Heute um 20.15 Uhr (deutsche Zeit) wird auf ARTE der erste Teil der israelischen Doku „Die Siedler der Westbank“ von Shimon Dotan gezeigt. Ich lade euch dazu ein, sich den Film anzuschauen und eure Meinung dazu abzugeben; selbst werde auch ich zeitnah eine kurze Rezension dazu verfassen.
Das BR Studio Tel Aviv (namentlich Markus Rosch und Susanne Glass,
In Salfit verdursten die Menschen regelmäßig. Und in der benachbarten Großstadt Nablus? (Quelle: Facebook)
die für den unteren Beitrag verantwortlich gewesen sind) hat eine Stellungnahme infolge der zahlreichen Kritik an ihrer Darstellung abgegeben. Über diese habe ich ausführlicher geschrieben, denn leider war auch diese unzureichend und wichtige Aspekte zum Verständnis des Sachverhaltes wurden dort nicht angeführt. Dies habe ich dann „für die ARD erledigt. ⇒ Lest hier nach!
Freunde haben mich auf eine erneute Farce des oeffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehens – ARD/Tagescchau mal wieder – aufmerksam gemacht. Offenbar habe ich gestern, im Laufe des Fastentages, einen Beitrag ueber die durch Israel schwer verschuldete Wasserknappheit der arabischen Kleinstadt Salfit in Samaria verpasst. Ich habe mir natuerlich schleunigst den Beitrag angeschaut, der am 14.08.16 online gegangen ist und mehrfach ueber Twitter, Facebook und Fernsehen verbreitet wurde.
Der Beitrag, in seiner Knappheit und oberflaechlichen, unzureichenden Darstellung, ist wie des Oefteren ein enttaeuschendes Beispiel fuer die heruntergekommene Qualitaet der Berichterstattung des ARD/tagesschau. Ich kann mich daran entsinnen, dass es beispielsweise in selbst sehr negativ gefaerbten Beitraegen stets zwei Seiten zur Sprache kamen. Insbesondere, wenn es ein vielschichtiges Thema wie den Wasserverbrauch und die Abkommen zur Resourcennutzung zwischen der israelischen Regierung und der palaestinensischen Autonomiebehoerde betrifft. Im Beitrag allerdings findet die Vielschichtigkeit ein Ende. Dort dreht „Israel“ hoechstpersoenlich der Familie Osman den Hahn ab und ueberfuehrt offenbar das
Hier liegt Salfit. Karte
gesamte „palaestinensische Wasser“ an die Siedlung Shiloh. Wieso, weshalb, warum, und was haben die Israelis dazu zu sagen? Keine Zeit, der Beitrag muss knapp sein. Daher erfahren wir von der Waschmaschine der Familie Osman, der Abneigung des Hydro-Geologen Clemens Messerschmidt gegen „die Besatzung“, dem kleinen Maedchen, das nicht duschen kann und dem Plastikgeschirr, das aber nirgendwo im Bild auftaucht. Und es gibt zwei kurze Panoramabilder von Shiloh.
Da ich, zugegeben, nur allgemeine Fakten zu den Wasserabkommen zwischen der israelischen Regierung und der palaestinensischen Autonomiebehoerde kenne, lasse ich an dieser Stelle lieber einen Experten sprechen, der nach seinen 40 Jahren Journalistendienst und einem erheblich grossen Wissen und Verstaendnis des Nahen Ostens im Allgemeinen und der Israel/Palaestina-Thematik im Besonderen besser zu diesem Thema beitragen kann als ich. Im Nachfolgenden also der Artikel von Ulrich W.Sahm, entnommen aus der Plattform „Honestly Concerned“ (Sacha Stawski).
Palästinenser leiten unter Wassermangel und die Tagesschau unter Qualitätsmangel ihrer Berichterstattung. Screenshot aus dem Beitrag.
Die Tagesschau der ARD brachte am Sonntagabend um 20 Uhr ohne aktuellen Aufhänger einen Bericht von Markus Rosch über die „Wassernot“, unter der „viele Palästinenser“ leiden, wie Moderator Jan Hofer verkündete. „Die Ressource ist knapp und wird von den Israelis streng rationiert“, behauptet Hofer weiter. Das Wasser ist gewiss knapp, aber von einer „Rationierung“ kann keine Rede sein!
„Verschärfend komme hinzu, dass Palästinenser keine Baugenehmigungen für Brunnen erhielten, um sich selbst zu versorgen,“ setzt Hofer fort.
Selbstverständlich muss es Genehmigungen für das Bohren von Brunnen geben. Genauso ist es in Deutschland und anderswo. Da kann nicht jeder in seinem Hinterhof nach Gutdünken einen Brunnen bohren oder das Wasser aus dem Rhein, der Elbe oder der Spree abpumpen. Denn sonst würde sehr schnell das passieren, was im Gazastreifen kurz nach dem kompletten Abzug der Israelis 2005 geschehen ist. Sowie die „scharfe Kontrolle“ der Israelis weggefallen war, und die örtlichen Behörden der Palästinenser sich um nichts mehr kümmerten, haben die Menschen nur ein paar Meter tief in den Sand gebohrt, eine Pumpe angeschlossen und schon sprudelte kostenfrei das Wasser ins Haus. Ohnehin war man im Gazastreifen (und teilweise auch im Westjordanland) nicht „gewöhnt“, eine Wasser- (oder Strom-) Rechnung zu zahlen. Das Dumme war, dass der hohe Spiegel des Grundwassers in Gaza ganz schnell sank. Dann floss Salzwasser aus dem Mittelmeer nach. Heute ist 95% des Süßwassers im Gazastreifen ungenießbar. Das einzige Trinkwasser im Gazastreifen pumpt Israel dorthin. Eine „Selbstversorgung“, wie Hofer sagt, indem man Brunnen bohrt, muss in jedem Fall mit allen Beteiligten abgesprochen sein, weil man sonst ganz schnell das Grundwasser unwiederbringlich zerstört und dem Nachbarn das Wasser abgräbt.
Nun zur Reportage von Markus Rosch. Er berichtet über die Ortschaft Salfit, ohne mitzuteilen, wann er die Reportage gedreht hat.
Vor etwa 2 Wochen hat es (wegen schlechter Instandhaltung) einen Rohrbruch bei einer Hauptleitung gegeben. Einige Tage lang war tatsächlich in Salfit wie in Siedlungen, die alle über das gleiche Rohr versorgt wurden, das Wasser knapp.
Rosch erwähnt nicht, dass es sich hierbei um Wasser handelt, das von Israel in das Westjordanland gepumpt wird. Er sagt auch nicht, ob er seine Reportage ausgerechnet während dieses Rohrbruchs gedreht hat. Die emotionalen Darstellungen, des Mädchens, das sich nicht waschen könne, der Vater mit den Wasserflaschen oder die entnervte Schwester, die nicht einmal die Waschmaschine benutzen kann, bedürfen keines Kommentars. Angemerkt sei nur, dass die sich gewiss keine Waschmaschine angeschafft hätte, wenn die Wasserknappheit ein Dauerzustand wäre. Auch der feine tröpfelnde Wasserhahn wirkt nicht so, als würde der nur im Winter nach einem Regenfall benutzt werden.
Rosch schwenkt mit der Kamera in Richtung einer Siedlung und auf das Schild nach Schiloh. O-Ton: „Doch während Siedlungen wie Schiloh, das in der Nähe von Salfit liegt, viel Wasser bekommen, gehen palästinensische Dörfer oft leer aus.“ Anstatt in der Siedlung mal nachzufragen oder mit einem israelischen Hydrologen zu sprechen, bleibt es bei seiner Behauptung, ohne jegliche Nachweise.
Im Gegenteil. Rosch trifft sich mit den deutschen Hydrologen Clemens Messerschmidt.
Über Messerschmidt sei hier erst einmal erwähnt, dass er Empfänge der deutschen diplomatischen Vertretung in Ramallah grundsätzlich aus ideologischen Gründen boykottiert. Er scheint also nicht in deutschen Diensten zu stehen. Das verriet er im Dezember 2014, als es im ganzen Nahen Osten schwere Unwetter mit Schnee in den Bergen und Überschwemmungen in Tel Aviv gab. Selbstverständlich stand wegen der Regengüsse auch der Gazastreifen unter Wasser. Was behauptete damals der diplomierte Hydrologe aus Deutschland? Israel habe Staudämme geöffnet, die es allein gebaut habe, um im Winter den Gazastreifen zu überschwemmen – oder vielleicht besser ausgedrückt – wegzuschwemmen. Tatsache ist, dass es diese von Messerschmidt behaupteten „Staudämme“ gar nicht gibt. Sie waren reine Erfindung. Messerschmidt tritt übrigens auch im „Muslim-Markt“ auf, eine üble anti-israelische Plattform.
Messerschmidt hat sogar recht mit der Behauptung, dass das Bergland im Westjordanland ziemlich regenreich sei. Doch verschweigt er, dass der Regen die unterirdischen Grundwasser-Seen füllt und dass Wasser per Schwerkraft immer nach unten fließt. Anders ausgedrückt: Der Regen fällt im „palästinensischen“ Gebiet, fließt aber unterirdisch nach Westen in Richtung Israel und nach Osten in Richtung Jordan und Totes Meer. Aus Sicht Messerschmidts müssten die Israelis offenbar alles Wasser ihrer Quellen ins Westjordanland pumpen, weil der Regen dort gefallen ist und deshalb den Palästinensern gehöre. Auf Europa übertragen müssten alle Anwohner des Rheins ihre Wasserrechnung an die Schweiz entrichten, weil dort der Rhein entspringt.
Rosch verschweigt zudem, dass Israel heute etwa ein Drittel mehr Wasser in die palästinensischen Gebiete pumpt, als in den Osloer Verträgen festgelegt. Er verschweigt auch, dass etwa 40% des verfügbaren Wassers bei den Palästinensern wegen maroder Infrastruktur verloren geht. In Israel und in Europa sind 10% Wasserverlust „normal“.
Während in Israel etwa 90% das Abwassers geklärt und in separaten Rohren der Landwirtschaft zugeführt wird, haben die Palästinenser Lieferungen billigen geklärten Wassers für ihre Landwirtschaft abgelehnt mit dem Argument: „Eure Sch… wollen wir nicht“. So vergeuden palästinensische Bauern weiterhin kostbares Trinkwasser in traditionell verschwenderischer Weise für ihr Gemüse auf den Feldern.
Abschließend sei hier erwähnt, dass viele Palästinenser ihre Wasserrechnung nicht bezahlen. In der Folge hat sich ein Schuldenberg in Millionenhöhe für Strom und Wasser angehäuft. Rosch hat sich nicht die Mühe gemacht, die Familie Osman nach ihrer monatlichen Rechnung zu befragen. Dass Israel dennoch weiterhin Strom und Wasser liefert, liegt am internationalen Druck und an der Selbstverständlichkeit, dass Israel die Palästinenser weder verdursten noch im Finsteren sitzen lassen wollen.
Hier sei noch angemerkt, dass die „palästinensische“ Familie Osman einen Namen führt, der nicht sehr arabisch klingt, sondern eher „osmanisch“.
Dieses Transparent haben heute zwei Kinder mehrfach auf den Zäunen rund um die Gush Etzion-Kreuzung aufgehängt. Darauf steht „Nach Hause – wir kehren zurück nach Gush Katif“.
Für diejenigen, die es nicht wissen – Gush Katif war ein aus mehr als einer Dutzend Ortschaften bestehender Wohn- bzw.Siedlungsblock im Gazastreifen, welchen seit den 80er Jahren Israelis bewohnten und landwirtschaftlich entwickelten. Im Jahr 2005 wurden diese Ortschaften abgerissen und der Gazastreifen wurde komplett in palästinensische Hände übergeben. Seitdem dürfen keine Juden mehr im Gazastreifen leben. Die Entscheidung, aus eigenen Erwägungen heraus den Gazastreifen komplett zu verlassen und mehrere Tausende jüdischer Bewohner aus ihren Orten herauszuholen und diese niederzureissen , wurde von damaligen Premierminister Ariel Sharon gefällt. Heute übt die Terrororganisation HAMAS Gewaltherrschaft über die Bewohner des Gazastreifens aus.
