Laubhütte von ‚Siedlern‘ besuchen ist strafbar

Wie im vorherigen Beitrag erwähnt, wollte ich, zwar anderthalb Wochen nach dem Ereignis selbst, aber dennoch auf etwas eingehen, was in meiner Nachbarortschaft, der Großsiedlung Efrat, stattgefunden hat. Ich rede hierbei über den Besuch von etwa einer dutzend palästinensischer Araber aus den umgebenden

Arabische Dorfeinwohner und Soldaten umarmt - ein seltener Anblick. Quelle: Facebook, Oded Revivi
Arabische Dorfeinwohner und Soldaten umarmt – ein seltener Anblick. Quelle: Facebook, Oded Revivi

arabischen Dörfern und Ortschaften in der Laubhütte  – Sukka – des Bürgermeisters von Efrat, Oded Revivi. 

Oded Revivi ist in Judäa und Samaria berühmt – und bei manchen berüchtigt – als der wohl offenste Bürgermeister und Berzirksvorsitzende einer Siedlung, der öffentlich von aktiver Zusammenarbeit zwischen Juden und Arabern in Judäa und Samaria spricht und diese auch rege vorantreibt, und zwar auf verschiedenen Kooperationsebenen mit den umliegenden arabischen Einwohnern.

Oded Revivi.
Oded Revivi.

Revivi, Jahrgang 1969, ist seit 2008 der Vorsitzende der Bezirksverwaltung Efrat – somit ihr Bürgermeister. Seit Sommer 2008 wurde er zum Verantwortlichen für die Außenpräsentation bzw. äußere Angelegenheiten der Regionalverwaltung von Judäa und Samaria gewählt. Unter seiner Leitung wurde die Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher, sicherheitstechnischer und auch gesellschaftlicher Ebene mit den lokalen arabischen Dorfvorstehern ausgebaut. Unter seiner Schirmherrschaft fanden und finden  interreligiöse Gesprächstreffen in Efrat statt, das bekannteste aus letzter Zeit mit einigen arabischen Rednern zum Verhältnis zwischen Juden und Arabern in Gush Etzion.

Nicht allen gefällt es, nicht alle in Efrat wünschen sich spürbaren Kontakt mit der arabischen Umgebung; nicht alle sehen nachhaltigen Effekt in den Bemühungen Oded Revivis um lokalen Frieden. Revivi macht munter weiter, und weiß auch, wie man das Ganze an den Mann, sprich, an die Presse bringt, und tatsächlich schaut es aus, als gelangten seine Initiativen mehr ans Licht der Öffentlichkeit.

Zurück zum Thema: Am 19. Oktober, inmitten des Laubhüttenfestes, begrüßte Oded Revivi in seiner großen Sukka etwa ein dutzend arabische Besucher, Gemeindevorsteher und

Wo liegen Wadi Niss, El Khader und Efrat?
Wo liegen Wadi Niss, El Khader und Efrat?

Bekannte, aus den Ortschaften rund um Efrat – Wadi Niss, El Khader bei Bethlehem und anderen. Parallel dazu nahmen am Treffen auch hochrangige Offiziere und Polizeibeamte teil, wie der Polizeichef der

Quelle: Facebook Oded Revivi
Quelle: Facebook Oded Revivi

Judäa und Samaria-Abteilung und der Oberkommandant der Etzion-Brigade. Das Treffen wurde weit und breit dokumentiert, nicht zuletzt von Journalisten der Washington Post. Bilder vom Treffen zeigen ein frohes Miteinander von Arabern und Juden in zivil neben

israelischen Armee- und Polizeiangehörigen. Unter den Fotos findet man Selfies und Umarmungen zwischen arabischen Gästen und Offizieren, Reden werden gehalten, es wird gegessen und getrunken.  „Jeder machte Fotos“, erklärt die

Quelle: Facebook Oded Revivi
Quelle: Facebook Oded Revivi

Washington Post in einem ihrer Artikel zum Thema.

