Laut diesem Online-Magazin, welches die Updates hinsichtlich der Beschlüsse der EU und ihrer Körperschaften verfolgt und wiedergibt, sollen voraussichtlich ab Dezember 2015 die Waren aus Israel in 4 Kategorien unterteilt und gekennzeichnet werden. Da wären also die israelischen Produkte (Israel), die Produkte aus den Golanhöhen (israelische Siedlungsware), Produkte aus der Westbank (israelische Siedlungsware), Produkte aus der Westbank (palästinensische Produkte). Gestern stimmten 525 Abgeordnete des Europaparlaments mit 70 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen für eine solche Kennzeichnung von Produkten ab. Der Vermerk „hergestellt in Israel“ soll, so ließ beispielsweise Mitgliedsstaat Großbritannien in 2009 wissen, gesetzeswidrig sein.
In 2014 wurde eine offizielle „Empfehlung“ seitens des Mitgliedsstaates Belgien veröffentlicht, mit klaren Richtlinien, wie die besagte Kennzeichnung ablaufen soll, für welche Waren sie verpflichtend und für welche nicht wäre. Die obige Darstellung entspricht der Empfehlung Belgiens von 2014, die entgültige Version steht noch aus – die Abstimmung zur Legalisierung der Kennzeichnung ist erst gestern, 10.09.15, im Europaparlament durchgeführt worden.
Auch im besagten Artikel und weiteren Quellen verweisen EU-Diplomaten darauf, dass die Kennzeichnung entsprechend älterer EU-Richtlinien stattfinden soll und eigentlich längst überfällig gewesen wäre (ein solches Gesetz mache die Kennzeichnung wohl schon vor 15 Jahren verbindlich). Die offizielle Linie, so eine namenlose Quelle, die im Artikel zitiert wird, ist, die Kennzeichnung nicht an die „große Glocke“ hängen zu lassen und es vielmehr als bürokratische Angelegenheit wirken zu lassen, die ein überfälliges Gesetz geltend macht. „Die israelischen Diplomaten und die Presse schossen sich selbst ins Knie, als sie es als ‚EU-Sanktionen‘ darstellten und somit eine Debate um Israels Legitimität hochkochen ließen“, sagte diese Quelle.
Bisher äußerten sich noch wenige Politiker zur Entscheidung, darunter wie erwartet PM Binyamin Netanyahu, der unter anderem das Folgende verlauten ließ: „Die Wurzeln des Konflikts sind nicht die („besetzten“) Gebiete, und die Wurzeln des Konflikts sind nicht die Siedlungen. Wir haben eine historisch bedingte Erinnerung daran, was passierte, als Europa jüdische Produkte zu kennzeichnen begann.“
„Es riecht nach Boykott“, kommentierte die stellvertretende Außenministerin Tzipi Hotovely die Entscheidung am Donnerstag.
Im Zuge der Ankündigungen bezüglich der Kennzeichnung israelischer Produkte, beschloss der Besitzer der Weinkelterei „Bazelet“ aus den Golanhöhen, dessen Weine demnächst offenbar unter „Produkte aus israelischen Siedlungen in den Golanhöhen“ nach Europa geliefert werden, seine Korken mit einem deutlich erkennbaren Symbol der Israelflagge zu versehen. An die 4000 solcher Flaschen wurden vor Kurzem ins Ausland importiert. Yoav Levy, der Inhaber der Weinkelterei, äußerte sich gegenüber Israel National News, er habe keine Angst vor wirtschaftlichen Schlägen. „Wir verkaufen den Wein in Israel, Europa, den USA und im Fernost. Ich bin stolz auf unsere Flagge und daher habe ich sie auf den Korken gesetzt. Wer nicht will, der wird nicht kaufen. Es ist Zeit, mit der Rechtfertigung und der Eigenscham aufzuhören und Flagge zu zeigen. Wo ist unser jüdischer Stolz? Das ist ein Teil unserer persönlichen Katastrophe, einer nationalen Katastrophe.“ „Je mehr wir uns stolz und selbstbewusst zeigen, desto weniger wird man uns mit Füßen treten“, behauptete er.
(Quellen: EU Observer, Foreign Economy Belgium, Times of Israel, INN, Der Spiegel)
Was ich persönlich davon halte? Nun, sollte ich gebeten werden, einen Beweis für den steigenden ethischen Verfall der Europäischen Union als Institution und ihrer Gremien zu erbringen, würde die „plichtbewusste Kennzeichnung“ israelischer Produkte einen meiner ersten darstellen. Die feige Weg-Interpretation der Pranger-Kennzeichnung als „bürokratischen Vorgang“, „Gesetzesanwendung“ und die scheinbare „Unabhängigkeit der Entscheidung von Zeit und politischen Entwicklungen“, so wie die offizielle Linie der EU es in ihren zahlreichen Statements behauptet, verstärkt nur noch die Widerlichkeit des eindeutigen Vorgehens. Versteckt die deutliche Linie hinter politischen Euphemismen und einem Hauch von „Legitimität“, gerade genug, um es in die Schlagzeilen zu machen und die israelischen Proteste übertrieben wirken zu lassen, und gerade so viel, dass es von den Befürwortern als „lange erwartete Entscheidung“ gelobt werden kann. Erklärt israelische Produkte für „vogelfrei“, und wirft nicht nur israelische Händler, sondern auch ihre arabisch-palästinensischen Mitarbeiter in den „besetzten palästinensischen Territorien“ (offizieller Wortlaut) dem politisch hirngewaschenen und ignoranten europäischen Massenkonsumenten vor. Die dramatischen Vergleiche mit dem Dritten Reich, welche sich nicht nur aufdrängen, sondern auch Schlagzeilen nach sich ziehen, und mit welchen Netanyahu jetzt hausieren geht, werden nicht viel bringen. Gut für die Schlagzeilen, weckte es kein Interesse und keine Gemütsänderung im Europäischen Parliament. Für die 525 Abgeordneten, die mit eienr überwiegenden Mehrheit für diese Entscheidung gestimmt haben, wird die Nazi-Zeit auch in der Zukunft kein Argument mehr sein. Netanyahu ist wie immer zu spät, und zu irrelevant in dieser Frage. Wenn gebündelte moralische Verrohung um sich greift, dann wird das letzte, das diese Verrohung aufhalten kann, ein moralischer Appell sein.
Was für praktische Folgen aus dieser Avantüre erwachsen? Das kann ich nicht einschätzen, und auch kaum eine seriöse Quelle. Der Marktanteil an „Siedlerexporten“, so EU Observer (s.oben) soll 230 Mio. € im Jahr betragen. Sollte die Kennzeichnung eine tatsächliche Boykottwelle hervorrufen, werden sich die israelischen Händler umstellen müssen, ggf. auf einen anderen Markt wie etwa den fernöstlichen. Was aus den arabisch-palästinensischen Arbeitern wird, deren einzige Einkommensquelle solche Betriebe sind? Es scheint die EU nicht groß zu kümmern, denn das ist ja nicht etwas, was direkten Schaden für Israel verursachen wird. Das werden die Betroffenen selber ausbaden müssen, im Namen von Gesetz und Gerechtigkeit à la EU. Wahrscheinlich erneut mit israelischer Unterstützung.