Der Abzug bzw. „Die Vertreibung“, so wie sie von den Juden in Judäa und Samaria genannt wird, hinterließ eine noch immer nicht verheilte Wunde im Bewusstsein der nationalreligiösen Gemeinschaft.
Diesen Sommer (August) jährt sich das Ereignis zum 11.Mal.
Was ich zum Transparent zu sagen habe?
Ganz ehrlich, ich halte nicht viel von Wunschdenken, mag es noch so verlockend ideologisch klingen. Wir kommen momentan kaum mit der Situation in Judäa und Samaria zurecht, wie können wir da noch vom überbevölkerten, hermetisch abgeriegelten, judenfreien und von einem Terrorregime regierten Gazastreifen „träumen“? Aktive Weiterentwicklung von Judäa und Samaria und realpolitisch ausgerichtetes Bemühen um die Ausweitung der israelischen Souveränität über Judäa und Samaria wären hierbei mehr angebracht.
Ma’ale Adumim, die große Stadt im Nordosten Jerusalems, am Rande der Judäischen Wüste, an der Autobahnstrecke von Jerusalem zum Toten Meer als Siedlung zu bezeichnen grenzt nahezu an Lächerlichkeit. 1975 gegründet, beherbergt die mit dem traditionellen Jerusalemer Stein verzierte Stadt um die 38.000 Einwohner aller gesellschaftlichen Schichten und religiöser Ausrichtungen. Sie umgeben die Judäischen Berge, hinter denen das
Quelle: INN
Tote Meer liegt, Hinter Ma’ale Adumim befindet sich das dazugehörige weitausholende Industriegebiet Mishor Adumim. Eine Schnellstraße verbindet zwischen der auch gerne als Vorort Jerusalems betrachteten Ortschaft und der Hauptstadt selbst, etwa 15-20 Minuten braucht ein Durchschnittsbürger, um ins Zentrum Jerusalems zu gelangen. Mit Stau können es mehr werden. Die Kleinstadt hat ein großes Einkaufszentrum, eine Bibliothek, Schulen, Kindergärten, medizinische Einrichtungen und Restaurants zu bieten. Die meisten ihrer Einwohner arbeiten in Jerusalem.
So gesehen könnte diese Beschreibung auf jede ganz normale Stadt in Israel passen. Eine solche wie Bet Shemesh, Petach Tikva und Modi’in. Aber was ist schon normal? Auf jeden Fall nicht die Tatsache, dass trotz der israelischen Staatsbürgerschaft der absoluten Mehrheit der Einwohner von Ma’ale Adumim, trotz der industriellen Bedeutung, der staatlichen Förderung und der Größe der Stadt diese gesetzlich mehr oder weniger genauso gehandhabt wird wie ein Häufchen Wohncontainer auf einem als Staatsland erklärtem Fleck Erde irgendwo auf einem Hügel in Samaria oder Judäa.
Vom gesetzlichen Status gesehen, ist Ma’ale Adumim eine Stadt , die in den militärisch von Israel verwalteten Gebieten sind, die noch immer als Niemandsland gelten bzw. die noch niemand offiziell annektiert oder sonst irgendwie für autonom erklärt hat (‚Siedlerstadt‘ wäre ein Begriff für die deutschen Medien!). Ma’ale
Quelle: Maveze.co.il
Adumim liegt in der C-Zone, die seit den Oslo-Abkommen 1994 als ein vom israelischen Militär verwaltetes Areal gilt. Nah zu Ma’ale Adumim liegt die Stadt („Flüchtlingslager“) A-Za’im und das Dorf Jahalin. Ma’ale Adumim ist somit eine Siedlung und verwaltet wird sie offiziell von der israelischen Militärverwaltung! Ein freilich unsäglicher Dauerstatus für Bürger einer Stadt, die nichts getan haben, um sich diese Militärverwaltung „verdient“ zu haben, außer Bürger eines Staates zu sein, dessen Regierungen sich seit 49 Jahren nicht darauf einigen können, wie sie mit dem im Verteidigungskrieg von Feinden erobertem Gebiet verfahren sollen. Während der Bau und der Ausbau von Ma’ale Adumim im Laufe der Zeit voranschritt, kümmerte sich niemand um den gesetzlichen Status der Stadt.
Hier liegt Ma’ale Adumim
Im Laufe der Jahre wuchs die Stadt, und die Forderungen nach einer offiziellen Eingliederung von Ma’ale Adumim in die israelischen Grenzen wurden lauter. Der Status Quo solle endlich verändert werden, die Grenzen erweitert, sodass größere Ansiedlungsblöcke Teil des Staates werden können. (Tatsächlich war die Idee des sog.“Landtausches“ von größeren jüdischen Siedlungsblöcken im Gegenzug mit größeren arabischen Siedlungsblöcken im Zuge der Erschaffung eines Staates Palästina).
Seit einigen Monaten kriegt man wieder etwas von den Diskussionen zu spüren, das heißt, das Thema Annexion/Eingliederung wird von Knessetabgeordneten wieder aufgerollt, die Medien berichten, wenn auch nur zaghaft. Aber die Bemühungen sind da und so versuchen Abgeordnete, Lobbyisten und andere, diese Angelegenheit voranzubringen. Ich habe darüber in diesem Beitrag (Good news, bad news) im Juni schon kurz berichtet.
Jetzt scheinen die Bemühungen intensiver zu werden, und auch angesichts der Terrorwelle neue Motivation zu wecken. Die „Land Israel“-Lobby der Knesset (geleitet von den Abgeordneten Yoav Kisch, Likud, und Betzalel Smotritch, Jüdisches Heim), welche die Idee der Annexion und Eingliederung von Judäa und Samaria in israelisches Staatsgebiet vorantreibt, legte den ersten Gesetzesentwurf zu Ma’ale Adumim dem Knessetsprecher Yuli (Yoel) Edelstein (Likud) vor, welcher „das Gesetz, die Gesetzesausführung und die Staatsverwaltung über Ma’ale Adumim walten lassen“ soll (INN, Ynet). Außer den Vorsitzenden der Lobby unterstützen andere Knessetabgeordnete, darunter auch Minister wie Zeev Elkin, Miri Regev und Ayelet Shaked, die Initiative. Mehrere weitere Abgeordnete aus der Koalition haben den Gesetzesentwurf unterschrieben.
Der Knessetsprecher Edelstein selbst äußerte sich bei der Sitzung der Lobby for einigen Tagen positiv über den Entwurf und wird ihn voraussichtlich problemlos dem Ministerausschuss für Gesetzesgebung weiterleiten. Edelstein nannte ein offizielles Ma’ale Adumim einen „Konzensus“. So wie die Dinge momentan bestellt sind, wird wohl auch im Ministerausschuss eine Mehrheit für die Unterstützung des Entwurfs sprechen. Sobald ihre Bestätigung erfolgt, gelangt der Entwurf in die Vorabstimmung. Dort wird sich dann entscheiden, ob er angenommen und zur Ausarbeitung in einen der ständigen Ausschüsse der Knesset gelangen oder aber für ein halbes Jahr verworfen wird. Auch in der letzten Knesset (der 19,) wurde der Entwurf diskutiert, aber ohne Erfolg, da die vorgezogenen Wahlen den Prozess stoppten.
(Quellen: Ynet, Makor Rishon, INN)
P.S. In der deutschen Presse kennt man Ma’ale Adumim übrigens über die Affäre um das E1-Gebiet. Das E1-Gebiet, welches im von Israel verwalteten C-Gebiet liegt, sollte ursprünglich für eine Erweiterung der Stadt dienen, erregte aber schnell internationales Interesse, wie es bei „Siedlungsaktivitäten“ oft so ist. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die USA, bedauerten und beklagten den „fortschreitenden Siedlungsbau“. Allerdings gab es auch noch andere Aspekte des E1-Gebietes: So die illegalen Siedlungsaktivitäten der EU, der notorischen Hasserin jeder Wohnprojekte für Israelis in Judäa und Samaria. Damals – Februar 2015 – veröffentlichte die israelische Organisation REGAVIM für illegale Bodenbebauung in Israel und Judäa und Samaria einen Bericht, dem nach von der EU unberechtigt über 400 Bauten im C-Gebiet (so auch E1) errichtet worden wären.
Am Samstagabend (02.07.16) veroeffentlichten die israelischen Medien die Entscheidung von Premierminister Netanyahu und
Hallel Yaffa Ariel. Quelle: Internet
Verteidigungsminister Liebermann, als Antwort auf den Mord an Hallel Yaffa Ariel am 30.06. 42 neue Wohneinheiten in der Ortschaft Kiryat Arba bei Hevron zur Ausschreibung und damit zum Bau freizugeben. Sollte dies in die Mainstreammedien gelangen (wenn es nicht schon ist), wird es wieder mit Hoechstwahrscheinlichkeit als ein Preis fuer die Siedlerbewegung und Friedenshindernis abgetan werden.
Es sollte allerdings etwas sonderbar erscheinen, dass die Redefuehrer der „Siedlerbewegung“ ganz anderer Meinung ueber diese „Geste“ seitens der Regierung sind. So reagierte auf die Entscheidung die Vorsitzende der mit der Gemeinschaft in Judaea und Samaria assoziierten Partei“Juedisches Heim“, Shuli Mu’allem-Refaeli:
Die Genehmigung zum Ausschreiben der 42 Wohneinheiten in Kiryat Arba ist nichts anderes als eine leere Ueberschrift. Wir haben uns an Ueberschriften wie den Bau als ‚eine angemessene zionistische Antwort auf Attentate‘ gewoehnt, aber wir haben keinen wirklichen Bau daraufhin gesehen.“
„Es handelt sich in diesem Fall um die Genehmigung von Projekten, die diese schon in der Vergangenheit erhalten haben, und auch diesmal werden sie irgendwo stecken bleiben. Die Oeffentlichkeit kauft das nicht mehr ab und auch die Europaeische Union und die PA beunruhigt diese Erklaerung nicht mehr.“
Das Rueckmeldung der Regionalverwaltung von Judaea und Samaria fiel ebenso negativ und unzufrieden aus:
„Es ist keine eine Besiedlung befuehrwortende Antwort, sondern eine Verhoehung. Diese geringfuegige Genehmigung wird die momentanen Tendenzen (der Regierung) nicht veraendern. (…) Zusammen mit den militaerischen und sicherheitsbezogenen Vorkehrungen, die momentan in der Region von Hevron durchgefuehrt werden, muss auch eine entschiedene und aufrichtige zionistische Besiedlungsaktivitaet erfolgen, so die Genehmigung von tausenden von Wohneinheiten und die Foerderung der Infrastruktur in der Region.“
Und der stellvertretende Vorsitzende der lokalen Bezirksverwaltung von Kiryat Arba, Israel Bramson, aeusserte sich noch vernichtender:
Es handelt sich hier um einen Bluff und um einen Betrug der Oeffentlichkeit. Es ist von Haeusern die Rede, die sich schon seit Monaten im Bauprozess befinden, die Traktoren arbeiten schon vor Ort. Wie immer ist es eine Wiederverwertung von Wettbewerbsausschreibungen. Es gibt nichts Tatsaechliches. Noch eine Ente nach bester Tradition von Netanyahu und Liebermann.“
Gute Nachrichten: Die Regierung sagte an diesem Sonntag (19.06) den israelischen Einwohnern von Judäa und Samaria und ihren Ortschaften eine Summe von rund 19 Millionen Euro zu (82 Mio Shekel) zu. Begründet wurde dies mit der „besonderen Sicherheitslage“. Das Geld soll allerdings auch Bereichen zukommen, denen unabhängig von den sicherheitstechnischen Zuständen und der Terrorbedrohung Entwicklung gebührt – Infrastrukturen für die Weiterentwicklung von Tourismum, Unterstützung der lokalen Betriebe, Bildungsangebote für Jugendliche, sozial-psychologische Betreuung und mehr.
