Yehuda will nach Hause – aber darf nicht?

Das größte und erfolgreichste Projekt in der Geschichte der israelischen Projekt- und Spendensammelseite Headstart.co.il (inspiriert von einer ähnlichen Webseite in den USA, Kickstarter), welches erst am Donnerstag, dem 02.Juni ’16, ins Leben gerufen wurde, hat schon sein mehreren Tagen seine erste Zielsumme überschritten – 600.000 Shekel – und eigentlich hat es auch mehrere hunderttausend Shekel mehr als die zweite Zielsumme, die diesem gesetzt wurde, eingesammelt – alles in allem 1,528,601 Millionen Shekel.

Dutzende von Medien und tausende Posts in sozialen Netzwerken berichteten auf Hebräisch und Englisch über das Projekt und priesen die Großzügigkeit und überwältigenden Einsatz für einen für die meisten Spender komplett fremden Menschen – Yehuda Yitzhak Hayisraeli.

Die Kampagne, ins Leben gerufen am besagten 02.06. 2016 von der Non-Profit-Organisation „My Israel“ (manche mögen ihre Aktivitäten auf Facebook verfolgt oder einige Posts gesehen haben), entstand für einen noblen Zweck; gleichzeitig offenbarte sie ganz Israel, durch die überwältigende Teilnahme und die Berichterstattung in der zumeist neutralen bis kritischen Presse, die aber auch bei diesem Fall nicht gleichgültig bleiben konnte, die menschenunwürdige und gar entsetzende Haltung, welche die staatlichen Organe gegenüber denen pflegen, die für sie in den Krieg und in den Tod ziehen. Beispielsweise dann, wenn diese an einem Ort wohnen, deren Bewohner für politische Spielereien ausgenutzt werden können, wann immer es den Politikern beliebt. Alle Bürger sind gleich vor dem Gesetz, aber manche sind eben weniger gleich, mögen sie noch so sehr ihr Leben aufs Spiel setzen.

Zu den Fakten.

Wer ist Yehuda Yitzhak Hayisraeli?
Yehuda, Rivka und die kleine Tzuria (Quelle: BInyamin Council)
Yehuda, Rivka und die kleine Tzuria (Quelle: Binyamin Council)

Yehuda ist ein junger Mann, 24 , Ehemann von Rivka (23), Vater von zwei kleinen Kindern – Tzuriá und Érez. Geboren in der Siedlung Psagot (Binyamin-Region), wuchs er mit seinen Eltern in der Ortschaft Ofra (ebenso Binyamin) auf. Als er und Rivka heirateten, da waren beide Anfang 20, sie zogen um nach Tel Aviv, wo die Eltern seiner Ehefrau wohnten. Im Herbst 2012, im Rahmen seines religiösen Studiums kombiniert mit dem Armeedienst, wurde Yehuda in den Wehrdienst eingezogen. Anstatt nah am Wohnort zu dienen, was er als verheirateter Mann hätte verlangen können, entschied er sich, in eine Kampfeinheit einzutreten (bei den GIvati-Einheiten), zog die Examen durch und wurde angenommen.

„Er ist ein Mensch, dem das jüdische Volk wichtig gewesen ist. Das Geben war ihm wichtig“, beschrieb ihn sein Vater (Israel Hayom, 27.03.15).

Der Einsatz und die Folgen

Im Juli 2014 begann die Militäroperation „Fels in der Brandung“, im Anschluss an die Entführung der drei Jugendlichen Eyal, Gil-ad und Naftali einen Monat zuvor. Verschiedene Einheiten der IDF marschierten im Laufe der Operation in den Gazastreifen ein, um Terroristenzellen zu neutralisieren und die erst seit Neuestem bekannt gewordenen Terrortunnel, welche aus dem Streifen ins Kernland Israel führten, ausfindig zu machen. Yehuda, der sich gerade in einem Offizierskurs befand, war gerade für einen kurzen Urlaub daheim, aber konnte angesichts der Kriegshandlungen nicht stillsitzen, so berichtete seine Frau Rivka im Nachhinein; er wollte zusammen mit den anderen Kameraden sein. Rivka befand sich gerade im 9.Monat, ließ ihren Mann aber zur Front. Am 1.August, einige Tage später, wurde der Verdacht auf Entführung eines der Soldaten öffentlich gemacht, und Yehuda und weitere Soldaten der Spezialeinheit wurden in den Gazastreifen, nahe der Stadt Rafiah, geschickt, um den Entführten aufzuspüren.