Den Berichten zufolge, wurden bei dem Treffen auch alltagsrelevante Themen angesprochen und nicht nur freundliche Reden gehalten. So wird der Einwohner von El Khader, Ali Musa, zitiert, wie er die IDF-Angehörige auf ein Tor hinweist, das die Einfahrt in seine Ortschaft blockiert, und darum bittet, dieses zu

Quelle: Facebook Oded Revivi
Quelle: Facebook Oded Revivi

entfernen. Auch ein weiterer Kommentar von ihm bekommt Aufmerksamkeit, bezogen auf die für die Einfahrt in die A-Gebiete charakteristischen roten Schilder, welche auf „Lebensgefahr“ und gesetzliches Verbot für Israelis hinweisen und sie davon abhalten sollen, diese Gebiete zu besuchen. „Dieses rassistische Schild? Es ist unerhört, es sollte entfernt werden; es hindert unsere jüdischen Freunde daran, uns zu besuchen“, wird Musa in Washington Post zitiert.

Noman Othman aus Wadi Niss wurde zitiert, dass er keine Probleme mit der Existenz von Efrat als solche habe: „Es sind ihre Häuser, sie haben sie mit ihrem Geld gekauft, wir sollten kein Problem mit ihnen haben, wenn es Frieden gibt“. Ein weiterer Gast aus Wadi Niss bezeichnete sich selbst und seine Mitbewohner als Teil der Gemeinschaft von Efrat. Auch die Familie von Lama, repräsentiert durch den Großvater Muhammad Mahmud Mussa, nahm am Treffen teil; das Mädchen war vor etwa einem Monat versehentlich von einem Einwohner von Efrat überfahren worden. Seitdem  wurden an der Abbiegung Rüttelschwellen befestigt, Oded Revivi selbst und andere Einwohner statteten der Familie einen Beileidsbesuch ab.

Wie schon erwähnt, wurden viele Fotos getätigt und auf mehreren Nachrichten wurde über das fast schon „historische“ Treffen berichtet.

Das Ganze bekam erst einen Haken, nachdem die Zusammenkunft beendet worden war.

Vier der arabischen Anwesenden wurden nämlich nach der Bekanntmachung der Fotos von den Sicherheitskräften der Palästinensischen Autonomiebehörde verhaftet und für etwa fünf Tage festgehalten unter der Beschuldigung, mit dem „Feind“ zu kollaborieren.

Fünf Tage lang wurden sie, alle Einwohner des Dorfes Wadi Niss, festgehalten und verhört. Oded Revivi schrieb in einer darauffolgenden Kolumne, er hätte durch seine Verbindungen „Himmel und Erde“ in Bewegung gesetzt, um diese aus der Haft herauszubekommen. Einige der Verwandten der Inhaftierten bezeichneten die Zusammenkunft als „Falle“, die der adrette Bürgermeister für seine Public Relations missbraucht habe. Allerdings kann kaum davon die Rede sein, da die Anwesenden sich die Freiheit genommen haben, sich in jeder Form gemeinsam ablichten und interviewen zu lassen; dass die Präsenz von Fotoapparaten und Journalisten zu einer Veröffentlichung des aufgenommenen Materials führen würde, sollte jedem klar sein.

Die Washington Post berichtete in zwei Artikeln darüber, wobei sich der erste noch schwer damit tat, dass die, so der Journalist William Booth, etwa 30 „Siedler“ und Sicherheitskräfte teilweise bewaffnet kamen. Was auch immer er damit beanstanden wollte, ist mir nicht klar, denn die Offiziere und Polizeibeamten kamen in Uniform, da

Quelle: Facebook Oded Revivi
Quelle: Facebook Oded Revivi

wäre eine Waffe wohl zu erwarten; ebenso können Einwohner von Judäa und Samaria einen Waffenschein beantragen; „verwerflich“ kann es nur aus der westlichen Perspektive erscheinen, die in einer Waffe lediglich negative Zusammenhänge sieht und damit auch das übliche Stigma des „radikalen Siedlers“ speist.

