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Hallel-Ensemble: Liedtexte

Nach dem Veröffentlichen meines Beitrags über das Hallel-Frauenensemble wurde ich gebeten, die Liedtexte der dort angeführten Lieder zu übersetzen – eine gute Idee, an die ich nicht gedacht hatte. Ich führe hier die Übersetzung der zwei Lieder, die ich im Beitrag erwähnt habe, zusammen mit den entsprechenden Videos, an. (Für das Video auf den Liedtitel klicken)


Moda(e) Ani (Ich danke)

(Text: Avi Ochayon, Musik: Asaf Tzeruya. Original: Omer Adam)

Ich danke jeden Morgen
Dass Du mir meine Seele zurückgegeben hast
Ich danke für das Kleid
Das Du mir auf den Körper gelegt hast
Damit ich nicht friere, denn Du gibst auf mich Acht

Ich danke jeden Morgen
Für das Licht, für mein ganzes Sein
Ich danke für das Brot
Das Du mir auf den Tisch gelegt hast
Dass ich nicht hungere, dass ich keinen Schmerz weiß
Für mein unendlich vieles Lächeln danke ich
Für alle meine Talente, für alle meine Lieder
All sie werde ich Dir widmen
Wisse, wisse, dass ich Dir danke

Refrain:

Ich rufe zu Dir, Dein Name ist groß, Dir rufe ich zu, Y-A
Deins ist mein Leben, Deins ist mein Herz und mein Dank
Dir rufe ich zu, Y-A, Dir rufe ich zu, Y-A

Ich danke jeden Morgen
Für meine Kraft, meinen Vater und meine Mutter
Ich danke für den Regen,
Den Du auf meine Felder gegeben hast,
Dass Du für die, die mich lieben, sorgst und mir mein Leben gabst
Für den Ruhetag danke ich
Für die Fülle, für den Segen und die Familie
Alles, was ich bin, bin ich dank Dir
Wisse, wisse, dass ich Dir danke

Refrain

"Lasst uns gehen und dem Herrn singen, voller Freuden dem Felsen unserer Errettung zurufen, Ihn mit Dank empfangen, mit Gesängen zurufen" (Psalm 95)

Für all meine Misserfolge danke ich
Für meine Enttäuschungen, Ängste und Herausforderungen
All sie sind zu meinem Besten
Es gibt keinen anderen in meinem Herzen,
Nur Dir danke ich

 


„Mashehu Chadash Matchil“ (Etwas Neues fängt an)

Text: Ilil Tamir, Musik: Dani Rubas. Original: Dani Rubas)

Etwas beginnt und rollt die Straßen entlang
Etwas anderes steigt die Treppen hinunter
Etwas geschieht, ich fange es am Schwanz
Etwas Neues fängt bei mir an
Jemand Bekanntes steht und schaut
In der Straßenmitte isst jemand
So viele Geräusche verwandeln sich in einen Rhythmus
Etwas Neues fängt bei mir an

Refrain:

Dinge geschehen immer zur rechten Zeit
Sie kommen und gehen inmitten der Menge
Du wirst meine Augen sehen, eine zufällige Berührung
Wunder geschehen, alles ist noch möglich
Vielleicht kommst du vorbei?

Wieder steigt der Abend auf die beschäftigte Stadt nieder
Die Dunkelheit schleicht sich heran, ein Taxi wartet drüben
Ein kleinen Straßenkater verendet hungernd
Etwas Neues fängt bei mir an
Ein süßer Geruch zieht aus dem Fenster
In der Ferne sieht man schon das erste Licht
Ein Straßenabschnitt verbeugt sich vor ihm
Etwas Neues fängt bei mir an 

Refrain

Alle Punkte verbinden sich zu einer Linie
Etwas Neues fängt bei mir an

Refrain

Ein Moment der Ruhe, ich stehe hier noch immer allein
Ein junges Paar geht vorbei, Hand in Hand
Hinter der Ecke, ein Gesicht, ein breites Lächeln
Etwas Neues fängt bei mir an

Das Hallel-Ensemble – Frauen von Samaria singen

Aufmerksam geworden bin ich auf sie durch eine-Cover-Interpretation vom Lied „Mode Ani“ (Ich danke Dir) des bekannten israelischen Popsängers Omer Adam. Eine zarte, mehrstimmige women-only Version, gesungen von Frauen in bunten Kopftüchern nach national-religiöser Art, im Hintergrund des Videoclips atemberaubende Aufnahmen der Berge von Samaria. Ich dachte an eine einmalige Performance von einer Frauengruppe speziell für dieses Lied, aber es stellte sich heraus, dass es sich um ein schon 11 Jahre lang aktives Ensemble von Sängerinnen aus der ganzen Samaria-Region handelt .

