NEWS: Wisset, dass ihr beim Juden kauft

Laut diesem Online-Magazin, welches die Updates hinsichtlich der Beschlüsse der EU und ihrer Körperschaften verfolgt und wiedergibt, sollen voraussichtlich ab Dezember 2015 die Waren aus Israel in 4 Kategorien unterteilt und gekennzeichnet werden. Da wären also die israelischen Produkte (Israel), die Produkte aus den Golanhöhen (israelische Siedlungsware), Produkte aus der Westbank (israelische Siedlungsware), Produkte aus der Westbank (palästinensische Produkte). Gestern stimmten 525 Abgeordnete des Europaparlaments mit 70 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen für eine solche Kennzeichnung von Produkten ab. Der Vermerk „hergestellt in Israel“ soll, so ließ beispielsweise Mitgliedsstaat Großbritannien in 2009 wissen, gesetzeswidrig sein.

In 2014 wurde eine offizielle „Empfehlung“ seitens des Mitgliedsstaates Belgien veröffentlicht, mit klaren Richtlinien, wie die besagte Kennzeichnung ablaufen soll, für welche Waren sie verpflichtend und für welche nicht wäre. Die obige Darstellung entspricht der Empfehlung Belgiens von 2014, die entgültige Version steht noch aus – die Abstimmung zur Legalisierung der Kennzeichnung ist erst gestern, 10.09.15, im Europaparlament durchgeführt worden.

Auch im besagten Artikel und weiteren Quellen verweisen EU-Diplomaten darauf, dass die Kennzeichnung entsprechend älterer EU-Richtlinien stattfinden soll und eigentlich längst überfällig gewesen wäre (ein solches Gesetz mache die Kennzeichnung wohl schon vor 15 Jahren verbindlich). Die offizielle Linie, so eine namenlose Quelle, die im Artikel zitiert wird, ist, die Kennzeichnung nicht an die „große Glocke“ hängen zu lassen und es vielmehr als bürokratische Angelegenheit wirken zu lassen, die ein überfälliges Gesetz geltend macht. „Die israelischen Diplomaten und die Presse schossen sich selbst ins Knie, als sie es als ‚EU-Sanktionen‘ darstellten und somit eine Debate um Israels Legitimität hochkochen ließen“, sagte diese Quelle.

Bisher äußerten sich noch wenige Politiker zur Entscheidung, darunter wie erwartet PM Binyamin Netanyahu, der unter anderem das Folgende verlauten ließ: „Die Wurzeln des Konflikts sind nicht die („besetzten“) Gebiete, und die Wurzeln des Konflikts sind nicht die Siedlungen. Wir haben eine historisch bedingte Erinnerung daran, was passierte, als Europa jüdische Produkte zu kennzeichnen begann.“

„Es riecht nach Boykott“, kommentierte die stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotovely die Entscheidung am Donnerstag.

Im Zuge der Ankündigungen bezüglich der Kennzeichnung israelischer Produkte, beschloss der Besitzer der Weinkelterei „Bazelet“  aus den Golanhöhen, dessen Weine demnächst offenbar unter „Produkte aus israelischen Siedlungen in den Golanhöhen“ nach Europa geliefert werden, seine Korken mit einem deutlich erkennbaren Symbol der Israelflagge zu versehen. An die 4000 solcher Flaschen wurden vor Kurzem ins Ausland importiert. Yoav Levy, der Inhaber der Weinkelterei, äußerte sich gegenüber Israel National News, er habe keine Angst vor wirtschaftlichen Schlägen. „Wir verkaufen den Wein in Israel, Europa, den USA und im Fernost. Ich bin stolz auf unsere Flagge und daher habe ich sie auf den Korken gesetzt. Wer nicht will, der wird nicht kaufen. Es ist Zeit, mit der Rechtfertigung und der Eigenscham aufzuhören und Flagge zu zeigen. Wo ist unser jüdischer Stolz? Das ist ein Teil unserer persönlichen Katastrophe, einer nationalen Katastrophe.“  „Je mehr wir uns stolz und selbstbewusst zeigen, desto weniger wird man uns mit Füßen treten“, behauptete er.

