sa’ad, Reehan und Ali Dawabshe gewartet, wobei Regierungs- und Sicherheitsvertreter (darunter auch der Verteidigungsminister Moshe Ya’alon) schon kurze Zeit nach dem Anschlag verlauten ließen, ihnen sei die Identität der mutmaßlichen Täter bekannt; doch eine offene Anklageschrift könne aus Gründen des Informations- und Informantenschutzes nicht getätigt werden. Alles Weitere hielt sich im Dunkeln und an die Öffentlichkeit drangen nur Gerüchte und Spekulationen. Bis nun vor etwa drei Wochen die ersten offiziellen Meldungen über „dramatische Entwicklungen“ im Fall veröffentlicht wurden und es bekannt gegeben wurde, dass jüdische Verdächtige im Zusammenhang mit dem Fall vom Shin Bet festgehalten und verhört werden.

Nun sind den Medien und privaten Quellen (darunter Bekannten, Nachbarn und Verwandten mancher der Verdächtigen) zufolge mehrere, wenn nicht gar die überwiegende Mehrheit der Festgenommenen Minderjährige, gegen welche nach ihrer Inhaftierung vor drei Wochen bis einem Monat im Rahmen der Administrativhaft noch keine Anklageschrift erhoben wurde. Erst

"Honenu" (wörtl. "Erbarme dich unser"). Im Untertitel steht: 'Organisation für nationale Rechtsverteidigung'
„Honenu“ (wörtl. „Erbarme dich unser“). Im Untertitel steht: ‚Organisation für nationale Rechtsverteidigung‘

nach mehreren Wochen hatten die Anwälte der Betroffenen aus der Rechtsvertretung der Menschenrechtsorganisation „Honenu“ mit den Inhaftierten sprechen und so über die Haftzeit und die Behandlung durch die Untersuchungsbeamten des Shin Bet erfahren können. Weitere Informationen stammten, laut Veröffentlichungen in Medien wie bei Channel 7, Makor Rishon, NRG/Ma’ariv, von Gefängnisärzten und aus Berichten von Vorladungen der Verdächtigen vor internen Gerichten.

Zuvor lauteten die Anschuldigungen gegen eine widerrechtliche Behandlung der Verdächtigen noch scheinbar recht harmlos: Es wurde behauptet, die Jugendlichen würden von bestimmten religiösen Ritualen wie dem Gebetsriemen-Anlegen oder dem Kerzenzünden an Chanukka abgehalten werden. Die Sprecher des Shin Bet so wie auch der stellvertretende Rechtsberater der israelischen Regierung, Rechtsanwalt Raz Nazri (NRGMakor Rishon, 18.12.15), wiesen die Anschuldigungen zurück und verwiesen auf die Schwere des Verbrechens, welches aufzuklären sei. Aufgrund dessen erfordere es besondere Härte und Nachhaltigkeit bei der Untersuchung, unter Anwendung von Ausnahmeregelungen.


 

Zu Beginn dieser Woche jedoch, am 20.12., fand eine Pressekonferenz der Organisation „Honenu“ statt, auf welcher die von den Verteidigern der Verdächtigen gesammelten Berichte zu einer größeren Präsentation zusammengefasst und der Presse vorgetragen wurde. Da lauteten die Anschuldigungen schon wesentlich anders:  Laut Aussagen der Anwälte wurden die Jugendlichen inhumanen Haft- und Verhörbedingungen ausgesetzt, während der Verhöre physisch misshandelt, durch Schlafentzug gequält und psychologisch bedroht und unter Druck gesetzt, mehrheitlich durch Androhungen von Inhaftierung weiterer Familienmitglieder.

Am selben Tag erreichte mich eine Gruppennachricht über WhatsApp, in welcher grausame Details der angeblichen Folterungen der Verdächtigen beschrieben wurden. Einer der betreffenden Jugendlichen soll, so besagte die Nachricht, einen Selbstmordversuch unternommen haben und befinde sich jetzt in psychiatrischer Behandlung des  Gefängnisarztes; ein anderer solle durch Schläge und weitere physische Misshandlungen an Gliedmaßen gequält worden sein und würde von den Beamten des Mordes an der Familie Dawabshe beschuldigt, obwohl er, so die Behauptung, keinen Bezug zur Anklage habe.

Ich beschloss, die Nachricht auf ihren Wahrheitsgehalt entsprechend der mir zur Verfügung stehenden Mittel zu überprüfen, und untersuchte einige der letzten Berichte über die Affäre – so im israelischen Wochenmagazin „Makor Rishon“, sah mir Videos und Statements der Organisation „Honenu“ und die Berichte zum Thema auf Channel 7 und bei der Onlinezeitung NRG an.