Das Logo von „Hallel“

Das Ensemble trägt den Namen „Hallel“ (Lobpreisung, der Name eines Gebets an Feiertagen und Neumonaten) und besteht nur aus Frauen aus der Region Samarias. 15 Frauen singen im Ensemble, das von Meyrav Brenner geleitet wird und nur vor einem weiblichen Publikum auftritt (allerdings können ihre Lieder auch über Youtube angehört werden). Sie existieren schon seit 2007 und haben bisher zwei Alben hervorgebracht, das erste („Zu Dir bete ich“) in 2008 und das zweite („Hallel mit Kaffee und Kuchen“) in 2012. Das Repertoire besteht aus original komponierten Liedern und neu aufgenommenen Variationen zu schon existierenden Liedern anderer Interpreten bzw. traditionellen Gesangsstücken, beispielsweise aus der Liturgie. Unterstützt wird das Ensemble-Projekt durch die Regionalverwaltung Samarias und deren Freizeitzentrum. Einmal pro Woche treffen sich die Sängerinnen, um zu üben.

 

Meyrav Brenner. Foto: Facebook

Meyrav Brenner, die Leiterin des Ensembles, ist selbst Komponistin und Sängerin, und ist als Leiterin von Musikprojekten an einer religiösen Schule für Jungen, die nicht in reguläre schulische Einrichtungen zugelassen wurden. Sie lebt in der Siedlung Har Bracha nahe Schchem/Nablus. Die anderen Ensemblemitglieder – allesamt verheiratete Frauen – sind teilweise berufstätig (so ist eine Sängerin auch selbstständige Kosmetikerin, eine andere leitet das Büro des Direktoriums der Partei „Jüdisches Heim“, und eine dritte ist parallel auch selbstständige Schauspielerin) und teilweise Hausfrauen. Ihre Webseite (leider nur in Hebräisch) hat Verweise zu einigen der Lieder, auf einer anderen Webseite, die Frauengesang gewidmet ist, lassen sich (fast) alle Titel des letzten Albums mit Liedtext und Video finden. Wie gesagt, sind alle Lieder auch auf Youtube anseh- und anhörbar.  Die „Hallel“-Sängerinnen

Foto: Facebook

treten bei verschiedenen Veranstaltungen auf – auf Kongressen, Abschlussfeiern von Schulen oder Vortragsabenden und haben auch eigene Gesangsabende, all das nicht nur in Samaria, sondern im ganzen Land.

Die Entscheidung, entsprechend dem jüdischen Gesetz nur vor und für Frauen zu singen, erklärte die Chorleiterin Brenner in einem Interview Anfang 2013 so:

„Wir sind in es hineingeboren,die Halacha [das jüdische Gesetz, Anm.DS] ist ein Teil von uns, und so hatten wir auch niemals Zweifel gehabt. Wir sind ein Frauenensemble, das für Frauen singt. Von Anfang an haben wir das Ensemble ins Leben gerufen, um für Frauen zu singen. Es liegt etwas Besonderes in einem Auftritt von Frauen vor Frauen. Es ist schwer, es zu charakterisieren, aber die Atmosphäre ist anders, die Selbstmitteilung und das Gefühl von Befreiung, wenn Frauen miteinander singen – es ist eine ganz andere Form von Stärke.“


Hier habe ich euch zwei Videos verlinkt, das erste davon „Moda Ani/Ich danke Dir“ mit einem wunderschönen Videoclip, der die samarischen Berge in all ihrer Pracht zeigt; das zweite ist von einem gemeinsamen Gesangsevent des Ensembles mit jungen Mädchen und Frauen aus ganz Samaria mit dem Lied „Mashehu Hadash Matchil/Etwas Neues beginnt“ – auch hier ein schön arrangierter Videoclip, in dem die ganze Vielfalt der jüdischen Einwohnerinnen der Region zur Geltung kommt.  Hier findet ihr die Übersetzungen der beiden Liedtexte. Weitere Lieder kann man sich auf dem Videokanal von Meyrav Brenner auf Youtube anhören. Viel Vergnügen!

„Moda Ani/Ich danke Dir“

 

„Mashehu Hadash Matchil/Etwas Neues beginnt“

 

 

500 Kinder aus Samaria singen zum Unabhängigkeitstag

Der 5te Iyar 5778 ist das hebräische Datum für den Unabhängigkeitstag Israel. Wenn der 5te Iyar wie in diesem Jahr auf einen Freitag fällt, werden die Feierlichkeiten um einen Tag nach hinten verschoben.