(Quellen: EU Observer, Foreign Economy Belgium, Times of Israel, INN, Der Spiegel)


 

Was ich persönlich davon halte? Nun, sollte ich gebeten werden, einen Beweis für den steigenden ethischen Verfall der Europäischen Union als Institution und ihrer Gremien zu erbringen, würde die „plichtbewusste Kennzeichnung“ israelischer Produkte einen meiner ersten darstellen. Die feige Weg-Interpretation der Pranger-Kennzeichnung als „bürokratischen Vorgang“, „Gesetzesanwendung“ und die scheinbare „Unabhängigkeit der Entscheidung von Zeit und politischen Entwicklungen“, so wie die offizielle Linie der EU es in ihren zahlreichen Statements behauptet, verstärkt nur noch die Widerlichkeit des eindeutigen Vorgehens. Versteckt die deutliche Linie hinter politischen Euphemismen und einem Hauch von „Legitimität“, gerade genug, um es in die Schlagzeilen zu machen und die israelischen Proteste übertrieben wirken zu lassen, und gerade so viel, dass es von den Befürwortern als „lange erwartete Entscheidung“ gelobt werden kann. Erklärt israelische Produkte für „vogelfrei“, und wirft nicht nur israelische Händler, sondern auch ihre arabisch-palästinensischen Mitarbeiter in den „besetzten palästinensischen Territorien“ (offizieller Wortlaut) dem politisch hirngewaschenen und ignoranten europäischen Massenkonsumenten vor. Die dramatischen Vergleiche mit dem Dritten Reich, welche sich nicht nur aufdrängen, sondern auch Schlagzeilen nach sich ziehen, und mit welchen Netanyahu jetzt hausieren geht, werden nicht viel bringen. Gut für die Schlagzeilen, weckte es kein Interesse und keine Gemütsänderung im Europäischen Parliament. Für die 525 Abgeordneten, die mit eienr überwiegenden Mehrheit für diese Entscheidung gestimmt haben, wird die Nazi-Zeit auch in der Zukunft kein Argument mehr sein. Netanyahu ist wie immer zu spät, und zu irrelevant in dieser Frage. Wenn gebündelte moralische Verrohung um sich greift, dann wird das letzte, das diese Verrohung aufhalten kann, ein moralischer Appell sein.

Was für praktische Folgen aus dieser Avantüre erwachsen? Das kann ich nicht einschätzen, und auch kaum eine seriöse Quelle. Der Marktanteil an „Siedlerexporten“, so EU Observer (s.oben) soll 230 Mio. € im Jahr betragen. Sollte die Kennzeichnung eine tatsächliche Boykottwelle hervorrufen, werden sich die israelischen Händler umstellen müssen, ggf. auf einen anderen Markt wie etwa den fernöstlichen. Was aus den arabisch-palästinensischen Arbeitern wird, deren einzige Einkommensquelle solche Betriebe sind? Es scheint die EU nicht groß zu kümmern, denn das ist ja nicht etwas, was direkten Schaden für Israel verursachen wird. Das werden die Betroffenen selber ausbaden müssen, im Namen von Gesetz und Gerechtigkeit à la EU. Wahrscheinlich erneut mit israelischer Unterstützung.

16 Kommentare zu „NEWS: Wisset, dass ihr beim Juden kauft“

  1. „Wenn gebündelte moralische Verrohung um sich greift, dann wird das letzte, das diese Verrohung aufhalten kann, ein moralischer Appell sein.“
    Welch ein brillianter Satz!
    Tiefgängig, scharf und komplett zutreffend formuliert.

    Die Entscheidung der EU israelische Produkte unter „Spezialaufsicht“ zu stellen ist nichts weiter oder weniger, als eine ablehnende Haltung gegen den jüdischen Staat. Das „Wohl der Palästinenser“ als vermeintliche Begründung solcher Entscheidungsfindung nichts weiter als ein Mantel von Gaukelei.
    Die getroffene Entscheidung selbst belegt das!
    Und soviel mehr Ignoranz und Kaltherzigkeit der selben EU-Entscheidungsträger gegenüber dem Schicksal sovieler Araber außerhalb israelischem Staatsgebiets.

    Yoav Levy äußert sich unter anderem so?
    „Es ist Zeit, mit der Rechtfertigung und der Eigenscham aufzuhören und Flagge zu zeigen.“
    Das ist genau richtig! Und soll so sein!