⇒ Im Video, welches am 20.12. bei „Honenu“ veröffentlicht worden war, offenbarten vier Anwälte, darunter auch der in der Siedlerbewegung bekannte politische Aktivist und Anwalt Itamar Ben Gvir,  vor den anwesenden Journalisten Details bezüglich des Misshandlungsverdachtes:

Rechtsabwälte Itamar Ben Gvir (links), Adi Keidar (2 v.l.) und weitere. Quelle: Honenu
Rechtsabwälte Itamar Ben Gvir (links), Adi Keidar (2 v.l.) und weitere. Quelle: Honenu

Rechtsanwalt Adi Keidar berichtete beispielsweise über ein Treffen mit seinem Mandanten, einem Minderjährigen, zu welchem er 21 Tage keinen Zugang hatte. Dem Rechtsanwalt zufolge traf er seinen Mandanten in einem psychisch schweren Zustand an. Über die Misshandlungen, welcher dieser Jugendliche während der letzten 21 Tage erfahren habe, berichtete der Anwalt Folgendes: An einem der Tage, an welchem er zuvor nach tagelangem Schlafentzug verhört wurde, wurde er, mit Handschellen an Beinen und Armen am Stuhl gefesselt, von Ermittlern und höheren Offizieren des Shin Bet mehrfach in seine Weichteile getreten und geschlagen, ohne die Möglichkeit, sich gegen die Attacken zu verteidigen. Anschließend wurde er, noch immer gefesselt, in eine Position versetzt, bei welcher er nach einiger Zeit das Gefühl für einen Teil seiner Gliedmaßen verloren habe. Ab einem bestimmten Zeitpunkt begann der Jugendliche zu schreien, zu betteln und, so Keidar, „seinen Verstand zu verlieren“.

Über einen weiteren Verdächtigen wusste Rechtsanwalt Keidar zu berichten, dass laut seinen Aussagen vor einem internen Gericht er während einer Verhörsitzung durch die Ermittler misshandelt wurde, als dieser nach dreitägigem Schlafentzug in der Befragung einschlief. Die Beamten hatten, so Keidar, dem Jugendlichen der Kopf nach hinten gebogen, bis dieser starke Schmerzen erlitt und sich übergab. Trotz der Anweisung des Gefängnisarztes, ihm eine Ruheperiode vor der nächsten Verhörsitzung zu ermöglichen, wurde er nach der medizinischen Untersuchung erneut zum Verhör geführt und geschlagen.

Rechtsanwalt Itamar Ben Gvir äußerte sich zum Fall:

„Zum jetzigen Zeitpunkt hat der Staat keine hinreichenden Beweise, welche genügend Licht auf die Duma-Mordaffäre werden könnten. Dies kann sich in den nächsten Tagen ändern. Was die Anklage betrifft, so lässt sich momentan nur eine Anklage auf Sachbeschädigung formulieren.“

Außerdem sagte er, „bis zu dieser Untersuchung konnte sich der Staat Israel seiner Demokratie rühmen. Als vor einigen Monaten ein abscheulicher Terrorist in Pizgat Ze’ev (Jerusalem) mit einem Messer in der Hand auf Passanten einstach, ordnete der Premierminister höchstpersönlich an, man solle ihn im Krankenhaus vor der Öffentlichkeit zeigen, seinen Zustand offenlegen und ihn ebenso mit einer guten Mahlzeit versorgen, um zu zeigen, dass in Israel Demokratie herrsche. Nach dem vorliegenden Ermittlungsfall steht fest, es gibt keine Demokratie in Israel. Heute ist ein schwarzer Tag für die israelische Demokratie.“

Ben Gvir forderte die Haftrichter und die Öffentlichkeit auf, die Vorgehensweise der Shin Bet-Ermittler zu unterbinden,  da seiner Ansicht nach eine Grenze überschritten worden war.

Dazu muss man sagen, dass nicht nur die Anwälte der in manchen (vor allem linksgerichteten) Kreisen der israelischen Gesellschaft umstrittenen Organisation „Honenu“ auf diese Berichte eingingen, sondern auch beispielsweise die Bürgerrechtsorganisation „Vereinigung für Bürgerrechte/ACRI, welche sich u.a. verstärkt für die arabische Minderheit, Frauen und Flüchtlinge einsetzt und eher weniger für die Verteidigung der „Hügeljugend“ und der Siedlerbewegung bekannt ist. Das Besondere dabei ist, dass sich ACRI in ihrem Statement auf eine interne Untersuchung der linksgerichteten, propalästinensischen Organisation „Btselem“ stützte.

