Das andere Israel

„Nebel umhüllt die Berge. Mein Bus schlängelt sich die Straße hinauf. Ich wundere mich, wieso die Scheiben nicht gesichert sind. Es ist ein einfacher Linienbus auf seinem Weg durch Dörfer, Felder und Berge, übersät mit Steinen und Büschen, soweit das Auge reicht.  Er schaukelt auf und ab. Hier und da fährt er entlang einer grauen Mauer, aber sie wechselt schnell zu einen Drahtzaun. Die Straße wirkt einsam, aber gut befestigt. Bereit für den täglichen Verkehr. Die Straßenschilder sind dreisprachig, die Namen ähnlich und sind manchmal  bekannt. Oft hört man sie im Fernsehen oder kennt sie aus dem Geschichtsbuch: Jerusalem, Ramallah, Bet El, Itamar.

Vom Aussehen sind die meisten gleich – es gibt Siedlungen mit roten Dächern, weißen Fassaden, vielen Blumen und Bäumen. Andere haben flache, weiße Dächer, kaum Pflanzen, stattdessen aber Plantagen. Die Bauten sind klein. Es gibt keine großen Kreuzungen in dieser Gegend, keine Hochhäuser, keine Parkplätze, keine Neonreklame. Über den Häusern schwebt weißer Nebel und auf der Straße ist viel Staub. Manchmal tauchen Tiere auf oder vereinzelte Menschen im einem Garten oder Café.  Am Himmel – Stille. Es gibt wenig Verkehr, daher auch wenige Tankstellen. Sucht man nach etwas Typischem in dieser Gegend, so sind es Fahnen und Banner. Auch diese sind mehrfarbig und mehrsprachig. Die Fahnen gehören nicht ausländischen Botschaften, sondern den Völkern, die diese Gegend Haus an Haus und Hügel an Hügel bewohnen. Es sind nur zwei, und dennoch kommen sie nicht miteinander aus.

Wir sind im bergigen Hochland in Samaria, in Shomron, heute bekannt als die Westbank. Eine ferne Welt. Sie ist so anders als das, was man über sie hört und zu wissen meint. Es ist Freitag und in den jüdischen Siedlungen, auf den Hügeln verstreut, bereitet man sich auf Shabbat vor. Durch den Nebel ruft aus benachbarten Orten der Muezzin. Nach der Busfahrt steige ich an einem Armeestützpunkt in ein  Auto um. Nach kurzer Zeit, fährt es an einen Schlagbaum heran. Der Fahrer hebt die Hand. Wird durchgelassen. Die kleine Ansiedlung ist dürftig geschützt, im kleinen Häuschen sitzt ein junger Mann. Er winkt. Meine Freundin holt mich von der Einfahrt ab. „Menachem“, ruft sie dem Wächter zu, „komm zu uns am Abend.“ Die Straßen sind asphaltiert, aber am Rande wird gerade ein neuer Häuserblock errichtet und überall liegt weißer Staub: Schöne Häuser, aus weißem Marmorersatz. Neu. Solche, wie das Haus meiner Freunde, bestehen zum Teil noch aus Holz.

Wir gehen ins Haus. Eine bescheidene, sehr heimische Welt umfängt mich. Ich merke schnell – hier leben keine „Städter“. Die engen Zimmer, das zerrissene Sofa, die Holzschränke und der Gemüsegarten, sie lassen mich verschämt meinen Koffer in die Ecke drücken. Ich fühle mich, als hätte ich hoffnungslos Übergewicht bei mir, als wäre ich die Einzige, die an sinnloser Last hängt. Was hier zählt, ist Natur und Familie. Nein, sie leben nicht weltfern. Aber ihr Alltag ist viel einfacher und es macht ihnen nichts aus. Ich halte Ausschau nach typischer „Siedlerkleidung“- bunte Schals, Hosen und Kleider, Flickenmode und langes Haar. Diese Familie ist wohl kein typisches Beispiel, denke ich. Später am Abend erfahre ich, dass die Eltern unter den Ersten gewesen sind, die den Ort vor 20 Jahren gegründet haben. Sie kennen die Einwohnerzahlen, die Nachbarn, ihre Kinder und die Orte, an denen man gefahrlos spazieren kann. Sie arbeiten in der lokalen Yeshiva und in einer Schule einer benachbarten Siedlung. Viele im Ort sind Lehrer, Erzieher, Psychologen, Sozialarbeiter. Die Kinder ergreifen oft dieselben Berufe: religiöse Mädchen lernen Kinderbetreuung, Jungen werden manchmal Ärzte, manchmal Anwälte oder Lehrer. Die neue Generation entdeckt nach und nach neue Bereiche, wie Technik und