    Wenn ich nur könnte, ich würde alles alleine nur aus erez Yisroel kaufen!
    Mag etwas borniert klingen, vielleicht ist’s nur dumpfe Dickköpfigkeit.
    Nu! 😀

    Weil’s mein erster Eintrag hier ist:
    Danke, und alles Gute Dir Chana, viel Erfolg und Freude, mit dem Blog und überhaupt! Shana towa umetuka!
    A.mOr.

    (Und weil’s hier gerade erschallt, Kismet!

    Hope you like it.)

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  2. Sehen Sie es bitte so, beste Chaya: Diese EU dort wird in nächster Zeit hoffentlich sehr viele neue Menschen bekommen, die sich dann weniger von israelischen Produkten provoziert fühlen müssen. Gerade diese über 100.000 sogenannten Palestinenser, die ihre Reise mit unzähligen Anderen dort hin angetreten haben sollen, werden sich dort sehr heimisch fühlen und gut einfügen, wenn EU nicht mehr so viel aus Israel verkauft und den Boycott, angestiftet von den bekannten antisemitischen Lobbyvereinen, umsetzt. Es gibt interessantere Märkte als diese zerfallende Gesellschaft dort. tizku l`shanim raboth, Chaya!

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    1. Warum dieser Tiefschlag, friedly fire?
      Damit hast Du mir persönlich sehr weh getan!

      Du kannst doch nicht alle über einen Kamm scheren, das mache
      ich bei Euch doch auch nicht!

      Schadenfreude ist die beste Freude ich weiß. Und wir haben es
      auch verdient, dass man uns die Pest an den Hals wünscht.

      Und ja, wir sind eine zerfallene Gesellschaft, meinst Du, dass
      ich darüber glücklich bin? Ich könnte schreien, aber es hört
      mich niemand…

      https://www.youtube.com/watch?v=b1Uy_j-6FiQ .

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  3. Heplev,

    Millionen Nordzyprioten, Russen, Iraner oder Kubaner würden Dir zustimmen: Sanktionen und Embargos treffen meistens auch die Falschen. In diesem konkreten Fall sind die Auswirkungen vermutlich überschaubar, wie Chaya schon sagte.

    Israel steht es natürlich jederzeit frei die betroffenen Fabriken und Anbauflächen unter palästinensische Verwaltung stellen. Die Siedlungs-Produkte aus der Westbank würden dann zollfrei nach Europa exportiert, da PA und EU Freihandelsabkommen abgeschlossen haben. Israel hat ein ähnliches Abkommen, die Zollbefreiung für israelische Waren gilt aber – natürlich – nur für Produkte aus dem international anerkannten Staatsgebiet innerhalb der Grünen Linie.

    Übrigens: Ich verstehe nicht so recht, wieso Ihr aus der deutschen Pro-Erez-Israel-Bewegung „Palästinenser“ in Anführungszeichen schreibt. Ich glaube, Ihr wollt damit sagen, dass es eigentlich keine Palästinenser geben sollte. Wäre es nicht konsequenter und zutreffender, die nicht-jüdische Bevölkerung von Judäa und Samaria als israelische Araber zu bezeichnen? Israelische Araber eben, die bislang noch keine israelische Staatsbürgerschaft haben?

    Nur mal so als Anregung.

    Frohes Neues Jahr!

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    1. Warum sollte Israel seine Fabriken, Anbauflächen etc. unter palästinensische Verwaltung stellen, Ludwig? Mit welcher Logik meinst du, dass ein Staat das von ihm verwaltete Gebiet und die von ihm besessene Wirtschaft an ein anderes (noch nicht einmal faktisch existentes), zudem auch noch feindliches Staatswesen abgeben sollte? Von welcher Grundlage gehst du bei dieser Argumentationsweise aus – dass das Gebiet von Anfang an schon den Palästinensern gehört? Sehe ich das richtig?
      Wieso dann nicht den Jordaniern israelische Fabriken abgeben? Immerhin war es der letzte Staat, der über dieses Gebiet vor Israel verfügt hatte. – Ach nein, Jordanien hat sich ja in den 80ern von diesem Gebiet losgesagt. Logo, dann geben wir es doch einfach mal denen, denen es niemals gehört hat! Ganz ehrlich, wenn man sich aussuchen sollte, wem die Fabriken und Anbauflächen lieber abgegeben werden sollten, würden wir uns wahrscheinlich lieber für die Inder oder die Chinesen entscheiden.