Zur Erinnerung: In Judäa und Samaria (‚Westjordanland‘) leben bis zu 450.000 israelische Staatsbürger in teils religiösen, teils säkularen Ortschaften. Jüdische Gemeinden hatten sich in dieser Region in postbiblischer Zeit während der römischen, byzanthinischen, omayyadischen, osmanischen und britischen Herrschaft etabliert, wurden allerdings im Zuge des 20.Jahrhunderts und nach dem Unabhängigkeitskriegs Israels infolge der jordanischen Besetzung des Gebiets ausgelöscht. Die Neugründung jüdischer Gemeinden in Judäa und Samaria fand nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 statt (Orte wie Kfar Etzion, Hevron und Sebastia), nachdem Jordanien diesen Krieg verloren und ihren Anspruch auf das Gebiet im Jahr 1988 offiziell aufgab. Nach den Oslo-Abkommen 1994 (Oslo II) wurden bestimmte größere arabische Siedlungsgebiete der Verwaltung der PLO, von nun an der Palästinensischen Autonomiebehörde, überlassen (A-Gebiete). Israel übernahm die MIlitärverwaltung der C-Gebiete mit größerer jüduscher Ansiedlung. Die Gebiete dazwischen, (B), werden gemeinsam von israelischen und und palästinensischen Behörden verwaltet.
Hier die gesamte Nachricht (veröffentlicht auf Israel heute):
(NAI Redaktion) Die israelische Regierung hat gestern (Sonntag) einstimmig einem Zuschuss von rund 19 Millionen Euro für die Siedlungen in Judäa und Samaria zugestimmt. Die Entscheidung
wurde mit der empfindlichen Sicherheitslage der Siedlungen begründet. Das Geld werde an die Siedlungen überwiesen werden, obwohl der Staatshaushalt bereits verabschiedet wurde. Die Opposition hat hat den Entschluss der Regierung stark kritisiert.
Die Summe enthält eine Finanzhilfe von rund 3.5 Millionen Euro für die Landkreise in Judäa und Samaria, die vom Innen- und vom Finanzministerium überwiesen werden. Das Landwirtschaftsministerium wird 2.3 Millionen Euro für die Renovierung und Erneuerung von öffentlichen Gebäuden bereitstellen, um der Bevölkerung mehr Schutz und Sicherheit zu geben. Auch sollen die Bürger mehr psycho-soziale Untersützung erhalten. Dafür werden das Bildungs-, das Sozial- und das Gesundheitsministerium verantwortlich sein. 2.7 Millionen Euro sollen dafür bereitgestellt werden. Im Rahmen des Programms sollen Bildungsprogramme entwickelt und Freiwilligen-Programme geschaffen geschaffen werden. Auch soll kleinen und großen Betrieben geholfen werden. Für den Bau von Hotels und Aufbau von Infrastrukturen für den Tourismus in Judäa und Samaria sollen finanzielle Zuschüsse gegeben werden.
Die Ministerin für Kultur und Sport, Miri Regev, begrüsste die Entscheidung: „In diesem Jahr werden wir mehr Sportanlagen und kulturelle Veranstaltungen in Judäa und Samaria sehen. Natürlich kommt die Hilfe für die Siedlung nicht auf Kosten der Peripherie. Ich werde mich weiterhin für den Sport und die Kultur im ganzen Land einsetzen – in der Peripherie, in den Stadtvierteln, in Judäa und Samaria, im arabischen Sektor und auch in den anderen nicht jüdischen Teilen der Bevölkerung,“ sagte sie.
Die Siedlung Nokdim.
Tourismusminister Yariv Levin äußerte sich ebenfalls positiv zu dem Beschluss. „Zum ersten Mal, nach jahrelangen Versuchen, werden wir die Lebensbedingungen in Judäa und Samaria den Bedingungen im übrigen Land anpassen können. Wir werden den Bau von Hotels und anderen Touristeneinrichtungen unterstützen,“ sagte er in Bezug auf die geplanten finanziellen Zuschüsse des unter seiner Führung stehenden Ministeriums für Tourismus. Das Ministerium wird 20% der Baukosten für Touristikanlagen übernehmen.
In der Opposition war man weniger begeistert. So sagte der Abgeordnete Itzik Shmuli (Zionistisches Lager): „Diese Entscheidung ist unmöglich. Zu einer Zeit, wo sich die Städte in der Peripherie an die Regierung in Jerusalem wenden, um Unterstützung zu bekommen, gibt diese Millionen an die Siedlungen. Wann wird die Regierung endlich zeigen, dass sie sich um die Peripherie kümmert, die bis jetzt vernachlässigt geworden ist und ganz hinten steht?“
Auch Amir Peretz (Zionistisches Lager) kritisierte die Entscheidung der Regierung. „Die ‚Nationale Regierung‘ von Netanjahu verschwendet weiterhin zig Millionen für die ‚politischen‘ Siedlungen und zur gleichen Zeit leiden die gesellschaftliche Peripherie und die jungen Paare unter den finanziellen Bedingungen. Ich fordere Finanzminister Kachlon auf, diese Entscheidung zurückzunehmen und endlich zu kapieren, dass die Regierung auch verpflichtet ist, sich um die Bevölkerungsschichten zu kümmern, die nicht in den Siedlungen wohnen. Dieses soziale Unrecht der Rechten kann nicht mit lächerlichen Filmen und Verängstigungen, Araber würden zu den Wahlurnen rennen, gerechtfertigt werden.“
Der zum Jüdischen Haus gehörende Abgeordnete Bezalel Smotrich reagierte zur Kritik der Opposition: „In Judäa und Samaria leben eine halbe Million Bürger wie Shmuli und Saphir (Zionistisches Lager), die in der Armee dienen, Reservedienst leisten und Steuern zahlen. Und es ist an der Zeit, sie wie alle Bürger gleichermaßen zu behandeln und aufzuhören, populistisch zu sein. Es muss damit aufgehört werden, einen Keil zwischen den Bewohnern im Grenzgebiet zum Gazastreifen und den Bewohnern der Siedlungen in Judäa und Samaria zu treiben. Wer das Land und den Staat Israel wirklich liebt kümmert sich um alle und sät keinen Hass und Uneinigkeiten.“
Das größte und erfolgreichste Projektin der Geschichte der israelischen Projekt- und Spendensammelseite Headstart.co.il(inspiriert von einer ähnlichen Webseite in den USA, Kickstarter), welches erst am Donnerstag, dem 02.Juni ’16, ins Leben gerufen wurde, hat schon sein mehreren Tagen seine erste Zielsumme überschritten – 600.000 Shekel – und eigentlich hat es auch mehrere hunderttausend Shekel mehr als die zweite Zielsumme, die diesem gesetzt wurde, eingesammelt – alles in allem 1,528,601 Millionen Shekel.
Dutzende von Medien und tausende Posts in sozialen Netzwerken berichteten auf Hebräisch und Englisch über das Projekt und priesen die Großzügigkeit und überwältigenden Einsatz für einen für die meisten Spender komplett fremden Menschen – Yehuda Yitzhak Hayisraeli.
Die Kampagne, ins Leben gerufen am besagten 02.06. 2016 von der Non-Profit-Organisation „My Israel“ (manche mögen ihre Aktivitäten auf Facebook verfolgt oder einige Posts gesehen haben), entstand für einen noblen Zweck; gleichzeitig offenbarte sie ganz Israel, durch die überwältigende Teilnahme und die Berichterstattung in der zumeist neutralen bis kritischen Presse, die aber auch bei diesem Fall nicht gleichgültig bleiben konnte, die menschenunwürdige und gar entsetzende Haltung, welche die staatlichen Organe gegenüber denen pflegen, die für sie in den Krieg und in den Tod ziehen. Beispielsweise dann, wenn diese an einem Ort wohnen, deren Bewohner für politische Spielereien ausgenutzt werden können, wann immer es den Politikern beliebt. Alle Bürger sind gleich vor dem Gesetz, aber manche sind eben weniger gleich, mögen sie noch so sehr ihr Leben aufs Spiel setzen.
Zu den Fakten.
Wer ist Yehuda Yitzhak Hayisraeli?
Yehuda, Rivka und die kleine Tzuria (Quelle: Binyamin Council)
Yehuda ist ein junger Mann, 24 , Ehemann von Rivka (23), Vater von zwei kleinen Kindern – Tzuriá und Érez. Geboren in der Siedlung Psagot (Binyamin-Region), wuchs er mit seinen Eltern in der Ortschaft Ofra (ebenso Binyamin) auf. Als er und Rivka heirateten, da waren beide Anfang 20, sie zogen um nach Tel Aviv, wo die Eltern seiner Ehefrau wohnten. Im Herbst 2012, im Rahmen seines religiösen Studiums kombiniert mit dem Armeedienst, wurde Yehuda in den Wehrdienst eingezogen. Anstatt nah am Wohnort zu dienen, was er als verheirateter Mann hätte verlangen können, entschied er sich, in eine Kampfeinheit einzutreten (bei den GIvati-Einheiten), zog die Examen durch und wurde angenommen.
„Er ist ein Mensch, dem das jüdische Volk wichtig gewesen ist. Das Geben war ihm wichtig“, beschrieb ihn sein Vater (Israel Hayom, 27.03.15).
Der Einsatz und die Folgen
Im Juli 2014 begann die Militäroperation „Fels in der Brandung“, im Anschluss an die Entführung der drei Jugendlichen Eyal, Gil-ad und Naftali einen Monat zuvor. Verschiedene Einheiten der IDF marschierten im Laufe der Operation in den Gazastreifen ein, um Terroristenzellen zu neutralisieren und die erst seit Neuestem bekannt gewordenen Terrortunnel, welche aus dem Streifen ins Kernland Israel führten, ausfindig zu machen. Yehuda, der sich gerade in einem Offizierskurs befand, war gerade für einen kurzen Urlaub daheim, aber konnte angesichts der Kriegshandlungen nicht stillsitzen, so berichtete seine Frau Rivka im Nachhinein; er wollte zusammen mit den anderen Kameraden sein. Rivka befand sich gerade im 9.Monat, ließ ihren Mann aber zur Front. Am 1.August, einige Tage später, wurde der Verdacht auf Entführung eines der Soldaten öffentlich gemacht, und Yehuda und weitere Soldaten der Spezialeinheit wurden in den Gazastreifen, nahe der Stadt Rafiah, geschickt, um den Entführten aufzuspüren.
Während ihres Vormarsches in einem Trainingslager der Hamas gerieten sie ins Kreuzfeuer einer technischen Einheit der Armee, welche die Gebäude auf dem Weg zu sprengen hatte, um den Vormarsch zu garantieren. Yehuda wurde von einem Raketensplitter in den Kopf getroffen. Lebensgefährlich verletzt, wurde er ins Soroka-Krankenhaus in Be’er Shewa transportiert, im Laufe des Tages und der Nacht mehrfach operiert, ins Koma versetzt. Tag und Nacht wachten Familie und Freunde. Sein Zustand veränderte sich – verschlimmerte sich, verbesserte sich wieder, Yehuda verblieb im Koma. Zwei Monate lag er in der Notaufnahme, überlebte fünf Kopfoperationen. Laut Sara Ha’etzni-Cohen, der Direktorin der NGO „My Israel“, musste etwa ein Drittel seines Schädels, der irreparabel beschädigt worden war, entfernt werden.
„Wir wissen, dass er hört und fühlt“
Nur wenige Wochen nach der schicksalsträchtigen Verletzung, am 21.August, wurde Yehudas zweites Kind geboren, fünf Tage vor dem offiziellen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas. Am 28.August wurde die traditionelle Beschneidungszeremonie abgehalten – im Krankenhaus, im Korridor neben Yehudas Krankenzimmer. Der Komapatient sollte, so möglich es nur war, bei der Beschneidung und Namensgebung seines Sohnes dabei sein. Das Krankenpersonal, welches sehr eng mit der Familie Hayisraeli zusammenstand, organisierte die Zeremonie. Der Sohn wurde Érez benannt – auf Hebräisch Zeder. Auf den Namen hatten sich Yehuda und seine Frau noch vor seinem Einsatz geeinigt.