Siedlung Har Bracha auf dem Berg Garizim im Zentrum Samarias.  (Foto: Shomron Municipality)
Siedlung Har Bracha auf dem Berg Garizim im Zentrum Samarias.
(Foto: Shomron Municipality)

Gestaltung. Die Siedler, sie sind anders, sie haben keinen großen Gefallen am großen Geld und globalen Austausch: Es würde ihnen nicht helfen, die Kinder großzuziehen oder ihre Häuser gegen die Araber oder die Regierung zu verteidigen. Die Eltern sind Idealisten aus Lebenserfahrung. Die Kinder… wenn überhaupt Idealisten, dann aus Überzeugung oder Erziehung.  Schwer zu sagen, bei dieser neuen Generation. Meine Freundin gehört ihr auch an. Und auch ich. Und wir suchen uns noch, ob im Dorf oder in der Großstadt.

Shabbat hat begonnen. Diese Siedlung ist religiös, wie die meisten im Shomron. Nicht „charedisch“ – nationalreligiös. Wir beten, wir essen. Draußen ist es nicht kalt, nur sehr dunkel. Es werden buntgemischte Lieder gesungen: sefardische, ashkenasische und jemenitische. Auch die Siedlung ist nicht einseitig. Es gibt hier vielleicht nicht mehr als zweihundert Familien mit unterschiedlichen

"Juden vertreiben keine Juden." Aufkleber aus der zeit des Gaza-Rückzugs 2005
„Juden vertreiben keine Juden.“ Aufkleber aus der Zeit des Gaza-Rückzugs 2005

Traditionen, aber sie alle glauben an dasselbe Ideal – „Eretz Israel ist unser Land“. Nichts Neues, und dennoch  ist es schwer. Aufkleber, Plakate und Poster erinnern von Zeit zu Zeit an die Realität der Einwohner: „Juden vertreiben keine Juden“, „Keine Araber – keine Attentate“, „Sie wollen die Häuser abreißen – wehrt euch!“, aber es ist kein Gesprächsthema am Tisch. Menachem ist vorbeigekommen. Wer bewacht jetzt wohl die Einfahrt? Außer Armeefahrzeugen fährt hier kein Auto mehr herauf.

"Keine Araber - keine Attentate"
„Keine Araber – keine Attentate“

Die Siedlung  ist mit Laternen beleuchtet. Das Haus verstummt. Man liest ein Buch oder geht schlafen. Die Dörfer sind wie kleine Lichtinseln, für jeden deutlich zu sehen, in der Schwärze, in der die Berge Shomrons versinken.

Der Morgen bricht an. Warum erwarte ich heimlich, dass etwas geschieht? Ich verspäte mich zum Morgengebet. Noch immer ist es neblig, vielleicht ist es hier immer so. Das Gras ist nass vom Tau. Viele Kinderstimmen klingen in den Straßen. Die Synagogen sind voll. Daheim warten das Essen und die Lieder. Die Ruhe schläfert mich ein. Als die Nachbarn und Freunde vorbeikommen, verschwinde ich im Zimmer und lege mich schlafen. Neben mir schläft ein Baby, das die Attraktion des Tages gewesen ist. Seine Mutter, eine sehr junge Frau, sagte, sie könne es nicht erwarten, das Kind wachsen zu sehen. Der Vater wirkte noch jünger und trug schlabbrige Jeans. Sie ekelten sich noch immer vor dem Windelwechseln.