      Und jetzt wären wir wieder bei Anführungszeichen angekommen. Das alte Problem. Warum „wir aus der deutschen Pro-Eretz-Israel-Bewegung“ (gibt’s eine solche? Ich würde gerne beitreten 😉 ) die Palästinenser in Anführungszeichen setzen? Nein, nicht, weil es sie nicht geben sollte, sondern, weil es sie nicht gibt. Es existiert kein „palästinensisches Volk“, es existiert auch kein „Staat Palästina“. Der Begriff „Palästinenser“ wurde 1968 von Arafat eingeführt. Die UNO eignete sich diesen Begriff in 1974 an. Bisher – in jeder Resolution, in jeder Akte – wurde von „Arabern aus Palästina“ gesprochen. Und damit waren die dortigen Araber gemeint. Denn „Araber“ ist ein nationaler Begriff. In den 20er Jahren des 20.Jahrhunderts wurde die nationale arabische Bewegung zur Befreiung Britisch-Palästinas (eines geografischen, keines nationalen Gebiets) von den Juden gegründet. Keine „palästinensisch-nationale“ Bewegung.

      In dem Sinne ist eine Politisierung eines ursprünglich falschen Begriffes entstanden („Palästinenser“), hat von 1968 bis 2015 ungeheure Ausmaße angenommen, bis hin zu einer staatlichen Anerkennung eines „palästinensischen Volkes“ von offiziellen Organen und erst recht der Medien.
      Daher ist tatsächlich die Bezeichnung „Araber“ viel zutreffender. Israelische Araber sind sie nicht, denn sie haben keine Staatsbürgerschaft. Um sie von anderen Arabern auf der Arabischen Halbinsel zu unterscheiden, nenne auch ich sie je nach Kontext „palästinensische“ Araber, aber ich gebe zu, dass auch durch die innerisraelische Verwendung dieses Begriffes seine Legitimität noch weiter gestärkt und vorangetrieben wird.
      Leider.
      Gruss Chaya

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      1. Hallo Chaya,

        Die Anführungszeichen bei der deutschen Pro-Erez-Israel-Bewegung habe ich nur gesetzt, weil ich den Begriff so noch nie gelesen hatte. Wenn Du willst, lasse ich sie weg. Aus meiner Sicht bist Du das, was Du tust …

        Was die Erfindung der palästinensischen Nation betrifft, gebe ich Dir mit Blick auf die Vergangenheit insgesamt Recht. Hätten sich die Dinge ab Mitte der 80er Jahre deutlich anders entwickelt, gäbe es heute möglicherweise keine Palästinenser.

        Schaue ich in die Gegenwart und die Zukunft finde das jedoch irrelevant, denn seither ist ungeheuer viel passiert. Es gibt mittlerweile eine palästinensische Nation, einfach indem sich Millionen Menschen selbst als Palästinenser identifiziert und eine Handlungseinheit gebildet haben, die sich nicht mehr weg argumentieren lässt.

        Ähnlich unsinnig fände ich es, wenn mir jemand sagt, ich sei hier und heute kein Deutscher, weil sich die Deutschen in der Vergangenheit als Nation selbst erfunden haben. Du wärst vermutlich irritiert, wenn jemand behauptet, du seiest eine Russin jüdischen Glaubens, die in der israelischen Diaspora lebt. In etwa so wirkt es auf mich, wenn Ihr Palästinenser in Anführungszeichen setzt.

        Aber mal angenommen, es gelänge Euch alle Palästinenser davon zu überzeigen, dass sie schlicht und einfach Araber aus Erez Israel sind. Welche bessere Zukunft für Israel wollt Ihr damit gewinnen?

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      2. Zur Frage, als Erstes: Die Entfernung jeglicher argumentativen Grundlage für einen „palästinensischen“ Staat auf jüdischem/israelischem Boden. Für diesen gab es, gibt es und wird es keine Legitimation geben.
        Alles andere sollte sich in Taten, und weniger in Worten äußern.