Channel 7 zitierte das Feedback von ACRI:

„Der Bericht der Verteidiger der Verdächtigen im Fall der Terrorattacke auf das Dorf Duma über ihren Verhör durch den Shin Bet erweckt den Verdacht, dass dabei widerrechtliche Verhörmethoden angewandt worden sind. Diese Verhörmethoden wurden durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als illegal befunden, und das nach Anträgen durch den Verein gegen Folter und dem Zentrum zum Schutz des Individuums, welche sich u.a. auf Untersuchungen der Organisation „Btselem“ beriefen. Wir rufen die Verantwortlichen im Justizministerium dazu auf, die Beschwerden der betreffenden Personen unverzüglich zu  untersuchen.“

Am Abend nach der besagten Konferenz fand eine spärliche Demonstration von Verwandten der Verdächtigen vor dem Haus des Shin Bet-Leiters in Jerusalem statt (Link hier). Die Demonstranten standen mit Plakaten auf einer Straßenseite und riefen „Keine Beweise, dafür aber Folter“.



Einige ausführliche Einblicke in die Diskussion um die Affäre vermittelten zwei Parallelartikel zu dem Thema, aus welchen ich einige Auszüge anführen möchte, für Interessierte.

Noch vor der Wendung der Ereignisse veröffentlichte das Magazin „Makor Rishon“ am 18.12.15 zwei Artikel zum Thema; das eine ein exklusives Interview mit der Mutter eines der Minderjährigen, das zweite mit dem stellvertretenden Rechtsberater der Regierung, Anwalt Raz Nazri.

Die Mutter hatte laut ihrer Aussage ihren minderjährigen Sohn, welcher vor etwa drei Wochen vom Inlandgeheimdienst verhaftet worden war, 21 Tage nicht gesehen und keinen Kontakt zu ihm gehabt. Da die Veröffentlichung jeglicher Details zur Untersuchung selbst sowie jegliche Andeutung auf die Identität der Verdächtigten oder ihrer nahen Verwandten strikt untersagt worden war, hielt sie sich lange Zeit zurück und ging erst dann an die Öffentlichkeit (auch das, ohne ihre Identität preiszugeben), als sie spürte, dass ihr Sohn möglicherweise in Lebensgefahr sei.

„Das erste Mal, als ich erfahren habe, was als Anschuldigung gegen meinen Sohn vorliegt, war in den Medien, als von ‚dramatischen Entwicklungen im Fall des Mordes, der schon einige Monate das Land in Atem hält‘ die Rede war. Dann wussten schon alle, dass es um Duma ging. (…) Wir haben keine Informationen bekommen. Wir, die Familie, und auch die Anwälte, hörten davon aus den Nachrichten und nicht von einem Richter. (…) Ich fühle mich, als seien wir in einem schlechten Film aufgewacht. Du wachst in einer Realität auf, in der du in einem Augenblick von einem normativen Bürger zum Staatsfeind geworden bist.“

Die Mutter erklärte im Interview, sie fürchte sich davor, dass ihrem Sohn etwas angehängt werden würde. Ihre Hauptsorge, so die Frau, gelte aber dem gesundheitlichen Zustands ihres Sohnes, dem psychischen als auch dem  physischen. „Ich weiß nicht, wer diese Bedingungen aushalten kann. Ich weiß nicht, was für einen Sohn ich zurückbekommen werde.“ Laut einem der  Berichte soll ein Jugendlicher versucht haben, sich das Leben zu nehmen.

Hügeljugend. Illustration. Quelle: The Marker
Hügeljugend. Illustration. Quelle: The Marker

Ihren Sohn beschreibt die Mutter als einen Jugendlichen, der seine ideologischen Ziele im Blickfeld hatte, ohne aber seine familiären Pflichten zu vergessen. Die Schule habe er abgebrochen, „es gibt viele, die das israelische Schulsystem nicht aushalten„. Offenbar hatte sich ihr Sohn der „Hügeljugend“, einer jugendlichen, religiös und ideologisch motivierten, anarchistisch veranlagten Gruppierung, angeschlossen und lebte in provisorischen Vorposten auf den Hügeln innerhalb Judäa und Samaria.