Während ihres Vormarsches in einem Trainingslager der Hamas gerieten sie ins Kreuzfeuer einer technischen Einheit der Armee, welche die Gebäude auf dem Weg zu sprengen hatte, um den Vormarsch zu garantieren. Yehuda wurde von einem Raketensplitter in den Kopf getroffen. Lebensgefährlich verletzt, wurde er ins Soroka-Krankenhaus in Be’er Shewa transportiert, im Laufe des Tages und der Nacht mehrfach operiert, ins Koma versetzt. Tag und Nacht wachten Familie und Freunde. Sein Zustand veränderte sich – verschlimmerte sich, verbesserte sich wieder, Yehuda verblieb im Koma. Zwei Monate lag er in der Notaufnahme, überlebte fünf Kopfoperationen. Laut Sara Ha’etzni-Cohen, der Direktorin der NGO „My Israel“, musste etwa ein Drittel seines Schädels, der irreparabel beschädigt worden war, entfernt werden.

„Wir wissen, dass er hört und fühlt“

Nur wenige Wochen nach der schicksalsträchtigen Verletzung, am 21.August, wurde Yehudas zweites Kind geboren, fünf Tage vor dem offiziellen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas. Am 28.August wurde die traditionelle Beschneidungszeremonie abgehalten – im Krankenhaus, im Korridor neben Yehudas Krankenzimmer. Der Komapatient sollte, so möglich es nur war, bei der Beschneidung und Namensgebung seines Sohnes dabei sein. Das Krankenpersonal, welches sehr eng mit der Familie Hayisraeli zusammenstand, organisierte die Zeremonie. Der Sohn wurde Érez benannt – auf Hebräisch Zeder. Auf den Namen hatten sich Yehuda und seine Frau noch vor seinem Einsatz geeinigt.

Rivka  brachte das Mädchen, Tzuria, die damals noch keine zwei Jahre war, erst einige Monate nach Yehudas Verletzung zum Vater, als er ins Rehabilitationszentrum Shiba (Tel Hashomer Hospital,

Rivka Hayisraeli. Quelle: Israel Hayom
Rivka Hayisraeli. Quelle: Israel Hayom

nahe Tel Aviv) überführt worden war. Sie hatte Angst vor der Reaktion des Kindes auf den durch die Verletzung und die Kabel kaum erkennbaren Vater . Entgegen ihrer Sorgen, so berichtete sie in einem Interview (Israel Hayom), reagierte das Kind ganz normal und zeigte keine Berührungsängste. Auch den kleinen Sohn brachte Rivka von da an ans Krankenbett, nahe zum Vater, damit dieser sich an den Geruch gewöhnen konnte.

„Wir wissen, dass er hört und fühlt, er ist einfach gefangen in sich selbst und kann nicht reagieren.“ (Rivka)

Iris und David Hayisraeli. Quelle: Israel Hayom
Iris und David Hayisraeli am Bett von Yehuda. Quelle: Israel Hayom

Die Eltern, Iris und David, hatten außer des Kummers um den Sohn noch mit vielen weiteren Sorgen zu kämpfen – der weitesgehend als müßig und träge bekannten Bürokratie der israelischen Armee und weiterer offizieller Stellen. „Wir haben gute Menschen gefunden, die uns so gut es geht helfen wollen. (…) Sie waren bereit, Ausnahmebitten zu akzeptieren, um es uns zu erleichtern. Sie bezahlen uns die Anwesenheit in den Gästezimmern am Shabbat, ein behindertengerechtes Auto, das ihm zustehen sollte, lieferten sie mir an seiner statt, unterstützen uns mit dem Kindergartengelt für Tzuria und Erez, und uns begleitet auch eine Sozialarbeiterin“, berichtete David Hayisraeli im selben Interview in 2015. Und dennoch: Das Bürokratierad drehte sich langsam, und die Folgen der politischen Kräftemessungen und Launen blieben auch Yehuda und seiner Familie nicht erspart.