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  4. Chaya,

    Für Dich, für „Euch Siedler“, sind Erez Israel und der Staat Israel deckungsgleich, zumindest wenn ich das richtig verstanden habe.

    Für mich, für „Uns in Europa“, endet Israel als ziviles Staatswesen an der Grünen Linie. Das dürfte keine Neuigkeit sein. Diese schon seit 1967 bestehende Rechtslage wendet die Europäische Union nun an, und sorgt dafür, dass Waren mit aus europäischer Sicht zutreffenden Ursprungsbezeichnungen ausgezeichnet werden müssen.

    Was die Resolution vom Donnerstag betrifft, so ist diese Maßnahme Punkt 9 auf einer Liste von 22, mit denen das Europäische Parlament der „EU-Außenministerin“ Federica Mogherini das Mandat gibt, einen politischen Prozess zwischen Israelis, Palästinensern und der arabischen Welt wiederzubeleben und die Zwei-Staaten-Lösung weiter auf der Agenda zu halten.

    Ganz unabhängig davon, wie man einzelne Ziele und Maßnahmen Europas beurteilten möchte, lohnt es sich, die Resolution des Europäischen Parlaments als Gesamtpaket zu betrachten, weil sich darin der Willen von über 500 Millionen Europäern ausdrückt:

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. September 2015 zur Rolle der EU im Nahost-Friedensprozess

    http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2015-0318+0+DOC+XML+V0//DE

    Mir scheint, dass die EU seit etwa einem Jahr mit einer neuen „Politik der Differenzierung“ experimentiert. Europa beginnt also geltendes europäisches Recht anzuwenden, um den demokratischen Staat Israel innerhalb der Grünen Linie und die israelischen Siedlungsgebiete außerhalb des international anerkannten Staatsgebietes voneinander zu trennen.

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    1. Hallo Ludwig,
      Verzeihung, dass ich schon vorher nicht zur Antwort gekommen bin. Gleich zur Sache also.

      Ich glaube, der Unterschied zwischen uns beiden und unseren Meinungen spiegelt sich recht gut wieder in der Setzung von Anführungszeichen. Dass „wir Siedler“ Eretz Israel und Staat Israel als deckungsgleich betrachten, stimmt ansatzweise – idealerweise würden wir es so sehen, leider wissen wir ganz genau, dass es rechtstechnisch (noch) nicht so ist.
      Was „euch in Europa“ angeht, so seid ihr weit entfernt von einer homogenen Masse. Allerdings hängen viele, die deiner Meinung sind, denselben falschen Ansichten nach wie du: Dass die „Grüne Linie“ eine Art Grenze darstellt. Das tut sie nämlich absolut nicht, und wurde weder in 1967, noch in den Oslo-Verträgen 1994 noch irgendwann später als solche festgelegt. Es gibt also keine festgelegte Grenze von Israel (oder gar von einem „palästinensischen Staat“). Die Zivilverwaltung von Israel erstreckt sich auf jeden Israeli, der in von Israel verwalteten Gebieten lebt. Dass für die dort ansässigen Palästinenser sowie für die Grundstücke keine zivile Verwaltung gilt, nimmt den von ansässigen Israelis, ihren Fabriken und Produkten nicht ihre „Israelität“, und macht sie nicht zu einer externen Produktion eines anderen Staatswesens. Das Gebiet als solches gehört keinem regulären Staatswesen, sondern darauf leben lediglich die eine oder andere Staatsbürgerschaft besitzende Einwohner. Die Produktion der dort anwesenden Fabriken ist israelisch, die Rechtsbehörde, unter welcher sie steht, ist israelisch, die Abgabesteuern gehen an Israel. Um welche Kennzeichnung geht es also der EU? Um Kennzeichnung entsprechend dem israelischen Militärstrafrecht?