In diesem Jahr ist der Staat 70 Jahre alt geworden und daher fielen die Festlichkeiten besonders aufwendig und beeindruckend statt. Da die jüdische Bevölkerung von Judäa und Samaria besonders israelverbunden und zionistisch zu charakterisieren ist, wurde in jeder jüdischen Ortschaft die Zeremonie zum Unabhängigkeitstag mit viel Effort durchgeführt.

Ein Projekt war in diesem Jahr besonders zu Ehren der 70 Jahre organisiert worden: 500 Kinder aus Samaria im Kindergartenalter wurden dazu ausgewählt, das Lied „Tfila/Gebet“ der israelischen und internationalen, im Jahr 2000 tragisch verstorbenen Sängerin Ofra Haza gemeinsam aufzuführen. Das Projekt wurde von dem Regionalvorsitzenden von Samaria, Yossi Dagan, initiiert. Das Lied wurde von den Kindern im Kindergartenalter eine Woche lang nach verschiedenen Stimmen (!) einstudiert und schließlich an verschiedenen Stellen im Samaria-Gebiet sowie bei einem gemeinsamem Gesang auf dem Kabir-Berg aufgeführt.

Und so sah das Resultat aus: (Quelle: Ynet)

 

Der Liedtext lautet:

„Er, der dort oben in den Höhen sitzt, Er, der alle Kranken heilt

Er, der den Kindern die Freude gibt, Er, der Der richtet

Er, der im Himmel ist, Er, der Einzige,

Er, der Große und Ehrfürchtige

Er, der uns vor jeder Not beschützt!

Refrain: 

Oh, Gott

Schütze uns alle wie Kinder, schütze uns und verlasse uns nicht

Gib uns Licht und Jugendfreude, gib uns immer und immer wieder Kraft

Oh Gott

Schütze uns alle wie Kinder, schütze uns und verlasse uns nicht

Gib uns Licht und Jugendfreude, und gibt uns die Möglichkeit zu lieben!

Was bleibt uns übrig von all den Tagen, was bleibt uns von jedem Tag

Sonne der Freude, viele Blicke, Tage und Nächte voller Träume

Er, der im Himmel ist, Er, der Einzige,

Er, der Große und Ehrfürchtige

Er, der uns vor jeder Not beschützt!

Refrain

(Lyrics: Bezalel Aloni, Musik: Henry Bratter)

Musikabend in Bat Ayin

Wieder etwas still gewesen um mich… Studium und Bürokratie füllen den Alltag und es bleibt weniger Zeit zum Schreiben. Und wenn dann das Wochenende kommt – ist es bei uns recht kurz, ein halber Freitag und ein im Winter nicht allzu langer Shabbat – dann kommt die ersehnte Ruhe.

Den Shabbat – Tradition und Gesetz entsprechend – verbringe ich häufig daheim und werde bei meinen Nachbarn zum Essen eingeladen. Manchmal mache ich aber auch einen kleinen Abstecher zu Freunden, die etwas weiter wohnen.

Den vergangenen Shabbat (21.01) verbrachte ich in der kleinen Gemeinde Bat Ayin in Gush Etzion verbracht. Bat Ayin hat etwa 1400 Einwohner und ist auf einem Hügel auf dem Berghang des Hebroner Bergmassivs verstreut. Bat Ayins Bewohner lassen sich zumeist religiös bis sehr religiös einordnen, zum großen Teil Anhänger des Rabbiners Nachman von Bratzlav (Breslever Chassiden); die Bevölkerung ist zumeist jung und die Familien kinderreich.

Sicht auf Bat Ayin
Sicht auf Bat Ayin

Bat Ayin gilt als eine eher abgeschottete Gemeinde; auch was den Lebensstil angeht, so sind die Bat Ayiner Bewohner eine Gemeinschaft für sich – Kleidermode und Baustil sind keinem westlichen Mainstream, sondern eher einer „alternativen Mode“ einzuordnen; Rückbesinnung auf Religion (viele der Einwohner kommen ursprünglich aus säkularen Elternhäusern und suchen ihren Weg zur Religion), Naturbezogenheit (kleine Farmen, Privatzucht, Gärten, selbstgebaute Häuser), Vegetarismus und Umweltbewustsein sind dort hoch im Kurs; es gibt einen gemeinschaftlichen Kleiderspendeladen. Mädchen und Frauen lassen sich meist an wallenden, bunten Kleidern, Kopftüchern und