"Hügeljugend" bei einer Demonstration. Illustration. Quelle: Danieloz.Wordpress.Com
„Hügeljugend“ bei einer Demonstration. Illustration. Quelle: Danieloz.Wordpress.Com

„Es gab zwischen uns keine Distanz und keinen Kontaktabbruch. Er ist in einem liebevollen Haus aufgewachsen und konnte sie auch zurückgeben. Er wusste, dass ich nicht einverstanden war mit allem, was er sagte, und ich wusste, dass er nicht mit allem einverstanden war, was ich sagte.“

Würde man sie darüber informieren, dass ihr Sohn irgendeine Rolle beim Mord in Duma gespielt habe, würde sie es nicht glauben – jetzt erst recht nicht mehr. „Wir sind treue Bürger, wir glauben an den Staat, aber nichtsdestotrotz fällt es uns sehr, sehr schwer im Angesicht dessen, wie die Menschenrechte hier mit Füßen getreten werden. Wir haben absolut kein Vertrauen in die Untersuchungsabteilung des Shin Bet.

Das Parallelinterview von Anwalt Raz Nazri stellte eine etwas andere Perspektive dar. Seit 2011 im Amt, entstammt Nazri ebenso der religiös-zionistischen Gesellschaft und lernte als Jugendlicher in den mit ihr assoziierten Einrichtungen. Den Kampf gegen den angehenden Terror nimmt er sehr ernst und sieht seine Bekämpfung als oberste Priorität – im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Die Behauptungen, die Verdächtigen würden in ihrer Haftzeit in den Rechten der religiösen Ausübung eingeschränkt werden, wies er entschieden von sich (wie erwähnt, fand das Interview vor der Pressekonferenz statt, auf welcher Details zu möglichen Misshandlungen während der Verhörzeit vorgestellt worden waren). „Terror ist Terror„, sagte er im Interview, „es wird kein Antiterrorgesetz für Araber und eins für Juden geben, dieselbe Vorgehensweise wird wie bei arabischem, so auch bei jüdischem Terror angewandt. Der Duma-Vorfall ist ein schwerwiegender Sonderfall. (…) Was ich dazu sagen kann, ist, dass es sich um schwerwiegende Anklagen handelt, daher wurde auch Gebrauch von Ausnahmeregelungen für solche Fälle gemacht.“

Weshalb wird aber der Anschlag in Duma als ein Terrorakt und nicht als ein reguläres Mordverbrechen gesehen? Ist jeder Mord als

Hügeljugend. Illustration. Quelle: INN
Hügeljugend. Illustration. Quelle: INN

Terror zu werten? „Es gibt im israelischen und internationalen Gesetz Definitionen für Terror. Wenn die Tat aus ideologischen, religiösen, nationalistischen oder rassistischen Beweggründen ausgeführt wurde, um dadurch öffentliche Organe zu bestimmten Handlungen zu zwingen, dann ist es Terror. Und genau das ist die Definition für die radikale Gruppe, die versucht, Einfluss auf die Handlungen der Regierung zu nehmen durch Terrorakte gegen die arabische Bevölkerung.“ Trotz dieser Aussagen wollte Nazri keineswegs die um ein Vielfaches größeren und mörderischeren Ausmaße des arabischen Terrors relativieren. Außerdem sprach er sich unter den gegebenen Bedingungen der anhaltenden Terrorbedrohung für die Anwendung der umstrittenen Administrativhaft bei Personen aus, die die Öffentlichkeit gefährden könnten: „Ich bin für Menschenrechte (bezogen auf inhaftierte Terrorverdächtige, Anm.DS), aber wir haben nicht das Privileg, nur diese zu betrachten. Auch das Recht auf Leben ist ein Menschenrecht, und dieses haben wir zu schützen.

Hügeljugend. Illustration. Quelle: NRG
Hügeljugend. Illustration. Quelle: NRG

Während für Nazri die Vorgehensweise der offiziellen Organe unter den gegebenen Umständen als gerechtfertigt gilt, deutete die Mutter des festgenommenen Minderjährigen auf einen anderen Aspekt hin. Der Minister für innere Sicherheit hatte sich zum Thema geäußert, „Wir setzen alles daran, dass es Beweismittel geben wird.“Das ist eine gefährliche Aussage“, konterte sie, „sie gibt der Untersuchungsabteilung grünes Licht, alles zu machen, was man wolle.