      Und seit wann interessiert sich die EU für Niemandsland?
      Seit es ihre offene Unterstützung von Palästinensern, ihrer Politik, ihrer Absichten und ihrer Projekte zeigt, und hingegen ihre Abneigung gegen die israelische Staatslinie offenlegt.
      Worin zeigt sich das?
      In der Finanzierung „palästinenser-freundlicher“ Projekte und den Summen in Höhe von Millionen, welche diese in „Erhaltung des palästinensischen Erbes“ steckt – so beispielsweise in die Restaurierung eines Hammams in der Alquds-Universität in der Jerusalemer Altstadt.
      In der Finanzierung und offener Unterstützung gesetzeswidriger Bauten auf israelischem Territorium, unter der Behauptung, damit palästinensische Infrastruktur auszubauen. Auf israelischem C-Gebiet, völlig illegal. Siehe dazu Berichte „EU Bauten werden abgerissen“ und „Die Tagesschau hat wieder zugeschlagen“ in Sussia.
      In der Kundgebung von Entscheidungen, Aktionsvorschlägen und Resolutionen gegen Israel, wobei Israel ein Land ist, das niemals ein EU-Mitglied war und ist, und sich daher weder an diese Resolutionen zu halten verpflichtet ist, noch es einen erdenklichen Grund gibt, weshalb sich die EU eine solche dauerhafte Aufmerksamkeit für Israel leisten sollte, im Vergleich zu anderen Staaten außerhalb des EU-Bundes.
      In der offenen Unterstützung der exklusiven Machenschaften seitens der palästinensischen Vertreter – so die Anerkennung eines gebiets- und grenzlosen „Staates“ Palästina durch einige ihrer Mitglieder, die Entscheidung von 10 EU-Mitgliedern für eine palästinensische Flagge vor dem UN-Hauptquartier – erneut, für die Repräsentanz eines Staates ohne Staat, ohne Rechtsbasis, ohne Gebiet, mit einer terroristischen Aktivität unter der Bevölkerung und einer offenen Rechnung im Friedensprozess.
      Und desweiteren mehr, über die Jahre hinweg.

      Und jetzt kommt die EU, die „Repträsentanz von 500 Millionen EU-Bürgern“, wie du sie nennst (seit wann repräsentieren Politiker und ihre Leitlinien eine solche Anzahl von ihnen gänzlich fremden Menschen? Oder war das für die „offizielle Wortwahl“? Wenn dem tatsächlich so wäre, dann hätte unser Land noch weitere 500 Millionen Feinde mehr), und legt sich eine „Politik der Differenzierung“ zurecht? Wieso beginnt Europa mit einem Mal, geltendes europäisches Recht anzuwenden? Wo war es denn vorher? Wieso ist Europa so starr daran interessiert, obwohl ihr die Konsequenzen recht bekannt sein sollten? Und ich rede nicht von den Konsequenzen für jüdische Fabrikinhaber – diese stehen an unterster Stelle der EU-Tagesordnung, wenn überhaupt, sondern von den selbigen so hochgeschätzten Palästinensern, die zu Tausenden bei den „jüdischen Kolonialisten“ beschäftigt werden. Ist der EU nicht bekannt, dass diese Kennzeichnung, die offenbar lange genug „vergessen worden ist“, und jetzt mit einem Mal mit Schwung aus der Kiste gezaubert wird, für diese Beschäftigten enorme Konsequenzen haben wird? Oder ist das auch der Preis der „Differenzierung“? Was will die EU mit der „Differenzierung“ erreichen?

      Und wieso, frage ich, nimmt sich die EU heraus, diese Angelegenheit auf Platz 9!!! ihrer Tagesordnung zu stellen? Sollte sie sich nicht der Armut in Rumänien annehmen? Der Verfolgung von den Roma? Der Armut in Albanien? Den Flüchtlingen in Ungarn und Bulgarien? Dem Antisemitismus in den britischen Universitäten? Der Gewalt auf Pariser Straßen? Der Gewalt gegen Juden in Belgien? Den von den Spaniern besetzten und unterdrückten Basken? Der Aufarbeitung der inneren Struktur von Kosovo? Der Rückkehr der IS-Terroristen ins europäische Gebiet? Der illegalen Besetzung von Zypern durch die Türkei? Der Flüchtlingskrise in der Ukraine? Der Flüchtlingskrise im Mittelmeer? Dem Frauenschmuggel aus osteuropäischen Ländern? Den Waffenabkommen mit der USA? Und schließlich und endlich, der Lösung der Syrien-Krise und der Eliminierung des IS, den Hauptbestandteilen des wahren Nahostkonflikts?