Behindertengerecht? Nicht für Siedler

Ein Jahr nach seiner Hospitalisierung begann Yehuda, Handbewegungen zu zeigen und damit auf Ja-und-Nein-Fragen zu antworten. Im Oktober 2015 schließlich begann er, die ersten Worte zu sagen. Seine Genesung ging voran, in sehr langsamen Schritten, aber ein Horizont wurde endlich sichtbar. Im Frühjahr wurde eine weitere wichtige Operation an ihm durchgeführt, und die Rehabilitation hatte eine Phase erreicht, bei welcher Hayisraeli in das Haus seiner Eltern in Ofra überführt werden durfte, um dort, in familiärer Umgebung, weiter behandelt zu werden. Die täglichen Fahren der Familie ins Krankenhaus, die Übernachtungen in den Hotelzimmern und die andauernde Hospitalisierung durfte endlich zu ihrem Ende kommen, fast zwei Jahre hatte diese angedauert.

Um das Haus seiner Eltern behindertengerecht umgestalten zu können, müssten einige Dinge angepasst werden – eine

Haus der Familie Hayisraeli. Quelle: Channel 10
Haus der Familie Hayisraeli. Quelle: Channel 10

Einfahrtsrampe zum Haus, eine besonders eingerichtete Wohneinheit, ein Behindertenaufzug und anderes mehr. Da Ofra eine Siedlung ist, eine vom Staat seit Jahrzehnten anerkannte, aber ihre Bewohner – israelische Staatsbürger – dennoch zunächst einmal dem Militärgesetz in den Gebieten von Judäa und Samaria unterliegen, mussten für das neue Zimmer und die zusätzlichen Erweiterungen für den Sohn seitens der Familie über das Verteidigungsministerium beantragt werden.

Hier liegt Ofra.
Hier liegt Ofra.

Das Verteidigungsministerium, speziell die Abteilung für im Kampf verletzte und als körperlich oder geistig behindert eingestufte Soldaten, ist dafür verantwortlich, das Geld und die entsprechenden Anpassungen bereitzustellen, um dem betreffenden Soldaten ihm gerecht werdende und würdige Lebensumstände zu ermöglichen, welche eine weitere Rehabilitation fördern können. Nach knapp zwei Jahren Krankenhausaufenthalt und schwieriger Behandlungsprozesse, inklusive mehrerer schwerwiegender Operationen, ist Yehuda endlich soweit, ein Leben im Haus seiner Eltern neu aufnehmen zu können.

Aber dieses Recht scheint nicht für „Siedlersoldaten“ zu gelten. Denn das Verteidigungsministerium, trotz aller eingereichten Formulare und des geltenden Rechts für verletzte Soldaten, weigert sich, den Ausbau eines solchen Raumes sowie weiterer Bauanpassungen für Yehuda stattzugeben. Denn für die Siedlung Ofra gilt ein Baustopp. Es wird nicht gebaut. Auch keine Rampe, kein Behindertenaufzug, erst recht kein zusätzliches Zimmer. „Siedlungsbau ist eingefroren“, heißt dieser Zustand normalerweise in den regulären Berichten der deutschen und internationalen Medien. So lauten auch immer wieder die Forderungen sämtlicher internationaler Regierungen. Diese fragen niemals nach, wer von einer solchen „Einfrierung“ betroffen sein könnte, wem sie tatsächlich nutzen oder gar schaden könnte.