Rivka brachte das Mädchen, Tzuria, die damals noch keine zwei Jahre war, erst einige Monate nach Yehudas Verletzung zum Vater, als er ins Rehabilitationszentrum Shiba (Tel Hashomer Hospital,
Rivka Hayisraeli. Quelle: Israel Hayom
nahe Tel Aviv) überführt worden war. Sie hatte Angst vor der Reaktion des Kindes auf den durch die Verletzung und die Kabel kaum erkennbaren Vater . Entgegen ihrer Sorgen, so berichtete sie in einem Interview (Israel Hayom), reagierte das Kind ganz normal und zeigte keine Berührungsängste. Auch den kleinen Sohn brachte Rivka von da an ans Krankenbett, nahe zum Vater, damit dieser sich an den Geruch gewöhnen konnte.
„Wir wissen, dass er hört und fühlt, er ist einfach gefangen in sich selbst und kann nicht reagieren.“ (Rivka)
Iris und David Hayisraeli am Bett von Yehuda. Quelle: Israel Hayom
Die Eltern, Iris und David, hatten außer des Kummers um den Sohn noch mit vielen weiteren Sorgen zu kämpfen – der weitesgehend als müßig und träge bekannten Bürokratie der israelischen Armee und weiterer offizieller Stellen. „Wir haben gute Menschen gefunden, die uns so gut es geht helfen wollen. (…) Sie waren bereit, Ausnahmebitten zu akzeptieren, um es uns zu erleichtern. Sie bezahlen uns die Anwesenheit in den Gästezimmern am Shabbat, ein behindertengerechtes Auto, das ihm zustehen sollte, lieferten sie mir an seiner statt, unterstützen uns mit dem Kindergartengelt für Tzuria und Erez, und uns begleitet auch eine Sozialarbeiterin“, berichtete David Hayisraeli im selben Interview in 2015. Und dennoch: Das Bürokratierad drehte sich langsam, und die Folgen der politischen Kräftemessungen und Launen blieben auch Yehuda und seiner Familie nicht erspart.
Behindertengerecht? Nicht für Siedler
Ein Jahr nach seiner Hospitalisierung begann Yehuda, Handbewegungen zu zeigen und damit auf Ja-und-Nein-Fragen zu antworten. Im Oktober 2015 schließlich begann er, die ersten Worte zu sagen. Seine Genesung ging voran, in sehr langsamen Schritten, aber ein Horizont wurde endlich sichtbar. Im Frühjahr wurde eine weitere wichtige Operation an ihm durchgeführt, und die Rehabilitation hatte eine Phase erreicht, bei welcher Hayisraeli in das Haus seiner Eltern in Ofra überführt werden durfte, um dort, in familiärer Umgebung, weiter behandelt zu werden. Die täglichen Fahren der Familie ins Krankenhaus, die Übernachtungen in den Hotelzimmern und die andauernde Hospitalisierung durfte endlich zu ihrem Ende kommen, fast zwei Jahre hatte diese angedauert.
Um das Haus seiner Eltern behindertengerecht umgestalten zu können, müssten einige Dinge angepasst werden – eine
Haus der Familie Hayisraeli. Quelle: Channel 10
Einfahrtsrampe zum Haus, eine besonders eingerichtete Wohneinheit, ein Behindertenaufzug und anderes mehr. Da Ofra eine Siedlung ist, eine vom Staat seit Jahrzehnten anerkannte, aber ihre Bewohner – israelische Staatsbürger – dennoch zunächst einmal dem Militärgesetz in den Gebieten von Judäa und Samaria unterliegen, mussten für das neue Zimmer und die zusätzlichen Erweiterungen für den Sohn seitens der Familie über das Verteidigungsministerium beantragt werden.
Hier liegt Ofra.
Das Verteidigungsministerium, speziell die Abteilung für im Kampf verletzte und als körperlich oder geistig behindert eingestufte Soldaten, ist dafür verantwortlich, das Geld und die entsprechenden Anpassungen bereitzustellen, um dem betreffenden Soldaten ihm gerecht werdende und würdige Lebensumstände zu ermöglichen, welche eine weitere Rehabilitation fördern können. Nach knapp zwei Jahren Krankenhausaufenthalt und schwieriger Behandlungsprozesse, inklusive mehrerer schwerwiegender Operationen, ist Yehuda endlich soweit, ein Leben im Haus seiner Eltern neu aufnehmen zu können.
Aber dieses Recht scheint nicht für „Siedlersoldaten“ zu gelten. Denn das Verteidigungsministerium, trotz aller eingereichten Formulare und des geltenden Rechts für verletzte Soldaten, weigert sich, den Ausbau eines solchen Raumes sowie weiterer Bauanpassungen für Yehuda stattzugeben. Denn für die Siedlung Ofra gilt ein Baustopp. Es wird nicht gebaut. Auch keine Rampe, kein Behindertenaufzug, erst recht kein zusätzliches Zimmer. „Siedlungsbau ist eingefroren“, heißt dieser Zustand normalerweise in den regulären Berichten der deutschen und internationalen Medien. So lauten auch immer wieder die Forderungen sämtlicher internationaler Regierungen. Diese fragen niemals nach, wer von einer solchen „Einfrierung“ betroffen sein könnte, wem sie tatsächlich nutzen oder gar schaden könnte.
In diesem Fall betraf sie Yehuda. Darüber berichteten die Nachrichten des Channel 10 und 2 – und so besagt ein offizielles Schreiben des Verteidigungsministeriums vom 24.05.2016:
Offizielles Schreiben des Verteidigungsministeriums, 24.05.16. Quelle: Akiva Lamm
„An Yehuda Hayisraeli (über seine Vormünde):
Bezüglich der Anfrage um finanzielle Unterstützung für die Errichtung einer Wohneinheit nahe des Elternhauses: Es ist entschieden worden, dass es keinen Anlass gibt, zu dieser Zeit über die Anfrage zu entschceiden, solange es keine Baugenehmigung gibt, daher wird die Besprechung der Anfrage auf ein Weiteres verlegt, bis eine Baugenehmigung vorliegt.“
Seine Eltern erzählen, dass wenn Yehuda in seinem Rollstuhl in das Haus der Familie gebracht werden soll, beispielsweise an den Wochenenden, so wird er einige Dutzend Stufen hoch ins Haus getragen. Soll ihm Physiotherapie verabreicht werden, so erzählt Mutter Iris für Channel 10, so muss er per Kran angehoben und auf den Tisch gelegt werden:
„Wir verlangen keine Paläste, wir verlangen elementäre Zustände, die ihm seine Würde erhalten und eine Rehabilitation ermöglichen können.“
„Wenn der Staat nicht sorgt, werden wir es tun“
Am 02.Juni 2016 eröffnete die Organisation „My Israel“ die Spendenkampagne zugunsten der behindertengerechten Anpassungen für Yehuda, nach Absprache mit der Familie. Die Initiatorin – Vorsitzende der Organisation, Sara Ha’etzni-Cohen. Die Kampagne startete unter dem Motto – „Wenn der Staat nicht für Yehuda sorgt, werden wir es tun.“ Nach knapp zwei Tagen erreichte die gesammelte Summe über 600.000 Shekel. Der Gesamtanbau würde sich auf 1,2 Millionen belaufen. Sprachlos von dem Erfolg, erhöhten „My Israel“ die Zielsumme auf die eigentliche Kostenanzahl. Am 05.Juni belief sich die Spendensumme auf über 1 Million. Am 07.Juni erlange sie schon über 1,500,000 Shekel. Über 8200 Spender engagierten sich, aus allen Landesteilen, aus allen Landesgruppen.
Einige Tage zuvor, am 05.Juni, interviewten die Reporter des Channel 2 die Initatorin, fragten sie nach den Rückmeldungen der Spender und brachten erneut die Rückmeldung des Verteidigungsministeriums, die wie folgt lautete:
Rückmeldung des Verteidigungsministeriums, 05.06.16 (Quelle: Channel 2)
„Zu unserem Leidwesen erfüllt die Familie die notwendigen Kriterien, die eine solche [finanzielle] Unterstützung ermöglichen, auch unter Ausnahme des gültigen Rechts. Zudem hatte die Abteilung für Rehabilitation der Familie verschiedene Lösungsmöglichkeiten für die gestellte Anfrage vorgeschlagen. Das Verteidigungsministerium sucht weiterhin nach Lösungen zusammen mit der Familie, um die Rehabilitation von Yehuda zu unterstützen.“
Bauarbeiten am Haus. Quelle: My Israel (FB)
Am selben Tag begannen die Arbeiten am neuen Raum und der Rampe für Yehuda in seinem Heimatort Ofra. Wie ein Familienangehöriger in einem Interview erklärte, „wir werden trotzdem bauen“. Technisch ließ sich dies allerdings erst nach der Spendenaktion ermöglichen. NRG berichtete über den Beginn der Bauarbeiten und zitierte die stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotovely, welche sich darüber empörte, dass in keinem „ordentlich geführten Land ein Staat einen Soldaten, der für ihn gekämpft hat, zum Geldsammeln schickt, damit dieser in angemessenen Umständen nach Hause zurückkehren kann“.
Man darf nicht vergessen, dass im Laufe des Monats Mai der damalige Verteidigungsminister Moshe Ya’alon sein Amt am 20.Mai aufkündigte. Am 30.Mai wurde der neue Minister, Avigdor Lieberman, welcher selbst in einer Siedlung, Nokdim (Gush Etzion) wohnhaft ist und für seinen rechtsorientierten politischen Kurs, allerdings auch für seine Launenhaftigkeit und politischen „Zigzag“ bekannt ist, vereidigt. Am 06.06. zitierte „My Israel“ den Tweet von Channel 2, der wiederum einen Tweet von Avigdor Lieberman selbst wiedergab:
Quelle: My Israel
„Das Verteidigungsministerium wird die Ausgaben für den Anpassungsbau von Yehuda Hayisraeli übernehmen.“
Ein weiteres Statement besagte, dass Verteidigungsminister Liebermann den Militärgouverneur von Judäa und Samaria angewiesen hatte, die Bauarbeiten an Hayisraelis Haus nicht zu unterbrechen.
Noch immer nichts
Nach diesen hoffnungsvollen Botschaften, auf die Änderung eines Kurses seitens der Staatsorgane hindeuteten, erfolgte allerdings noch immer keine offizielle Wendung dieser an die Familie, geschweige denn eine finanzielle Unterstützung. Die Bauprozesse werden von den Spenden getragen, ebenso der Erwerb der Einrichtungen für die Physiotherapie. Eine Mitwirkung des Staates scheint nicht in Sicht.
Die Organisation „My Israel“ hat auf ihrer Facebookseite die neuesten Entwicklungen veröffentlicht und versichert, die gespendeten Gelder unter der Beaufsichtigung eines unabhängigen Gremiums entsprechend ihrem Zweck zu verwenden Bericht zu erstatten, und im Falle einer Finanzierung durch den Staat die Spender zu kontaktieren und ihr Einverständnis zur Verwendung einzuholen, oder aber die Summe zurückzuerstatten.
Yehuda Hayisraeli heute. Quelle: Channel 10
Die Familie hat darum gebeten, die Spenden einzustellen; noch immer sprachlos vom gewaltigen Einsatz der israelischen Öffentlichkeit für ihren Sohn, möchte sie jedoch von nun an das natürliche Recht verlangen, das Yehuda Hayisraeli zugesteht – angemessene Wohnverhältnisse für einen im Kampf lebensgefährlich verletzten israelischen Soldaten, einem israelischen Staatsbürger, dem Vater von zwei Kindern. Auch Yehuda selbst ist mittlerweile in der Lage, die Worte „Ich will nach Hause“ auszusprechen – mit Mühe, doch er kann das.
Aber die Frage bleibt – wenn das Haus umgebaut wird und Yehuda endlich einziehen darf , wird der israelische Staat ihm seine Rehabilitation legal ermöglichen können – oder wird Yehuda für den Staat Israel als „illegaler Siedler“ gelten?