„Man muss jedes Graffiti, jedes Verbrechen aufklären, aber mit den regulären Mitteln, die dazu zur Verfügung stehen. Der Polizei und dem Shin Bet wurde hier die Legitimation gegeben, das zu tun, was ihnen gefällt. Es wurde eine Auffassung kreiert, nach welcher die Untersuchungsabteilung nach bestem Wissen und Gewissen wüten konnte. Die Rechtsorgane und das politische Regime (…) stehen momentan mit dem Rücken zur Wand und das kann zu einer Katastrophe führen. Es ist eindeutig, dass sie nicht mit einem Mal aufstehen und behaupten würden, ‚wir haben uns geirrt, wir haben in die falsche Richtung ermittelt.‘ Denn wenn aus den Ermittlungen hier nichts wird, werden viele Rede und Antwort stehen müssen. Und dem gegenüber gibt es einige unpopuläre Jugendliche, welche schon genügend Delegitimation erfahren haben und die man schon als ‚wildes Pack‘ abgeschrieben hat. (…) Sie sind kein ‚wildes Pack‘. Aber wer wird aufstehen und ihren Schrei hören lassen, wer wird aufstehen und sagen, dass hier ein Fehler auf nationaler Ebene begangen wird und es Unschuldige gibt, die den Preis dafür zahlen?“

„Wir leben in einer Zeit voller sicherheitsbezogener Herausforderungen, voller Hasspropaganda“, äußerte sich Anwalt Nazri,  „und in dieser Zeit muss auch ein Akt, der unter normalen Umständen nicht so betrachtet werden würde, schwerwiegender aufgefasst werden, da er einen großen Brand anzetteln kann“. Daher sind seines Erachtens außergewöhnliche Schritte zur Vermeidung der Gefährdung der Öffentlichkeit notwendig.

Die Knessetabgeordnete Zehava Gal-On sagte mir einmal, ‚es gibt 500 administrativ festgehaltene Palästinenser, wo sind da die Proportionen (gegenüber den jüdischen Inhaftierten, Anm.DS)?‘ Ich sagte ihr, ‚was soll man machen, wenn der Umfang des arabischen Terrors den des jüdischen um ein Vielfaches übersteigt?‘ Ich suche keine Gleichstellung, es muss hierbei auch keine sein. Der Fakt, dass dasselbe Gesetz bei Juden und Arabern angewendet wird, ist Gleichstellung genug.“

„Ich suche keine mediale Aufmerksamkeit und bin keine Frau des zivilen Aufstandes, aber auch nachdem diese Affäre ihr Ende finden wird, werde ich den Kampf nicht ruhen lassen„, erklärte die Mutter des Verdächtigen. „Ich kämpfe nicht nur für meinen Sohn und die anderen, sondern ich kämpfe für das ganze jüdische Volk. Wir können es uns nicht erlauben, dass das, was momentan passiert, sich in Zukunft in einem jüdischen und demokratischen Staat wiederholt. Diese Ungerechtigkeit muss aufhören.“

Hügeljugend. Illustration. Quelle: Omer Messinger/FLASH90
Hügeljugend. Illustration. Quelle: Omer Messinger/FLASH90

 

 

NEWS: Neue Entwicklungen im Fall der Duma-Attacke

Die israelischen Medien berichten seit einigen Tagen, dass es neue Entwicklungen im Ermittlungsfall der Brandbombenattacke auf das Haus der Familie Dawabshe im arabischen Dorf Duma gibt, welche am 31.07. dieses Jahres offenbar von juedischen Extremisten durchgefuehrt wurde. Die ersten Informationen ueber die Verhaftungen und Verhoere der Verdaechtigen wurden erst heute an die Oeffentlichkeit gelassen; ueber der Ermittlung, die schon nahezu ein halbes Jahr andauert, hing bisher eine Gag-Order (Nachrichtensperre). Noch immer werden Details und Namen der Verdaechtigen zensiert, da der Shin Bet ebenso wie die restlichen Verantwortlichen fuer die Ermittlungen ueberzeugt sind, dass eine Freigabe der Informationen dem Verfahren schaden wuerde.

Zur Erinnerung, in der Nacht auf den 31.Juli wurde in das Haus der Familie Dawabshe im Zentrum des Dorfes Duma in Ostsamaria eine Brandbombe geworfen. Das Haus fing Feuer. In den Flammen kam der 18 Monate alte Ali ums Leben, seine Eltern Sa’ad und Reham wurden schwerverletzt, als sie versuchten, das Baby und seinen Bruder Ahmad, 4, aus den Flammen zu retten. Sa’ad und Reham verstarben kurze Zeit spaeter nach intensiver medizinischer Behandlung im israelischen Krankenhaus. Am Leben blieb der 4-jaehrige Ahmad, welcher schwere Verbrennungen erlitt und noch immer in Intensivbehandlung in Israel ist.