In diesem Fall betraf sie Yehuda. Darüber berichteten die Nachrichten des Channel 10 und 2 – und so besagt ein offizielles Schreiben des Verteidigungsministeriums vom 24.05.2016:

Offizielles Schreiben des Verteidigungsministeriums, 24.05.16. Quelle: Akiva Lamm
Offizielles Schreiben des Verteidigungsministeriums, 24.05.16. Quelle: Akiva Lamm

 

„An Yehuda Hayisraeli (über seine Vormünde):

Bezüglich der Anfrage um finanzielle Unterstützung für die Errichtung einer Wohneinheit nahe des Elternhauses: Es ist entschieden worden, dass es keinen Anlass gibt, zu dieser Zeit über die Anfrage zu entschceiden, solange es keine Baugenehmigung gibt, daher wird die Besprechung der Anfrage auf ein Weiteres verlegt, bis eine Baugenehmigung vorliegt.“

Seine Eltern erzählen, dass wenn Yehuda in seinem Rollstuhl in das Haus der Familie gebracht werden soll, beispielsweise an den Wochenenden, so wird er einige Dutzend Stufen hoch ins Haus getragen. Soll ihm Physiotherapie verabreicht werden, so erzählt Mutter Iris für Channel 10, so muss er per Kran angehoben und auf den Tisch gelegt werden:

„Wir verlangen keine Paläste, wir verlangen elementäre Zustände, die ihm seine Würde erhalten und eine Rehabilitation ermöglichen können.“

„Wenn der Staat nicht sorgt, werden wir es tun“

Am 02.Juni 2016 eröffnete die Organisation „My Israel“ die Spendenkampagne zugunsten der behindertengerechten Anpassungen für Yehuda, nach Absprache mit der Familie. Die Initiatorin – Vorsitzende der Organisation, Sara Ha’etzni-Cohen. Die Kampagne startete unter dem Motto – „Wenn der Staat nicht für Yehuda sorgt, werden wir es tun.“ Nach knapp zwei Tagen erreichte die gesammelte Summe über 600.000 Shekel. Der Gesamtanbau würde sich auf 1,2 Millionen belaufen. Sprachlos von dem Erfolg, erhöhten „My Israel“ die Zielsumme auf die eigentliche Kostenanzahl. Am 05.Juni belief sich die Spendensumme auf über 1 Million. Am 07.Juni erlange sie schon über 1,500,000 Shekel. Über 8200 Spender engagierten sich, aus allen Landesteilen, aus allen Landesgruppen.

Einige Tage zuvor, am 05.Juni, interviewten die Reporter des Channel 2 die Initatorin, fragten sie nach den Rückmeldungen der Spender und brachten erneut die Rückmeldung des Verteidigungsministeriums, die wie folgt lautete:

Rückmeldung des Verteidigungsministeriums, 05.06.16 (Quelle: Channel 2)
Rückmeldung des Verteidigungsministeriums, 05.06.16 (Quelle: Channel 2)

„Zu unserem Leidwesen erfüllt die Familie die notwendigen Kriterien, die eine solche [finanzielle] Unterstützung ermöglichen, auch unter Ausnahme des gültigen Rechts. Zudem hatte die Abteilung für Rehabilitation der Familie verschiedene Lösungsmöglichkeiten für die gestellte Anfrage vorgeschlagen. Das Verteidigungsministerium sucht weiterhin nach Lösungen zusammen mit der Familie, um die Rehabilitation von Yehuda zu unterstützen.“

Bauarbeiten am Haus. Quelle: My Israel (FB)
Bauarbeiten am Haus. Quelle: My Israel (FB)

Am selben Tag begannen die Arbeiten am neuen Raum und der Rampe für Yehuda in seinem Heimatort Ofra. Wie ein Familienangehöriger in einem Interview erklärte, „wir werden trotzdem bauen“. Technisch ließ sich dies allerdings erst nach der Spendenaktion ermöglichen. NRG berichtete über den Beginn der Bauarbeiten und zitierte die stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotovely, welche sich darüber empörte, dass in keinem „ordentlich geführten Land ein Staat einen Soldaten, der für ihn gekämpft hat, zum Geldsammeln schickt, damit dieser in angemessenen Umständen nach Hause zurückkehren kann“. 

