Der Schnee kommt!

In Israel ist das etwas, worauf das ganze Jahr gewartet wird, aber nichts mehr gefürchtet und weniger vorbereitet wird – weniger als alle Gasangriff-Warnungen und Raketeneinfälle zusammen: Der Schnee!

Schneefall, und zwar vor allem in der Bergregion und sogar in manchen Teilen der Wüste  – ist eine Nachricht, die Gesprächsstoff für alle Medien liefert, und insbesondere im Volk ständig beredet wird. Klar, Israel ist ja mehr oder weniger ein Wüstenland, und über den langen Frühling, Sommer und Herbst hinweg vergisst man schon die Regenfälle, die jährlich zu schon im Voraus bekannten Überschwemmungen führen. Wir stehen vor den Wahlen, jeden Tag hört man von Verhaftungen von IS-Verdächtigen, und alle Korruptionsaffären werden mit einem Mal in diesem Monat aufgedeckt. Wie könnte man da noch an Vorbereitungen für den Schneefall denken?

Momentan stehen die Prognosen für Schnee für die Nacht von Dienstag auf Mittwoch bis Donnerstagabend. Wo fällt der Schnee vor allem? In der Bergregion. Auf dem Hermon-Berg in den Golanhöhen ist der Schnee schon seit letzter Woche präsent, und demnächst rechnet man mit ihm in den Bergen von Binjamin, Jehuda und Hebron: Sprich, nach und nach im ganzen Gebiet von Judäa und Samaria, Jerusalem inklusive.

Hier, in den Siedlungen, ist der Schneefall am Schönsten, und am Problematischsten. So ein Schneefall, selbst wenn es erbärmliche 75 Millimeter auf den Straßen sind und ein paar Quellen vereist werden – was ist schon dabei, kann man sich in Europa denken? Hier wird es zu einer Herausforderung der kälteren und mieseren Art. Diejenigen von uns, die in J&S in festen Gebäuden und auch sonst wohlgeordnet leben, müssen die Stromausfälle fürchten. Schulen und Colleges rechnen mit Unterrichtsausfall, und warten auf die letzte Beurteilung der regionalen Vorstände und der Meteorologen. Bei tatsächlichem Schneefall werden Siedlungen von der Außenwelt abgeschnitten werden; eine Freude für Schlittenfahrer und für alle Schulfrei-Genießer, aber absolutes Chaos für Autofahrer, die schon im Voraus dazu angeleitet werden, ggf. nicht herauszufahren.

Alle Siedlungen haben interne Kommunikationswege – heute ist das meistens eine gemeinse E-mailgruppe, und Whatsapp-Gruppen, und dort sind schon seit einigen Tagen Anweisungen an die Einwohner verschickt worden.

Einige Beispiele: 

  • Die Regionalverwaltung wird bezüglich aller den Schnee betreffenden Angelegenheiten den Kontakt zu den Dorfverwaltungen und dem für Sicherheit Zuständigen halten.
  • Die Einwohner sind aufgefordert, in keinem Fall die Notrufzentrale bezüglich eines Schneeproblems zu kontaktieren, sondern nur im Falle eines eindeutigen Notfalls, wie Feuerbrand etc.
  • Die Verwaltung wird alles daran setzen, Einwohnern zu helfen, zu ihren Häusern zu gelangen, allerdings ohne ihre Fahrzeuge. Die Einwohner werden gebeten, sich der Fahrt im Auto zu enthalten. 
  • Bitte um Vorratsanreicherung von Brennmaterial wie Petroleum,  Benzin etc. für mindestens 2-3 Tage. 
  • Der lokale Supermarkt wird je nach Möglichkeit und Notwendigkeit geöffnet werden.

(Quelle: Rundmail Neve Daniel)


Da ich in meinem Karavan erst seit neuerdings lebe und noch keinen richtigen Winter hier miterlebt habe, haben mich fürsorgliche Nachbarn schon vorgewarnt und jede Menge wichtiger Tipps gegeben:

„Besorge dir eine Notfalllampe für die Stromausfälle, die kommen werden.“

„Decke die Stellen ab, die winddurchlässig sind. Lappen vor die Haustür, Fensterspalte abdecken.“

„Du wirst das Dach freiräumen müssen. Es ist schwach und kann zusammenbrechen vor Schneemassen.“

„Es wird sehr, sehr kalt. Zieh dich warm an.“

In den letzten Tagen habe ich Arbeiter beobachten können, die Äste von hohen Bäumen abschnitten, damit die Stromleitungen im Fall eines Sturms nicht beschädigt werden würden (letztes Jahr sind tausende von Haushalten in Jerusalem wegen eben dieses Problems ohne Strom geblieben).

Notfall-Generatoren, so erzählte mir ein Bekannter, Dvir, würden beispielsweise in seiner Siedlung Bet Haggai (im Süden Hebrons) dafür sorgen, dass die Einwohner noch immer Strom haben würden; dann aber dürfte keiner im Haushalt eine Waschmaschine anmachen, um das schon ausgelastete Netz nicht zu überfordern.

Menschen, die ohne Strom ihre Gesundheit gefährdet sehen könnten, müssen natürlich schon im Voraus Bescheid geben, damit sie auf den Notfall vorbereitet werden können.