Bat Ayin
Bat Ayin

Schals mit fernöstlichen Einflüssen erkennen; die Männer sind eher Arbeitshosen und langen Hemden unterwegs, haben die Gebetsfäden (Tzitzit) und Haare, auf jeden Fall aber die Schläfenlocken offen. Viele Einwohner sind Musiker. In der Gemeinde selbst gibt es einige religiöse Einrichtungen, Kindergarten, Grundschule, Krankenkasse, kleinen Supermarkt und einige Synagogen. Es gibt ebenso ein Aufnahmezentrum für schwererziehbare Jugendliche, um welche sich die Gemeinde und der Initiator des Projekts sorgen. Der Großteil von Bat Ayin ist von keinem Zaun umgeben, aus ideologischen Gründen; die Bewohner von Bat Ayin haben eine lange Auseinandersetzung mit der Armee hinter sich, welche darauf besteht, die Siedlung mit einem Sicherheitszaun zu umgeben, die Bewohner sich jedoch gegen eine Einschränkung und Eingrenzung der Gebiete um sie herum weigern.

Die Häuser des Dorfes Zurif
Die Häuser des Dorfes Zurif

Bisher hat nur ein Teil der Ortschaft einen kurzen Zaun, und zwar auf der Südseite, welche in unmittelbarer Nähe zum arabischen Dorf Zurif liegt. Bat Ayin ist auch bekannt für seine Auseinandersetzungen mit den Bewohnern von Zurif undG’eba, zwei arabischen Nachbardörfern, welche sich gegenseitige Abneigung zollen. Im Februar 2007 wurde ein Bewohner von Bat Ayin, Erez Levanon sel.A. von arabischen Terroristen aus der Gegend von Zurif getötet.  In 2002, im Laufe der 2.Intifada, geriet Bat Ayin ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit, als Mitglieder der sogenannten „Bat Ayin Untergrundorganisation“, einer Terrorgruppierung, von den israelischen Sicherheitskräften gefasst wurden, als sie dabei waren, einen großangelegten Terroranschlag gegen eine arabische Schule in Ostjerusalem auszuführen.

Die Natur um Bat Ayin herum ist üppig – ehemals vom Jüdischen Nationalfonds und früheren Bewohnern von Gush Etzion gepflanzter Wald, drei Wasserquellen, Hügellandschaft und eine Aussicht über das israelische Flachland, welche bei klarem Wetter einen Blick bis zu den Küstenstädten Ashdod und Ashkelon erlaubt.


Das Wetter am Shabbat war kühl, aber ansonsten ausgezeichnet – strahlende Sonne, wenig Wind und frische Luft. Die Bewohner und Bewohnerinnen beteten, statteten einander Besuche ab, gingen spazieren; einige gingen dem Ortsbrauch entsprechend zu den Wasserquellen, um dort einzutauchen. Nach Shabbat-Ausgang (Samstagabends, nach dem Sonnenuntergang) lud mich meine Freundin zu einem musikalischen Ausklang des Shabbats ein, bei einer Familie namens Levy. Familie Levy – Ariel und Elia, beide in

Rechts: Ariel Levy am Saxophon, Elia auf der Gitarre, Sa'ar Tuvia (Freund) an der Trommel, unten: die Kinder Na'ama (älteste), Miriam und Baby Rachel
Links: Ariel Levy am Saxophon, Elia auf der Gitarre, in der Mitte: die Kinder Na’ama (älteste), Miriam und Baby Rachel

ihren Dreißigern – waren erst vor wenigen Monaten aus Jerusalem in das imposante, mit Holz verzierte Haus gezogen, hatten aber schon in dieser Zeit geschafft, eine Tradition zu etablieren: Jeden Samstagabend versammeln sich in ihrem geräumigen Wohnzimmer Nachbarn und Gäste, um gemeinsam

Eine Fülle an gutem Essen ist auch dabei
Eine Fülle an gutem Essen ist auch dabei

zu musizieren. Dazu werden hauseigene Suppe, Salate und Kuchen serviert; jeder Gast bring auch meistens etwas zu essen mit.

Ariel Levy, selbst Saxophonist, nimmt die Musikabende auf und strahlt sie auf Youtube oder auch live über Facebook aus. Zwischen dem Musizieren hält er einen Vortrag über die Tora und verschiedene Ideen des jüdischen Glaubens. Auch diese lassen

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Elia an der Gitarre, Avi am Tamburin, Sa’ar-Tuvia an der Trommel

sich im Internet finden, unter dem Nicknamen „The Emunah Home“ (Haus des Glaubens), welcher für die gesamte Familie Levy steht. Ihre fünf Kinder, die jüngste darunter erst drei Monate alt, sind beim Musizieren dabei. Die älteren gehen nicht in den Kindergarten oder die Schule, sondern werden daheim unterrichtet.