Was die Verhaftung anging, so stellten es verschiedene Interessensgruppen verschieden dar: So wurde die Verhaftung einerseits als Gewaltakt gegen das friedlichen Miteinander von Juden und Arabern dargestellt; von palästinensischer Seite aus wurde das Beisammensein mit Armeeangehörigen angeprangert, welches im Gegenteil zum Treffen zwischen Nachbarn als das wahre Problem angesehen wird und die „Besatzung“ damit als legitim erscheinen lässt. Wie schon erwähnt, äußerten sich einige Verwandte der Inhaftierten negativ im Bezug auf die Veröffentlichung der Fotos. Einer meiner Bekannten aus Betlehem bezeichnete die anwesenden Araber als „Idioten“, weil sie sich ohne weiter nachzudenken mit Offizieren in Uniform ablichten ließen – genau das hätte die Palästinensische Autonomiebehörde auf sie gehetzt.

Die vier Einwohner von Wadi Niss sind mittlerweile zuhause angekommen; welchen Eindruck die Verhaftung auf sie hinterlassen hat, weiß man nicht. Werden sie andere dazu ermuntern, sich trotz Widerstand „gegen den Strom“ zu stellen, oder werden sie davon abraten? Die Zeit wird es zeigen.

Oded Revivi schrieb in einer Kolumne in der Wochenzeitung „Makor Rishon“ vom 28.10.16:

„Durch den Druck von Radikalen sind heute direkte Gespräche zwischen Palästinensern und Israelis zu einer Rarität geworden. Gesprächsrunden im Beisein von Generälen, Polizeioffizieren und  palästinensischen Gemeindevorstehern sind noch wesentlich seltener anzutreffen. und es gibt fast keine Nachweise für den Besuch von Palästinensern in unseren Siedlungen. Es ist unsere Pflicht, mit aller Macht solche Gespräche zu initiieren, denn die Lösungen werden sich nur über Gespräche unter Nachbarn  finden lassen.“  

Man kann nur hoffen, dass Oded es das nächste Mal schafft, seinen arabischen Gästen die PA vom Leib zu halten, denn wer wohl am Wenigsten als geeigneter Partner für einen zukünftigen Frieden gelten kann, ist diese infame Institution.

 

7 Kommentare zu „Laubhütte von ‚Siedlern‘ besuchen ist strafbar“

  1. An diesem Ereignis wird wieder einmal deutlich, dass es den Muslimen laut Koran untersagt ist, sich mit Juden an einen Tisch zu setzen.

    Also: Am Ende läuft die Geschichte der Menschheit darauf hinaus, welche der beiden Religionen sich auf alleinige Wahrheit über den einzig einen Gott als ihr Fundament berufen darf. Jeder Versuch, eine Lösung für den Nahostkonflikt durch Aussparung der Religionen herbei führen zu können, wird scheitern. Es wird noch eine Zeit dauern, bis die ach so kluge westliche Welt dies begreifen wird.

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    1. Hallo Gottfried, du liegst da leider falsch, es hatte in diesem Fall nichts mit dem Koran zu tun, sondern mit politischen Zusammenhaengen.

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      1. Davon bin ich noch nicht ganz überzeugt; denn die Politik der PLO-Leute, auch wenn sie sich als unreligiös geben, ist doch, zumindest unterschwellig, mitbestimmt vom Islam als einer politischen Kraft.

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      2. In diesem Fall geht es um die Stellung von bestimmten Leuten gegenüber der „feindlichen Besatzungsmacht“, es ist eine Frage von Betrug oder Treue und Ehre, es ist in diesem Falle nicht auf die Religion zurückzuführen. Zumindest nicht die Tatsache der Festnahme.

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    2. Hallo Gottfried Palm,
      auch wenn Chaya recht hat, dass dieser Fall keinen religiösen sondern einen politischen Hintergrund hat, bin ich der Meinung, dass es sich bei dem Krieg der Araber (Moslems) gegen Israel (Juden) um einen Religionskrieg handelt. Meine Meinung begründe ich mit dem Inhalt der Charta der Hamas, insbesondere Artikel 7.

      Herzlich, Paul

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  2. Das sind sehr wertvolle Informationen. Das Bemühen um Frieden an der Basis ist in Deutschland so gut (schlecht) wie unbekannt.

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