(Quellen: Channel 2, NRG, Channel 10, Ynet, Israel Hayom)
Zeit für einige aktuelle Nachrichten aus der Welt der Siedler.
Ma’ale Adumim:
Quelle: INN
Etwa sieben Kilometer nordöstlich von Jerusalem liegt die Stadt Ma’ale Adumim, an der Autobahn 1 Richtung Totes Meer und Jordantal. Die Stadt existierte seit 1975 formell als Siedlung von 1975 bis 1991, im Jahr 1991 wurde ihr der Status einer Stadt verliehen. Die Anzahl der Einwohner (Stand: 2014) beträgt um die 38,000. Bekannt ist Ma’ale Adumim für seine
Hier liegt Ma’ale Adumim
Nähe zu Jerusalem und den regen Betrieb des Industriegebietes, in welchem bis vor Kurzem noch (2015) die berühmte Fabrik von „SodaStream“ gestanden hat, und u.a. durch internationalen Druck und Verleumdungskampagnen seitens der Boykottorganisation BDS ihren Sitz aus Ma’ale Adumim in den Negev verlegt hat.
Quelle: Maveze.co.il
Ma’ale Adumim ist im Bewusstsein der meisten Israelis, erst recht der Einwohner des Umkreises von Jerusalem, als eine Art entfernter Vorort der Hauptstadt verankert, ebenso wie die im Norden gelegene Siedlung Givat Ze’ev und der in Richtung Tel Aviv gelegene Ort Mevasseret Zion. Es ist ein beliebter Ort für Sparer, welche ihren Arbeitsplatz in Jerusalem haben, sich aber ein dauerhaftes Wohnen in der Hauptstadt nicht leisten können. Die Infrastruktur von Ma’ale Adumim ist vollständig entwickelt, neue Buslinien führen direkt in die Stadt und eine Fahrt dauert im Schnitt 15-20 Minuten. Das Klima von Ma’ale Adumim ist wärmer als in Jerusalem, liegt es doch am Rande der Judäischen Wüste und nur 450 Meter über dem Meeresspiegel. Die Bevölkerung der Stadt ist vielfältig, es handelt sich oftmals um Jerusalemer verschiedener Schichten, welche in die Stadt umgezogen sind, ein großer Prozentteil der Bevölkerung ist säkular.
Seit Längerem werden in der Knesset und der Gesellschaft Diskussionen darüber geführt, ob es nicht gerechtfertigt wäre, das Gebiet von Ma’ale Adumim als offiziellen Vorort von Jerusalem anzuerkennen und demnach zum Staatsgebiet von Israel zurechnen zu lassen – sprich, offiziell unter israelische Souveränität zu stellen. Als ersten Schritt sollte dafür das israelische Gesetz für die Einwohner der Stadt gültig gemacht werden – etwas, das auch in größeren Orten wie Ma’ale Adumim auf der anderen Seite der „Grünen Linie“ bisher nicht möglich ist, da sie wie andere Siedlungen in Judäa und Samaria unter dem Zivilgesetz im Rahmen der Militärverwaltung der Gebiete stehen. Dies bringt Benachteiligungen für die Bewohner von Ma’ale Adumim und anderen Orten mit sich, wie im Landerwerbs-, Bau- und Arbeitsrecht. Diese Initiative unterstützen offen die Minister Ayelet Shaked und Naftali Bennett (Ha’aretz), welche allerdings rechtlich noch keine Annektierung bedeuten würde.
Während der Verhandlungen um die Erweiterung der Koalition mit der Einsetzung von früherem Außenminister Avigdor Liebermann als neuen Verteidigungsminister wurde ein neuer Gesetzesentwurf innerhalb der „Land Israel“-Lobby der Knesset unter der Leitung von Knessetabgeordnetem Yoav Kisch (Likud) und Betzalel Smotritch (Habait Hyehudi) ausgearbeitet und pünktlich zur Vereidigung Liebermanns vorgestellt: die vollständige Eingliederung von Ma’ale Adumim in die offiziellen Grenzen des Staates Israel. Beide Knessetabgeordnete erklärten vor laufenden Kameras, diesen Gesetzesentwurf im Laufe der Sommerzeitperiode der Knesset voranbringen zu wollen, auch im Angesicht der neuesten Erklärungen von Premierminister Netanyahu und Liebermann nach seiner Vereidigung, einem Teilungsplan und der Errichtung eines palästinensischen Staates zustimmen zu wollen. Laut einer Umfrage, welche im Auftrag der Lobby durchgeführt worden war, zeigten die Ergebnisse, dass 78% der israelischen Bevölkerung einer Eingliederung von Ma’ale Adumim zustimmen würden, ganze 88% würden sich die Gültigkeit des israelischen Gesetzes für die Einwohner der Stadt wünschen.
Die Siedlung Amona wurde im Jahr 1995 neben einer archäologischen Stätte und nach dem Aufbau eines archäologischen Campus vor Ort gegründet. Es liegt auf den Bergen überhalb der Siedlung Ofra (etwa 20 Minuten-halbe Stunde nördlich von Jerusalem) auf etwa 940 Metern Höhe. Heute leben in der Siedlung 40 Familien, teils in Wohncontainern, teils in festern Häusern. Die Siedlung ist über die Verbindungsstraße von Ofra aus zu erreichen.
Die Familie Nazri aus Amona, NRG
Im Laufe der Jahre ab 2000 begannen die Schwierigkeiten für die Bewohner von Amona, als verschiedene links ausgerichtete anti-Siedlungs-Organisationen und Aktivisten, allen voran „Peace Now“, gegen einzelne Häuser und die Erweiterung der Siedlung Anträge bei dem Obersten Gerichtshof einlegten. Staatliche Institutionen begannen mit der Prüfung der Bautätigkeiten und befanden diese für illegal, stoppten daher mehrfach Bauerweiterungen, was allerdings die Bewohner nicht davon abhielt, weitere Häuser zu bauen und zu besiedeln. Weitere Anträge seitens der Organisationen beinhalteten Forderungen einzelner palästinensischer Araber, welche behaupteten, Teile der Siedlung würden auf Privatland erbaut worden sein. Der Oberste Gerichtshof befasste sich mit Amona über die Jahre hinweg bis 2005, wobei die Verwaltung Amonas sich mehrfach gegen die Anträge wandte und ihrerseits behauptete, das Gebiet sei rechtlich erworben, nur würde die offizielle Einschreibung der Ländereien als Prozedur nicht korrekt erfolgt sein. Im Zuge der Ausarbeitung des Abzugsplans aus dem Gazastreifen in 2004 und 2005 legte der Oberste Gerichtshof fest, die betroffenen Häuser nicht vor dem Abzug zu zerstören. Bis Januar 2006 wurde über einen Abriss bzw. andere Lösungen und die Anträge der Organisationen verhandelt, schließlich wurde die Räumung und Zerstörung von 9 Häusern im nachfolgenden Monat durchgeführt.
Quelle: Natan Dvir
Der Widerstand gegen die Räumung der Häuser im Februar 2006 ließ sich im Bewusstsein der jüdischen Gemeinschaft von Judäa und Samaria als ein Trauma nieder und auch im Rest Israels erntete die Vorgehensweise der Räumungskräfte, allen voran der Spezialkräfte der israelischen Polizei, vielfache Kritik. Am Räumungstag waren tausende Demonstranten, Männer und Frauen, darunter zahlreiche Jugendliche, vor Ort, verbarrikadierten sich in den Häusern und auf den Dächern und füllten die Fläche. Zur Räumung wurden ebenso mehrere Tausend Polizisten ausgesandt, welche, auf Pferden und
Quelle: NRG
mit Schlagstöcken bewaffnet, gegen die aufgebrachte Menge vorgingen. Der Widerstand war gewalttätig; brennende Reifen wurden als Barrikaden genutzt, Steinblöcke gegen die Einheiten geworfen. Ebenso waren es die Reaktionen der Polizisten. Demonstranten wurden mit Schlagstöcken verprügelt, Pferde ritten über zu Boden geworfene Jugendliche hinweg, Frauen und junge Mädchen wurden mit Gewalt
Quelle: AP
angegriffen. Mehrere Demonstranten erlitten Schädelbrüche und blutige Verletzungen. Bilder blutender Verletzter füllten die Presse. Die Räumung von Amona fand nur ein halbes Jahr nach der Zerstörung von Gush Katif im Sommer
Quelle: oferikodotcom
2005 statt und riss die tiefen Wunden, die diese Räumungen innerhalb der nationalreligiösen Gesellschaft hinterließen, erneut auf.
Seit 2006 wurden weitere Anträge seitens der Organisationen wie „Yesh Din“ gestellt mit der Forderung, ganz Amona abzureissen, erneut mit der Behauptung, diese wäre auf Privatland gebaut worden. Dasselbe sollte, so Vertreter dieser Organisationen, für über 2000 weitere Häuser im Großraum Judäa und Samaria gelten und man würde alle Bemühungen anstellen, um auch deren Abriss zu erwirken. Die Verwaltung von Amona legte Dokumente vor, welche den Landkauf beschrieben und zu erklären versuchten, weshalb die Kaufprozedur nicht abgeschlossen worden war. 2014 schließlich erließ der Oberste Gerichtshof einen Beschluss, in welchem ein Abriss der gesamten Siedlung bis Ende 2016 durchzuführen sei. Der Abriss würde nur durch einen gesetzlichen Beschluss der Regierung aufgehalten werden können.
Zwei Jahre lang versuchen die Bewohner von Amona, diesen Abriss zu verhindern und fordern eine Legalisierung der Siedlung durch die Regierung mithilfe gerichtlicher Entscheidungen im Bezug auf das betreffende Gebiet. Diese Bemühungen wurden ab 2016 verstärkt. Bisher haben diese nicht zu einem positiven Ergebnis geführt und der Abrisstermin steht auf Dezember 2016 fest. Einige Knessetabgeordnete, so auch die Vorsitzende der „Habait Hayehudi“-Fraktion Shuli Mu’allem-Refaeli, unterstützen den Widerstand gegen den Abriss von Amona. Mu’allem-Refaeli fordert eine gerichtliche Legalisierung der Siedlung und weiterer Häuser, welche, so sie in einem Interview, auf der Zielscheibe linksextremistischer Organisationen stünden. Dokumente, welche der Nachrichtenagentur Walla! zugekommen waren, würden auch die finanzielle Mitwirkung der Regierung bei der Entwicklung von Amona im Laufe des neuen Milleniums nachweisen. Darauf beruft sich auch der Widerstand der Bewohner von Amona – die Regierung würde nach jahrelanger Unterstützung und Ausbau der Siedlungen einen Abriss verlangen, hätte allerdings bei dem Aufbau und der Entwicklung sich nicht die Mühe gemacht, den rechtlichen Status der Gebiete zu überprüfen und die Besiedlung dieser erlaubt. Dass der Staat nun den Abriss ganzer Ortschaften verlange, wäre nicht zu akzeptieren.
Auch zahlreiche Rabbiner, darunter Vorstände der modern-orthodoxen Organisationen wie „Beit Hillel“ und „Tzohar“, unterschrieben eine Forderung an die Regierung, die Siedlung Amona nicht zu zerstören, sondern eine gerichtliche Lösung für die Weiterbestehung der Ortschaft zu finden. Rabbiner Ya’ir Frank ließ in einem Interview von Israel National News verlauten, seine Hoffnungen würden dem neuen Verteidigungsminister Avigdor Liebermann gelten, welcher schon „in der Vergangenheit“ bewiesen habe, dass seine Partei „Israel Beitenu“ komplizierte Vorgänge innerhalb der Gesetzesgebung der Knesset vorantreiben könne. „Es gibt keine Begründung, 40 Familien mit Kindern aus ihren Häusern herauszuzerren, es widerspricht jeder Logik“, sagte er.