Zumeist spielen Ariel und Elia, die ihn auf Gitarre begleitet, osteuropäisch-jüdische Melodien, aber es gibt auch orientalische Einflüsse. Die beiden selbst haben unmittelbare Wurzeln im Nahen Osten: Elia ist syrisch-türkischen Ursprungs, Ariel persisch-bulgarisch.

20170121_223048Auch an diesem Abend tauchten nach und nach viele Besucher auf, nahmen Platz, aßen etwas und nutzten einige der Instrumente, die zur Verfügung standen. Inmitten der Jam Session erzählte Ariel ein wenig über seine letzten Gedanken über den Zusammenhalt des jüdischen Volkes, basiert auf der Lehre von Rabbi Nachman; anschließend musizierten wir mit verstärkten Kräften weiter. Die 20170121_211227Anwesenden waren verschiedenen Alters – junge Mädchen, einige ältere Frauen, Jungs im Teenager-Alter und auch weit darüber hinaus, die Kinder von Ariel und Elia und andere.

Das Video vom Abend lud Ariel auf seine Facebook-Webseite, es kann man sich hier ansehen:

Hier eine weitere, sehr schöne instrumentale Aufnahme eines bekannten chassidischen Liedes, dem „Lied der Gräser“, gespielt von Ariel und Elia Levy.  Mehr gibt es auf ihrem Youtube-Kanal.

Gute Weine aus Judäa&Samaria

Vor einigen Tagen habe ich den Machane-Yehuda Markt in Jerusalem besucht und bin dort in eine Weinhandlung hineingegangen. Zu meiner großen Überraschung fand ich dort Regale über Regale gefüllt mit seltenen Weinen, die ich sonst kaum in anderen Weinhandlungen zu finden scheine – und all diese aus den verschiedenen Weinkellereien von Judäa und Samaria!

Um nur einige Namen zu nennen:

Gva'ot-Wein und Lone Oak
Gva’ot-Wein und Lone Oak

Die Gewürzstraminer „Gva’ot“ und „Lone Oak“ aus den Weinkellereien von Gevaot und Gush Etzion, in meiner Nachbarschaft; der Cabernet Sauvignon „Jozef“ aus Har

Jozef-Wein aus Har Bracha
Jozef-Wein aus Har Bracha

Bracha in Samaria, der Cabernet-Merlot „Makhpela“ aus den Hebron Heights Winery, ein Wein aus der Weinkellerei in Shilo und natürlich die preisgekrönten Weine aus Psagot.

Makhpela-Wein aus Hevron
Makhpela-Wein aus Hevron
Lone Oak und Nahal Hapirim aus Gush Etzion
Lone Oak und Nahal Hapirim aus Gush Etzion

 

 

 

 

Warum preisgekrönt? Weil gerade die Weine aus der Weinkellerei in Psagot, Binyamin-Gebiet (Südsamaria), bei verschiedenen internationalen Weinfestivals Auszeichnungen und Preise abräumten, unter anderen auf dem internationalen Mittelmeer-Weinfestival  terravino 2009, als der Cabernet Sauvignon von Psagot die goldene Medaille holte, oder auf dem  von französischen Winzern veranstalteten Wettbewerb des Weinportals degustations.com im Dezember

Psagot-Wein
Psagot-Wein

2013, bei welchem 8 Weinsorten aus der Psagot-Kellerei die ersten drei Plätze errungen haben – und das, ohne zu wissen, dass die Weine aus den verpönten „besetzten“ (oder auf französisch gar „kolonialisierten“) Gebieten auf „geraubtem palästinensischen Land“ gewachsen waren!

Das war natürlich alles noch vor der Kennzeichnungspflicht der EU für Produkte hinter der „Grünen Linie“. Heute, sollte die Herkunft der Weine allen offengelegt werden, würden so manche Weinfestivals wohl auf erstklassige Weine verzichten müssen…

 

 

Siedlermusik. Odelia Berlin

Ich habe momentan kein großes Interesse daran, mich in politische Themen zu vertiefen. Daher folgt lieber ein Beitrag zur Kultur und Gesellschaft. Weiter geht es also in der Reihe „Siedlermusik“. Eine Einführung dazu findet ihr hier


Odelia Berlin. Quelle: ACUM
Odelia Berlin. Quelle: ACUM

Odelia Berlin. 