Der YESHA-Rat der Siedlerbewegung begruesste die Festnahme der Verdaechtigen (Times of Israel/Channel 2). In einer Pressemitteilung erklaerte er, die besagten Verbrechen „verletzten die Werde des Staates Israel und seiner Besiedlung. Wir sind ueberzeugt, dass die juristischen und sicherheitstechnischen Organe des Staates Israel gegenueber den Teilhabenden an dieser abscheulichen Tat das Gesetz walten lassen werden.“

 

In den ersten Tagen nach dem Attentat folgten viele Spekulationen bezueglich der Identitaet der Taeter. Der Diskurs wurde in saemtlichen Medien heiss gefuehrt und landesweit distanzierten sich oeffentliche Personen, Regierungsvertreter und Organisationen von der grausigen Tat. Ausser des Graffitis lieferte der Tatort keinen Hinweis auf die Taeter, und daher widersetzten sich viele insbesondere in Judaea und Samaria der Anschuldigung gegen  juedische Gruppen und Aktivisten aus der Siedlerbewegung (der sog.“Huegeljugend“).

Zwei Monate spaeter erklaerten anonyme Quellen aus der israelischen Armee, die ihnen vorliegenden Hinweise deuteten eindeutig darauf, dass es sich bei den Taetern um juedische Extremisten handle. Im Laufe des letzten halben Jahres fuehrte die israelische Regierung mehrere verschaerfte Massnahmen zugunsten eines haerteren Vorgehens gegen juedisch-israelische Extremisten – so beispielsweise die Administrativhaft, bei welcher ein Verdaechtiger mit einer Schluesselrolle fuer eine Ermittlung ohne Prozess und Anwalt bis zu einem halben Jahr festgehalten werden darf und diese Haft bei Notwendigkeit auch ohne langwierige Buerokratieprozesse verlaengert werden kann, sofern noetig.

(Quellen: Times of Israel, Yediot Ahronot)

Gefallen in den Augen von Gott und Mensch – nach dem Attentat auf Yakov Don (NEWS)

Den Wert mancher Menschen lernt man erst dann kennen, wenn es schon zu spät ist. Das muss ich mir immer wieder sagen in den letzten Monaten, in welchen eine Terrorattacke die andere jagt, und immer wieder Menschen getötet werden, von deren Liebe, Güte und Bedeutung für ihre Umgebung man erst nach dem Mord an ihnen erfährt.

Yakov Don hy'd.
Yakov Don hy’d.

Yakov Don war einer von diesen Menschen für mich, aber im Gegenteil zu mir haben ihn in Gush Etzion und Alon Shvut, wo die Familie Don wohnt, sehr, sehr viele gekannt. Der 49-jährige war Erzieher und Lehrer, der auch als Erziehungsberater in Efrat fungierte, Englisch und Religionsstudien unterrichtete und bei seinen zahlreichen Schülern und Schülerinnen sehr beliebt gewesen war. Yakov war verheiratet mit Sarah, gemeinsam haben sie vier Kinder in die Welt gesetzt – drei Jungen und ein Mädchen – Rachel, erst 13 Jahre alt. Familie Don war eine der alteingesessenen Familien von Alon Shvut. Über 20 Jahre arbeitete Yakov als Erzieher und Lehrer. Mehrere Generationen von Schülern wuchsen mit seinem Lächeln und unter seiner Anleitung auf. In den letzten Jahren schrieb er an seinem Doktorat und hätte es in den kommenden Tagen fertiggestellt.

Das Auto von Yakov Don. Foto: INN
Das Auto von Yakov Don. Foto: INN

Am Donnerstag, 19.11.15, in den Nachmittagsstunden, stand Don in seinem Auto im üblichen Stau, welcher schon lange Zeit die Anwohner von Gush Etzion und insbesondere von Alon Shvut plagt. Dabei ist die wenige hundert Meter lange Strecke zwischen dem Einfahrtstor zur Siedlung in Richtung der zentralen Kreuzung mit dutzenden Autos verstopft und die Wartezeit kann manchmal bis zu einer Stunde betragen. Auch an diesem Tag standen in diesem Stau die Autos von jüdischen und arabischen Fahrern, als ein arabischer Fahrer in entgegengesetze Richtung an der Warteschleife vorbeifuhr,

So sieht es auf der Karte aus.
So sieht es auf der Karte aus.

zurückdrehte und begann, die Wartenden aus nächster Nähe mit einem Gewehr zu beschießen. Dabei wurden mehrere verwundet, doch drei erlagen den Verletzungen – Yakov Don, 49, aus Alon Shevut, der Jeschive-Schüler Ezra Schwarz, 18, aus den USA, und auch ein arabischer Fahrer aus Hevron fand sich unter den Toten. Der Terrorist wurde von einem Anwohner überwältigt und verhaftet. Seine Opfer konnte dies nicht mehr retten.