Familie Shaag aus Amona, NRG
Innerhalb der Gemeinde selbst, so laut einem Interview von Bewohnern Amonas, seien die Meinungen zwar geteilt, allerdings sei eine große Anzahl der Bewohner für einen kompromisslosen Protest gegen die Zerstörung und mögliche Übersiedlung von Amona auf eine andere Gebietsfläche – eine Möglichkeit, welche dem Verwaltungsrat von Judäa und Samaria und Amona seitens Regierungsstellen vorgeschlagen worden war.
„Es stimmt, eine Übersiedlungslösung könnte uns einen Wohnraum in einer bequemeren Gegend verschaffen, aber wir weigern uns, diese Lösung anzunehmen; nicht nur, weil wir uns mit diesem Ort verbunden fühlen, sondern auch, weil wir uns aus der Räumung heraus entstehenden Konsequenzen bewusst sind“,
erklärte auch Rabbiner Frank (INN).
Tali Lahav, eine Einwohnerin von Amona und Erzieherin von Beruf, kommentierte die Ereignisse so (INN):
„Es handelt sich hierbei nicht um irgendeinen verlassenen Hügel. Wir sind ein ganz normaler Ort, in dem gesetzestreue Bürger wohnen, die ihr Leben in Ruhe leben wollen. Es ist uns klar, dass dieses Gebiet nicht in arabische Hände übergehen wird. Es ist ein strategisch wichtiger Punkt, es schaut über Ofra hinaus bis zum Ba’al Hatzor-Gebirge. (…) Es liegen hier 9 Gebäude in Ruinen (nach ihrem Abriss in 2006, pers.Anm.) und die Siedlung wurde um sie herum weitergebaut worden. Kein Araber hat das Gebiet übergeben bekommen und kein Araber will diesen Platz in Wirklichkeit. Es ist Zerstörung um der Zerstörung willen.“
Zuerst leicht veraendert erschienen in der Ausgabe 05/2016 der Juedischen Rundschau.
Der SPIEGEL, Deutschlands populärstes Israel-verabscheuendes Magazin, braucht eigentlich keine Bilder, um die Absichten seiner Autoren zu unterstreichen. Seine Texte tun es bestens. Während beispielsweise die linksradikale Boulevardzeitung taz nicht ganz für voll genommen werden kann, und die SZ und die FAZ wenigstens noch versuchen den Anschein von Professionalität zu wahren, so fühlen sich der SPIEGEL und seine Ausgeburten wie „bento“ oder „Unispiegel“ in der deutschen Medienlandschaft selbstbewusst genug, um Israel mithilfe ihrer Autoren ihre Texte ungestraft um die Ohren zu hauen. Denn die Aufgabe des SPIEGELS in Bezug auf den jüdischen Staat besteht schon viele Jahre lange darin, abstoßende Ekel-Reflexe zu erzielen. Ein verfaulter Brei aus Verleumdungen und Halbwahrheiten wirkt als giftige Injektion einer emotional verseuchten Einschätzung des jüdischen Staates. Der SPIEGEL pfeift auf jegliches journalistisches Gewissen, und auf die Objektivität gleich mit.
Die UniSpiegel Ausgabe mit dem betroffenen Artikel. Ausgabe 02/2016
Der aktuelle Stoff, der mir unter die Finger gekommen ist, behandelt das Thema „Ferien in Krisengebieten – Urlaub mitten im Nahostkonflikt“, er wurde von David Donschen verfasst und am 27. April 2016 auf der SPIEGEL-Webseite veröffentlicht. Das „Besondere“ daran: Das Kunstwerk ist bebildert. Illustriert von Philipp Lemm – zum besseren Verständnis für Leser, die schwer von Begriff zu sein scheinen. Es ist nämlich offiziell in der Mai-Ausgabe des Magazins „UNISPIEGEL“ abgedruckt worden; der „UNISPIEGEL“ ist für junge Leute gedacht, junge Leute sind der Ansicht der Redaktion nach schwer von Begriff – Idioten, auf gut deutsch, und die sollen die ihnen vorgelegte Idiotie auch noch mit Bilderchen im Comic-Format verziert bekommen, damit das Schlucken einfacher fällt. Die Portion wird ihnen auch noch kostenlos in den Mund gesteckt, denn der „UNISPIEGEL“ wird an den meisten Hochschulen kostenlos ausgelegt. Und die jungen Leute beeilen sich offenbar nicht, aus der Kategorie „leicht zu fütternderIdioten“ auszubrechen und man darf annehmen, dass sie in diesem Fall ganz bequem das schlucken werden, was man ihnen bebildert vorkaut.
Neugierig geworden? Dann los, lasst uns, nach Originalwortlaut des Textes, „die Hände schmutzig machen“ und das kostenlose Drecksstück auseinander nehmen.
Zunächst eine Frage: Welcher von den drei gezeichneten Personen ist der jüdische Siedler?
Illustration: Philipp LemmIllustration: Philipp LemmIllustration: Philipp Lemm
Nicht erraten? Es sind die zwei, die euch besonders unangenehm anstarren. Es ist nicht der nette bebrillte Junge im mittleren Bild. Der nette bebrillte Junge auf den Bildern heißt Eric und ist die Hauptfigur im Text. Er kommt aus den USA und mag Öko-Tourismus und Biofarmen. Um eine solche kennenzulernen, fährt er zu einer Dattelfarm im Jordantal, welche an der israelisch-jordanischen Grenze liegt, und arbeitet dort einige Tage zusammen mit einem Einheimischen auf seiner Dattelfarm. Sonne, Palmen, Datteln, Handarbeit. Hört sich soweit gut an und ist nicht schwer zu verstehen.
Bei meiner simplen Zusammenfassung tauchen aber schnell die ersten Probleme auf. Problem Nummer Eins: Einheimischer. Schön und gut, der amerikanische Tourist kommt zu einem Ortsansässigen, aber der Ortsansässige heißt nicht Achmed, Machmud oder Ra‘ed. Dann würde er nämlich ein ganz normaler Anwohner sein. Aber Eric arbeitet bei jemandem, der anders heißt:
Er…hebt gemeinsam mit dem israelischen Siedler Eyal einen Graben aus.
Eyal ist ein jüdisch-hebräischer Name. Daher ist die Identität des „Einheimischen“ oder „Anwohner“ problematisch, denn es gilt: jüdische „Einheimische“ gibt es nicht im Westjordanland. Juden gibt es dort nur als Soldaten, oder Siedler. Daher mag Eyal dort vielleicht wohnen, aber ist kein Einheimischer, diesen Status verdient er nicht. Er ist Siedler. Das ist schon eine ganz andere Kategorie von Mensch.
Problem Nummer Zwei: Seine Dattelfarm. Eyal ist zwar zugegeben einer ihrer Betreiber, aber hier ist der Haken: Siedler können keine Dattelfarmen haben, die ihnen gehören. Denn das Land, auf dem sie wohnen siedeln, kann ihres nicht sein. Sie mögen es persönlich gekauft haben, es mag niemandem zuvor gehört haben, es kann leer und steinig und unbebaut jahrzehntelang herumgelegen haben, sie mögen alle Nachweise dafür besitzen, dass dieses Land nach allen Rechten ihr Privatland ist und darauf Produkte kultivieren wollen – egal. Siedler sind per definitionem Landräuber. Denn es gibt keine „freilebenden“ Juden im Westjordanland. Juden sind Landräuber, entweder in Gestalt von Soldaten oder von Siedlern. Sie können kein Land besitzen. Erst recht keine Farm.
Eric ist ein netter Mensch. Er sieht nett aus, kommt, um Urlaub zu machen und hat auch nette Ansichten, die der SPIEGEL auch direkt dem Leser mitteilt, um Eric nicht allzu schlechtzumachen:
„In einer perfekten Welt gäbe es eine Zweistaatenlösung. Manche Leute sagen, die Juden hätten Anspruch auf das Westjordanland, weil Gott es ihnen gegeben hat“, meint Eric. Er halte aber eher zu den Palästinensern. „Die sind die Underdogs.“
Aber dennoch hilft Eric seine Haltung nicht. Denn er ist einer der Menschen, die der SPIEGEL in diesem Text eigentlich geißeln will: Er ist ein Kollaborateur, er macht gemeinsame Sache mit dem Siedler, denn er macht „Urlaub mitten im Nahostkonflikt“, und hier stellt das deutsche Magazin endlich die alles entscheidende Frage: Darf man das eigentlich?
„Darf man das eigentlich – hier Arbeitsurlaub machen? Oder facht man damit einen Konflikt an, der seit Jahrzehnten die Welt in Atem hält? Wie viel Verantwortung trägt ein Tourist?“
Spieglein, Spieglein an der Wand, darf man das eigentlich? Sich auf jüdischen Farmen die Hände schmutzig machen, darf man das eigentlich? Hinter Zäunen arbeiten, die Juden vor den Angriffen ihrer Nachbarn schützen, darf man das eigentlich? Menschen besuchen, die zu Illegalen erklärt wurden, darf man das eigentlich?
„Die Farm…steht mitten in einer Krisenregion und wird von israelischen Siedlern betrieben, die unter anderem nach Ansicht der deutschen Bundesregierung gegen internationales Recht verstoßen. Auch die EU erkennt das Westjordanland nicht als Teil Israels an – und hat Ende 2015 sogar eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus israelischen Siedlungen beschlossen.“
Als 1917 der britische Außenminister Lord Arthur Balfour in einer offiziellen, amtlichen Erklärung mitteilte, der jüdischen Bevölkerung der osmanischen Provinz und dem zukünftigen britischen Mandatsgebiet Palästina ein „nationales Heim“ zuzugestehen, da setzte er die Grenzlinien für dieses Heim nicht an
UniSpiegel, Ausgabe 2/2016
der heutigen Grünen Linie. Als das Wort „Westbank/Westjordanland“ zum ersten Mal von den Briten verwendet worden war, betraf es das gesamte Gebiet links vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer. Und als die NSDAP unter der Führung von Adolf Hitler in den 30er Jahren den Slogan „Juden raus! Auf nach Palästina!“ unter die Leute brachten, hätte niemand im Traum daran gedacht, dass ihre Nachkommen 70 Jahre später die Juden zu einem „raus aus Palästina“ auffordern würden.
“WWOOF steht für ‘Worldwide Opportunities on Organic Farms’. Nur Biobauernhöfe dürfen hier inserieren. Auf der Webseite ist die Rede von „kulturellen Lernerfahrungen“ und dem „Aufbau einer nachhaltigen, globalen Gemeinschaft“. Die politischen Umstände, unter denen die Biofrüchte gedeihen, scheinen Betreiber und Urlauber weniger zu interessieren.“
Hunderte von Deutschen, Franzosen, Schweden, Amerikanern, Briten und anderen engagieren sich Jahr für Jahr auf „palästinensischen“ Farmen, Feldern, in „palästinensischen“ Schulen mit dem Hass-Curriculum der PA über Projekte wie Karama, UNRWA, Oxford Center, Volunteers for Peace, um dort „kulturelle Lernerfahrungen“ zu sammeln, nehmen an gewalttätigen Auseinandersetzungen und illegalen Aktivitäten teil als Teilnehmer von Programmen wie „Palestine Solidarity Project“ oder TIPH, offenbar um den „Aufbau einer nachhaltigen, globalen Gemeinschaft“ zu fördern und das im vollen Bewusstsein der „politischen Umstände“ und ihrer Auswirkungen. Dann kommt aber ein US-Amerikaner, Eric, und bei der Wahl seines Urlaubsziels
ist ihm Politik weitestgehend egal.