Kaum eine andere Sängerin und Musikerin repräsentiert moderne  jüdische Musik in der nationalreligiösen Frauenwelt mehr als Odelia Berlin, die 34-jährige Sängerin, Komponistin und Lehrerin der Mittelstufe aus Jerusalem. Odelias Name taucht schon mehr als sechs Jahre lang alljährlich auf den Aushängebrettern von Straßenecken, Instituten und Schulen auf, wo für ihre Konzertreihe „Achila“ (Ich sehne mich) vor dem Versöhnungstag, dem höchsten jüdischen Feiertag, geworben wird. Sie selbst musiziert seit ihrer Kindheit, und vor mehr als zehn Jahren schuf sie sich ihren Namen als Gründerin des Frauenensembles „Tefilat Haderech“ (Gebet für den Weg). Seitdem ist moderne israelische, persönliche und liturgische Musik ihr Métier, und ihr Publikum wächst  Jahr für Jahr.

Wer ist Odelia?

Eins von sechs Kindern des bekannten israelischen Klarinettisten und Klezmer-Musiker Moshe (Mussa) Berlin, der seinerzeit mit Rabbiner und Musiker Shlomo Carlebach lernte und mit Klezmer-Ikone Giora Feidman auftrat. Familie Berlin lebte lange Zeit in der Siedlung Elkana (Südsamaria-Binyamin), Mussa Berlin trat bei den Musikfestivals von Elkana auf.  Später zog die Familie nach Alon Shevut in Gush Etzion (Judäa), weil sie zwei weitere Kinder mit Behinderungen adoptierten und diese in besondere Einrichtung in der Region geschickt werden mussten. Auch Odelia fand sich in der Musikwelt wieder, und musizierte ab dem vierten Lebensjahr – so erfährt man aus einem ihrer Interviews. Sie lerne klassisches Klavierspielen, widmete sich anschließend dem Keyboard und schrieb Liedtexte, ließ sich aber parallel auch als Lehrerin ausbilden.

In 2006 – da war sie knapp 24 und hatte sich erst vor Kurzem dem Traum erfüllt, mit ihrem Vater auf einer Bühne gemeinsam aufzutreten – sprach sie mit einer Freundin über die Idee eines eigenen Konzertes vor weiblichem Publikum. Durch diese Idee knüpfte sie zahlreiche Kontakte, doch anstatt ein eigenes Konzert zu planen, bekam immer mehr die Idee der Gründung eines Ensembles ihre Form.

So entstand „Tefilat Haderech“. Das Ensemble war erfolgreich und bildete mehrere Jahre lang das Fundament für Odelia Berlins Wirken in der Musikszene. Der Weg für eine Solokarriere wurde aufbereitet und das Publikum war schon geschaffen: Traditionelle und religiös orientierte Frauen, Frauen mit Interesse und Gespür für spirituelle, emotional betonte Musik und abstrakten Motiven.

Quelle: INN
Quelle: INN

Schon zu Beginn der Karriere, bei der Gründung des Ensembles, war es für Odelia und ihre Mitsängerinnen klar, in welchem Rahm sie auftreten würden – und zwar nur für weibliches Publikum. Dasselbe sollte später auch für ihre Solokarriere gelten:

Als ein religiöses Mädchen hatte ich keine großen Zweifel, ob ich vor gemischtem oder nur weiblichen Publikum auftreten würde. Mein Weg war mir klar – Auftritte nur vor Frauen„,

erzählte sie in einem Interview der Plattform „Kipa“ in 2011.

Was aber ist das Problem von weiblichem Gesang und männlichem oder gemischten Publikum? 

Das jüdische Religionsgesetz, abgeleitet aus den Festlegungen im Babylonischen und Jerusalemer Talmud  (Traktate Brachot/Challa), verbietet es Männern, einen direkten Gesang von einer oder mehreren Frauen zu hören. Das wird begründet mit der Aussage „Die Stimme einer Frau ist eine Entblößung“. Zu dieser Festlegung gab es und gibt es im religionsgesetzlichen Diskurs Abwandlungen, Diskussionen, verschiedene Auslegungen und Ausführungen. Von Gemeinde zu Gemeinde und Land zu Land wurden die Details dieses Grundsatzes anders aufgenommen und ausgelegt.

Ohne sich allzu tief in halachische (religionsgesetzliche) Dispute zu begeben, lässt sich heute sagen, dass das orthodoxe Judentum (zu dem auch die nationalreligiöse Strömung gehört, der die Gesellschaft der Juden in Judäa und Samaria größtenteils angehört) einen Wert darauf legt, weiblichen Gesang von männlichen Ohren fernzuhalten. Dazu gibt es verschiedene Wege und Versionen, wie das aufzufassen sei. Das direkte Singen einer einzelnen Frau, das Singen in einem Chor, das Hören einer Frauenstimme im Radio oder Fernsehen oder durch eine Aufnahme, das Hören der Stimme einer bekannten oder unbekannten Frau oder einer, die schon verstorben ist – zu all diesen Fragen haben sich Rabbiner geäußert und  sie verschieden behandelt. Selbst politische Themen fanden ihren Eingang in die Diskussion: So der breite Diskurs der letzten Jahre um die Weigerung einiger religiöser Soldaten der IDF, die regulären Konzerte und Zeremonien bei der Armee zu besuchen, wenn dort eine Frau auftritt.