Sicht auf Shchem (Nablus), Nordteil.
Sicht auf Shchem (Nablus), Nordteil.

Ich reiße mich aus dem Schlaf. Zeit für einen Spaziergang. Bisher habe ich nur ein paar Straßen und die Aussicht vom Berg gesehen. Am Berghang stehen die Häuser von Nablus – Shchem, der berühmt-berüchtigten Stadt, verstreut in der Gegend. Sie wirken unbedeutend. Beim Spaziergang verstehe ich, wie klein die Siedlung wirklich ist. Auf einem Nachbarhügel stehen ein paar

Sicht auf Shchem (Nablus), zentraler Teil.
Sicht auf Shchem (Nablus), zentraler Teil.

Wohncontainer. „Man darf dort nicht bauen“, erklärt meine Freundin. Ich weiß nicht, wo man tatsächlich bauen darf. Fast jeder  jüdische Ort hier hat eine schwere Geburt hinter sich. Was mit einer Gruppe mutiger  und kompromissloser Israelis anfängt, die auf einem Hügel notdürftige Holzbauten oder Wohnwagen hinstellen, kann mit einem Überfall aus den umliegenden arabischen Dörfern oder den Baggern der Regierung enden, die dem Projekt ein Ende bereiten. Siedlungen kommen und gehen. Was im Fernsehen oft aussieht wie eine Ordnungswidrigkeit und politische Auseinandersetzung, ist an Ort und Stelle ein Kampf ums Überleben.

Der Abend kommt schnell und Shabbat ist nun vorbei. Es wird für mich Zeit, zu gehen. Ich muss ins Landeszentrum, zu Freunden, zur Arbeit, ich habe nichts mehr zu tun in Shomron. Ich würde es gern bereisen, bewandern, aber allein ist das wohl zu riskant. Die Idee kam mir spontan am Nachmittag. Ich helfe meinen Freunden bei einem technischen Problem. Sie können leider kein Englisch. Ich muss mit meinem Koffer weg und es gibt keinen Bus. Sie finden für mich eine Mitfahrgelegenheit. So fahren die Meisten hier in der Gegend. Ob das gefährlich ist? Ich frage nicht nach. Wieder ist es Nacht und ich umarme meine Freundin und danke allen. „Ich war still und habe kaum geredet, aber kommt nur daher, dass ich so viel zu lernen hatte. Ich habe wirklich viel gelernt. Es war schön. Todá.“

Im Auto zerquetscht mir mein Koffer die Beine. Die Mitfahrer sind südamerikanische Juden. Das Auto zerschneidet rasant die Dunkelheit. Wie die israelische Verwaltung doch gut vorgesorgt hat: Der Asphalt ist beleuchtet, die Straßen gut gebaut. Der Druck in den Ohren nimmt ab – wir fahren die Berge hinab. Eine Barriere nähert sich, ein „Checkpoint“. „Woher kommst du?“, fragt unser Fahrer eine hübsche Soldatin. Er will ihr einen Kaffee bestellen. Sie lässt uns lachend durch. Wir fahren weiter. Es dauert eine halbe Stunde, eine ganze Welt hinter sich zu lassen. Ich starre noch aus dem Fenster, da fragt mich der Fahrer: „Gleich musst du aussteigen, nicht wahr?“ Die Einfahrt nach Rosh Ha’ayin im Zentrum von Israel. Die Reise ist vorbei. Ich steige aus und sehe das altbekannte Flachland vor mir: Hochhäuser. Tankstellen. Busse. Verkehr. Bäume. Israel, wie man es kennt. Wie wir Neuen es kennen. So und nicht anders. Das andere Israel bleibt Augen und Köpfen verborgen. So verborgen und unerreichbar, dass sogar die Journalisten nicht wissen, worüber sie schreiben. Die jüdischen Siedler, – sie sind keine Erfindung von heute. Die ersten kamen in 1882*. Die anderen kämpften um  1948. Und die heutigen sind in den Bergen, die unsereiner nicht kennt, – und sie halten nichts von Israels Grenzen auf den Landkarten. Ich muss mich fragen: Wo lägen unsere heutigen Grenzen wohl ohne sie? … “