Hier könnte man aufatmen und sagen „Endlich, da will einer nur friedlich pflanzen!“, doch gerade den politisch desinteressierten Eric nimmt der SPIEGEL ins Visier. Und da er den naiven Kerl nicht als Radikalen oder Fundamentalisten darstellen kann, so verwandelt das Magazin ihn in einen Kolloborateur:
„Die Freiwilligen auf der Siedlerfarm sind aber nicht nur stille Beobachter. Sie gehen den Siedlern zur Hand und legitimieren damit eine Besatzung, die die EU verurteilt.“
Leider hat niemand das Spieglein gefragt, daher übernehme ich die Drecksarbeit und frage: Die EU, die die Besatzung verurteilt, investiert auf einem in internationalen Abkommen Israel zugesprochenem Land in illegale Gebäude, Strukturen und Aktivitäten. Darf die EU das eigentlich? Verurteilen, für illegal erklären und illegal investieren? Aber gehen wir zurück zu Eyal, denn dieser bekommt ordentlich sein Fett weg, nicht nur der naive Eric:
„…seit Israel das Westjordanland 1967 im Sechstagekrieg besetzt hat, ist das Gebiet um den Jordan militärische Sperrzone. Die gut gesicherte Grenze sollte vor dem Einmarsch feindlicher Truppen schützen. Und die, die von jeher im Grenzgebiet wohnten, mussten nach und nach weichen. Ende der Sechzigerjahre wurden Hunderte palästinensische Familien von der israelischen Armee vertrieben. Danach hatten nur noch israelische Soldaten Zutritt. Erst 20 Jahre später erlaubte die Armee israelischen Siedlern schließlich, sich in den fruchtbaren Gebieten am Fluss niederzulassen. Dort, wo einst Palästinenser Obst und Gemüse angebaut hatten, wachsen nun Datteln ‚made in Israel‘.“
Im Jordantal rund um die Autobahn 90, zwischen der Bet ha Arava-Kreuzung und bis zu den Wassereservoirs des Kibbutz Tirat Zwi hinter der Grünen Grenze befinden sich mindestens 10 große und kleine „palästinensische“ Ortschaften, die über 20.000 Einwohner starke Stadt Jericho nicht mit eingerechnet. Zwischen 1948 und
Mit Sprechblasen zum besseren Verstaendnis versehen. „Ferien im Krisengebiet“
1967 herrschte Jordanien über dieses Gebiet sowie über ganz Judäa und Samaria (= Westjordanland), und siedelte dort viele der „Palästinenser“ an, die infolge des Unabhängigkeitskrieges nach Jordanien geflohen waren. 1967, als das Gebiet durch die israelische Armee von der jordanischen Herrschaft befreit worden war, floh ein Großteil dieser, „palästinensischen“ Siedler, zurück nach Jordanien. Dennoch bestehen in diesem Gebiet arabische Ortschaften. Daneben befinden sich 22 dünnbesiedelte jüdische Gemeinden und die Plantagen an der Grenze zu Jordanien. Nach den Oslo-Abkommen 1994 gehört der Großteil des bewohnbaren Jordantals zum C-Gebiet, also verwaltet durch israelisches Militär und die Zivilbehörde. Die Stadt Jericho unterliegt der vollständigen Autonomie der PA und ihr Betreten ist für Israelis verboten.
Finden all diese Nuancen ihren Platz im Text von David Donschen? Unnötig zu fragen – für „UNISPIEGEL“ muss man sich keine Mühe mit historischen Fakten geben. Ominöse Andeutungen und Behauptungen reichen:
„Eine Gruppe Palästinenser rief kürzlich das höchste israelische Gericht an. Sie beklagen, dass ihnen der Zutritt zu ihrem Privatbesitz verwehrt wird – und stattdessen israelische Siedler auf ihrem Land Farmen betreiben. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus.“
Um welche Gruppe, um welchen Privatbesitz, welches Land und welche Farmen handelt es sich dabei? Richtig, Rückfragen gelten nicht beim Spieglein an der Wand. Eyal ist ein verbohrter jüdischer Siedler:
„Freiwillig hergeben wird Eyal seine Dattelbäume nicht. Die Farm soll sogar weiter wachsen.“
Deshalb ist jede Unterredung mit Eyal fehl am Platz, selbst wenn man ihn noch so nett bitten würde, seine Farm doch gefälligst abzubauen, auch wenn das höchste israelische Gericht noch gar nicht entschieden hat – Eyal wird nicht nachgeben, denn
für Eyal stellt sich die Frage nach dem rechtmäßigen Besitzer erst gar nicht.
Des SPIEGELs Aufgabe ist es, als mutiges Magazin die korrekten Antworten herauszufinden und zu liefern. „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der rechtmäßige Besitzer im ganzen Land?“ Ach, hätten doch Lord Balfour, die UN-Vollversammlung, Mosche Dayan, Bill Clinton, Jitzak Rabin und Benjamin Netanjahu so ein Spieglein bei sich zuhause hängen, es hätte ihnen schon längst alle wichtigen Antwort geliefert. Man hätte sich Arafat, Nasrallah, Ahmadinedschad und Haniyeh sparen können. Der SPIEGEL weiß das schon seit Langem, man muss ihn nur fragen.
Aber Eyal stellt keine Fragen, insbesondere nicht an den SPIEGEL, und bei so viel Verbohrtheit kann das Spieglein gar nicht anders und erklärt ihn für illegal (im ganzen Land?).
Obwohl Eyal von Gott und dem Erbe des jüdischen Volkes spricht, ist er kein religiöser Fundamentalist. Anstelle einer Kippa, dem Erkennungszeichen religiöser Juden, trägt er ein Basecap mit dem Logo eines Traktorherstellers.
Darf man das eigentlich, von Gott und dem Erbe des jüdischen Volkes sprechen? Denn dann ist man doch ein religiöser Fundamentalist!
Der SPIEGEL kann aber auch verständnisvoll sein. Er versteht beispielsweise, dass die Siedler auf ihrer Farm nervös sind; denn im Jahr 2002, so schreibt David Donschen,
stürmte ein bewaffneter „Palästinenser“ in die Siedlung und tötete einen Soldaten, eine Frau und ihre elfjährige Tochter.
Dennoch ist der Zaun um die Siedlung herum, bei welcher drei Menschen durch ein „palästinensisches“ Attentat aus heiterem Himmel ermordet worden sind, „abschreckend“:
„Von Eyals Veranda aus blickt man auf den abschreckenden Zaun, der die Siedlung umschließt.“
Und auch:
„…erheben auch die Palästinenser Anspruch auf die Fläche, auf der Eyals Dattelpalmen stehen. Doch ein vier Meter hoher Zaun versperrt ihnen den Weg.“
Ich zu meinem Teil als praktisch denkender Leser würde es sehr positiv finden, dass ein Ort, deren Bewohner und Bewohnerinnen von Attentätern bedroht sind, einen Zaun um sich hat, der potenzielle Attentäter abschrecken kann und diesen bei ihren Plänen den Weg versperrt. Aber für den SPIEGEL ist der Gedanke an die eigene Sicherheit eine egozentrische und verpönte Weltsicht:
„Die Touristen auf Eyals Farm scheint der ewig schwelende Konflikt höchstens dann zu interessieren, wenn sie sich Sorgen um ihre eigene Sicherheit machen.“
Dass die Einwohner selbst unter den Konsequenzen dieser Sorgen zu leiden haben, findet beim SPIEGEL nicht etwa eine Legitimierung, es findet nicht einmal Erwähnung. Denn wenn laut David Donschen Palästinenser „Anspruch auf die Fläche erheben“ und sie ein „vier Meter hoher“ Zaun von ihren gefühlten Ansprüchen trennt, dann kann man auch schon mal ausrasten, bewaffnet in die Siedlung stürzen und jemanden umlegen. Ein Zaun schreckt dabei nur ab, versperrt den Weg und stört bei der Ausführung der gerechtfertigten Tat. Darf man das eigentlich, unschuldige bewaffnete „Palästinenser“ bei ihrem Vorhaben behindern?
„Während die Weltgemeinschaft darüber berät, ob die Siedlungen nun legal oder illegal sind, schafft Eyal Fakten.“
Hier hat Eyal entgültig sein Existenzrecht verspielt. Denn Eyal schafft Fakten, ohne vorher nachzufragen, ob er das eigentlich darf. Er fragt nicht die Weltgemeinschaft, die EU, und was noch wesentlich schlimmer ist – er fragt nicht mal den SPIEGEL!
Um diese Farm geht es: Farm 298 in Hamra. Als Region wird „West Bank – Jordan Rift Valley“ verzeichnet, sie wird aber unter WWOOF Israel gezaehlt.
„Inzwischen steht Eyals Farm auf WWOOF und anderen Freiwilligen-Plattformen wieder zur Auswahl, und er empfängt wieder zahlreiche Freiwillige, die anschließend Bewertungen auf dem Onlineportal hinterlassen. So wie Katleen aus Deutschland. Sie schreibt: ‚Es wird dir gefallen, wenn du kein Problem damit hast, dir die Hände schmutzig zu machen‘.“
Gut gebrüllt, Katleen. Genauso wie ein jeder, der kein Problem damit hat, sich die Hände schmutzig zu machen, wenn er sich diesen Text zu Gemüte führen will.
Jetzt würde ich mich am Liebsten fragen wollen, „darf der SPIEGEL das alles eigentlich?“ Aber ich fürchte, das Spieglein an der Wand wird meine Frage nicht besonders mögen. Daher nehme ich das Risiko nicht auf mich und beantworte mir die Frage selbst.
Heute feiern wir 68 Jahre seit der Entstehung des Staates Israel. Achtundsechzig Jahre lang steht der Staat Israel auf seinen Grundfesten, lässt sich von keiner Armee besiegen, von keiner Großmacht auflösen, von keiner Boykottdrohung einschüchtern, von keinem Terroristen verschrecken. Achtundsechzig Jahre entwickelt sich die israelische Gesellschaft im staatlichen Rahmen, als eine Gemeinschaft in einem großen „Schmelztiegel“ aus verschiedenen Nationen, Mentalitäten, Meinungen, Glauben und Wertvorstellungen. In diesen achtundsechzig Jahren hat der Staat Israel Prüfungen auf sich nehmen müssen, die nur wenigen bis keinen Staaten vorgelegt wurden, und es sieht nicht aus, als würden diese ein Ende nehmen.
Von außen wie von innen sieht die israelische Gesellschaft und mehr noch, die israelische Politik, zersplittert und zerstritten wie noch nie aus. Einiges von diesem Eindruck ist freilich übertrieben und unwahr, aber vieles ist auch Realität. An vielen Kreuzungen haben sowohl die jüdische als auch die gesamtisraelische Gesellschaft und ihre Anführer gestanden und sich entscheiden müssen -in welche Richtung bewegen wir die Gemeinschaft? Fügen wir unser Puzzle zusammen, notwendigerweise oder aus innerem Verlangen heraus, oder driften wir auseinander, weil die Unterschiede und die Ideale uns wichtiger sind als der Zusammenhalt? In Krisenzeiten ist es von Israel und seinen Bewohnern bekannt, dass man die Unterschiede beiseite stellt (nicht vergisst, freilich) und füreinander einzustehen bereit ist. Krisenzeiten, damit sind Kriege gemeint.
Aber wenn politische Krisen aufkommen; wenn die Weltgemeinschaft mal wieder ihre israelkritische Phase durchmacht und uns dies auf sämtliche Arten und Weisen wissen lässt? Wenn die Linksorientierten unter uns Angst um ihre Führungsrolle haben und die Rechtsorientierten Angst um ihr Mitbestimmungsrecht? Wenn die Führung des Landes ihrer Dissonanz mit denjenigen, die sie gewählt haben, nicht bewusst ist oder sie nicht akzeptieren will, und wenn Gesellschaft, sich nach Individualismus sehnend, ihre Gemeinschaftsrolle vergisst? Wenn die Differenz zwischen den Weltanschauungen hin zu post- oder pre-modern flüchtet, anstatt einen Kompromiss in einer vorhandenen Moderne zu schaffen? Und wenn das Gefühl, sich in einem ununterbrochenen Verteidigungskampf zu befinden, den Mut und die Kreativität lähmen, neue Möglichkeiten zu entdecken und Schritte zu wagen?
Dann sehen wir die Zersplitterung,. Dann tritt auch ein Antagonismus zwischen dem Begriff „Unabhängig“ und Souverän“ auf die Bühne.
Weshalb?
Ein unabhängiger Staat hat nicht gleich eine Souveränität. Israel ist ein deutliches Beispiel hierfür, und das Themengebiet, mit welchem sich der Blog „Die Siedlerin“, befasst, ist mit diesem Antagonismus mehr als vertraut.