Man darf nicht vergessen, dass im Laufe des Monats Mai der damalige Verteidigungsminister Moshe Ya’alon sein Amt am 20.Mai aufkündigte. Am 30.Mai wurde der neue Minister, Avigdor Lieberman, welcher selbst in einer Siedlung, Nokdim (Gush Etzion) wohnhaft ist und für seinen rechtsorientierten politischen Kurs, allerdings auch für seine Launenhaftigkeit und politischen „Zigzag“ bekannt ist, vereidigt. Am 06.06. zitierte „My Israel“ den Tweet von Channel 2, der wiederum einen Tweet von Avigdor Lieberman selbst wiedergab:

Quelle: My Israel
Quelle: My Israel

„Das Verteidigungsministerium wird die Ausgaben für den Anpassungsbau von Yehuda Hayisraeli übernehmen.“

Ein weiteres Statement besagte, dass Verteidigungsminister Liebermann den Militärgouverneur von Judäa und Samaria angewiesen hatte, die Bauarbeiten an Hayisraelis Haus nicht zu unterbrechen.

Noch immer nichts

Nach diesen hoffnungsvollen Botschaften,  auf die Änderung eines Kurses seitens der Staatsorgane hindeuteten, erfolgte allerdings noch immer keine offizielle Wendung dieser an die Familie, geschweige denn eine finanzielle Unterstützung. Die Bauprozesse werden von den Spenden getragen, ebenso der Erwerb der Einrichtungen für die Physiotherapie. Eine Mitwirkung des Staates scheint nicht in Sicht.

Die Organisation „My Israel“ hat auf ihrer Facebookseite die neuesten Entwicklungen veröffentlicht und versichert, die gespendeten Gelder unter der Beaufsichtigung eines unabhängigen Gremiums entsprechend ihrem Zweck zu verwenden Bericht zu erstatten, und im Falle einer Finanzierung durch den Staat die Spender zu kontaktieren und ihr Einverständnis zur Verwendung einzuholen, oder aber die Summe zurückzuerstatten.

Yehuda Hayisraeli heute.  Quelle: Channel 10
Yehuda Hayisraeli heute.
Quelle: Channel 10

Die Familie hat darum gebeten, die Spenden einzustellen; noch immer sprachlos vom gewaltigen Einsatz der israelischen Öffentlichkeit für ihren Sohn, möchte sie jedoch von nun an das natürliche Recht verlangen, das Yehuda Hayisraeli zugesteht – angemessene Wohnverhältnisse für einen im Kampf lebensgefährlich verletzten israelischen Soldaten, einem israelischen Staatsbürger, dem Vater von zwei Kindern. Auch Yehuda selbst ist mittlerweile in der Lage, die Worte „Ich will nach Hause“ auszusprechen – mit Mühe, doch er kann das.

Aber die Frage bleibt – wenn das Haus umgebaut wird und Yehuda endlich einziehen darf , wird der israelische Staat ihm seine Rehabilitation legal ermöglichen können – oder wird Yehuda für den Staat Israel als „illegaler Siedler“ gelten?

 

 

 

(Quellen: Channel 2, NRG, Channel 10, Ynet, Israel Hayom)

 

9 Kommentare zu „Yehuda will nach Hause – aber darf nicht?“

  1. Hallo Chaya,

    Du hast eine Art Märtyrerlegende geschrieben. Die Moral Deiner Geschichte – „das Recht scheint nicht für „Siedlersoldaten“ zu gelten – kann ich mit etwas Mühe gedanklich nachvollziehen, während Dein Gedankengang zugleich vor meinen Augen zerfällt.

