(*Der folgende Text entstand aus einem Gespräch. Der Name wurde aus Respekt vor Privatsphäre geändert.)
Dorit ist Ende Dreißig, trägt einen wallenden Rock, eine künstlerisch mit verzierten Tüchern hochgesteckte Kopfbedeckung und ein Hemd in Pastelltönen. Ihre Stimme ist sanft, aber energisch. In der Karavanensiedlung von Alon Shvut – Givat haChish, welche im November 1998 als Vorposten errichtet worden ist, lebt sie fast seit dem Beginn ihrer Errichtung, und hat die gesamte Entwicklung dieser Gegend von einem unbewohnten felsigen Hügel zu dem, was es heute ist, mitgemacht: Ein Karavanen-Viertel mit mehr als 30 Familien und Singles, mit asphaltierter Straße, städtischer Wasser- und Stromversorgung, einem Kinderspielplatz, Synagoge und einer regen Bautätigkeit – das allerdings nur privat.
„Die Karavane, die du hier siehst, standen zuvor in Alon Shvut selbst, als es das Viertel hier noch nicht gab“, erzählt sie, „das war vor etwa 14 Jahren, und als dort dann die Genehmigung für offiziellen Bau gegeben worden war, wurden die Karavane hierhin gebracht. Die Ansiedlung hier gab es schon, die ersten Wohncontainer wurden von irgendwoher beschaffen und hierhergefahren, erst dann kamen die aus Alon Shvut. Vor 16 Jahren wurde das Karavanenviertel erschaffen. Wie? Ganz einfach, zuerst gab es nur an die 5 Wohncontainer, sie wurden entlang der Traktorspuren platziert, der hierher hochgefahren ist, um Platz zu räumen. So wurde die Lage von den Karavanen heute bestimmt, entlang einer Traktorspur.“
Im Laufe der Zeit wurden es dann mehr Familien, und mehr Container, aber bis zu einer geregelten Infrastruktur musste es noch dauern. „Nur ungefähr 3 Jahre nach dem Entstehen der Ansiedlung wurde uns eine asphaltierte Straße gegönnt. Es ist alles sehr träge und lahm, was Wohnentwicklung angeht“, beklagt Dorit. „Der Strom ist hier auf schlechtem Stand, es gab jahrelang immer wiederkehrende Stromausfälle, kaputte Kühlschränke, eine Zeit lang wurde uns nicht gestattet, Klimaanlagen einzubauen, da diese eine zu große Belastung für das schwache Stromnetz bedeuten würden.“ Viele würden sich über die der Gegend typische starke Kälte beschweren, da das schwache Baumaterial der Wohncontainer nicht in der Lage ist, vor ihr zu isolieren.
„Als wir hierhin gekommen sind, war hier pure Natur, viele Farben. Jetzt, im Zuge der Erweiterungen, vergeht das ein wenig, schade“, meint Dorit. Sie und ihr Mann Shmuel leben hier mit ihren 10 Kindern, sie arbeitet als Sportlehrerin in der Gegend, und ihr Mann ist Baumeister, auch in seiner Privatzeit, in der er schon mehrere Jahre lang an einem Steinhaus hier im Viertel arbeitet, welches den Karavan komplett ersetzen soll.
„Es sind hier einige Familien, die schon seit Beginn hier ansässig sind, wir gelten als Alteingesessene.“ Sollte aber die Genehmigung für die Stadterweiterung auf den Hügel bei der Verwaltung von Alon Shvut ankommen, wird ihr und den Nachbarn dieser Status nicht unbedingt weiterhelfen. „Wir lieben diesen Ort. Viele hier leben hier und können nirgendwo anders hin, und sie wollen es auch nicht. Es gibt hier einige Familien, aus Indien, oder Peru, sie sind fleißig, sie verlangen nicht viel, sie würden gerne einen festen Wohnsitz hier bauen, aber sie haben kein Geld für ein ganzes Grundstück, oder ein Haus. Wir auch nicht. Die Verwaltung kann uns als Alteingesessene, die den Ort praktisch für sie „gehalten“ haben, nicht ignorieren, und wird uns als Erste einen Grundstückskauf vorschlagen; aber wenn wir nicht zahlen können, werden wir wahrscheinlich gezwungen werden, zu gehen.“
Es ist durchaus keine verschworene Gemeinschaft, wie es vielleicht ausschaut, zwischen den „Siedlern“ des Karavanenviertels und der lokalen Verwaltung. „Wirtschaftliche Interessen sind hier am Werk. Die Verwaltung hat durch uns eine Einnahme von tausenden von Shekeln. Wenn hier die Stadt offiziell weitergebaut wird, werden die Karavane und alle Bauten abgerissen; es wird sicherlich eine Art Luxusviertel entstehen, mit großen Gärten und Villen. Die Verwaltung hat kein allzu großes Interesse an den Wohncontainern, denn die Einnahmen bei einer städtischen Erweiterung werden viel höher ausfallen. Dabei sind wir doch nicht Araber, die sich hier ausbreiten und den Platz einnehmen wollen, wir sind ihre Brüder, wir sind Juden“, kommentiert Dorit mit Bitterkeit in der Stimme.Sie hat noch viel mehr Kritik für die offiziellen Stellen übrig, aber sie meint auch: „Es gibt hier auch solche, die mir nicht zustimmen werden, die sagen werden, ‚Dorit, beschwere dich nicht so viel, schau, was schon gemacht worden ist'“. Dennoch sagt sie: „Ich liebe diesen Ort.“