      Auch wenn wir nicht über die Ziele und Maßnahmen Europas sprechen wollen, ist es dennoch zur besseren Betrachtung dieser neuen EU Initiative lohnenswert, auch diese Dinge in Betracht zu ziehen. Denn sie sind auch Teil des „Gesamtpaketes“.
      Ihre „vermittelnde Rolle“ kann sich die EU, eine in sich zusammenfallende, desorganisierte, unsolidarische Vereinigung mit eindeutigen politischen Leitlinien und deren Ausführungen durch teilweise rechtlich fragwürdige Mittel sparen. Ihre moralische Unzulänglichkeit hat die EU allein in diesem Jahr hinreichend bewiesen. Zudem sollte es klar sein, dass bei Beziehungen zwischen Staaten und Vereinigungen es längst nicht um ethische Ansichten und Werte geht – sondern einzig und allein um Interessen.
      In dem Sinne wäre meine oder Netanyahus offizielle „moralische“ Erwartungshaltung an die EU – wie im Text stehend – ein Fehler.
      Aber auch jegliche Unterstützung oder Behauptung deinerseits, die EU führe moralisch begründete Handlungen Israel oder den Nahostkonflikt betreffen aus – eine absolute Falschaussage.

      Gruss
      Chaya

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      1. Hallo Chaya,

        Danke für die umfangreichen Antworten. Du hast Recht, zu vielen moralischen Fragen würden wir uns kaum einigen können, da unsere Sichtweisen und Wertehierarchien zu unterschiedlich sind. Ein Blick darauf was die EU ist und welche Interessen Europa verfolgt bringt uns, finde ich, eher weiter.

        Die Europäische Union ist den „Vereinigten Staaten von Europa“ viel ähnlicher, als Du vielleicht glaubst: Die Bevölkerung Europas hat letztes Jahr die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zum achten Mal direkt gewählt, die meisten Abgeordneten gehören der Europäischen Volkspartei an. Deren Spitzenkandidat Jean-Claude Junker wurde daraufhin Regierungschef bzw. Präsident der EU-Kommission und Frederica Mongheni „Außenministerin“. Der EU-Ministerrat entspricht in etwa dem deutschen Bundesrat, allerdings mit deutlich mehr Befugnissen. Darüber steht der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs, dessen Autorität ungefähr der des französischen Präsidenten entspricht. Demnach spricht das Europaparlament genauso für 500 Millionen Europäer, wie das indische Unterhaus für 1,2 Milliarden Inder und die Knesset für 8 Millionen Israelis spricht.

        Europas Interessen würde ich so skizzieren: Wir wollen nicht, dass in unserer Nachbarschaft eine weitere Ethnokratie entsteht und wir finden, es gibt schon genug gescheiterte multi-nationalen Staaten im Nahen Osten. In den letzten 10 Jahren haben Israel und seine Nachbarn vier Kriege geführt. Im Augenblick ist unklar, ob der nächste Krieg – diesmal zwischen Bürgen und Nicht-Bürgern („Intifada“) – bereits begonnen hat. Das gefährdet Europas Sicherheitsinteressen im östlichen Mittelmeerraum. Was Europa hingegen interessiert, ist eine engere Zusammenarbeit der westlich orientierten Staaten im unserer Nachbarschaft, die sich leider seit Jahrzehnten am Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern entzweien. Zudem wollen wir die wirtschaftlichen und kulturellen Bindungen zwischen Europa und Gush Dan, der „Republik Tel Aviv“ oder wie auch immer Du den an der Globalisierung beteiligten Teil Israels nennen möchtest, stärken.

        Zur Verwirklichung dieser Interessen sind ein jüdischer und ein palästinensischer Staat die beste und überzeugendste Lösung, die wir kennen. Andererseits sehen wir keine Anzeichen dafür, dass Juden und Palästinenser es schaffen, friedlich und gleichberechtigt einen gemeinsamen bi-nationalen Staat zu gestalten. Das israelische Siedlungsprojekt, speziell jenseits des Sicherheitszaunes, scheint uns auf einen Staat hinauszulaufen in dem jüdische Vollbürger auf Dauer und mit Gewalt über mehr oder weniger rechtlose palästinensische Untertanen herrschen, was nicht in unserem Interesse ist.