    Ich finde diese Geschichte ist zu vielschichtig für ein so eindeutiges Fazit:

    Beachtliche Teile von Orfa bestehen anscheinend aus Schwarzbauten, die auf Land stehen, dass jüdische Bürger palästinensischen Nichtbürgern abgenommen haben, aus Gebäuden für die Abbruchanordnungen gibt, die bislang nicht vollstreckt wurden. Orfa ist demnach nach geltendem israelischem Recht eine illegale Siedlung: https://en.wikipedia.org/wiki/Ofra#Status_under_Israeli_law

    Orfa liegt nordöstlich von Rhamallah. Wenn es israelisches Rechtsgebiet und damit Staatsgebiet sein sollte, weil dort Juden leben, dann wird irgendwann auch Rhamallah Teil Israels sein, weil dort palästinensische Israelis leben. Alternativ könnte sich Israel entscheiden, dass es nicht mehr Teil der demokratischen westlichen Welt sein will. Beide Entwicklungen bergen Risiken für den jüdischen Staat und die jüdische Nation. Um diese zu minimieren, gibt es aktuell den nicht erklärten Baustop in der Westbank sowie Militärherrschaft statt Annexion.

    Tzipi Hotovely und etliche andere nationalreligiöse Politiker sind Kabinettsmitglieder, die gleichzeitig manchmal wie Anhänger einer Fundamentalopposition auftreten. Das ist sehr ungewöhnlich für die Regierung eines „ordentlich geführten Landes“. Übersteigert ausgedrückt kämpfen manche Siedlerpolitiker gegen einen „hellenistischen“ säkularen Staat Israel, der die Nationalreligiösen anscheinend genauso verfolgt, wie viele Juden in der Diaspora verfolgt werden.

    Auch bei Dir Chaya sehe ich manchmal Ansätze für diesen eigentümlichen Perspektivwechsel: Erst argumentierst Du als jüdischen Nationalistin für den Staat Israel, dann wirst Du plötzlich zur Angehörigen einer von der israelischen Gesellschaft ausgegrenzten und von Staat latent verfolgten Minderheit.

    Das sind meine politischen Ansichten auf Deinen Post an denen sich die Moral Deiner Geschichte zerbricht.

    Daneben steht die persönliche Tragödie Yehudas, der von der IDF durch „freundliches Feuer“ kriegsversehrt wurde, bei der Anwendung des Hannibal-Protokolls, was ein an Grausamkeit kaum zu übertreffendes ethisch-militärisches Dilemma bedeutet.

    Und dann natürlich der Kampf der Familie und die überwältigende Hilfsbereitschaft der israelischen Gesellschaft, die eine Lösung für Yehuda und seine Familie gefunden hat. Eigentlich schade, dass meine Art von säkularem Protestantismus viel weniger Wert legt auf Spenden und gute Werke, als Juden, Moslems oder Katholiken es tun.

    Viele Grüße

    Ludwig

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    1. Hi Ludwig, die Geschichte hat viele Aspekte, weil solche Geschichten immer vielschichtig sind, wie es die Realitaet generells selbst ist; das muss ich dir sicher nicht erklaeren 😉 und daher sollte es nicht verwundern. Einen Teil kann man akzeptieren, sich um den anderen streiten – alles ganz normal.
      Was Ofra-Status angeht, da wuerde ich mich nicht auf Wikipedia verlassen, um Gottes willen. Wenn, wuerde ich nachfragen bei Stellen, die sich dabei besser auskennen. Der Baustopp gilt nicht wegen „Landraub“, sondern wegen politischer Spielereien mit dem Gesetz und ausserhalb des Gesetzes. In J&S gelten verschiedene Arten von Land; jedes Fleck Land hat einen anderen Status. „Palaestinensischen Buergern“ gehoert es schon erst einmal gar nicht – dafuer muesste es erst einen palaestinensischen Staat geben. Das Einzige, was es hierbei gibt, ist Privatland – von Individuen. Und auch ohne Wikipedia aufzumachen, weiss ich, dass dort keine Militaerrecht- oder Landvermessungsexperten incl.Dokumentenordner gesessen haben, um den Artikel zu verfassen.

      Was den Antagonismus zwischen Unterstuetzung des Staates und das Gefuehl einer „Minderheit“ angeht, es ist einer – es ist ein tatsaechliches Dilemma vieler Menschen gerade in Israel und gerade deshalb wenig verstaendlich von anderen, die nicjt dieselbe Einstellung zu Land und Staat teilen. Viele Gruppierungen koennen das im Laufe der Jahre von sich behaupten – einerseits lieben und unterstuetzen sie den Staat, andererseits fuehlen sie sich von ihm (und allzu oft nachweisbar) verraten, enttaeuscht etc.