Yakov war unterwegs zu seinem Unterricht, als er erschossen wurde. Der 18-jährige amerikanische Schüler Ezra befand sich neben den Autos, da er zusammen mit Freunden Essen und Süßigkeiten an die Soldaten verteilte, welche sich auf der Strecken befanden, um die Fahrer zu bewachen. Weshalb die Soldaten den bewaffneten Terroristen im Auto nicht bemerkten und seinen Amoklauf nicht verhindern konnten, ist nicht bekannt. Der Terrorist soll wie schon zahlreiche zuvor aus der Gegend von Hevron, einer Hamas-Hochburg, stammen.

Als die Gemeinschaft von Gush Etzion vom Tod des beliebten Erziehers erfuhr, machten sich Trauer und Schock breit. Freunde und Schüler veröffentlichten Nachrichten mit Erinnerungen an Don. Die Einwohner von Alon Shvut erhielten eine SMS des lokalen Notfallteams der Siedlung, in welcher vom Tod von Yakov Don informiert wurde. Ein Bekannter von mir schrieb auf Facebook:

„Ich bin absolut schokiert…schokiert! Mein Englischlehrer für 4 Jahre an der Hemshech-Schule…ein beliebter Lehrer, ein Mensch mit Witz und Pfiff, man konnte mit ihm auf Augenhöhe reden…ein Mann mit der Haltung eines hohen Offiziers…und noch mehr als das – ein geliebter Erzieher! So viele Schüler sind durch seine Hände gegangen. Er erzog sie zu jüdischen Werten…nichts Schlechtes würde man über ihn hören…er liebte alle Geschöpfe…

Rabbiner Yakov Don, soll Gott seinen Tod rächen, denn nur Er kann das…niemand sonst in unserer schwächlichen Regierung!“

Am darauffolgenden Freitag, 20.11., wurde Yakov zur letzten Ruhe auf dem Friedhof im naheliegenden Kibbutz Kfar Etzion getragen. Tausende Menschen wohnten der Beerdigung bei, darunter auch der Minister Avi Gabai und der Knessetsprecher Yuli Yoel Edelstein.

 „Du fandest Gefallen in den Augen von Gott und den Menschen“,

sagte Edelstein. Einer von Yakovs Söhnen, Ma’or, sagte in seiner Abschiedsrede:

„Die Welt kann mit einem Mal dunkel werden, das war der Moment, als man mir sagte, dass mein Vater ermordet wurde. Jetzt verbleibe ich im Dunkeln. (…) Mein Vater wusste selbst nicht, wie besonders er war. Ein Mensch der Berührung, des Lächelns. Ich fühle seine Liebe in meinen Venen fließen.“


Schon am Freitag selbst, vor und nach der Beerdigung, füllten sich die Email-Verteiler mit Nachrufen verschiedener Personen zum Tod von Yakov Don. Darunter waren der Rabbiner von Gush Etzion, der Bürgermeister von Efrat, aber auch reguläre Bekannte und Freunde, Außerdem wurde eine Liste herumgeschickt, auf welcher sich Bereitwillige eintragen würden, um der Familie Essen zu spenden. Nach jüdischem Gesetz dürfen Trauernde, welche sieben Tage um ihren nahen Verwandten in Trauer sitzen (Shiva), sich selbst nichts zubereiten und für nichts sorgen, sondern sich voll und ganz der Trauer und dem Gedenken widmen. Die Gemeinschaft sorgt für sie.

Am Fall von Yakov Don würde ich gerne exemplarisch zeigen, wie unsere Gemeinschaft sozial gesehen funktioniert.
Alle sorgen sich um alle. Jeder weiß, was passiert, und Hilfe wird schnellstmöglich organisiert. Das lokale Notfallteam, welches aus Einwohnern besteht, gibt Anweisungen in Falle von Notsituationen wie einem Attentat weiter und informiert über die Vorgehen. Sobald bekannt wird, dass das Opfer aus der eigenen Siedlung stammt (oder auch aus der Umgebung), werden Fahrten zur Beerdigung organisiert. Beileidswünsche füllen die Emailverteiler. Essensspenden werden lokal von den Anwohnern organisiert, und zwar so, dass die Essensmenge für 3 Mahlzeiten reicht – und im Falle der Familie Don für ganze 12 Menschen. Gebetszeiten werden organisiert und publik gemacht, zu Ehren des Verstorbenen werden bestimmte Traktate gemeinsam gelesen. Die Anteilnahme ist groß und aufrichtig, ebenso wie das Interesse am Wohlbefinden der Betroffenen.