        In den letzten knapp 10 Jahren hat der Dialog zwischen Europa und Israel kaum etwas bewirkt, um diese Ziele zu erreichen. Wenn Sprache als Medium zur Kommunikation versagt hat, sind Sanktionen die nächst-beste Option. Die politische Entscheidung das national-religiöse Siedlungsprojekt zu sanktionieren wurde meinem Eindruck nach Ende letzten Jahres vom EU-Ministerrat getroffen.

        Ich sehe einige Gemeinsamkeiten zwischen den Siedlungsgebieten jenseits der Grünen Linie und der Republik Nordzypern, die von Europa auch nicht anerkannt wird. Dabei sind die Siedlungen deutlich besser gestellt als Nordzypern. Dort gibt seit über 40 Jahren ein Handelsembargo, bei den Siedlungsgebieten geht es nur um korrekte Ursprungsbezeichnungen – bislang zumindest. „Differenzierung“ bedeutet dabei auch, dass Europa seine Beziehungen zum globalen und demokratischen Israel innerhalb der Grünen Linie zum gegenseitigen Nutzen weiter entwickeln kann.

        Voraussichtlich bleibt dieses Thema weiterhin wichtig, daher finde ich es hilfreich hier unterschiedliche Perspektiven nebeneinander zu stellen.

        Grüße

        Ludwig

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      2. Hallo miteinander 🙂

        Zu dem was Ludwig gerade über die EU als „Vereinigte Staaten von Europa“ (Zitat) schreibt muß ich dringend etwas anmerken:
        Der Idee „Vereinigte Staaten von Europa“ ist die EU völlig unähnlich, sowohl ihrem Wesen als auch ihrer Realität nach. Glaubt es mir, ich wohne dort und merke das deutlich.
        Es zeigt sich schon an der erwähnten letzten Wahl: die hat mir einen sehr „schönen“ (Ironie) bin-ich-im-falschen-Film-Moment beschert, als ich in den Nachrichten nach (!) dieser Wahl gehört habe, auch Merkel wolle sich nun für eine Ernennung Junckers einsetzen. Moment! Einsetzen? Ernennung? Haben wir nicht gerade ebendarüber gewählt??
        Haben wir nicht. Die Stimme eines einzigen, von einer Regierung entsandten Komissars zählt mehr als alle Wahlen. Und an diesem völlig undemokratischen Punkt wird es noch viel „besser“ (Verzweiflung): Vor einigen Jahren sollte das durch eine EU-Verfassung viel demokratischer und repräsentativer werden, das Parlament vom schicken Accessoire zu echter Entscheidungsgewalt kommen – und dann wird über eine Verfassung abgestimmt in der Themen geregelt sind wie (for crying out loud) der Krümmungsradius von Bananen (!) und die man in dieser Form nur ablehnen konnte. Ganz untypisch für die EU ist als das tatsächlich passierte dort nicht solange immer wieder abgestimmt worden bis das gewünschte Ergebnis vorlag.
        Gepaart mit der Tendenz der EU besser wissen zu wollen für diejenigen die hier wohnen als diese selbst (Glühbirnen, Duschköpfe, Olivenölkännchen, …) und solange die Supernanny zu geben bis hoffentlich alle hier so werden wie die EU-Offiziellen es als „alternativlos“ (Dauer-PR) erachten – würde ich sagen die Idee hinter der EU ist eher eine „Union der Vereinigten Europäischen Republiken“ (politische Ansicht). Und spricht definitiv nicht für 500 Millionen Europäer in einer Weise die mit gutem Willen als legitimiert betrachtet werden kann.
        Und hier wundert es mich immer daß all diejenigen die bei TTIP genau vor dem Angst haben das die EU (wirtschaftlich betrachtet) schon ist: Freihandelszone und Zusammenschluss – die EU so sehr gutfinden. Und gleichzeitig „stirbt der Euro, stirbt Europa“ und „stoppt TTIP“ (beides Zitate) behaupten.
        Aber dann wird das hier zum Roman, wenn ich an der Stelle weiterschimpfe 🙂
        Wird ähnlich sein wie die Paarung „kein Mensch ist illegal“ und „illegale Siedler“, nichtwahr? 😉

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