Manche mögen sich heutzutage mehr, andere weniger daran halten. Jeder Künstler und jede Künstlerin in Israel suchen sich ihr Publikum und verschaffen sich ihr Image. Allerdings haben ideologische Hintergründe ihre Konsequenzen – sie stellen Anforderungen an musikalisch begabte und an einer Sängerkarriere interessierte religiöse Frauen, welche nicht selten eine solche Karriere verhindern oder erheblich erschweren. Die meisten religiösen Frauen singen, tanzen und treten auch im Alltag nicht vor männlichem Publikum auf. Wenn sie es tun, dann nur eingeschränkt. Aus Gründen des Gemeinschaftsdruckes, der eigenen Überzeugung, der fehlenden Möglichkeit, des eigenen Bescheidenheitsgefühls. Wer einmal auf jüdischen Hochzeiten gewesen ist, der wird bei einer traditionellen Hochzeit die „Barrikaden“ zwischen zwei Teilen einer Tanzfläche bemerkt haben – die Trennung in einen Frauen- und einen Männerteil, und hinter den Barrikaden toben sich die Frauen und Mädchen in wildem Tanz und Gesängen aus, wie sie sich allerdings niemals neben den männlichen Gästen erlauben würden.

Quelle: Facebook.
Quelle: Facebook.

Zurück zu Odelia. Das religiöse Gesetz ist, laut ihr, nur ein Grund, weshalb sie sich das Frauenpublikum ausgewählt hatte. Odelia legt großen Wert auf Frauensicht, Weiblichkeit, weibliche Intuition und Empfindsamkeit. Das kommt auch immer wieder als Argument in allen Musikkritiken über sie hoch – das Element der „weiblichen Stärke“, welche sich in Intuition, Emotion und Ausdruck befindet und eben vor allem durch Gesang manifestiert, der Frauen mit Frauen vereint.

Als der letzte mediale Sturm zu diesem Thema vorbeizog, hatte auch ich mich verstärkt damit auseinandergesetzt und mich selbst geprüft, wie meine Position dazu aussieht. Sehe ich mich als eingeschränkt, diskriminiert oder unterdrückt? Die Antwort lautet  – nein. Nicht nur, dass ich mich nicht unterdrückt fühle – ich fühle mich gesegnet, ich befinde mich genau dort, wo ich sein möchte. Wenn die Wahl in meinen Händen liegen würde – ich würde selbst wählen, nur vor Frauen zu singen.“ (Kipa.co.il, 2011)

Odelia beteuert ebenso, dass das Frauenpublikum eine ganz andere Auffassungsgabe für ihre Musik entwickelt, und auf eine besondere Weise reagiert:

„Meine Zuhörerschaft versteht mich, wie nur eine Frau eine andere Frau verstehen kann.“

Und die Musik, die Odelia spielt und mit der sie Konzerthallen füllt, in welchen man nicht nur religiöse, sondern auch säkulare Frauen finden kann, setzt eben auf bekanntlich feminine Eigenschaften: Gefühlsausdruck, Impulsivität, Zärtlichkeit, Gebet.  Mit ihrer Band, welche ebenso nur aus Frauen besteht – ob nun an der Percussion oder am Klarinett oder der Geige – variiert Odelia bei ihren Aufführungen zwischen bekannten und neuen Liedern und Melodien und ermöglicht ihren Zuhörern eine individuelle Aufnahme der Musik: Tanz, Gesang, Lachen und Weinen, all das findet seinen Platz bei den Auftritten von Odelia, sei es bei privaten Aufführungen in intimen Kreisen oder in Konzerthallen wie den „Binyaney haUma“ oder dem Gérard Bachar-Zentrum in Jerusalem, im Hafen von Tel Aviv oder in einem kleinen Raum unterhalb einer ganz normalen Synagoge.

„Eine Frau, die singt, enthüllt einen Teil ihrer Seele, und genauso, wie ich es mir aussuche, mich so zu kleiden, dass bestimmte Teile meines Körpers verdeckt werden – so entscheide ich mich auch dazu, nicht vor Männern aufzutreten und diesen Teil meiner Seele vor einem gemischten Publikum nicht zu enthüllen“,

sagt Odelia, und:

„Jede Sache kann man als Einschränkung oder Ausweitung betrachten. Auch eine Schüssel hat ihre Grenzen für das Essen  festgelegt, aber sie ermöglicht es, Dinge in sich aufzunehmen (Kipa.co.il, 2011).