Wie man sieht, die Selbstorganisation ist das beste Mittel gegen das alljährliche Schneechaos. Und dennoch wird es Pannen geben, und Menschen, die ohne Strom in der Kälte sitzenbleiben werden, und festgesteckte Autos in den Bergen, auf den vereisten Straßen und in den Tunneln, und die Armee samt Jeeps und Helikoptern wird sowohl mit den Juden, als auch mit den Arabern der Umgebung schwer beschäftigt sein müssen, sollte das mit dem Schnee länger andauern. Denn so wie man das kennt, ist die Palästinensische Autonomiebehörde nicht gerade für die Sorge um ihre Bürger bekannt…..

…Und die Kinder? Die warten natürlich wie jedes Jahr gespannt und voller Vorfreude auf den ersten Schnee…. 🙂

Hier Bilder vom letzten Jahr: © IK.

Hebron, Winter 2013-4
Gush Etzion, Winter 2013-14
CIMG3874
Hebron, Winter 2013-14

23 Kommentare zu „Der Schnee kommt!“

  1. na, darum:

    „Alexander Scheiner, Israel
    07/01/2015 um 15:37

    „… weil die Regierung den Importeuren enorme Profite zugesteht.“

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      1. Bei mir in Berlin war erst 2:02. 😉
        Um 3:01 habe ich schon geschlafen.
        Dafür bin ich auch erst um 10:30 aufgestanden. Bin eben eine Nachteule.
        Herzlich, Paul

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      2. Allgemein gelten „Eulen“ ja als Sinnbild für Weisheit und Ruhe.
        Wünsche Ihnen Beides !
        Trotz oder wegen der augenblicklichen Zeitläufte….

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  2. ok, ok, meine Intervention galt eigentlich Ihrem Satz: „…weil die Regierung den Importeuren enorme Profite zugesteht.“

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    1. Kann es sein, dass auf alle nach Israel importierte Waren hohe Einfuhrzölle erhoben werden, weil der von den PA-Arabern aufgezwungene Krieg enorme Kosten verursacht? Auch die den Israelis auferlegten Steuern sind wohl ziemlich hoch. Jedenfalls habe ich so Ausführungen in einem anderen Blog verstanden.

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      1. Wenn es so wäre/ist, wie Sie schreiben, dann ist der Satz von Scheiner „…. weil die Regierung den Importeuren enorme Profite zugesteht.“ erst recht völliger Blödsinn°!

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      2. So sehe ich das. Dieser Satz ist für mich unlogisch. Zumindest bis zum Beweis des Gegenteils. Die Regierung würde durch die Verteuerung des Inlandmarktes die eigene Bevölkerung schädigen. Nur um Importeuren hohe Profite zu ermöglichen? Das wäre Korruption, wenn es sich bei den Importeuren um Verwandtschaft der Regierung handelt. 🙂

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    1. Sie können jederzeit privat importieren. So wie ich mit Büchern, DVD und sonstiges.

      Oder Sie kaufen, falls verfügbar, im Handel.

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  3. Die Probleme mit Schnee im Strassenverkehr kenne ich aus Europa. Jedes Jahr sind die Autofahrer aufs Neue unvorbereitet. Keine Winterreifen und keine Schneeketten.

    Im Prinzip müssten in jedem Fahrzeug aus Regionen mit möglichem Schneefall Schneeketten vorhanden sein. Diese gibt’s in Europa ab etwa 250 Schekel und können innert 5-10 Minuten montiert werden. In Israel würden sie dann etwa 1000 Schekel kosten, weil die Regierung den Importeuren enorme Profite zugesteht.

    Ich hoffe, dass unsere jetzige, oder die neue Regierung hier rigoros durchgreift und gesetzliche Vorschriften für die Ausstattung der PKW’s und LKW’s erlässt.

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      1. Bis etwa 100-200 US$ können Sie (wahrscheinlich) Zoll- und Steuerfrei importieren.

        Nehmen Sie auf keinen Fall Stacheldraht als Behelf.

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      2. Danke für die Info. Dann kann die Behauptung von Alexander Scheiner nicht stimmen! Oder gibt es in Israel ein Preis-Fest-Setzungs-Ministerium ?

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  4. Eine sehr gute Beschreibung der Situation. Und das Bild von Gusch Etzion unter einer Schneedecke: einmalig. Besonders wenn man weiß, dass es dort im Sommer brüllend heiß sein kann. Ich war einmal auf der Fahrt im Auto von Jerusalem nach Sfad vom Schnee überrascht worden. Das war kein Spaß. Die Autos in Israel haben natürlich keine Winterreifen.
    Genieß den Schnee, liebe Chaya.
    Wir hatten hier in Berlin in dem Winter bisher nur an einem Tag eine geschlossene Schneedecke.

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  5. Tröste Dich, liebe Chaya,
    hier bei uns in Berlin hat die S-Bahn auch immer Probleme beim „Manöver Schneeflocke“.

    Es gibt in Island ein Sprichwort:
    „Kein Unglück ist so groß, dass es nicht auch etwas Gutes bewirken würde.“

    In Eurem Fall bedeutet Schnee auch immer Wasser. Der See Genezareth „freut“ sich.

    Herzlich, Paul

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  6. Du solltest deine Sandalen erstmal in den Schrank packen. Ich hätte auch gerne etwas Schnee, aber hier in Berlin ist es nass-kalt. Nieselregen den ganzen Tag und übler Wind. Von Winter keine Spur.

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