Das Haus der Familie, in welchem  das Trauersitzen stattfindet, und welches auch ich an heutigem Abend, gleich nach Shabbat-Ausgang, besuchte, war mit Besuchern gefüllt, welche die Familie in Not zu stärken gekommen waren. Dutzende gingen ein und aus. Die Kinder

Das Trauersitzen im Hause Don., heute (21.11)
Das Trauersitzen im Hause Don., heute (21.11)

und die Witwe Sarah saßen auf niedrigen Stühlen, wie es die Tradition besagt, um sie herum saßen Bekannte, Freunde, ganze Schulklassen. Die Tochter Rachel empfing ihre Freundinnen in einem der Zimmer. Alle wirkten gefasst, tauschten Erinnerungen aus, tranken Tee, manchmal sah man  Sarah sogar lachen, wenn der eine oder andere Besucher eine schöne Erinnerung oder ein Foto von Yakov teilte;  ihr ausgelaugtes Gesicht verriet jedoch den Schmerz hinter der Maske der Stärke. „In den letzten Tagen hatte Yakov so vieles geschafft in so kurzer Zeit, ich hatte mich gewundert, wieso alle Pläne, die lange aufgeschoben wurden, mit einem Mal alle durchgeführt werden mussten„, erzählte sie, „auch hatte es Yakov geschafft, mit jedem der Kinder in dieser Woche einzeln zu sitzen und zu reden. Als hätte alles erledigt werden müssen, bevor…Vielleicht hätten wir die Pläne doch aufschieben sollen, wer weiß…


An der Kreuzung. Quelle: INN
An der Kreuzung. Quelle: INN
An der Kreuzung. Quelle: INN
An der Kreuzung. Quelle: INN

Auch andere Reaktionen innerhalb der Bevölkerung folgten auf das Attentat. Kinder und Jugendliche, welche an diesem Wochendende sich im Rahmen der Jugendbewegung „Bney Akiva“ treffen und feiern sollten, gingen zusammen in einem Gedenkmarsch vom Zentrum von Alon Shevut aus bis zur Kreuzung, vorbei an der besagten Attentatsstelle, bewacht von Polizei- und Armeekräften, sangen, in einem Halbkreis stehend, gemeinsam und wehten israelische Fahnen. Zuvor trafen sich Gruppen von Jugendlichen zusammen mit Erziehern, um über das Attentat zu reden und den Tod des Lehrers gemeinsam verarbeiten zu können.

Auch die Bezirksverwaltung von Gush Etzion traf sich mit führenden Armeekräften, so auch dem Oberbefehlshaber der Armee. Die gefährliche Verkehrslage an der Gush Etzion-Kreuzung, die Staus, die fehlenden Ampeln und der überfordernde Verkehr gerieten nun in dem tragischen Kontext des neuesten Anschlags ins Gespräch – obschon die Problematiken jahrelang unentwegt seitens der Bezirksverwaltung angesprochen wurden. Auch eine Einschränkung von arabischem Autoverkehr um die Kreuzung herum – so auf der Landstraße 367, welche an vier großen jüdischen Ortschaften und zwei kleineren arabischen Orten vorbeiführt, wurde angesprochen, denn diese Einschränkung wird schon länger im Zuge von blutigen Attentaten auf die lokalen jüdischen Einwohner gerade auf dieser Landstraße gefordert, Bisweilen beschloss der Verwaltungsrat von Alon Shevut, am kommenden Sonntag keinen Einlaß für arabische Arbeiter in die Siedlung zu gewähren. Schon seit einigen Tagen wurden zusätzliche Metallzäune um die Bürgersteige der Kreuzung herum angebracht – deren tatsächliche Relevanz ist jedoch fraglich. Noch vor Beginn der Unruhen in diesem Herbst wurde die Gush Etzion-Kreuzung von Soldaten bewacht und während der letzten Monate wurde die Bewachung von Zivilisten verstärkt.
Welche weiteren Maßnahmen vorgenommen werden, ist bisher unbekannt.