      Hier spielen auch die Medienkonzerne eine grosse Rolle und ihre persoenliche Politikmache innerhalb der Gesellschaft, welche vor allem in den letzten Jahrzehnten deutlicher zu Tage tritt bzw.mehr wahrgenommen wird als zuvor, u.a.dank der sozialen Medien.

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  2. Yehuda Hayisraeli ist eine wahre Kämpfernatur!
    Er hat im Kampf für Israel fast sein Leben verloren und er
    nahm auch den Kampf gegen den Tod auf und hat ihn gewonnen!

    Was für ein tapferer Mann!

    Es ist eine Schande, wie die IDF sich ziert, diesem tapferen
    Mann zur Seite zu stehen, sie sollten sich schämen!
    So geht man nicht mit seinen Soldaten um!

    Israeli Commandos and Special Forces Tribute (BEST COMMANDOS IN THE WORLD)

    *

    Am yisrael chai

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    1. Da stoßen Stein auf Stein. Wenn man keinen gemeinsamen Diskussionshintergrund oder Plattform hat, sollte man nicht diskutieren… Lohnt sich nicht. Und „Am Israel Chai“ ist keine Parole, sondern eine Tatsache, und eine ganz und gar nicht religiöse, es heisst „Das jüdische Volk lebt“. Ist das etwa abzustreiten? Ich meine, nicht, aber du kannst es halten, wie du magst.

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    2. Ich diskutiere gerne mit dir Chaya,

      „Das jüdische Volk lebt“

      Wie du weißt sind meine Urgroßeltern alle Juden gewesen. Deutsche Juden, die christlich geheiratet haben. Mein Glück, denn sonst wäre ich wahrscheinlich nicht geboren worden, weil meine Vorfahren fast alle in der Gaskammer gelandet sind. Erkläre mir nochmal den Begriff „Volk“, ohne die Bibel bzw. die Thora zu bemühen.

      Korrekt muss es nämlich heißen: Das jüdisch-religiöse Volk bzw. das Judenvolk. Genau so wie das Christenvolk oder das Volk der Muslime.

      Religionsvölker ist aber nicht gleich zu setzen mit Staatsvolk. Ich verweise hier gerne wieder auf Rainer Schreiber „Religion, Volk, Identität?: Das Judentum in der Sackgasse des modernen Nationalismus“

      Volk wird aber leider zu sehr mit Ethnie in einen Topf geschmissen.

      Also: Erkläre mir den Begriff „jüdisches Volk“… Wir sind alle Kinder Abrahams… Ansonsten unterstelle ich die Blaupause der biologistischen von den Nazis missbrauchten Begriffs der Blutsverwandtschaft.

      Ich bitte um Aufklärung!!

      S. B.-H.

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      1. Erstens, mein Freund, sind wir nicht alle Kinder Abrahams, Unfug, wir sind alle Kinder Noahs und Adams. Außer Abraham gab es noch ganz viele Menschen. „Kinder Abrahams“ ist ein religiöses Verständnis und dieses streitest du doch ab, oder?

        Zweitens, ist der ethnische Zusammenhang zwischen Juden in verschiedenen Ländern schon seit Längerem bewiesen, unsere Ursprünge liegen im Mittleren Osten, wir sind ein nahöstliches Volk, welches sich einer Zerstreuung hat untergehen lassen müssen. Da kamen viele Ethnien zusammen, aber wir haben dennoch alle denselben Ursprung. Somit wärst auch du mit im Topf, mit deinen Judenvorfahren 😉
        Und drittens, „Christen“- und „Muslimenvolk“ hat hier absolut gar nichts zu tun. Weit verbreiteter Irrtum, aber Irrtum.

        Und die Blutsverwandschaft gab es schon vor den Nazis, dass sie es missbraucht haben, ist nicht mein Problem, sondern ihres.
        Gute Nacht.

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