In einem Interview der Zeitung ‚Ha’aretz“ wurde Berlin gefragt, ob sie angesichts der religiösen Doktrin nicht eine Art Ideologie aufbaue, die ihr dabei verhelfe, der eigentlichen Unterdrückung zu entfliehen und so eine Alternativversion aufzubauen, um sich selbst und ihre Entscheidung zu legitimieren. Ihre Antwort:

„Es ist immer da – was ist meins, was ist nicht meins, wo überrede ich mich selbst. Aber de facto  sehe ich  viel Segen in meinem Tun. Ich habe ein gutes Einkommen von dem Moment an, als ich mich entschlossen habe, nur vor Frauen aufzutreten. Daher weiß ich, dass ich mich an der richtigen Stelle befinde. Obwohl ich auch dem Wunsch zum Ausbrechen habe, glaube ich daran, dass mein tatsächlicher Wunsch ist, es nicht zu tun. Weil ich innen drin fühle, dass es für mich nicht richtig wäre.“ (Ha’aretz, 2011)

Quelle: Ha'aretz
Quelle: Ha’aretz

Heute lebt Odelia in Jerusalem und hält regelmäßig Konzerte vor den Hohen Feiertagen – Yom Kippur – ab, wo sie volle Publikumssäle mit ihrer Musik in Spannung hält: Spirituelle, erhebende Klänge, Gespräche mit dem Publikum, bekannte frohe Melodien aus der Liturgie und immer wieder Tänze.  An den sogenannten „zweiten Umzügen“ nach dem Tora-Freudenfest im Herbst (im Anschluss an das Laubhüttenfest) ist ein Konzert von Odelia Pflicht geworden, in der zentralen Jerusalemer „Shlomo-Halle“ neben der Großen Synagoge Tänze zu veranstalten, die von 22 Uhr bis 3 Uhr morgens dauern und bei welchen bis zu 300 Mädchen und Frauen in der großen Eingangshalle pausenlos im Kreis tanzen. Ich war zweimal bei diesen Tänzen dabei und das Gefühl der gemeinsam tanzenden, drehenden, singenden, rufenden, springenden Menge, erfüllt mit den Liedern und der sanften Stimme von Odeliya, war belebend, begeisternd, ansteckend und blieb mir als eine unvergleichliche Erinnerung noch Jahre danach.


Als Beispiellieder für die Musik von Odelia Berlin habe ich zwei Lieder ausgewählt, eins aus ihrem ersten Album „Pfad aus Licht“ – das gleichnamige Lied. Das zweite ist ein bekannter Text aus der Liturgie zum Versöhnungstag (Yom Kippur) mit der Melodie von Akiva Hamnik.

Die Single "Pfad aus Licht" (Shvil shel Or). Quelle: Patiphon.co.il
Die Single „Pfad aus Licht“ (Shvil shel Or). Quelle: Patiphon.co.il

Shvil shel Or – Pfad aus Licht.  Deutsche Fassung: Chaya Tal

Dieser Tag, dieser Tag

Ich finde für ihn keine Worte.

Und ich finde auch keine für dich, 

Um etwas von all deinem Leid zu nehmen,

Um etwas von diesem Tag zu entnehmen.

An diesem Tag ist die Sonne verhüllt wie mit einem Tuch

Die Menschen befinden sich auf der Flucht

Große Tropfen fallen auf die Erde hernieder

Doch ist dort keine Antwort, kein Trost und kein Friede

Eines Tages, da blicken wir einmal zurück

Und entdecken den Pfad aus verborgenem Licht

Wir werden lächeln, wir werden nichts fragen, 

Wir werden verstehen. 

Eines Tages, da blicken wir einmal zurück, 

Und entdecken den Pfad des verborgenen Lichts.

 

Chamol – Erbarme Dich. Deutsche Fassung: Chaya Tal

Deiner Werke sollst Du Dich erbarmen

Deiner Schöpfung sollst Du Dich erfreuen

Die die Last deiner Gerechtigkeit tragen,

Die Dir Anvertrauen werden dir sagen:

Geheiligt bist Du, Herr

Durch alle Deine Werke

Diejenigen, die Dich heiligen

Allein dafür hast Du sie geheiligt!

Und gut ist für den Heiligen

Gut und schön und genehm

Wenn ebendiese Heiligen

Dich ehren und preisen!