Denn der Staat Israel mag unabhängig in Form und auf Papier sein. Es mag eine Erklärung, eine funktionierende Regierung und ein aktives Parlament haben. Seine Wirtschaft betreuen wie jeder weitere unabhängige, funktionierende Staat, und seine Gesellschaft darf sich nach ihrem Ermessen entfalten. Aber hat er tatsächlich die Souveränität, der er bedarf? Kann der Staat tatsächlich seine Entscheidungen treffen unabhängig vom Einfluss äußerer Handlungsträger, Gremien, Staaten, Interessenten?
Hat der Staat Israel beispielsweise Souveränität über seine Grenzen? Wird ihm uneingeschränkt ermöglicht, diese zu verteidigen? Zwei feste Grenzen hat der Staat Israel. Es ist die Grenze zum Meer, und die Grenze zu Ägypten. Diese steht erst seit 1982. Alles andere? Der Gazastreifen wurde nach Ende des Unabhängigkeitskrieges 1949 von Ägypten besetzt, doch durch seine Übernahme durch Israel im Sechs-Tage-Krieg nicht wieder von Ägypten beansprucht und bis heute abgelehnt. Israel besiedelte den Gazastreifen, Menschen bauten sich dort gemeinsam mit den arabischen Einwohnern ein Heim auf, doch die späten Achtziger (Erste Intifada) und die Oslo-Abkommen 1994 sprengten das scheinbare Zusammenleben. Der Terror und die immer wieder nicht zum Ende kommenden Friedensverhandlungen mit der palästinensischen Führung führten die israelische Regierung zu dem Schluss, dass den Gazastreifen wegzugeben und die jüdische Bevölkerung von dort herauszuholen die beste Geste zu einem „Frieden“ sei. Das geschah im Jahr 2000. Nach der Vertreibung von 8000 Menschen, der Zerstörung ihrer Häuser, nach dem Aufstieg der Terrororganisation Hamas zur Regierungspartei des nunmehr autonomen Gazastreifens wird noch immer behauptet, Israel würde über den Streifen herrschen. Die Rückzugslinie, welche die Hamas nicht anerkennt und immer wieder (auch physisch, wie man schon weiß) untergräbt, soll die Grenze zu einem zukünftigen arabischen Staat im Landstreifen darstellen. Wie soll man das heutige Gebilde allerdings betrachten?
Grenze zu Israel und Ägypten
Die Grenze zum Libanon ist eine Kriegsfolge von 1982 und 2000 und eine Waffenstillstandslinie nach dem Abzug der israelischen Truppen im Jahr 2000, nach einem jahrzehntelangem Krieg gegen Terrormilizen im Libanon (die „blaue Linie“). Dasselbe gilt für die Grenze zum (ehemaligen) Syrien – eine Waffenstillstandslinie von 1974. Die Grenze zu Jordanien im Osten des Landes
Grenze und umstrittene Grenze zu Jordanien
wurde zwar 1994 bei dem Friedensabkommen festgelegt – aber gilt es für die gesamte Grenze? Will man Israel in den Gesprächen mit der palästinensischen Führung nicht dazu zwingen, das von Jordanien 1967 eroberte und von diesem 1988 als nicht mehr für beansprucht erklärte Gebiet, welches an Jordanien grenzt, in die Hände der Palästinenser zu geben? Speziell handelt es sich dabei um die Grenze zu Jordanien – bis heute eine umstrittene Grenzlinie und ursprüngliche Waffenstillstandslinie von 1967.
Die Golanhöhen – man könnte meinen, nach dem Sechs-Tage-Krieg und nach der Eingliederung dieser in die israelisch festgelegten Staatsgrenzen würde das massive Gebirge als israelisches Staatsgebiet anerkannt sein. Bisher waren die Gespräche über die Golanhöhen nur auf diplomatischer Ebene ein Streitpunkt zwischen Israel, Syrien und der UNO. Doch ausgerechnet in den letzten Jahren, in welchen wir zudem Zeugen eines sich auflösenden Syriens werden, kommen die Golanhöhen wieder ins Visier derjenigen, die Israel auf möglichst wenig Land reduziert sehen wollen. Schon werden die populären und weltbekannten Golan-Weine als „kolonialistische
Die „Grenzen“ zwischen Libanon und Syrien
Produkte“ abgehandelt und sollen von der EU gekennzeichnet werden. Internationale Organe fordern die „Abgabe“ des Bergmassivs an ein de facto nicht mehr existierendes Syrien. Die Grenzen zu Syrien? Das unabhängige Israel legte diese nach einem gewonnenen Verteidigungskrieg selbst, doch die Souveränität über das Gebiet wird Israel abgestritten.
Und das problematischste Feld ist die sogenannte Grüne Linie. Als
Samaria-Gebiet
„Grenze von 1967“ oder „Grenze von 1949“ abgehandelt, führt die Waffenstillstandslinie nach dem Unabhängigkeitskrieg von Israel gegen sechs arabische Staaten quer durch das Land und ist Explosivmaterial für die meisten Gespräche im und um das Land. Es ist keine Grenze, es wurde nie als solche f
Judäa-Gebiet
estgelegt oder anerkannt; aber seit 1994 wird sie als solche gehandhabt, mit allen daraus resultierenden Folgen. In 1967 entschloss sich Israel – teils aus internationalem Druck, teils aus innerer Unentschiedenheit heraus und vor allem aufgrund der Weigerung der Arabischen Liga, mit dem Gewinnerstaat zu verhandeln, das Gebiet nicht einzugliedern. Keine Grenze wurde festgelegt; nur eine theoretische Linie gezogen und im Gebiet schufen die Regierung, die Armee, die Bevölkerung und die Zeit ihre Realität.
Was diese Realität für Israel bedeutet – ob Besatzung, Verwaltung oder Vorbereitung, ließ sich vor 49 Jahren für die damaligen Führungskräfte nicht erahnen. Doch mittlerweile lebt der achtundsechzig Jahre alte Staat in seiner Unabhängigkeit mit einem hunderte Quadratkilometer großen Stück Land in seinem Herzen, welches weder unter die Kategorie „unabhängig“ fallen kann, noch lässt sich dort irgendeine Souveränität in Handlung und Entscheidung erkennen – von welchem staatlichen Organ auch immer, auch seitens der seit 1994 existierenden und aktiven Palästinensischen Autonomiebehörde. Ob in Bau, Verkehr, Wasser und Strom, Landverteilung oder simples Betreten von Territorien – jedes Wimpernzucken in diesem nur 24% des offiziellen Israels ausmachenden Gebiets wird auf einem internationalen Tribunal ausdiskutiert. Je mehr Jahre seit dem vermaledeiten Status Quo der 60er vergehen, desto lauter verlangt das Tribunal die Aufgabe des Gebiets, die Auflösung jeglichen Souveränitätsanspruches und spricht Israel jegliche Entscheidungsfreiheit ab.
Es stellt sich aber die Frage – hatte der Status Quo eine Berechtigung? Und hätten wir die Gelegenheit gehabt, anstatt einer Militärherrschaft eine tatsächliche Souveränität nach Judäa und Samaria bringen können? Inwiefern bedeutet uns Israelis die Unabhängigkeit, wieso lassen wir eine Unabhängigkeit mit Lücken durchgehen und fordern nicht laut genug das Recht auf Bestimmung, was in unserem Land geschieht, das wir durch alle 68 Jahre hindurch mit Blut und Schweiß für uns erworben haben?
Ich rede hier nicht über die Ansprüche der palästinensischen Araber. Weshalb? Weil die Entscheidungen, die unabhängigen Entscheidungen des Staates Israel die Voraussetzung für die Zukunft dieser sind. Sie waren es bisher und sie werden es weiterhin sein. Im Endeffekt ist es Israel, welches die Zukunft und die Wandlung der Region um es herum bestimmt, und selbst in ihrem Krieg gegen Israel schauen die palästinensischen Araber auf den Staat und warten auf unsere Reaktion. Sie sind ein Produkt der israelischen Handlungen, die Unabhängigkeit, die sich Israel aufgebaut hat, war der Katalysator für ihren Ruf danach, war und ist die treibende Macht hinter ihrer Identifikation, die Hauptkomponente und schließlich auch der Grund für ihr Bestehen bis zum heutigen Tag. Es ist keinesfalls die Frage nach einer Daseinsberechtigung – es ist die Frage nach ihrer Bedeutung. Welche Bedeutung verleiht uns der palästinensisch-arabische Kampf gegen uns?
Dasselbe betrifft auch die israelischen Siedler von Judäa und Samaria. Die Siedler, einst das Symbol des Zionismus und der Wiedergeburt des jüdischen Volkes und heute als politische Spielkarte und „Friedenshindernis“ in die Ecke gedrängt, weisen mit ihrem Dasein auf eine offene Wunde der Gesellschaft hin. Die Staatsführer hingegen wissen von Generation zu Generation nicht, wie sie zu schließen. Es ist eine Wunde wegen der Unklarheit um Judäa und Samaria herum, das jüdische Kernland, welches so viele für einen zweifelhaften bis betrügerischen Frieden hingeben wollen. Weggeben, weil sie müde von dem erschöpfenden Alltag des jahrelangen Krieges sind; weil sie die Forderungen aus der restlichen Welt nicht mehr hören wollen; oder weil sich ihre eigene jüdische oder israelische Identität noch immer nicht formiert hat. Noch immer ist nicht klar, welche Aspekte diese jüdisch-israelische Identität ausmachen. Wie viel davon ist jüdisch, was genau heißt demokratisch; welchen Stellenwert hat das Land und welches die Leute? In diesem Sinne sind die Siedler in ihrer Bedeutung den palästinensischen Arabern sehr ähnlich. Sie beide weisen auf ungelöste Probleme hin, deren Lösungsdatum schon lange abgelaufen ist und welche die Gesellschaft von innen zu zersetzen beginnen.
Beide sind sie auf ihre Art ein Dorn in den Augen derjenigen, die meinen, wir seien schon bei unserer Unabhängigkeit oder Souveränität „angekommen“. Beide stellen die zentralen Herausforderungen des Staates dar, bei welchen sich schließlich dessen wahres Unabhängigkeitsvermögen zeigen wird.
Wo wir uns nach diesen 68 Jahren befinden, ist noch immer nicht eindeutig. Israelische Errungenschaften sollten in unserer Wahrnehmung dieser 68 Jahre eindeutig einen zentralen Platz einnehmen. Israelische Herausforderungen von innen und außen sollten zum Wohle aller für die Zukunft wahrgenommen werden. Für uns in Israel bedeutet es eine tägliche Auseinandersetzung. Wir können es uns noch nicht erlauben – wenn überhaupt, die Arme sinken zu lassen.
Ich habe eine starke Vermutung, dass der Begriff des „Arme sinken lassen“ noch aus der Tora stammt, als Moses den Kampf der Israeliten gegen das Volk des Amalek anführte, welches diese auf eigene Initiative hin überfiel und zu vernichten drohte (2.Buch Moses, 17,8). Solange Moses die Hände oben hielt, gewannen die Israeliten; ließ er sie sinken, gewann Amalek. Als selbst der große Anführer und Prophet seine Arme nicht mehr halten konnte und sie ihm zu schwer wurden, legte sein Gehilfe Jehoshua einen Stein, damit dieser sich setzte. Sein Bruder Aharon und sein Neffe Hur stützen Moses‘ Arme von beiden Seiten, und am Ende wurden die Amalekiter besiegt.
Es gilt, wie zuvor, so auch weiterhin, die Arme nicht sinken zu lassen, sich aufeinander zu stützen und weiterzugehen, wo man gehen muss, und zu kämpfen, wo man kämpfen muss. Die Unabhängigkeit haben sich Israel und die Israelis auf diese Weise schon erworben; doch die Souveränität über das eigene Schicksal muss täglich neu erkämpft werden. Dies wird schließlich aufzeigen, inwieweit Israel und das jüdische Volk tatsächlich dorthin gehört, wo es zu sein beansprucht.