 

Der obige Text wurde von mir geschrieben und erschien in der Novemberausgabe 2011 Nr.69 der Jüdischen Zeitung, und ebenso in der Studentenzeitschrift „LEV“ 2011. 

Gemeint sind die ersten organisierten Einwanderungswellen nach Eretz Israel unter osmanischer Herrschaft. Nennenswerte jüdische Siedlungsversuche und auch Errungenschaften gab es durchgängig vermehrt im Zuge des  gesamten 19.Jahrhunderts. 

20 Kommentare zu „Das andere Israel“

  1. Es soll ja auch Nachkommen von Holocaustüberlebenden geben, die sich als Pazifisten verschrien haben. Die kommen bei der israelischen Politik nicht gut an und werden gerne als self-hatred-jews diffamiert, bis hin zum Einreiseverbot in ihre „Heimat“. Zu diesen gehört neben Noam Chomsky auch sein Schüler Norman Finkelstein, der sich in USA als Jude und Wissenschaftler schon eine, im übertragenden Sinne, recht blutige Nase geholt hat. Er wurde mehrere Male in seinem Leben mundtot gemacht… Man kann über ihn geteilter Meinung sein, aber rein analytisch ist er eine Koryphäe. Seine Gegner haben ihn dann auf übelste Weise kalt gestellt.

    LG

    S. B.-H.

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    1. Nachkommen von Holocaustueberlebenden sind ungefaehr die Haelfte des juedischen Volkes von heute, das macht sie nicht zu etwas Besonderem. Noam Chomsky, Norman Finkelstein, Shlomo Zand, Evelyn Hecht-Galinski, Felicia Langer, Amira Hess, Moshe Zimmermann, Uri Avnery, Gideon Levy, wobei die drei letzteren noch in der unteren Liga spielen im Vergleich zu den restlichen – alles eine Clique, die zu Israelhass anstachelt und Zuendstoff fuer saemtliche Antisemiten und solche, die es warden wollen, liefert, mit dem Argument des eigenen Juedischseins als Grund fuer ihre widerlichen Hetzkampagnen. Der Fakt, dass sie Juden sind, macht es schlimmer und ich bin vollends fuer ein Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot fuer diese Personen. Menschen, die mit Feinden des Landes zusammenarbeiten, sollen als solche auch behandelt warden. Jedes Land kennt den Begriff „persona non grata“, und der Staat Israel hat genaue Kriterien dafuer.

      Ich moechte es vermeiden, ueber diese Personen zu diskutieren, es sei denn, es hat direkten Bezug zu einem Blogthema, mit Verweis. Danke!

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      1. Jetzt wird es schwierig, Chaya.
        Du sprichst von Israelhass (von Juden). Ich übertrage es mal auf die BRD. Ich kenne keinen deutschen Staatsbürger, der wegen des vermeintlichen Grundrechts auf „Hass“, in diesem Fall wohl besser als Kritik an der Politik des eigenen Staates zu bezeichnen, ein Einreiseverbot erhält. Nun gut, weder Noam Chomsky, noch Norman Finkelstein besitzen wohl die israelische Staatsbürgerschaft, obwohl sie diese aufgrund ihrer Herkunft eigentlich bekommen könnten.
        Persona non grata (Günther Grass?) geht ja nur, wenn der- bzw. diejenige nicht die Staatsbürgerschaft des Landes hat, dem er aufgrund seiner Herkunft auch einen Anspruch hat (Stichwort hier z. B. deutsche Spätaussiedler).

        P.S.: Ich kann in den Worten von Norman Finkelstein keine Hetze erkennen. Er ist Wissenschaftler… Auch die anderen Zeitgenossen, die du genannt hast fallen nicht durch Hetze auf. Das sind ebenfalls Wissenschaftler. Uri Avnery, Helmut Ostermann, ist Pazifist und jüdischer Friedensaktivist aus NRW. Er war immerhin mal Mitglied der Irgun. Ein jüdischer Patriot. Wie alle Juden Patrioten sind, aber zugleich eben auch Friedensstifter. Das Problem sind nicht die von dir genannten Herren, sondern die Betonköpfe in der israelischen Regierung.

        VG

        S. B.-H.

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      2. Lieber Stefan,
        es gibt absolut keinen Widerspruch zwischen Wissenschaftler, Hetzer, Israelhasser und desgleichen. Das eine widerspricht dem anderen nicht.
        Da ich hier nicht weiter das Thema auslegen möchte, erspare ich es mir, dir Beispiele der negativen Aktivität der genannten Personen zu bringen. Schließlich habe ich es mir trotz aller Erklärungswut nicht als Aufgabe gesetzt, jedem über alle möglichen Themen Erklärungen zu liefern. Wie es auf Hebräisch heißt, „wer versteht, wird verstehen“, alles andere wird sich vielleicht mit der Zeit offenbaren; relevant finde ich es nicht. Du kannst es gerne mit anderen auf anderen Blogs diskutieren, die mehr dazu passen.
        „Alle Juden sind Patrioten“, ist leicht dahingesagt, entspricht nicht der Wirklichkeit. Ich habe übrigens auch Damen in meiner Liste und ja, viele von denen besitzen keine Staatsbürgerschaft und würden auch trotz ihrer Abstammung keine bekommen, auch dafür gibt es trotz des Rueckkehrrechts Einschränkungen. Mehr dazu sollte im Innenministerium Israels zu erfahren sein.
        Zu guter Letzt noch etwas – wir scheinen beide Kritik an der israelischen Regierung zu üben – du von einer Seite, ich jedoch von einer ganz anderen. Da werden wir wohl nicht so schnell Einigkeit finden, und es muss auch nicht sein – jeder hat das Recht, mit dem, was er nicht richtig findet, nicht einverstanden zu sein. Aber mit Verlaub, nicht die Vertreter der israelischen Regierung lohnt es sich, Betonköpfe zu nennen – schließlich halten diese „Betonköpfe“ einen ganzen Staat zusammen, müssen wohl doch nicht so doof sein! – sondern diejenigen, die meinen, als Außenstehende sich eine bessere Meinung zur Lage Israels und seiner Regierung bilden zu können als die Regierung selber. Das gilt für Noam Chomsky genauso wie für sämtliche ausländische Journalisten und sonstige Friedensstifter und Kritiker.
        Wie sagt ein russisches Sprichwort? „Schlimmer als ein Idiot ist ein sturer Idiot.“
        Gruss

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      3. Liebe Chaya,
        ich möchte mit anderen auf anderen Blogs nicht diskutieren, weil man dort nicht diskutieren kann. Ich finde deinen Blog sehr gut, sowohl vom Outfit, als auch inhaltlich, chapeau!
        Vor allem habe ich in dir eines erkannt. Du bist aufrichtig, ehrlich und vor allem authentisch. Danke für die Antwort, so etwas kommt bei mir an.

        LG

        S. B.-H.

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  2. Realität in diesen Fragen wird GEMACHT. Sie ist kein Sturm, dem man willen- wie hilflos zum Opfer fiele. Es sei denn man wäre so furchtbar starrsinnig, auch weiterhin Krieg zu wollen weil man den Frieden nicht erträgt.
    Sie hätten sich, mir und der Zukunft Israels Ihre letzte Antwort besser erspart.
    Sie WOLLEN ganz offensichtlich nur Krieg und träumen von einem blutigen Sieg – ich fürchte, ersteres werden Sie bekommen, zweiteres ist völlig unmöglich.
    Schade.
    Es wäre mir wichtig gewesen, einen sensiblen, aufmerksamen und vor allem kritikfähigen Israeli für gute Dialoge anzutreffen, die sich multiplizieren ließen. Mit denen, die ich bereits sprach, ist nur Krieg, aber kein Friede zu machen.
    Ich suche weiter.

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    1. Lieber echsenwut,
      als Realitaet bezeichnet man normalerweise die Verhaeltnisse vor Ort. Verhaeltnisse warden selbstverstaendlich von Menschen geschaffen, aber ihre Anzahl ist gross, und nicht alle befinden sie sich im selben Lager mit denselben Zielen. Die Anklage, die sie hier an Israel und die Israelis (sicherlich nicht die arabischen oder drusischen Israelis, oder sehe ich das falsch?) richten, ist ziellos und reichlich ignorant, wenn nicht gar unverschaemt, und trieft nur so vor Verblendung.
      (Ich gehe mal auf den „blutigen Sieg“ nicht ein, ich meine, muss ich mir das antun? Sie sehen zu viele Filme.)
      Ich verstehe nicht ganz allerdings, wozu Sie Israelis suchen, mit denen Sie Frieden machen wollen. Die Israelis muessen mit den Arabern Frieden machen, nicht mit Ihnen. Das ist eine ganz andere Herausforderung. Da koennen Sie gar nicht mitmischen und Einfluss darauf nehmen, und zum Besten von allen sollten Sie auch diese Idee fallen lassen, sie tut niemandem gut. Wir kommen auch ohne Ihre Ueberheblichkeit aus. Fuer Sie ist es ein intellektuelles oder sonstiges Vergnuegen, fuer uns ist es Ueberlebensfrage.
      Gruss

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      1. Dies ist meine letzte Antwort an Sie – wir zwei kommen nämlich leider nicht weiter.
        „Die“ Israelis bestehen selbst zu zwanzig Prozent aus Arabern; es ist also Unsinn sagen zu wollen, „die“ Israelis müssten mit Arabern Frieden machen. Was Sie für „Verblendung“ halten ist nichts als eine außer-israelische Sicht auf Ihre internen Verhältnisse und wie die Dinge liegen, kann weder aus Israel noch aus Palästina ein wirksamer Anschub für friedliche Verhältnisse entstehen. Israel steht kurz vor einer dritten, selbstgemachten und herbeigerufenen Intifada und steuert unter der aktuellen, international schwer für ihre Rechtslastigkeit gescholtenen Regierung hilflos darauf zu. Infolgedessen ist es hoch an der Zeit, dass wirksame Einflüsse von außen auf Ihre Regierung einwirken. Aber das wird schon; zahllose Organisationen vermehren und intensivieren sich in ihrer Arbeit – für Israel und gegen Ihre Regierung. Wenn Sie mir „sonstiges Vergnügen“ vorhalten, was Sie mir als Antrieb unterstellen, ist die Reihe an mir, Ihnen Unverschämtheit vorzuwerfen. Sie haben nicht die geringste Ahnung von mir und meinen persönlichen Hintergründen – Sie reihen sich damit jedoch ein in genau die Linie der Israelis, die ein Hemmnis für Verständigung darstellen. Wären Sie an einer befriedeten Region interessiert, so müssten Sie hoch daran interessiert sein, jeden dialogbereiten Mitmenschen einzuladen und einzubinden. Gerade, und da wäre ich ins Spiel gekommen, Mitmenschen, die einige Verbindungen zu Israel und Palästina haben und Möglichkeiten hätten, ein bisschen Meinung aktiv mitzugestalten, ein bisschen mithelfen könnten, Verhältnisse zu beruhigen weil sie eventuell Multiplikatoren sein könnten.
        Und – ja, ich gebe es zu: ich sehe viele Filme. Die sind allerdings qualitativ selten annähernd so gut wie Hollywood-Produktionen, sondern eher pixelig und verwackelt. Sie zeigen aber willkürliche Erschießungen von Palästinensern und Kindern durch die israelische Armee recht eindrucksvoll.
        Fragen Sie Moshe Feiglin, der Name dürfte Ihnen bekannt sein, warum ER öffentlich (!) von „blutigen Siegen“ träumt – und dann halten Sie mir diese Vokabel doch noch mal vor.
        Aber vielleicht in einem anderen Leben.

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      2. Zum Thema Fremdeinfluss verweise ich gerne auf das Buch „Allein unter Juden“ von Tuvia Tenenbom.
        Moshe Feiglin ist nicht in der israelischen Regierung, sollte Ihnen bekannt sein. Er kann reden, was er will, genau so wie Sie. 🙂
        Reaktionaere Kraefte von aussen sind genauso wenig erwuenscht wie reaktionaere Kraefte von innen. Wenn Sie einen Gefallen an Revolutionen und Regierungsstuerzen finden, ueben Sie sich doch darin in der Tuerkei oder in Syrien, das ist gerade in Mode dort, und sie brauchen Ihre grosse Hilfe, verbunden mit erhabenen Absichten, nicht minder als Israel, oder?
        Im Uebrigen, wird hier, so glaube ich, eine eher deutsche Antwort faellig: Vielen Dank, dass Sie sich um Israel sorgen. Ich habe dies in Kenntnis genommen und komme, sobald es sich als notwendig erweist, gerne darauf zurueck.
        Ich verbleibe mit freundlichen Gruessen!

        Ihre Siedlerin.

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  3. Nun – wir haben da offensichtlich ganz unterschiedliche Meinungen. Ihre kann ich leider aufgrund historischer Fakten nicht nachvollziehen. „Germanien“ wurde durch die Römer ziemlich genau bezeichnet; ich selbst stamme aus einem Ort, der im hohen Westfalen seine bloße Existenz auf Rom zurückführt und „auf dem Sprung“ zur veritablen Großstadt und Geburtsort für eine Provinz war. Es bringt auch wirklich nichts (mehr), auf eine angebliche „Legalität“ israelischer Siedlungen im Westjordanland pochen zu wollen – wie Ihnen bekannt sein dürfte, sieht das die Mehrheit aller Länder zunehmend anders. Heute wird richtigerweise ganz offen auf diplomatischer Ebene von dieser „Illegalität“ gesprochen und immer schärfer kritisiert.
    „Judäa“ und „Samaria“ existieren eben tatsächlich NICHT. Beide Bezeichnungen tragen in der heutigen Realität nicht; sie sind in der UN-Charta zur Gründung zweier Staaten nicht Gegenstand, sie stehen auf keiner Landkarte, sind keine politisch greifbare Institution – sondern eben nur ein Traum wie der eines „Kalifats“, welches ebenfalls nur in den Köpfen weniger existiert. Und dort ebenso untergehen sollte.
    Von mir aus dürfen Sie das Westjordanland „Judäa“ nennen – wenn arabische, palästinensische Bürger dort EXAKT die gleichen Rechte, die gleiche Versorgung genießen wie Israelis. Von mir aus darf es sogar ein „Groß-Israel“ oder ein „Ewiges Israel“ geben – wenn arabische, palästinensische Bürger dort EXAKT die gleichen Rechte, die gleiche Versorgung genießen wie Israelis.
    Würden Sie DIESEM Gedanken vielleicht zustimmen …. ?

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    1. Zu Ihrer Frage:
      Wenn die gemeinten arabischen Buerger EXAKT dieselbe Loyalitaet und Verlaesslichkeit gegenueber dem Staat Israel und seinen Buergern ausueben wie auch der nichtarabische Rest der Buerger – und sich in EXAKT demselben Masse daran halten, und EXAKT so wenig Gefahr darstellen wie ihre nichtarabischen/nichtmuslimischen Counterparts – dann kann darueber eindeutig reden und dies als eine wuenschenswerte Loesung ansehen.

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      1. Danke.
        Und das meine ich sehr, sehr aufrichtig.
        Damit wären wir schonmal zwei, die miteinander kein Problem hätten bzw. haben. So funktioniert Dialog – und so funktioniert Frieden.

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  4. Ein Landstrich namens „Judäa“ existiert ebensowenig wie „Germanien“ – und beide Begriffe haben heute keine Existenzberechtigung, wie Sie wissen. Sie sind also israelische Bürgerin in einer illegalen Siedlung Israels in der Westbank, dem künftigen Palästina. Stimmen Sie mir da zu?
    Da wirkt es auf mich durchaus ein wenig geschmacklos, wenn Sie den „Ruf des Muezzin“ zur Kulisse, zum Ornament Ihrer etwas romantisierten Darstellung eines illegalen Siedlungslebens machen.

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    1. Ich stimme Ihnen nicht zu: „Germanien“ existiert(e) weder als geografischer noch als geschichtlich an etwas festgebundener Begriff außer als allgemeine Beschreibung der unter diesem Begriff verstandener Gebiete bei den Römern. Für den Begriff Judäa als geografischer Landstrich, staatliche Entität, Siedlungsgebiet und gesellschaftliche Bezeichnung gibt es zahllose Belege seit der Eroberung des Landes durch Yehoschua und bis heute.
      Westbank ist ein englischsprachiger politischer Begriff, eingefuehrt in den letzten 40 Jahren, und spielt auf die Zeit der Besetzung des besagten Landstrichs durch Jordanien zwidchen 1948 und 1967 an. Der Besetzung wurde durch den Sechstagekrieg ein Ende gemacht . Palästina war ein geografischer und politischer Begriff bis 1948 und existiert heute ohne jegliche Berechtigung und ohne jede Bindung and physische oder politische Realitaet.

      Und noch etwas: Das Wohnen israelischer Buerger in Judäa und Samaria idt nicht illegal.

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      1. „Das Wohnen israelischer Bürger in Judäa und Samaria ist nicht illegal.“

        Völkerrechtlich gesehen ist das nicht so einfach (darüber wird ja nun schon seit dem Sechstagekrieg gestritten… da Judäa / Samaria nicht Teil des Staates Israel ist, sondern unter israelischer militärischer Zivilverwaltung steht.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Jud%C3%A4a_und_Samaria

        LG

        S. B.-H.

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      2. Bitte ohne Wikipedia, Stefan, Du weisst doch selbst, dass in Wikipedia jeder das schreiben kann, was ihm passt, insbesondere zu diesen Themen. Es gibt Fachartikel.
        Ich empfehle den letzten Beitrag zum Voelkerrecht (Loehnert@Buurmann: Siedlungen und Voelkerrecht).
        LG

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      3. „Es gibt Fachartikel.“

        Fachartikel gibt es sicherlich. Nichtsdestotrotz gibt es internationales Recht, was die besetzen Gebiete Samaria/ Judä betrifft.

        Es ist völlig unstrittig, dass es sich um illegale besetztes Territorium nach Völkerrecht handelt. Die Resolution 446 der UN ist hier ziemlich eindeutig. Die Wikipedia ist hier eindeutig:

        https://de.wikipedia.org/wiki/Resolution_446_des_UN-Sicherheitsrates

        auch die israelfreundliche englische Version ist hier eindeutig

        https://en.wikipedia.org/wiki/United_Nations_Security_Council_Resolution_446

        LG

        S. B.-H.

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      4. Wer ist dieser Herr Löhnert? Ich kenne diesen Mann nicht.

        S.H.-B.

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